Reparatur Normende Elektra

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michi1106
Stammgast
#1 erstellt: 24. Okt 2009, 17:52
Hi,

ich hab' hier ein schönes, schnuckeliges Röhrenradio "Nordmende Elektra" stehen.
Leider funktioniert es nicht mehr ordentlich.
Die Röhren scheinen alle in Ordnung zu sein, sie glühen, und auch das Magische Auge leuchtet und reagiert auf die Senderabstimmung. Man hört, wenn man den Lautstärkeregler auf Anschlag aufdreht, leise und kratzig den jeweis eingestellten Radiosender, bzw. das Tonsignal, wenn man ein Tonband bzw. einen Computer daran anschließt.

Gehe ich richtig in der Annahme, dass alte Kondensatoren daran schuld sind, dass nur noch krächzende Laute aus dem Radio kommen? Was müsste/könnte ich (noch) tun, um es wieder zum Laufen zu bringen?

Würde mich auf Hilfe freuen, das Radio muss bald repariert sein da es vielleicht ein Geburtstagsgeschenk für meine Omi wird

MfG
hf500
Moderator
#2 erstellt: 24. Okt 2009, 19:46
Moin,
dass die Roehren gluehen, bedeutet nur, dass die Heizungen in Ordnung sind und Strom bekommen, mehr nicht.

Dann: Was fuer ein Elektra, Geraete mit diesem Namen wurden ueber mehrere Jahre produziert und akke ein bis zwei Jahre gab es ein neues "Elektra".

Um den Reparaturaufwand festzustellen, sollte man schon wissen, wie alt das Geraet ist, damit man erahnen kann, ob die "Typischen Verdaechtigen" in dem Geraet stecken.
(Bild waere gut)

Eine schnelle Reparaturanleitung ist im Moment nur sinnvoll, wenn du genau weisst, _wie_ so ein Roehrenradio funktioniert.
Grundsaetzlich ist sowas reparierbar, solange keine unersetzbaren Teile beschaedigt sind, also in erster Linie Schalter und Potis, da das meist Spezialanfertigungen sind.

Bei leisem Kraechzen wuerde ich zunaechst die Spannungen an der Endroehre nachmessen, man kann auch alle Roehren mal in ihren Fassungen "durchwackeln" um Kontaktfehler zu beseitigen. Kracht der Bereichschalter?
Es gibt da so viel...

Nochwas: Bei abgenommener Rueckwand sind Teile des Netzeinganges zugaenglich (Spannungswaehler und Netzsicherung). Im Rest der Schaltung gibt es Spannungen bis etwa 300V.
Und: Was ist an Kenntnissen und Werkzeug/Messgeraeten vorhanden?

73
Peter


[Beitrag von hf500 am 24. Okt 2009, 19:46 bearbeitet]
audiophilanthrop
Inventar
#3 erstellt: 24. Okt 2009, 20:41
Ich würde hier zuerst nach den berüchtigten WIMA-Knallbonbons (teervergossene Papierkondensatoren) Ausschau halten. Die sind oft schuld, wenn der Arbeitspunkt des NF-Verstärkers nicht mehr stimmt.

Was man auch gern tauschen darf: Kathodenelkos im NF-Verstärker, typisch etwa 50 µF eher geringer Spannungsfestigkeit (z.B. 16 V). Da dürfen dann auch gern 100µ rein, ein 63V-Teil schadet nicht.

Andere Klassiker: Selengleichrichter. Das sind tickende Zeitbomben und bei einer Revision am besten durch ein Silizium-Pendant (ggf. mit hinreichend belastbarem Serienwiderstand und parallelem Folien-C zur Verlangsamung) zu ersetzen.

Außerdem sind sämtliche (!) Widerstände eine Überprüfung auf Hochohmigkeit wert, das ist bei den alten Kohledingern ziemlich häufig.
hf500
Moderator
#4 erstellt: 24. Okt 2009, 21:57
Moin,
seltsam, hochohmige Schichtkohlewiderstaende hatte ich sehr selten.
Fuer mich sind diese Bauteile zuverlaessig..
Ueberprueft werden sollten zunaechst nur solche Widerstaende, die durch Verfaerbung hohe bzw. Ueberbelastung erkennen lassen. Spart Arbeit ;-)

Die wimaschen Backpflaumen kann man schlecht uebersehen, genauso kritisch sind allerdings _alle_ wachs- oder bitumenvergossenen Papierwickelkondensatoren.
Die wurden bis etwa 1964 verwendet, daher meine Frage nach dem Alter/genauen Typ des Geraetes.

73
Peter
Bertl100
Inventar
#5 erstellt: 25. Okt 2009, 11:42
Hallo,

ich hatte das aber schon auch gelegentlich bei hochohmigen Widerständen, dass diese noch deutlich hochohmiger geworden waren. Kein Standardfehler, aber nicht so ganz selten.
Kohlemassewiderstände waren da die Krönung :-)

Gruß
Bernhard
michi1106
Stammgast
#6 erstellt: 25. Okt 2009, 15:09
Okay... ich hab mir das Gerät nun nochmal genauer angesehen.

Dass in einem Röhrenradio gefährliche Spannungen auftreten weiß ich, danke der Warnung. Mit Lötkolben und Elektronikwerkzeug kann ich umgehen und Spannungen und Ströme zu messen müsste ich auch noch hinbringen, Messgerät ist vorhanden.

Es ist leider keine Typenangabe auf dem Gerät; es steht lediglich "Nordmende Elektra" drauf, vorne befindet sich im Lautsprecherstoff noch ein Metallsymbol mit der Aufschrift "HiFi". Die Gerätenummer ist 19284.

Ich vermute bei diesem Radio etwa Bj. 1950 bis '59. Das Plastikdesign vorne deutet wohl eher auf 1955+x.

Der NF-Verstärker besteht aus den berühmten beiden Röhren EABC80 und EL84. Ich habe den Radio mit funktionstüchtigen Ersatzröhren getestet, mit dem selben Ergebnis.
Möglicherweise sind die Kontakte der Röhrenfassungen oxidiert.

Ich glaube, dass es in dem Radio *einige* Kondensatoren gibt, welche ausgetauscht werden sollten. Ich hab' einfach mal ein paar Fotos mit dem Handy geknipst...



Sonst dürfte eigentlich nichts fehlen, was meint ihr?
Trafos, Lautsprecher und restliche Bauteile sehen makellos aus...

MfG
Bertl100
Inventar
#7 erstellt: 25. Okt 2009, 15:30
Hallo,

sehr schöne Fotos!
Die schon vorhandene gedruckte Schaltung (wie das damals noch hieß) deutet auf ein Bj. nach 1959 schließen.
Vermutlich 1960 - 1962. Ich glaub, ich hab genau auch denselben im "Archiv" stehen.
Die braunen Kondensatoren (Ero) sind Papierkondensatoren.
Jeder von ihnen ist leider eine potentielle Fehlerquelle.
Speziell die in der Nähe von EL84 und EABC80.
Beim Löten muß man recht aufpassen. Die Platine ist SEHR empfindlich. Es lösen sich da sehr leicht die Leiterbahnen ab.
Weitere häufige Fehler: Gerissene Lötstellen an den Röhrenfassungen, besonders bei der Endröhre.
Hier auch VORSICHTIG nachlöten, ggfs. Drahtbrücken legen.
Mit leichter Gewalt läßt sich sonst oft die ganze Röhrenfassung einfach rausbrechen :-)
Das Hartpapier hält die Hitze einfach nicht aus.

Gruß
Bernhard
pelowski
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 25. Okt 2009, 16:09
Hallo Michi,

die "verdächtig" aussehenden Kondensatoren müssen nicht defekt sein. Trotzdem empfiehlt es sich, diese alle auszuwechseln.

Da heutige Kondensatoren bei gleicher Kapazität und Spannung i.d.R. kleiner sind, dürftest du auch keine mechan. Probleme damit haben.

Die Kapazität bei den Folien/Papierkondensatoren sollte gleich sein, die Spannung kann natürlich auch deutlich höher sein.

Für die Toleranz reichen i.a. 5 oder auch 10%.

Die Elkos dürfen in der Kapazität auch etwas größer sein - je nach Platz (elektrisch) in der Schaltung.

Wenn das Gerät danach noch keine volle Funktion zeigt, dann - wie du es ja schon vorhast - Spannungen messen.

Wenn du am Ende Wert darauf legen solltest, dass das Rado wieder seine volle Leistung erbringt, müssten die Röhren gemessen werden und ein Neuabgleich durchgeführt werden.

Aber ich vermute, dass dir dazu die Möglichkeiten fehlen.

Grüße - Manfred
hf500
Moderator
#9 erstellt: 25. Okt 2009, 18:10
Moin,
es stimmt, die Papierkondensatoren der Serie ERO100 (sollten mal bis 100°C temperaturfest sein) muessen nicht defekt sein, aber es hat keinen Sinn, daran festzuhalten, wenn ihre Wachsvergussmasse schon so aufgequollen und broeselig aussieht. Der Defekt dieser Kondensatoren aeussert sich in Feinschluessen, das Papierdielektrikum zieht Feuchtigkeit aus der Luft und wird mehr oder weniger leitend. Daher muessen auf jeden Fall die Koppelkondensatoren am Steuergitter der Triode der EABC80 und dem der EL84 auf jeden Fall getauscht werden.
Die Gitterspannung der EABC80 wird durch den Anlaufstrom am Ableitwiderstand von 10 Megohm gewonnen, an der EL84 muss die Spannung am Steuergitter 0V betragen, sie darf keinesfalls positiv sein.
Direkt an der Fassung der EL84 wird der Katodenelko "gebacken". Er sollte getauscht werden, mit Sicherheit ist von den 100µF nur noch ein Teil uebrig. Bei gesunder Roehre und Schaltung stehen am Pluspol des Katodenelkos etwa 7V gegen Masse.
Ist die Spannung wesentlich groesser, zieht die Roehre zu viel Strom und wird ueberlastet -> Gitterkondensator "undicht".
Ist sie wesentlich kleiner, dann ist meist die Roehre verbraucht. Dann aber auch mal die Anodenspannung ueberpruefen. Nicht, dass das Netzteil auch noch ein Problem hat.
An Anode und Schirmgitter der EL84 stehen normalerweise etwa 250V

73
Peter

ps. Irgendwann haben sie es wohl aufgegeben, das Modelljahr in die Modellbezeichnung zu schreiben. Beim Fidelio 58 ist das Modelljahr noch klar ersichtlich.
;-)


[Beitrag von hf500 am 25. Okt 2009, 18:15 bearbeitet]
michi1106
Stammgast
#10 erstellt: 26. Okt 2009, 18:21
Hallo,

vielen Dank schonmal für die Hilfe.
Ich glaub', die Spannungswerte sind echt gold wert.

Ich werd' jetzt zunächst mal die Kondensatoren bestellen
(die ich mir etwas günstiger vorgestellt hatte ).

Dann werd' ich sie wechseln und danach Spannungen messen.
Weiteres poste ich dann...

Gruß Michael
michi1106
Stammgast
#11 erstellt: 26. Okt 2009, 21:00
SO, noch eine Frage...

Da ich bei Conrads Wucherpreisen eindeutig nein sage,
habe ich mich dazu entschlossen, die Kondensatoren
über AudioRöhrenTechnik zu bestellen.
Nun habe ich da einige Kondensatoren aufgelistet, ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die Typen von Kondensatoren für meinen Zweck geeignet sind.
Ich glaube, dass alle davon "bipolar" sein müssen, und weiß nicht, ob die Typen passen.

Es sind zum einen Folienkondensatoren mit den Werten 0,047µ, 0,22µ und 0,1µ. Diese dürften normalerweise keine Probleme bereiten?
Und dann habe ich passende Typen mit den richtigen Werten nur noch bei den Keramikkondensatoren ("Keramik-Scheiben"...) gefunden (100pF, 220pF, 3300pF, 4700pF, 10.000pF). Kann ich diese überhaupt verwenden?

Gruß
hf500
Moderator
#12 erstellt: 27. Okt 2009, 00:47
Moin,
bei den Scheibenkondensatoren bin ich mir nicht ganz sicher.
Es kommt auf das Material an.
Und da gibt es Materialien, die eine deutliche Spannungsabhaengigkeit zeigen, so dass diese Kondensatoren nicht ueberall einsetzbar sind.

Folienkondensatoren sind nicht ganz billig, ich weiss ;-)

Was hat denn Pollin gerade da?

73
Peter
pelowski
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 27. Okt 2009, 01:39
Hallo michi,

die Folien, die du gefunden hast, sind o.k.

Bei den Scheiben gehts mir wie Peter, da käme es auf die Position i. d. Schaltung an, da das HS-Scheiben (teilw. bis 8kV!) sind, die vermutlich einen hohen Tk (Temperaturkoeffizienten) haben.

Schau mal bei BUERKLIN nach: Typen FKP1/FKP2.

Grüße - Manfred
esla
Stammgast
#14 erstellt: 27. Okt 2009, 02:42
Hallo,

ich habe mal ein bischen geschaut und verglichen. Es müsste sich um ein Nordmende Elektra 2/613 handeln. Baujahr um 1961 herum. Mit der Anodenspannung der EL 84 hat Peter recht, 250 V etwa, aus dem Netzteil kommen 270 V raus. Schirmgitterspannung 230 V, an der Kathode etwa 7 V.

Gruß Jens
michi1106
Stammgast
#15 erstellt: 27. Okt 2009, 15:48
Also bei Pollin könnte ich den ein- oder anderen Kondensator finden, ich bezweifle aber, dass es da alle benötigten Typen gibt...

Kann ich denn bei Bürklin überhaupt bestellen? Wenn die schon auf der Startseite anprangern, dass sie nur Industrie, gewerbliche Verkäufer und Bildungseinrichtungen beliefern...

Ansonsten werd' ich wohl in den saueren Apfel beißen müssen und die Teile getrennt bei mehreren Shops bestellen.

Und bis dahin kann ich auch keine Spannungen messen, weil ich zum Ablesen der Kapazitäten bereits einige Kondensatoren ausbauen bzw. demolieren musste, da die Bedruckung auf der Unterseite war, welche auf der Platine lag. Bei einigen konnte man übrigens sogar die Werte kaum noch erkennen...


[Beitrag von michi1106 am 27. Okt 2009, 15:54 bearbeitet]
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