Klang am Kopfhörer-Ausgang als Qualitätsmerkmal?

+A -A
Autor
Beitrag
niewisch
Stammgast
#1 erstellt: 29. Mrz 2019, 10:57
Hallo zusammen,

ich habe einen alten Kenwood KR-4600 Receiver (von ca. 1977) und bin mit dem Klang, den er im Raum erzeugt, bisher grundsätzlich zufrieden gewesen. Wenn ich mit dem Kopfhörer gehört habe, habe ich dafür stets den Kopfhörer-Ausgang am Kenwood-Receiver genutzt, egal ob CD, Vinyl oder Tape.

Gestern habe ich erstmals den Klang der CD's über den Kopfhörer-Ausgang am CD-Player verglichen (keine Ahnung, warum ich das vorher nie gemacht habe...) - und war erschrocken, wie viel besser der Klang direkt vom Player ist. Der Sound ist nicht kalt, steril, wie es den CD-Playern oft nachgesagt wird, sondern ebenso druckvoll, aber zugleich viel aufgeräumter und klarer, vor allem bei gitarrenlastigem Rock, der ja gerne mal "breiig" wird.

Jetzt frage ich mich: ist diese Wahrnehmung ein Qualitätsmerkmal für Amps und Receiver? Mir ist klar, dass das Zusammenspiel Amp/Lautsprecher sehr entscheidend ist, aber kann ein Verstärker, der einen "matschigen" Sound an den Kopfhörer-Ausgang gibt, trotzdem einen tollen Sound über die Lautsprecher produzieren? Oder anders herum: wenn ein Verstärker über Kopfhörer nicht gut klingt, kann man daraus schlussfolgern, dass der Klang des Gerätes generell nicht so toll ist?

Ich habe die Gegenprobe mit einem großen Pioneer SX-980 über Kopfhörer gemacht: hier ist der CD-Sound wirklich großartig, kein Vergleich zum kleinen Kenwood. Beim Pioneer hatte ich das so erwartet - beim Kenwood nicht.

Steve
Pd-XIII
Inventar
#2 erstellt: 29. Mrz 2019, 11:20
Also grundsätzlich soll ein Verstärker ein elektrisches Signal nur verstärken und es nicht abändern. Demnach "sollte" sich der Klang von Verstärker zu Verstärker nicht verändern außer es ist vom Hersteller explizit so gewollt.
Bei Lautsprechern ist das auch meist der Fall und das will ich hier gar nicht weiter diskutieren um nicht vom Thema abzudriften.

Bei Kopfhörern ist das nämlich etwas spezieller da die Impedanz des Kopfhörerausgangs unter Umständen einen hohen Einfluss auf den Frequenzgang des Kopfhörers haben kann.

Früher wurden Kopfhörer an Ausgängen mit einer Impedanz von 100Ohm gemessen und entwickelt. Das kommt wohl daher, dass Kopfhörerausgänge meist über Spannungsteiler im Verstärker angesteuert wurden und keine speziellen KHV verbaut wurden. Das war auch Jahrzehntelang in Ordnung so. Dann kamen aber immer mehr sensiblere Kopfhörer und vor allem InEars auf den Markt, bei welchen die Ausgangsimpedanz des Anschlusses einen erheblichen Einfluss auf den Frequenzgang hatte. Also ging der Trend eher in die Richtung die Impedanz des KHV nahe 0Ohm zu bekommen, sodass der Frequenzgang nicht beeinflusst wird. Das ist mittlerweile auch das Ziel der meisten KHV und schon lange nicht mehr den hochpreisigen KHV vorenthalten.
Nun gibt es aber bspw. mit Beyerdynamic noch einen Kopfhörerhersteller, der seine Kopfhörer weiterhin auf 100/120Ohm Ausgangsimpedanz entwickelt. Bei vielen Konstruktionen fällt dies nur im direktvergleich/wenn überhaupt) auf. Bei manchem Produkt ist der Unterschied drastisch. So wurde der T90 wegen seinem extremen "Beyerpeak" verschrien, weil der Sibilanten penetrant nervig dargestellt hat. Komischerweise waren die meisten von dem Hörer begeistert, sobald er am ebenfalls von Beyerdynamic hergestellten KHV A20 betrieben wurde. Dieser hatte eben eine Ausgangsimpedanz von 100 oder 120 Ohm(bin mir nicht mehr sicher). Einfach nachzustellen ist das, indem man sich einen sog. Impedanzadapter besorgt, oder für u10€ selbst zusammenlötet. Ich hab das vor wenigen Monaten aus Interesse mal gemacht und war überrascht, wieviel das tatsächlich ausmacht...auch am T5p, der ja eigentlich für mobiles Hören entwickelt wurde und somit wohl hauptsächlich an "nahe 0Ohm" betrieben werden dürfte.

So, nun zu deinem Setup:
Je nachdem wie die Kopfhöreranschlüsse an deinen Geräten konzipiert wurde können diese eben auch drastische Unterschiede in der Ausgangsimpedanz aufweisen. Wenn du den Ausgang A gewohnt bist(Verstärker mit bspw. 100Ohm) und auf den Ausgang B (CD Player mit bspw. 10Ohm) würden im skizzierten Fall mit einem T90 die Höhen deutlicher dargestellt werden, also in der Lautstärke angehobener als bisher gewohnt. Das führt bei den meisten Menschen dazu, dass die Musik klarer und höher aufgelöst klingt. Aber eben auf Dauer auch anstrengender und analytischer. Bei Gesang könnten die S-Laute aber auch schon nerven.
niewisch
Stammgast
#3 erstellt: 29. Mrz 2019, 12:08
Du beschreibst hervorragend, wieso Kopfhörer an unterschiedlichen Verstärkern unterschiedlich klingen, dafür schon mal vielen Dank.

Im konkreten Fall ist es so:

Kopfhörer Sennheiser HD 485:
- direkt am CD-Player, Technics, von 1988: einwandfreier, glasklarer Klang
- am Receiver Pioneer SX-980, von 1978: glasklarer Klang, fast schon zu viel "Druck" in den Tiefen
- am Receiver Kenwood KR-4600, von 1977: eher etwas dumpf, breiig bei vielen Klangschichten

Selbstverständlich sind beide Receiver ohne veränderte Klangregelung verglichen worden. Der Pioneer SX-980-Receiver ist ja etwa gleich alt wie der Kenwood-Receiver, spielt allerdings in einer ganz anderen (Preis-)Liga; wenn der Umgang mit den Kopfhörern - wie von dir beschrieben - damals zeittypisch war, müssten Kenwood und Pioneer hier doch ähnlich vorgegangen sein. Das würde den deutlichen Klangunterschied nicht erklären.

Daher die ganz konkrete Frage: spricht dieses Experiment dafür, dass der Klang des Kenwood generell nicht so gut ist, und man das vor allem über die Kopfhörer heraushört? Oder sollte ich den matschigen Kopfhörer-Sound NICHT als Bewertungsgrundlage für die Qualität des Kenwood allgemein gelten lassen?

Steve


[Beitrag von niewisch am 29. Mrz 2019, 12:56 bearbeitet]
Pd-XIII
Inventar
#4 erstellt: 29. Mrz 2019, 12:52
Nein, tut es nicht.

Wenn du die beiden Verstärker exakt gleich anschließen würdest und die Lautstärke beider unter Zuhilfenahme eines Messgerätes auf den gleichen Wert bringen, würdest du in einem Blindtest die beiden wahrscheinlich nicht auseinanderhalten können(außer einer ist defekt).

Dass der Kenwood bei Kopfhörern so heraussticht kann verschiedene Gründe haben. Zum Beistpiel einen deutlich höheren Impedanzwert oder eben einen Defekt des Spannungsteilers(bei einem ü40 Jahre alten Gerät kann das schon mal vorkommen).
Suche:
Das könnte Dich auch interessieren:
Telefunken "Magnetophon 75": Kopfhörer-Ausgang
Willmann14 am 30.12.2014  –  Letzte Antwort am 30.12.2014  –  5 Beiträge
Saba 9240 Ausgang?
iPhili am 11.05.2007  –  Letzte Antwort am 13.05.2007  –  7 Beiträge
Kopfhörer für Klassiker-Anlage
Searge69 am 31.07.2012  –  Letzte Antwort am 04.10.2012  –  18 Beiträge
Quadro-Kopfhörer
Fourhead am 22.07.2007  –  Letzte Antwort am 04.06.2022  –  89 Beiträge
Bluetooth-Kopfhörer an altem Verstärker?
twiny am 12.12.2023  –  Letzte Antwort am 15.12.2023  –  5 Beiträge
Wharfedale DD1 Kopfhörer
DOSORDIE am 10.07.2007  –  Letzte Antwort am 12.07.2007  –  20 Beiträge
Rauschen im Kopfhörer
K3 am 12.11.2006  –  Letzte Antwort am 12.11.2006  –  2 Beiträge
Gleichspannung am Ausgang (Yamaha A-1000)
neumel9 am 20.11.2006  –  Letzte Antwort am 27.11.2006  –  10 Beiträge
Neue Receiver besserer Klang als alte Verstärker?
infected_m am 18.01.2008  –  Letzte Antwort am 18.01.2008  –  4 Beiträge
Pioneer A503R Baujahr, Klang
jettoignaster am 09.05.2009  –  Letzte Antwort am 11.05.2009  –  3 Beiträge
Foren Archiv
2019

Anzeige

Produkte in diesem Thread Widget schließen

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.731 ( Heute: 1 )
  • Neuestes MitgliedTschoker
  • Gesamtzahl an Themen1.551.073
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.537.431

Hersteller in diesem Thread Widget schließen