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Mahler: Die Sinfonien

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op111
Moderator
#51 erstellt: 04. Dez 2004, 16:08

s.bummer schrieb:
Hallo Peet,
das ist leider nur vordergründig korrekt!
Swarowski, Klemperer, Scherchen und andere haben immer!! in den 50igern Mahler in Europa aufgeführt, vor allem Walter, wo er nur konnte.

Hallo S.
in der Liste fehlen auch noch D. Mitropulos, L. Stokowski, Bernard Haitink, der mit seiner Gesamtausgabe für Philips m.W. erst nach Bernstein durchs Ziel lief, und auch Rafael Kubelik.
Daß Bernstein allein das Verdienst der GM-Renaissance zuzuscheiben ist, halte auch ich für eine gewagte Vermutung.
Wir betrachten ja hier auch nur den Plattenmarkt, nicht die Konzerte.
Es dürfte sich eher um eine Zeitströmung (und das Aufkommen verbesserter Aufnahmetechnik [Stereoaufnahmen]) gehandelt haben, wenn so viele sich in den 60ern für ihn (auch auf LP) eingesetzt haben.
Nebenbei: die späteren DG-Aufnahmen Bernsteins haben auch ihre starken Seiten, wenn man Bernsteins Stil ertragen kann.
Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 04. Dez 2004, 16:09 bearbeitet]
dude1708
Ist häufiger hier
#52 erstellt: 04. Dez 2004, 16:13

Susanna schrieb:

dude1708 schrieb:

Ich befürchte nur, dass es noch etwas dauern wird bis er ankommt, da ich die Box mit Shostakovich gekoppelt habe und es da wohl zu Verzögerungen kommt. :(

Hallo dude,

ich meine, bei jpc kann man sich den vorrätigen Teil einer Bestellung schon mal schicken lassen, den Rest bekommt man nachgeliefert - Porto nur einmal. Habe ich schon so gemacht.
Die Inbal/Mahler-Box besitze ich auch auf Empfehlung von hier und bin zufrieden damit. Einige bezeichnen sie ja als Mahler-Einsteiger, aber ich finde, auch objektiv gesehen kann sie durchaus mit anderen Aufnahmen mithalten, die ich inzwischen hören konnte.

Gruß,
Susanna


Hallo Susanna,

jpc hat von selbst Teillieferungen vorgenommen und ich habe den Mahler jetzt seit einer Woche hier und bin damit auch sehr, sehr zufrieden. Ich habe vor gut zehn Jahren mal die 9/10 von Abbado von meinem Vater geschenkt bekommen, der sich die Neunte auf einer Geschäftsreise bei den Berlinern antun "durfte". Im damaligen zarten Alter konnte ich mit der Musik absolut nichts anfangen. Irgendwann habe ich dann Abbados Aufnahme der Achten gekauft und kam dem Thema Mahler ein Stück näher. Durch Zufall kam letztens gebraucht Ozawas Aufnahme der Fünften mit dem BSO hinzu, und mein Herzen öffnete sich ein Stück weiter für Mahler. Daher bin ich jetzt wirklich froh für solch günstigen Preis den ganzen Zyklus in einer hochwertigen Aufnahme zu besitzen. Zum weiteren "Einstieg" ein wirklich traumhaftes Angebot! Besten Dank nochmals der Empfehlung!

Der Schostakovich ist gestern verschickt worden - freue mich schon auf Montag!

Einen sonnigen Samstag!
s.bummer
Hat sich gelöscht
#53 erstellt: 04. Dez 2004, 17:04
Hallo peet,

Getroffen!

Ich muss ausholen, weil ich eigentlich dachte, Du wüßtest Bescheid.

Mein Ton gegenüber Bernstein war deshalb so rauh, weil Horowitz so schön straight den Namen Bernstein herausposaunt hat. Da hat es einfach Spaß gemacht, einen draufzusetzen.

Bernstein war meiner Meinung nach ein prima Impressario und Sachwalter seiner Interessen. Und, -hoffentlich stimmt die Reihenfolge, ich zitiere nämlich aus dem Kopf-, Rubinstein hat mal über ihn gesagt. „Er ist von allen Dirigenten der beste Pianist, von allen Pianisten der beste Komponist und von allen Kompnisten der beste Dirigent.“
Besser kann man ihn nicht versenken!

Er hatte allerdings sehr große Verdienste um Barber, Copland, Harris, IVES!!! auch Mahler in den USA und Wien und das SH Festival. (Barschel war sein großer Fan und Lennie hat in Verkennung der Stimmung im Lande sich 1987 in den Wahlkampf ziehen lassen, aber egal.)

Deshalb sehen manche sehen ihn als Urheber der Mahlerrenaissance Anfang der 60iger.

Doch dieses war u.a. nach U. Schreiber nicht Folge eines neuen Mahlerverständnissses, sondern Folge des Konkurrenzkampfes in der Repertoirepolitik der Plattenfirmen.
Als Beleg dafür waren kurz nach Bernstein auch die DGG mit Kubelik und Decca mit Solti, schließlich Philips mit Haitink, an Mahlerzyklen dran und fertig.

Abgesehen davon gab es in Deutschland immer (nach 1945 wohlgemerkt) dank der Rundfunkanstalten Konzerte mit Mahlers Musik, es gab nur nicht diesen Hype, der mit den Gesamtaufnahmen in den 60iger anfing.
Wer aber Barbirollis Bedeutung für Berlin, wer Rosbauds Verdienste oder die Scherchens unter die Bernsteins stellt, hat schlicht zu sehr vereinfacht.

Auch darf man nicht vergessen, Bernsteins Vorgänger in New York, Mitropoulos, war ein ausgewieseneer Mahlerdirigent. Bernstein hat nur (aber immerhin!!) Kontinuität bewiesen!

Die Lage ist eben komplizierter! Einfach ist sie nur am Stammtisch.

Heute leben wir ja in den Zeiten der großen Vereinfachungen. Und zu der gehört es, Bernstein als Initialzündung für Mahlers Durchbruch zu betrachten.

Es kam eben Mehreres zusammen: Fine de siecle Interesse, (ich bitte nur zum Vergleich mal die Theaterstücke der Zeit, und die Romane fürs einfache Volk, Exodus!! in die Betrachtung einzubeziehen) Repertoirepolitik der Firmen, ein genialischer Dirgigent, (als Antipode zu Karajan gerne mißbraucht,- was bloß heute loswäre?? -Schrecklich. Nicht auszudenken!!) der gut aussah, gut reden konnte, gut im FERNSEHEN RÜBERKAM, auf der Bühne nicht nur rumstand und einen enormen Drive und eine unglaubliche Begeisterung versprühte.
Dass die Interpretationen eigentlich nix Neues boten, war egal, man hörte das Werk sowieso zum ersten Mal, also WAR ES WAS NEUES.
Dies als kurze Erläuterung.

Nun was anderes: Was ist mit „der Leidensgeschichte der Musik von Mahler“ gemeint?
Ich vermute mal, dass damit gemeint sein soll, dass die Musik Mahlers Jahrzehnte brauchte, sich durchzusetzen.

Was eigentlich nicht stimmt! Bruckner, Schubert und vor allem Bach hatten es erheblich schwerer, Mahler hatte diverse Sachwalter erster Stunde. Fried, Walter, Klemperer und in zweiter Generartion gab es genug Verfechter seines Werkes wie Mengelberg, Szell, Mitropoulos, Kussewitzky, Scherchen, Rosbaud. Selbst Furtwängler hat sich an den Liedern eines fahrenden Gesellen versucht.

"Korrektur: Mengelberg hatte bereits 1903!! einen Kreis von Mahlerbegeisterten um sich geschart, also gehört er zu den Propagandisten der ersten Minute"

Inzwischen hat sich seine Musik seit der "dritten" Generation bei Dirigenten und Publikum durchgesetzt.

Was soll also dieser weinerliche Tonfall, wenn er nicht angemessen ist?

Oder soll Mahlers persönliche Leidensgeschichte gemeint sein?
Ich hoffe nicht.
Werner Burkhardt hat mal über Miles Davis geschrieben (almost verbatim) „Der liebe Gott hat in seiner Zerstreutheit ein Genie an ein Riesenarschloch verliehen.“ Liest man Mahler Biografien, ich habe einige und hat diesen Spruch im Hinterkopf, ist man versucht zu nicken, zumindestens relativiert man manches.

Gruß S.

PS. Im Thread über Mahler 2 habe ich mich auch ausgelassen. Vielleicht nähern wir uns doch wieder an.
Nochmals beste Grüße


[Beitrag von s.bummer am 05. Dez 2004, 15:18 bearbeitet]
s.bummer
Hat sich gelöscht
#54 erstellt: 04. Dez 2004, 17:21
Hallo Franz,
ich habe von Bernsteins "späten" DGG Mahler Einiges im Schrank.
Und in der Tat. Das Meiste gefällt mir (2,7,9), auch wenn in der zweiten Frau Ludwig deutlich schlechter singt als Janet Baker, aber auch als sie selbst im LvdE.
Ich denke, die Abgeklärtheit, die in diesen späteren Aufnahmen durchscheint- "Es ist doch alles nicht so schlimm"- ich würde es gerne, wenn es nicht so unverschämt wäre, Altersmildheit nennen,(Schnelles wird langsamer, Lautes etwas leiser, Überdrehtes zurückgedreht, der Zuhörer erhält (endlich??!!) die Chance, sich selbst Gedanken zu machen) tut diesen Aufnahmen gut.
Vor allem, ich habe diese als LPs, sind sie sorgfältigst aufgemacht.
Gruß S.
peet_g
Stammgast
#55 erstellt: 05. Dez 2004, 11:58
@ s.bummer & Franz-J.

Ich rede dagegen von den Konzerten und Aufnahmen, nicht nur von Aufnahmen. Auch im speziellen Forum möchte ich die Realität sehen und nicht nur Interessen der Industrie und ihrer Kunden entsprechen.

Ausserdem wollen wir das nicht vergessen: Bernstein hat 1967 als erster alle Symphonine Mahlers aufgenommen.

Seit wann sind Mahlers Aufnahmen mehr an Bedeutung in der Rezeption gewonnen? Warum haben viele Firmen eben nach Bernsteins Konzerten angefangen, Mahlers Musik plötzlich zu promoten? Spielte denn Mitropoulos in Europa Mahler? Stokowski? Wann kam Haitink dazu? Kubelik? Solti? Maazel? Wo spielte Klemperer Mahler in Europa? Es geht hier um die Nachkriegszeit und die Mahler-Rezeption in deutschsprachigen Ländern wohlgemerkt. Dort also, wo Mahler für die gesamte Nazizeit aus dem Musikprozess gewaltsam rausgenommen wurde. Viele haben dann versucht, ihn zurückzuholen. Karajan, Böhm, Jochum, Wand haben sich sehr viel Mühe gegeben, nicht wahr? *g*
Bernstein hat es geschafft - warum, wäre eine spezielle Frage, wo der Zeitgeist, seine Persönlichkeit, seine Ausstrahlung, sein Wille und seine Interpretation zusammenkommen.

Barbirolli in Berlin? Scherchen, Rosbaud? Bei allem Respekt - ich mag diese Dirigenten und schätze sie - konnten sie Mahler nicht so durchsetzten, wie Bernstein es in Wien getan hat. In 60-70er war Wien noch die Musikhauptstadt Europas. Das war entscheidend.

Es freut mich, s.bummer, daß du mir entgegenkommst. :-)

Gruß
GiselherHH
Ist häufiger hier
#56 erstellt: 05. Dez 2004, 13:33
Daß Bernstein Mahler in Wien "durchgesetzt" hätte, ist eine nicht zuletzt von ihm selbst gern gepflegte "Ente".

Sicher hat Bernstein den ersten Mahler-Zyklus eingespielt und ihn oft in Konzerten dirigiert. In Wien war Mahler, abgesehen von den dortigen 7 Jahren der NS-Diktatur, nie aus dem Programm verschwunden. Vom Ende des 2. Weltkrieges bis zu Bernsteins Debut 1967 stand Mahler in 47 Konzerten der Wiener Philharmoniker auf dem Programm (Dirigenten: Fanta, Krips, Moralt, Klemperer, Walter, Furtwängler, Kubelik, Krauss, Mitropoulos, Böhm, Karajan, Solti, Abbado und Mehta)(Quelle: Lebrecht, "Der Mythos vom Maestro", S. 221).

Bernstein gelang es durch seine charismatische Persönlichkeit ("Showmanship"), seine (Über)-Identifikation und eine gut geölte PR-Maschinerie, als Verkünder des Evangeliums "Mahler" in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Das verstellt oft den Blick dafür, daß es vor ihm (und auch nach ihm) gute Mahler-Interpreten gegeben hat und gibt.

Grüße

GiselherHH


[Beitrag von GiselherHH am 05. Dez 2004, 13:35 bearbeitet]
GiselherHH
Ist häufiger hier
#57 erstellt: 05. Dez 2004, 13:49
[b]peet_g[/b] schrieb:

[quote]Seit wann sind Mahlers Aufnahmen mehr an Bedeutung in der Rezeption gewonnen? Warum haben viele Firmen eben nach Bernsteins Konzerten angefangen, Mahlers Musik plötzlich zu promoten? Spielte denn Mitropoulos in Europa Mahler? Stokowski? Wann kam Haitink dazu? Kubelik? Solti? Maazel? Wo spielte Klemperer Mahler in Europa? Es geht hier um die Nachkriegszeit und die Mahler-Rezeption in deutschsprachigen Ländern wohlgemerkt. Dort also, wo Mahler für die gesamte Nazizeit aus dem Musikprozess gewaltsam rausgenommen wurde. Viele haben dann versucht, ihn zurückzuholen. Karajan, Böhm, Jochum, Wand haben sich sehr viel Mühe gegeben, nicht wahr? *g* [/quote]

Nun, dann wollen wir mal die Statistik sprechen lassen (nur Wiener Philharmoniker)...

Mitropoulos dirigierte Mahler tatsächlich in Europa. In Wien tat er es mit den Philharmonikern 1957 2 mal (6. Symphonie) und 1960 4 mal (8. und 9. Symphonie). Schon früher tat es Klemperer mit den "Wienern": 1947 (4.), dann 1963 (2.) und 1968 (9.). Kubelik wiederum dirigierte seinen ersten Mahler mit den Wienern schon 1952 (5.), es folgte 1955 die 1. (2 mal), 1957 die 2., 1959 "Das Lied von der Erde", 1960 die 7. (2 mal). Einen kleineren Beitrag zur Mahler-Rezeption in Wien vor dem großen "Lenny" lieferten Böhm mit der dreimaligen Aufführung der "Kindertotenlieder" (1957),Karajan mit 3 mal "Lied von der Erde" (1960)und Solti mit einer Aufführung der 1. Symphonie (1964).

Und übrigens: "In den siebziger Jahren fanden 20 Mahler-Konzerte unter Bernsteins und weiter 19 unter Abbados Leitung statt."

Quelle: Lebrecht, "Der Mythos vom Maestro", S. 221

Grüße

GiselherHH


[Beitrag von vanrolf am 12. Jan 2006, 01:28 bearbeitet]
sound67
Hat sich gelöscht
#58 erstellt: 05. Dez 2004, 14:02
Ganz richtig. Bernstein war nun mal ein begnadeter Selbstvermarkter, der sich gerne als "Pionier" gab. Bei Mahler, wie auch bei Ives (Herrmann!!!!). In beiden Fällen eine üble Geschichtsklitterung.

Gruß, Thomas
s.bummer
Hat sich gelöscht
#59 erstellt: 05. Dez 2004, 15:14
Hallo,
in Ergänzung zu GieselherHH und Thomas sei erwähnt, dass Klemperer mit den Wiener Sinfonikern Sinfonie Nr. 2 und das Lied vd Erde 1951 für VOX aufgemommen hat und das Scherchen etwa zur gleichen Zeit mit ebenfalls den Wiener Sinfonikern seine berühmten Westminster Aufnahmen gemacht und die Sinfonien, erschienen bei ORFEO, auch aufgeführt hat.
Allerdings sollte bedacht werden, bevor wir nun vermeintlicherweise Wien zur Mahlerhochburg ausrufen, dass in Amsterdams Concertgebouw natürlicherweise(Mengelbergs Erbe, Klemperers Lieblingsorchester bis ca. 1959, Kubelik, der dort als Gastdirigent war) in Sachen Mahler mehr los war.

Ein Wort noch zu Barbirolli. Wolfgang Stresemann, immerhin 1959- 1978 Intendant des Berliner Philharmonischen Orchsters, hat ihm ein Kapitel in seinen Erinnerungen "Und abends in die Philharmonie" gewidmet. Barbirolli war seit 1960/61 bis zu seinem Tod ständiger Gastdirigent der Berliner.
Gerade Barbirollis Mahler wird hier besonders gewürdigt, und auch heute lechzen manche geradezu nach der 9. von 1965 (ob berechtigt oder nicht, sei mal dahingestellt.)

Gruß S
palisanderwolf
Hat sich gelöscht
#60 erstellt: 05. Dez 2004, 21:34
Hallo,
man sollte auch nicht vergessen, daß Lenny, wie auch immer, das "Glück" hatte, hauptsächlich mit Orchestern mit großen Namen an großartigen Orten mit großen Namen für Labels mit großem Namen aufführen zu dürfen.

Allein schon deshalb verkaufen sich seine Aufnahmen auch heute noch gut, mal ganz abgesehn davon, ob er einen ausgeprägten Sinn dafür hatte, was ankommt.

Auf Mahler berufen, im Gegensatz zur direkten Tradition eines Walter oder Klemperer, konnte er sich aber wohl nur indirekt über die Tradition des NPO.

Daß er immer noch einer der ganz Großen auf Tonträger ist, insbesondere für Mahler, steht ja wohl außer Zweifel.

Es mag zwar sicher nicht ganz falsch gegriffen sein, daß Bernstein Mahler in Europa wieder in Mode gebracht habe. Aber die Renaissance Mahlers wurde nicht von ihm allein gestartet.
Villeicht kam er erst, als die Zeit durch andere schon reif dafür gemacht war.


MfG Bernd


[Beitrag von palisanderwolf am 05. Dez 2004, 21:36 bearbeitet]
antiphysis
Stammgast
#61 erstellt: 06. Dez 2004, 00:48
Bernstein war ein ausgesprochener Egozentriker. Zwangsläufig führt das zu Ergebnissen, die extrem divergierende Resonanz erfahren. Gleichwohl sind seine Einspielungen von hohem Wert für zahlreiche Hörer.
Ich selbst habe zu seinen Aufnahmen kein uneingeschränkt positives Verhältnis. Uneingeschränkt schätze ich seinen Enthusiasmus der in wohl jeder Einspielung zur Geltung kommt. Dennoch teile ich keinesfalls jedes Mal seinen Interpretationsansatz.
Für schätzenswert halte ich auch die Praxis, dass in den meisten seiner Aufnahmen Konzertmitschnitte zu hören sind. Da wird nichts, gelegentlich nur wenig, zurecht geschnipselt. - Retorte ist also nicht zu hören. Studio-Einspielungen den Vorzug zu geben würde auch nicht zu Bernsteins Persönlichkeit passen. Ab und an hat er es dann aber doch auch gemacht. Dafür mag es Gründe geben.
Seinen Mahler-Zyklus kenne ich teilweise, er spiegelt sicherlich Bernsteins Persönlichkeit. Das schätze ich, da es gerade bei Mahler um sehr persönliche Empfindungen geht. Billige Effekte finden sich bei Bernstein daher auch nicht. Hingegen eine gewisse Tendenz zur Üppigkeit und Süße. Das muss man nicht mögen; da es aber ein sehr individueller Ansatz ist, der in sich vollkommen stimmig ist, bleibt es überaus beachtenswert.

Grüße
peet_g
Stammgast
#62 erstellt: 06. Dez 2004, 14:51
Die Diskussion dreht sich im Kreise.

Es steht ohne Zweifel, daß Bernstein als Erster in Wien 1967 den Mahler-Zyklus durchgeführt und als Erster Mahler-Symphonien komplett aufgenommen hat.

Es gelingt nicht das zu relativieren - weder durch das Kolportage-Buch von Lebrecht noch durch die Überbetonung des persönlichen Geschmacks.

47 Mahler-Aufführungen in der Zeit von 1945 bis 1967 ergeben zwei Mahler-Aufführungen pro Jahr. In der Stadt, die Mahler 1907 herausgeekelt hat. Muß ich das kommentieren?

Daß Mahler in Wien erst 1967 durchgesetzt wurde, ist eine historische Tatsache. M.Prawy und P.Weiser haben es initiiert und dazu L.Bernstein geholt, der diese Aufgabe mit großem Enthusiasmus übernommen hat.

Den rauhen Ton Bernstein gegenüber finde ich in dieser Diskussion und in diesem Zusammenhang bemerkenswert. Man muß seine Interpretation nicht zwingend mögen, seine Verdienste aber nur deswegen zu schmälern halte ich für unseriös.
Mr_M
Hat sich gelöscht
#63 erstellt: 06. Dez 2004, 15:13
Ich halte es auch fuer ziemlich unnoetig, Bernstein so zu trashen. Es besteht kein Zweifel, dass er ein grossartiger Musiker war, eagl ob man seine Interpretationen oder andere Ansaetze bevorzieht. Ich habe Mahler 1 und 4 live mit ihm gehoert (beide mit dem Concertgebouworkest), das waren phaenomenale Ereignisse.
Auf der anderen Seite hatte ich auch schon den Verdacht, dass Bernstein nicht so ganz der einsame Streiter fuer Mahler war, als den er sich oft dargestellt hat. 47 Wiener Auffuehrungen in diesem Zeitraum sind eigentlich ziemlich viel. Du musst bedenken, dass die Wiener Philharmoniker vor allem in der Oper sitzen und "nur" ein Dutzend Abo-Programme plus Sonderkonzerte und Festivalauftritte spielen.
Ich habe mal eine Band mit allen Programmen des BPhO 1882-1982 durchgeblaettert, der zum hundertjaehrigen erschienen war. Dort ist mir vor allem in den 20er Jahren (aber nicht mehr in den 30ern, aus offensichtlichen Gruenden) der Name Mahler oefter mal ins Auge gesprungen. Furtwaengler hat einige der Symphonien dirigiert. Welche, weiss ich nicht mehr, aber ich erinnere mich ganz genau, dass er u.a. die 3. aufgefuehrt hat. Mir ist das damals besonders aufgefallen, weil ich bis dahin auch die Legende geglaubt hatte, dass Mahler so gut wie nie gespielt wurde, bis Bernstein ihn dann heldenhaft der Vergessenheit entriss.
Klar ist, dass Mahler nicht so viel gespielt wurde, wie es jetzt der Fall ist, seitdem die Musik so in Mode gekommen ist. Aber es muss ja eigentlich auch nicht sein, dass jeder Hansel staendig Mahler dirigiert. Der Ereignischarakter dieser komplexen Symphonien geht dann voellig verloren.
op111
Moderator
#64 erstellt: 06. Dez 2004, 15:13
Hallo Mahlerfans,

peet_g schrieb:
Die Diskussion dreht sich im Kreise.


@peet_g: Kein Wunder, wenn du immer die selbe Behauptung wiederholst und erwartest daß alle zustimmen

Welche Rolle (außer für Sonys PR und Marketing und das Guinness-Buch der Rekorde) spielt das heute noch, wer als erster vor Kubelik, Haitink u.a. mit einer Mahlergesamtaufnahme durchs Ziel raste?

Daß Bernstein und seinem (Konzert- und Tontrager- ) Management das zur Legendenbildung gelegen kam, bestreitet doch wohl keiner ernsthaft, ebensowenig wie Bernsteins Bedeutung.
Also was soll das?

Gruß
Franz
PS:
@Mr_M: Hier trashed doch keiner Lenny. Die Äußerungen hier stammen aus dem üblichen Meinungsspektrum zwischen Fankult und Ablehnung.
Außerdem wird doch meistens recht differenziert mit den verschiedenen Ebenen umgegangen. Da habe ich von Profikritikern schon ganz anderes gelesen. Für manche hat hat Lenny z.B: vulgär, sentimental, aufgeputschten Mahler-Kitsch produziert.
Dagegen vor den allzu naiven Fans und den übersteigerten Fanlegenden muß man den durchaus ernst zu nehmenden Musiker Lenny fast schon in Schutz nehmen.


[Beitrag von op111 am 06. Dez 2004, 18:13 bearbeitet]
GiselherHH
Ist häufiger hier
#65 erstellt: 06. Dez 2004, 17:56
Mir ging es auch nicht darum, Bernstein zu "trashen" oder seine musikalischen Verdienste zu schmälern. Ich wollte nur zeigen, daß die PR-Heldenlegende vom alleinseligmachenden Mahler-Propheten B. in Wien durch Fakten widerlegt ist. Am Rang Bernsteins als Mahler-Interpret kann kein Zweifel bestehen, aber es gab auch vor ihm in Wien genügend gute Dirigenten, die sich der Werke Mahlers angenommen haben. Einen "Mahler-Bann" gab es nach 1945 in Wien nicht, auch wenn seine Werke damals nicht dieselbe Popularität genossen wie etwa heute.

Daß Bernstein sich gern als derjenige feiern ließ, der angeblich den Wienern Mahler zurückgegeben hatte, läßt sich psychologisch erklären. Bernstein, der jüdische Musiker und Komponist, betrachtete es als Wiedergutmachung des Unrechtes, das Mahler, der in Bernsteins Augen ein jüdischer Komponist war, im antisemitisch geprägten Wien um 1900 widerfahren war.

Grüße

GiselherHH


[Beitrag von GiselherHH am 06. Dez 2004, 22:36 bearbeitet]
sound67
Hat sich gelöscht
#66 erstellt: 06. Dez 2004, 21:38
Guter Punkt. Und das Lebrecht-Buch ist auch keine "Kolportage", wie peet-g in seiner Verzweiflung behauptet, sondern führt *dezidiert* die Mahler-Aufführungen auf und zeigt daran, dass Bernsteins Pioniertat nur Legende war.

Gruß, Thomas
Martin2
Inventar
#67 erstellt: 06. Dez 2004, 22:17
Lieber S.Bummer,

Mahlers 10. alles nur Fake? Ich habe mir die Sachlage so erklären lassen:

Von Mahlers 10 liegen vom 1 und 3. Satz sowieso schon einmal Partituren vor. Diese sind ja auch schon früher aufgeführt worden. Für die Sätze 2, 4 und 5 existiert ein Particell, also die Fixierung der Musik in Klaviernotation unter gelegentlicher Angabe der Instrumentation. Die genaue Klanggestalt dieser Sätze ist also tatsächlich spekulativ und die erste Fasung von Cooke machte dann solche Experimente mit Xylophon, die kaum mahlerisch sind. Die neuere Fassung kling wesentlich ideomatischer. Ich möchte die Sinfonie absolut nicht missen und was du da hörst ist genuiner Mahler. Denn es gab hier kein "Lücken mit Sachverstand zu schließen", nur sich über die Instrumentation einig zu werden. Daß Mahler die Musik bei der Ausarbeitung der Partitur möglicherweise noch vertieft und ergänzt hätte, mag allerdings richtig sein. Soweit mein Wissensstand.

Gruß Martin
s.bummer
Hat sich gelöscht
#68 erstellt: 07. Dez 2004, 00:27
Hallo
ein paar Anmerkungen.

1) Heißt es "Trashen" oder "Bashen"? Ich glaube "Bashen" ist der hier angeblich entdeckte Volkssport

2) Mahler 10. Tja, die "Unvollendeten" ziehen die Leute magisch an. Vor allem, wenn dann jemand wie Schönberg noch solche Sätze sagt, wie "die 9. ist eine Grenze. Wer darüber hinaus will, muß fort."
Ich kann mit dem Adagio der 10. leben und brauche die restliche Konstruktion nicht.
Ich gebe aber zu, dass es reizvoll sein kann.

3) Am Mahler Zyklus zu den Wiener Festwochen 1967 beteiligten sich meinen Quellen zufolge neben Bernstein auch andere Dirigenten. Carlos Kleiber mit dem "Lied von der Erde", Böhm, Swarowsky, Kubelik und Abbado)

Weiterhin hat Oskar Fried bereits 1920 alle Sinfonien in Wien, außer der 8., aufgeführt.
Allerdings wurde bereits 1926 in Wien in den "Wiener Neuesten Nachrichten die Frage gestellt, ob es einem Juden wie Mahler möglich gewesen sein könne, an dem künstlerisch nationalen Leben teilzunehmen."
Quelle: Blaukopf, Gustav Mahler oder der Zeitgenosse der Zukunft

4) Blaukopf führt auch das Anwachsen des Interesses an Mahlers Musik auf Schallplatten vor allem auf "die Heraufkunft der technisch perfektionierten Stereoplatte" zurück, mit der es erst möglich wurde, eine vernünftige Wiedergabe seiner Musik für den normalen Konsumenten bereit zu stellen.
Ein, wie ich meine, interessanter Ansatz. Leider schrecklich unspektakulär.

Gruß S.
peet_g
Stammgast
#69 erstellt: 07. Dez 2004, 01:04

Mr_M schrieb:
Mir ist das damals besonders aufgefallen, weil ich bis dahin auch die Legende geglaubt hatte, dass Mahler so gut wie nie gespielt wurde, bis Bernstein ihn dann heldenhaft der Vergessenheit entriss.


Hallo Michael,

in diesem Thread wird mit selbst erfundenen Legenden gestritten. Bis Ende 60er war Mahlers Musik eher für Fans, für einen engen Kreis von Bedeutung. Klar, wurde sie gespielt. In 10-20er sogar echt propagandiert, von seinen ehemaligen Assistenten in erster Linie. In und nach der Nazizeit war diese Tradition gebrochen. Die wichtigsten deutschen Dirigenten der 40-60er haben sie nicht propagandiert, eher ausgeklammert.

Mit Bernstein kam Mahlers Musik zum breiten Publikum und wurde den anderen Dirigenten regelrecht aufgezwungen. Erst durch Bernsteins Schallplatten wurde sie zur Mode, davor war sie ein Insidertipp. Selbstverständlich nicht nur in Wien, aber symptomatisch auch in Wien. Erst dann wollte die Stadt "ihren" Mahler für sich haben.

Die Bedeutung Bernsteins für die Mahlers Musik ist ein Fakt der Musikgeschichte, der Geschichte der Musikrezeption. Selbstverständlich hat Böhm Mahlers Lieder gespielt, das gehört dazu genauso, wie der Erfolg Bernsteins mit seiner kompletten Einspielung. Es basierte auf der Tonträgerzugänglichkeit, hatte in sich aber auch mehr: Mahlers Musik wurde plötzlich aktuell, entsprach dem Zeitgeist ab nun an.

Bernstein ließ sich nicht feiern, er wurde gefeiert. Und eigentlich nicht er, sondern Mahler.
Mr_M
Hat sich gelöscht
#70 erstellt: 07. Dez 2004, 05:12
Ich finde, dass fasst das Thema sehr gut zusammen!
Jetzt mal eine andere Frage - potentiell genau so kontovers! -: da ich mich bereits in mehreren meiner wenigen Beitraege hier als krankhaften Sinopoli-Fan geoutet habe, kann ich die Frage ruhig stellen: was haltet Ihr denn so von Sinopoli als Mahlerdirigenten?
sound67
Hat sich gelöscht
#71 erstellt: 07. Dez 2004, 12:58

peet_g schrieb:
Bis Ende 60er war Mahlers Musik eher für Fans, für einen engen Kreis von Bedeutung. Klar, wurde sie gespielt. In 10-20er sogar echt propagandiert, von seinen ehemaligen Assistenten in erster Linie. In und nach der Nazizeit war diese Tradition gebrochen. Die wichtigsten deutschen Dirigenten der 40-60er haben sie nicht propagandiert, eher ausgeklammert.


Das stimmt nicht, wie Lebrecht auch anhand von Namen und Daten illustriert. Und darum geht es auch nicht: Sondern darum, dass sich Lenny als quasi "Wiederentdecker" von Mahler hat feiern lassen, obwohl seine Musik nie *vergessen* war. Komponisten wie Raff oder Spohr - für die kann man tatsächlich behaupten, dass es eine Zeit gab, in der sie *vergessen* waren. Mahler wurde durchgehend aufgeführt, nur nicht mehr in der Häufigkeit der Jahrhundertwende - und wir wollen nicht vergessen, dass ein großer Teil seiner damaligen Popularität auch darauf beruhte, dass er *selbst* einer der führenden Dirigenten, eine Zeitlang wohl *der* führende Dirigent war.

Gruß, Thomas

P.S: VOR Ende der 60er Jahre hatte sich übrigens Maurice Abravanel ebenfalls an einen kompletten Zyklus der Symphonien gemacht - ohne Unterstützung namhafter Majors, sondern für das Indie-Label Vanguard.
walter_f.
Hat sich gelöscht
#72 erstellt: 07. Dez 2004, 13:45

VOR Ende der 60er Jahre hatte sich übrigens Maurice Abravanel ebenfalls an einen kompletten Zyklus der Symphonien gemacht - ohne Unterstützung namhafter Majors, sondern für das Indie-Label Vanguard


Hallo Sound,

ich habe die 8te mit Abravanel, bin aber aufgrund des Klanges Meinung, dass es eher Ende der 50er war - muss mal nachsehen ob ein Aufnahmedatum darauf steht.

Grüsse
Walter

http://www.maurice-abravanel.com/
stolte1969
Hat sich gelöscht
#73 erstellt: 07. Dez 2004, 15:29

ich habe die 8te mit Abravanel, bin aber aufgrund des Klanges Meinung, dass es eher Ende der 50er war - muss mal nachsehen ob ein Aufnahmedatum darauf steht.


Im Dezember 1963. Es war übrigens die erste Studioaufnahme der 8. Symphonie, mehr als 2 Jahre bevor Bernstein im Rahmen seines CBS-Zyklus die 8. aufnahm. Anbei die ersten Studioaufnahmen der anderen Symphonien:

1. Mitropoulos: 4. November 1940 (Minneapolis)
2. Fried: 1924 (Berlin)
3. Adler: 1951 (Wiener Symphoniker)
4. Konoye 1930 (Tokyo) oder Walter 1945 (New York)
5. Walter 1947 (New York)
6. Adler 1951 (Wiener Symphoniker)
7. Scherchen 1953 (Wiener Staatsopernorchester)
9. Horenstein 1952 (Wiener Symphoniker)
DLvdE: Walter 1952 (Wiener Philharmoniker)

Bernstein hat 1967 definitiv *nicht* alle Symphonien in Wien dirigiert. Es ist wohl kaum vorstellbar, dass Weiser so etwas in seinem Nachruf auf den 2003 verstorbenen Prawy unterschalgen hätte. Es gibt lediglich die offzielle Decca-Aufnahme vom LvdE, sowie ein Bootleg der 2. Symphonie. Mehr ist nicht zu finden.

Allein ein Blick auf die Erstaufnahmen im Studio zeigt, dass die Hälfte in Wien *vor* Bernstein erstmals aufgenommen wurden. Schaut man sich die Liste der Chefdirigenten der New Yorker Philharmoniker mal an (inkl. Gustav Mahler), wird offenbar, dass er dort *auch* die Saat großer Mahler-Dirigenten ernten durfte: nach Mahler selbst, waren immerhin noch Barbirolli, Walter und Mitropoulos am Werk, lediglich Toscanini hat mWn kenen Mahler aufgeführt, von Rodzsinski weiß ich es nicht. NIcht zu vergessen die große Mahlertradition in Amsterdam, von Mengelberg begonnnen, die unmittelbar nach dem Krieg vom Concertgebouw wieder aufgenommen wurde (Konzerte mit Kubelik, Beinum, Walter etc.).

Gerrit
GiselherHH
Ist häufiger hier
#74 erstellt: 07. Dez 2004, 16:53
[quote="stolte1969]Bernstein hat 1967 definitiv *nicht* alle Symphonien in Wien dirigiert. Es ist wohl kaum vorstellbar, dass Weiser so etwas in seinem Nachruf auf den 2003 verstorbenen Prawy unterschalgen hätte. Es gibt lediglich die offzielle Decca-Aufnahme vom LvdE, sowie ein Bootleg der 2. Symphonie. Mehr ist nicht zu finden.[/quote]

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, daß laut Humphrey Burtons Bernstein-Biographie Bernstein nicht Weisers erste Wahl war, sondern daß er zuerst Herbert von Karajan den Mahler-Zyklus angeboten hatte. Der lehnte aber ab.

Grüße

GiselherHH
walter_f.
Hat sich gelöscht
#75 erstellt: 07. Dez 2004, 17:28

NIcht zu vergessen die große Mahlertradition in Amsterdam, von Mengelberg begonnnen, die unmittelbar nach dem Krieg vom Concertgebouw wieder aufgenommen wurde (Konzerte mit Kubelik, Beinum, Walter etc.).


Hallo Gerrit,

ich kann noch eine Mahler 4te mit Mengelberg von 1939 und eine elektronisch 'verstereophonisierte' mono Aufnahme der Mitropoulos 8ten mit den Wienern von 1960 beisteuern.

Grüsse
Walter
op111
Moderator
#76 erstellt: 07. Dez 2004, 17:50

walter_f. schrieb:
ich habe die 8te mit Abravanel, bin aber aufgrund des Klanges Meinung, dass es eher Ende der 50er war - muss mal nachsehen ob ein Aufnahmedatum darauf steht.

Hallo Walter,
auf den Abravanel-LPs steht:

8. S. rec.: December 1963
(damit begann seltsamerweise M.A.s Aufnahmeserie)
die Aufnahmetechnik ist eher zum fürchten, die Pressqualität auch
und bei der 1. S.: rec. May 1974

in den 90ern hat Vanguard auch die CDs veröffentlicht, vorher gab es schon welche als Lizenzausgabe bei nem anderen Label.

Daß Bernstein und seine PR-Leute gern publikumswirksame Legenden erfunden haben, ist ja auch in Klaus Umbachs Buch "Die Geldscheinsonate" dokumentiert.

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 07. Dez 2004, 18:03 bearbeitet]
stolte1969
Hat sich gelöscht
#77 erstellt: 07. Dez 2004, 18:38
walter schrieb:

ich kann noch eine Mahler 4te mit Mengelberg von 1939 und eine elektronisch 'verstereophonisierte' mono Aufnahme der Mitropoulos 8ten mit den Wienern von 1960 beisteuern.


Das müssten beides Live-Aufnahmen sein. Ziemlich ausführlich auf dieser Seite

http://mapage.noos.fr/vincent

Gerrit
peet_g
Stammgast
#78 erstellt: 07. Dez 2004, 21:00
@ Stolte1969 & GiselherHH

Danke für die Präzisierung. Ich habe nie behauptet, Bernstein habe alle Symphonien in Konzerten 1967 gespielt. Es ist aber wichtig, das noch deutlicher zu formulieren. Es ging um Konzerte im Rahmen des ersten Mahler-Zyklus und um die erste Gesamteinspielung. Beides wie gesagt bedeutete die Wende.

Über die Ablehnung seitens Karajans wußte ich nicht. Das passt ins Bild...

Es geht ausserdem nicht um die "ersten" Aufnahmen an sich, sondern vielmehr um die Wirkung. Einzelne Mahler-Aufführungen in Wien - in der Regel einmal pro Jahr zwischen 1960 und 1967 - gegen Zyklen mit mehreren Aufführungen sind ein Kontrast. Einzelne Aufnahmen, die keine große Verbreitung fanden, und eine Gesamtaufnahme, die auf dem LP-Markt ihr Publikum schnell erobert hat, sind auch ein Kontrast.


Die Liste der Mahler-Aufführungen in Wien bei Lebrecht - das sage ich speziell für sound67 - ist langsam zu lesen und nicht im Kontext seines üblichen Wühlens in schmutziger Wäsche. Thomas, meinst du im Ernst, daß die Generation, die in der Nazizeit groß geworden ist, Mahler nie "vergessen" hatte? Daß Mahler "durchgehend aufgeführt wurde"? Ausserdem wie erklärst du die besondere Wirkung der Neunten Symphonie Mahlers auf die Neue Wiener Schule? (Vorsicht, Falle! :-)
stolte1969
Hat sich gelöscht
#79 erstellt: 08. Dez 2004, 00:14
peet_g schrieb:

Ich habe nie behauptet, Bernstein habe alle Symphonien in Konzerten 1967 gespielt.

So?

peet_g schrieb:

Es steht ohne Zweifel, daß Bernstein als Erster in Wien 1967 den Mahler-Zyklus durchgeführt .... hat.


Gruß,
Gerrit
s.bummer
Hat sich gelöscht
#80 erstellt: 08. Dez 2004, 00:58
Hallo,
in all die ABSOLUT NOTWENDIGEN KLÄRUNGEN über Mahler und seine Bedeutung etwas Gossip;
es muß ja auch was zum Kopfschütteln geben.
Denn Abravanel, ein sehr ehrenwerter Mann übrigens, ist 1940 Übles wiederfahren .

Wer hat nämlich 1940 ein wildes Verhältnis mit der Frau von Abravanel, der Sängerin Maria Schacko angefangen und ist mit ihr im wahrsten Sinne des Wortes monatelang durchgebrannt?

Ne, ne nicht Lennie , der war da noch zu jung.

Es war der gute alte Klemperer, den ja zeitlebens auch noch was anderes interessierte als die Musik. (Hierin seinem früheren Berliner Kollegen Furtwängler nicht unähnlich, wenn auch dynastisch nicht so produktiv)
Dies mal so nebenbei.


Gruß S.
Mr_M
Hat sich gelöscht
#81 erstellt: 08. Dez 2004, 01:17
Auf Englisch koennte man sagen - "That's a bummer!"
Susanna
Hat sich gelöscht
#82 erstellt: 08. Dez 2004, 01:18

s.bummer schrieb:

Es war der gute alte Klemperer, den ja zeitlebens auch noch was anderes interessierte als die Musik. (Hierin seinem früheren Berliner Kollegen Furtwängler nicht unähnlich, wenn auch dynastisch nicht so produktiv)
Dies mal so nebenbei.

Hallo S.,

hier lernt man wirklich eine Menge (wo Ihr nur alle Euere Quellen herhabt?)! Ich finde es ausgesprochen sympathisch, daß sich Klemperer noch für außermusikalische Dinge interessierte!
Aber warum denn "Kopfschütteln"? Kopfnicken fände ich angebrachter! Und außerdem: Klemperer war nicht immer schon alt! Und "zeitlebens"? Ja, wann denn sonst?
Na ja, ich gebe zu, für den Abravanel (mir absolut unbekannt) war's wohl weniger angenehm!

Grüße,
Susanna

@ Michael: Ja, ja, je später die Stunde...


[Beitrag von Susanna am 08. Dez 2004, 01:20 bearbeitet]
peet_g
Stammgast
#83 erstellt: 08. Dez 2004, 10:11

stolte1969 schrieb:
peet_g schrieb:

Ich habe nie behauptet, Bernstein habe alle Symphonien in Konzerten 1967 gespielt.

So?

peet_g schrieb:

Es steht ohne Zweifel, daß Bernstein als Erster in Wien 1967 den Mahler-Zyklus durchgeführt .... hat.



Ganz genau, Gerrit. Mahler-Zyklus nicht gleich "alle" Symphonien.

Ruhig Blut.

Gruß
s.bummer
Hat sich gelöscht
#84 erstellt: 08. Dez 2004, 11:30
Hallo Susanna,
hier lüfte ich mal eine Quelle.
Peter Heyworth. Otto Klemperer Life and Times
Band 1 1885 - 1933
Band 2 1933 - 1973
Sind auf englisch erschienen, Band 1 allerdings auch auf deutsch unter dem Titel "Dirigent der Republik" bei Cambridge.
Kosten pro Band, so noch zu kriegen, um die 45€.

Dass mit lebenslang meinte ich so, dass er tatsächlich, ziehen wir mal die Kindheit und besonders schwer depressive Phasen ab, was Frauen anbelangte, immer eine besondere Affinität an den Tag legte. Selbst noch mit weit über 80 Jahren.
Heyworth nannte das dann auch schon mal "nocturnal excursions".
Gruß S


[Beitrag von s.bummer am 08. Dez 2004, 11:30 bearbeitet]
GiselherHH
Ist häufiger hier
#85 erstellt: 08. Dez 2004, 11:40
Ja, ja, der Otto Klemperer war schon ein schlimmer Finger!

Eine weitere schöne Geschichte in Sachen "Klemperers Seitensprünge" ereignete sich 1912 in der Hamburgischen Staatsoper.

Klemperer hatte eine leidenschaftliche Affäre mit der Sopranistin Elisabeth Schumann, die -leider- schon mit dem bekannten Architekten Walter Puritz verheiratet war. Puritz nahm dies Klemperer verständlicherweise ziemlich krumm.

Während einer "Lohengrin"-Aufführung unter Klemperers Leitung saß Puritz in der ersten Reihe genau hinter Klemperer. Beim Vorspiel zum dritten Akt stand Puritz auf und rief: "Klemperer, drehen Sie sich um!". Das tat Klemperer auch. Puritz schlug ihm zweimal mit seiner Reitpeitsche ins Gesicht und stürmte dann aus dem Saal.

Daraufhin wandte sich Klemperer ungerührt an das Publikum: "Herr Puritz hat mich angegriffen, weil ich seine Frau liebe. Guten Abend!" Und dirigierte dann weiter.

Grüße

GiselherHH
s.bummer
Hat sich gelöscht
#86 erstellt: 08. Dez 2004, 12:25
Genau GiselherHH,
und als Klemperer Ende der 60iger in Hamburg weilte, war er sehr seltsam berührt, als Liebermann (angeblich und sehr wahrscheinlich völlig ahnungslos, was 1912 los war) ihm antrug, an der Staatsoper den Lohengrin zu geben.

Gruß S.
stolte1969
Hat sich gelöscht
#87 erstellt: 08. Dez 2004, 13:39

Mahler-Zyklus nicht gleich "alle" Symphonien.


Du sprachst von *dem* Mahler-Zyklus. Und wenn das nicht *alle* Symphonien bedeutet, müssten hier einige Diskussionen *neu* geführt werden, da der Zyklus etwa der Beethoven-Symphonien *immer* alle Symphonien beeinhaltet.

Gerrit
Susanna
Hat sich gelöscht
#88 erstellt: 08. Dez 2004, 14:05

GiselherHH schrieb:
Ja, ja, der Otto Klemperer war schon ein schlimmer Finger!

Aber, aber...

Daraufhin wandte sich Klemperer ungerührt an das Publikum: "Herr Puritz hat mich angegriffen, weil ich seine Frau liebe. Guten Abend!" Und dirigierte dann weiter.

Diese Reaktion ist ja schon fast hanseatisch, Giselher HH! Danke für die nette Anekdote!
@ S. bummer: Das Buch werde ich mir kaufen, natürlich auch Band 2, der ja noch spannender sein muß, nachdem er bei uns nicht übersetzt wurde.
Klemperers Lebensumstände kenne ich in etwa. Aber es gibt doch eine Menge Künster mit "nocturnal excursions", oder?

Grüße,
Susanna
peet_g
Stammgast
#89 erstellt: 08. Dez 2004, 16:18
@ stolte1969

Jetzt weißt du aber, wie ich es gemeint habe, nicht wahr?

Gruß
zoe
Ist häufiger hier
#90 erstellt: 08. Dez 2004, 19:13

s.bummer schrieb:

Dass mit lebenslang meinte ich so, dass er tatsächlich, ziehen wir mal die Kindheit und besonders schwer depressive Phasen ab, was Frauen anbelangte, immer eine besondere Affinität an den Tag legte.


Da scheint er ja nicht der einzige unter den grossen Alten gewesen zu sein. Furtwängler konnte schon fünf aussereheliche Kinder vorweisen, als er seine zweite Frau Elisabeth umgarnte. Besteht da irgendein Zusammenhang zwischen der einen und der anderen Aktivität?

zoe
s.bummer
Hat sich gelöscht
#91 erstellt: 08. Dez 2004, 23:22
@zoe:
Ich bin schwer von Begriff, daher bitte ich die Frage etwas präziser zu formulieren.
Danke S
Martin2
Inventar
#92 erstellt: 09. Dez 2004, 14:44
Hallo!

Zu meinen Mahlererfahrungen: Ich habe Ende der 70 er Mahler im Rundfunk kennengelernt und er hat mich sehr begeistert. Dann bin ich als Jüngling irgendwann mal in einen Plattenladen aufgebrochen um mir die Mahlersinfonien zu kaufen. Der Schallplattenverkäufer meinte: Kaufen sie sich den Abravanell, das sind die besten Aufnahmen. Da der Mann sogar Musik studiert hatte und für mich als 16/17 jähriger eine absolute Respektsperson war und zudem die Aufnahmen so erfreulich billig waren, bin ich diesem Ratschlag natürlich mit Freude gefolgt. Mit diesen Aufnahmen war ich jahrelang sehr glücklich und habe den Mahler über sie kennengelernt. Später dann waren die Scheiben völlig abgespielt und ich stieg in die CD Ära ein. Einen Gesamtzyklus habe ich mir nicht geholt, sondern mir die Scheiben einzeln gekauft. Und der Abravanell ist in der CD Ära nie wieder aufgetaucht. Von den Scheiben, die ich dann gekauft habe, hat mir besonders der Szell gut gefallen ( 4. und 6.). Ansonsten habe ich ein bißchen Abaddo, Karajan und Rattle usw. Völlig glücklich bin ich mit diesen Aufnahmen nicht immer. Aber zum Beispiel die alte Klempereraufnahme vom Lied von der Erde mit Wunderlich und Ludwig liebe ich sehr.
Aber als dann neulich mal wieder die 8. mit Abravanell im CD Shop auftauchte, habe ich natürlich sofort zugeschlagen. Nur leider - der alte Zauber wollte sich nicht wieder einstellen. Auf meiner alten, sicher saumäßig schlechten Anlage hatten sie ganz gut geklungen. Auf CD und einer wesentlich besseren Anlage offenbarten sich dann die Mängel.Und das Utah Sinfonie Orchester ist sicher kein Spitzenorchester, obwohl soo schlecht sind die auch nicht. Trotzdem höre ich sicher noch mal rein. Und sollten diese Aufnahmen noch mal im Billigsegment auftauchen, werde ich sicher noch mal zuschlagen ( man ist den Hörerfahrungen seiner Jugend ja treu). Auch den Sibelius von Abravanell hatte ich mal, aber die Pressungen waren selbst für einen so vollkommen anspruchslosen Menschen wie mich so schrecklich, daß ich sie dann doch nicht so häufig gehört habe auch wenn sie nicht schlecht waren. Im übrigen gebe ich zu, daß diese Aufnahmen einen schon recht merkwürdigen Sound haben ( bei Berlioz Requiem, daß ich vor einiger Zeit mal gekauft habe, ist mir das besonders aufgefallen). Diesen Klang kann man mögen oder auch völlig ablehnen, "objektiv gut" ( aber was ist das?) ist er ganz sicher nicht.

Gruß Martin
GiselherHH
Ist häufiger hier
#93 erstellt: 09. Dez 2004, 15:18
Hallo Martin,

von Abravanels Mahler-Aufnahmen mit dem Utah Symphony Orchestra kenne ich nur die von der 1. Symphonie (1974), erschienen bei Vanguard (gab es preiswert bei 2001).

Klanglich finde ich sie außergewöhnlich gut, in der Weite und Tiefe (Ferntrompete!) zeigt sie ein sehr schön gestaffeltes Klangpanorama mit gut zu lokalisierenden Einzelinstrumenten und reichem Klangfarbenspektrum. Auch interpretatorisch ist Abravanel mit seinem ausgewogenen und abgeklärten Dirigat eine Alternative zu allzu hitzigen, zum Hysterischen neigenden Konkurrenzeinspielungen.

Grüße

GiselherHH
Martin2
Inventar
#94 erstellt: 09. Dez 2004, 16:05
Hallo Giselher,

das freut mich wirklich, daß Dir der Mahler von Abravanel so gut gefallen hat. Die 1. von Mahler habe ich leider verpaßt ( ob 2001 die noch hat?). Es ist wirklich schade, daß der Mahlerzyklus von Abravanel nie wieder aufgetaucht ist. Es freut mich auch, daß dir der Klang gefallen hat, mir nämlich auch ( aber wiegesagt: Ich hatte eine schlechte Anlage). Für mich war in meiner Jugend Abravanel die Stimme Mahlers, d.h. ich fand die Interpretationen einfach gut, ohne daß sich der Interpret jemals in den Vordergrund gespielt hätte.

Gruß Martin
Tommy_Angel
Inventar
#95 erstellt: 09. Dez 2004, 17:25
hat schon mal jemand an Gilbert Kaplan gedacht?

Allerdings dirigierte er nur die 2.

Mit nur meine ich NUR. Er hat nie etwas anderes dirigiert, die aber toll!


[Beitrag von Tommy_Angel am 09. Dez 2004, 17:26 bearbeitet]
zoe
Ist häufiger hier
#96 erstellt: 09. Dez 2004, 19:40

Tommy_Angel schrieb:
hat schon mal jemand an Gilbert Kaplan gedacht?

Allerdings dirigierte er nur die 2.

Mit nur meine ich NUR. Er hat nie etwas anderes dirigiert, die aber toll!


Da haben schon einige hier dran gedacht. Die Suchfunktion unseres Forums findet schon etwa 8 Kommentare.
Weitere Details in
http://tamino-klassikforum.at/thread.php?threadid=26
Zusätzlich kann ich jetzt meinen Kommentar dazusetzen: wenn man Klemperer, ob mit London oder München im Kopf hat, dann möchte man Kaplan nur zurufen : schneller, konsequenter, härter, dunkler, grausamer, anders...
Der erste Satz: "Todtenfeier" von Mahler überschrieben in der Urversion, mit einem Kommentar Mahlers 1901 anlässlich einer Aufführung 1901: "Wir stehen am Sarge eines geliebten Menschen. Sein Leben, Kämpfen Leiden und Wollen zieht noch einmal, zum letzten Mal an unserem geistigen Auge vorüber."
wird von Kaplan zäh angegangen und diese Langsamkeit setzt sich weiterhin fort. Für mich schwer zu ertragen.
Klemperer dagegen geht voran, zügige Tempi wenn nötig.
Niemand hat die Härte der Fahrt in die Grube (Ende erster Satz: konstant ff, absteigende Triolen), so abrupt, so endgültig dargestellt wie Klemperer.
Einen treffenden Vergleich der Klemperer Interpretationen der zweiten hat S.Bummer schon gegeben:
http://www.hifi-foru...68&thread=117&z=1#18


zoe


[Beitrag von zoe am 09. Dez 2004, 19:52 bearbeitet]
op111
Moderator
#97 erstellt: 09. Dez 2004, 21:20

Tommy_Angel schrieb:
hat schon mal jemand an Gilbert Kaplan gedacht?

Hallo Tommy,
die "alte" Aufnahe mit dem London Symphony O. habe ich noch irgendwo im Keller eingelagert, bestimmt.
Soweit ich mich erinnere, kam mir die zu sehr nüchtern vor, in der Tendenz wie zoe es beschrieben hat, aber ich habe die sehr lange nicht mehr gehört.
Gruß
Franz
Martin2
Inventar
#98 erstellt: 10. Dez 2004, 00:22
Kaplan? Kenne ich nicht. Muß man den kennen? Ich kann nur sagen, daß mich diese ganze Kiste: Blinde Sänger, Chronisch schizophrene Klavierspieler, sexy Geigerinnen, Mahlers 2. interpretierende Multimillionäre völlig kalt läßt. Aber ich will über den Kaplan nicht urteilen, weil ich ihn nicht kenne. Ich mag auch keine Stardirigenten. Es interessiert mich nicht die Bohne, wenn da einer wieder eine "besonders spannende" Interpretation hingelegt hat ( als ob das Spannendste an der Musik nicht die Musik wäre, und die Spannung nur ein eher trivialer Anteil, ähnlich wie in der Literatur) oder wenn da mal irgend so ein Superkünstler dem Mahler wieder mal das Letzte an Expressivität abgerungen hat ( als ob die Musik ohne das sonst nichts zu sagen hätte). Grundsätzlich habe ich am meisten immer den ehrlichen Interpreten geschätzt, der - allerdings verständig - hinter der Musik zurücktreten kann. Als ich jünger war, habe ich alle Stardirigenten leidenschaftlich abgelehnt, ich konnte dieses ganze Tamtam einfach nicht leiden. Später kam ich dazu, daß das vielleicht doch ein bißchen übertrieben war, und das mancher "Star" vielleicht doch kein ganz schlechter Interpret war. Aber Weltstarinterpreten und ihre interpretatorischen Duftmarken ( langsame oder schnelle Tempi, "Expressivität", "Spannung" und dergl.)interessieren mich nicht. "Das Wunder Karajan" ( wie es damals hieß) konnte ich in meiner Jungend am allerwenigstens leiden, finde ich aber inzwischen gar nicht schlecht. Bei Mahler mag ich seine 9., aber seine 6. läßt einen auf die Dauer kalt und auch bei der 4. finde ich Szell besser. Ich glaube, ich hätte gerne meinen alten Abravanel wieder zurück. Ich habe heute noch mal seine 8. gehört, und fand das wieder ganz schön; ich glaube der Abravanel hat für den Mahler wirklich ein glückliches Händchen und er spielt das so ganz ohne jeden falschen Effekt, der Klang war besser als ich ihn in Erinnerung hatte ( aber ich hatte es über Kopfhörer gehört), gefiel mir sogar ganz gut, aber - na ja - der Utah University Chorus ist nun bei aller Liebe kein internationaler Spitzenchor, sondern ein Ensemble allerdings sehr enthusiastischer Studenten, auch wenn die das gar nicht mal schlecht machen. Aber wie kommt man an den Abravanel heran? In den Staaten wahrscheinlich ziemlich einfach, aber hier? Bei Amazon/JPC habe ich ihn nicht gesehen, weiß jemand anderes etwas darüber? Auch den Sibelius hätte ich ganz gern, alleine schon, um die Aufnahmen, die ich ganz gern mochte, einmal ohne Knacken, Pfeifen und Zischen zu hören ( die Pressung war wirklich fürchterlich, man hätte die Platten eigentlich zurückgeben müssen). Jedenfalls standen die Scheiben auf dem Booklet noch als bestellbar angegeben.

Gruß Martin
Mr_M
Hat sich gelöscht
#99 erstellt: 10. Dez 2004, 01:02
Martin2: Grad wenn Du keine spektakulaer aufgepumpten Interpretationen, sondern praezises Musikhandwerk hoeren willst, ist Kaplan der richtige Ansprechpartner fuer Dich. Ob Millionaer oder nicht, der hat sich tatsaechlich sehr erhsthaft mit der Musik auseinandergesetzt und eine sehr sorgfaeltig ausgearbeitete Aufnahme vorgelegt (ich meine die mit den WP, die aeltere Aufnahme kenne ich nicht), ohne "geniale Willkuerlichkeiten".

Mich interessiert Presserummel und Personenkult auch nicht. Ueberleg Dir aber mal, dass Du Dich von all dem durchaus auch beeinflussen laesst, wenn Du bestimmte Intepreten ablehnst weil sie beruehmt sind. Das ist praktisch dasselbe, wie wenn man sich von der Publicitymaschine beeindrucken laeest, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Dann landest Du am Ende bei Aufnahmen mit zweitklassigen Dirigenten und drittklassigen Orchestern (z.B. "Utah Symphony"). Die von Dir gewuenschte ungekuenstelte Wiedergabe kannst Du auch von anderen haben, z.B. Boulez und Dohnanyi, und dazu auf einem wesentlich hoeheren Niveau gespielt.
GiselherHH
Ist häufiger hier
#100 erstellt: 10. Dez 2004, 01:37
Hallo Martin,

amazon.de hat die Abravanel-Aufnahmen (bzw. bei amazon marketplace vertretene Privatanbieter, teilweise in den USA). Wenn Du "Abravanel Mahler" bzw. "Abravanel Sibelius" eingibst, kannst Du die Aufnahmen ganz leicht finden!

Grüße

GiselherHH
Martin2
Inventar
#101 erstellt: 10. Dez 2004, 02:04
Lieber Mr.M,

zweitklassige Dirigenten mit drittklassigen Orchestern? Nun ja, das habe ich schon anders gehört. Ich habe gehört, daß man Abravanel einen erstklassigen Dirigenten mit einem zweitklassigen Orchester genannt hat. Das macht schon einen gewissen Unterschied. Also das Utahsinfonieorchester ist ein gutes Orchester und Abravanel ( und sein Orchester) bieten weit mehr als "präzises Musikhandwerk" ( das klingt schon reichlich grauslich und wenn es das ist, was Boulez und Dohnany bieten, dann will ich lieber die Finger davon lassen). Aber Dohnany will ich mir demnächst selber mal anhören, er hat ja hier in Hamburg die NDR Sinfoniker übernommen.

Gruß Martin
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