Gehe zu Seite: |vorherige| Erste 2 3 Letzte |nächste|

* Neue Musik - Komponisten und Werke

+A -A
Autor
Beitrag
Mellus
Stammgast
#101 erstellt: 07. Apr 2008, 21:44

Adri schrieb:
In diese Reihe passt sehr gut

Harrison Birtwistle


Hallo Adri,

ich hoffe, dass Du hier noch vorbeischaust. Mittlerweile bin ich Deinen beiden Birtwistle-Tipps nachgegangen und bereue es nicht. Zwar muss ich sagen, dass ich zu Birtwistles Musik keinen unmittelbaren Zugang gefunden habe -- außer vielleicht bei Earth Dances. Birtwistle hat irgendwie zu einer eigenen Art des Komponierens gefunden. Wohl nicht zuletzt deshlab ist aber unüberhörbar, dass es sich um gute und gut gemachte Musik handelt. Je mehr ich mich reinhöre, desto mehr meine ich davon zu verstehen. Also: ein harter Brocken für mich, aber danke für den Tipp!

Viele Grüße,
Mellus

Nachtrag: Gestern habe ich glatt vergessen danach zu fragen: Im Booklet zu The Triumph of Time steht, dass das Stück vom gleichnamigen Kupferstich Pieter Breughels d.Ä. inspiriert wurde. Diesen Kupfersstich konnte ich leider nicht ausfindig machen, wohl ein Gemälde namens The Triumph of Death. Weißt Du, Adri, oder weiß jemand anderes, was es damit auf sich hat?


[Beitrag von Mellus am 08. Apr 2008, 13:40 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#102 erstellt: 12. Apr 2008, 16:55
Nachdem Frau Lim gute Aussichten hat, die nächsten Klassik-Charts zu erobern, bleiben wir doch bei jungen Komponistinnen. Zu denen gehört als 1963 in Tokyo Geborene auch noch Noriko Hisada. Ihre Rezeption vor allem außerhalb Japans steht im Schatten ihrer berühmten Kollegen Toshio Hosokawa und Toru Takemitsu. Dabei ist beispielsweise ihr "Quintett" Prognostication ein gut gemachtes Werk, das zudem Hörvergnügen bereitet. Es beginnt mit einem kurzen, fallenden kakophonischen Signal, von allen Instrumenten gespielt, das im Laufe der etwa 15-minütigen Spieldauer noch mehrere Male auftritt. Wiederkehr ist eh ein Kohäsionsmittel in Prognostication. Ein Muster, das von immer wechselnden zwei Instrumenten neu gefüllt wird, sorgt für den Hauptverlauf des Stückes. Jedes Instrument hat zwischendurch einen Soloauftritt. Diese "konstitutive Restriktion" erlaubt tatsächlich eine gewisse Prognostizierbarkeit. Allerdings ermöglicht die Beschränkung auch Varation innerhalb der selbstgesteckten Grenzen, also das Nicht-Vorhersehbare.

In Progression, einem zweiminütigen Stück für Piano solo, führt uns Noriko Hisada noch einmal vor Ohren, dass das Piano eigentlich ein Rhythmusinstrument ist. Aus fast Webernesquen Tontupfern heraus entfernen sich linke und rechte Hand voneinander, zunehmend auf einen Beat einschwingend, und nähern sich ihren jeweiligen Enden der Klaviertastatur. Am Schluß stampft die linke Hand ein tiefes Metrum, während die rechte spitze Triller dazu klappert.

Beide Stücke sind auf einer gerade im Angebot erhätlichen Hat Hut-CD erschienen (hat(now)ART 163), zusammen mit Landscape für fünf Instrumentalisten, Continuance für Violine und Cello, und Prime Alpha für sechs Instrumentalisten. Es spielt das ensemble für neue musik zürich.


Viel Spaß damit wünscht,
Mellus
Mellus
Stammgast
#103 erstellt: 15. Apr 2008, 21:42
Hello again!

Lange Zeit war der Komponist Pierre Boulez einer von vielen weißen Flecken auf meiner musikalischen Landkarte. Wegen seiner konsequenten seriellen Kompositionstechnik (und seines "Genörgels" über Schönberg) dachte ich nicht, dass meine Ohren und seine Musik Freunde werden könnten. Vor Kurzem habe ich mir dennoch aus Repertoiregründen zwei CDs von Boulez zugelegt. Eine davon enthält ...explosante-fixe... in einer vom Komponisten selbst ausgearbeiteten und eingespielten Version aus den Jahren 1991-93. Und diese Stück hat mich eines Besseren belehrt! Der Realisierung aus Boulez' Spätphase liegt ein serielles Gerüst zugrunde: eine siebentönige Grundformel (Originel) und sechs daraus abgeleitete Transitoires. Die Instrumentierung in der erwähnten Version (laut Booklet ist sie in der Partitur nicht festgelegt) ist geprägt von einem Flöten-Tripel, von denen eine (sehr dezent) elektronisch modifiziert wird. Selten habe ich ein Stück gehört, dass in einer solchen feinsinnigen musikalischen Klanglichkeit komponiert wurde wie ...explosante-fixe. Insgesamt ist der Charakter von einer gleißenden, hellen Farbigkeit. Erholsam ist der in der Herstellungsweise begründete Verzicht auf Ausdruck und Bedeutung: Durch serielle Formel und Ableitung wird von vornherein auf intentionale musikalische Semantik verzichtet. So kann sich der Hörer ausschließlich an Ziselierungen und Ornamenten, mäandernden Tonspuren und schwebenden Klangduftwolken erfreuen. (Nach Hartmann, Mahler und Zimmermann in den letzten Tagen empfand ich das tatsächlich als erholsam!) Dennoch: über die sprachnahe Beredsamkeit der Musik kommt Ausdruck gelegentlich durch die Hintertür hinein...

Um Euch endgültig in Metaphern zu ertränken: Wer nicht-gegenständliche Gemälde in Gelb-Rot-Tönen, gelegentlich von grau-schwarzen Schlieren durchzogen, mag und/oder sich gerne von Debussy'schem Klangparfüm verzaubern lässt, der sollte auch mal in ...explosante-fixe... hineinhören.

Das Stück gibt es -- zusammen mit Notation I-XII (Pierre-Laurent Aimard) und Structures II (Pierre-Laurent Aimard und Florent Boffard) -- auf einer CD der 20/21-Reihe der Deutschen Grammophon (DG 477 5385) mit dem Ensemble Intercontemporain unter der Leitung von Pierre Boulez.

Ein betörendes Musikerlebnis wünscht,
Mellus


[Beitrag von Mellus am 15. Apr 2008, 21:43 bearbeitet]
Klassikkonsument
Inventar
#104 erstellt: 16. Apr 2008, 16:12
Hallo Mellus,

"...explosante-fixe.." habe ich vor längerer Zeit einmal gehört, als ich es aus der Bibliothek ausgeliehen hatte. Ohne dass ich noch auf konkrete Höreindrücke zurückgreifen könnte, weiß ich jedenfalls noch, dass dieses Stück sehr eindrucksvoll ist.
Ich glaube, ich habe da etwas aufzufrischen.

Viele Grüße
AladdinWunderlampe
Stammgast
#105 erstellt: 16. Apr 2008, 18:33

Mellus schrieb:
Wegen seiner konsequenten seriellen Kompositionstechnik (und seines "Genörgels" über Schönberg) dachte ich nicht, dass meine Ohren und seine Musik Freunde werden könnten.


Hallo Mellus,

ich bin immer wieder verblüfft, welche Schrecken Begriffe wie "serielle Musik" oder "Zwölftontechnik" bei vielen Menschen hervorrufen - zumindest, solange sie die betreffenden Werke nicht kennen. Nicht zuletzt durch die strategisch eher ungeschickte Selbstdarstellung mancher Komponisten vor allem in den frühen 1950er Jahren - ein gutes Beispiel für die weitreichenden Folgen von Werkkommentaren - scheint allgemein der Eindruck entstanden zu sein, dass serielles Komponieren nichts als der Ausdruck abstrakten, musikfernen Kalküls sei, bei dem streng und mechanisch irgendwelche errechneten Zahlenreihen in Musik überetzt werden. (In ähnliche Richtung geht übrigens auch das anscheinend unausrottbare Vorurteil, dass eine Fuge eine "strenge Form" sei.)

Dein Damaskus-Erlebnis mit mit Pierre Boulez' ...explosante-fixe... (das freilich nicht zu meinen allerliebsten Werken dieses Komponisten gehört) zeigt einmal mehr, dass man sich von solchen Vorstellungen nicht ins Bockshorn jagen lassen sollte. Es gibt nämlich nicht die serielle Technik, sondern nur eine Vielzahl von Verfahren, die von den betreffenden Komponisten in sehr unterschiedlicher Weise und mit unterschiedlicher Reichweite eingesetzt werden. Sieht man von einigen einigen frühen Werken wie Boulez' Structures Ia ab, die eher Studiencharakter haben, bietet der Serialismus (ähnlich wie die Zwölftontechnik) bei aller Materialorganisation genügend Freiräume für die Entfaltung individueller kompostorischer Phantasie - und zwar nicht bloß als Konzession an die vermeintliche "Strenge", sondern vielmehr, indem er die Phantasie geradezu anstachelt durch die Vorgaben, die er macht, und die Freiräume, die er absteckt. Wie bei Bach oder Brahms ist die gezielte (aber keineswegs mechanische) Organisation des Tonsatzes hier kein Hemmschuh, sondern eine Bedingung der kompositorischen Kreativität.

Wer so unterschiedliche Werke wie Boulez' Marteau sans maitre, Pli selon pli und Rituel in memoriam Maderna, Stockhausens Kreuzspiel und Gruppen für 3 Orchester, Bernd Alois Zimmermanns Perspektiven für 2 Klaviere, die Dialoge für 2 Klaviere und Orchester oder die Oper Die Soldaten hört und vergleicht, dürfte kaum auf die Idee kommen, dass die Komponisten durch die serielle Technik in irgendeiner Weise an der Schaffung ausdruckstarker, farbenreicher, beredter Musik gehindert worden seien.

Und gerade Deine Erfahrung mit Bernd Alois Zimmermanns geradezu niederschmetternder Ausdruckswucht dürfte Dich zu Recht auch an folgender Aussage zweifeln lassen:


Durch serielle Formel und Ableitung wird von vornherein auf intentionale musikalische Semantik verzichtet.


So don't be afraid on serial music!

Was übrigens Boulez' teils ungerechtes Schönberg-Genörgel betrifft, so ist dies nur aus dem zeitgeschichtlichen Kontext zu verstehen. Boulez, der in der Tat ein großer Polemiker sein kann, hatte hier insbesondere seinen zeitweiligen Lehrer und Schönberg-Verfechter René Leibowitz im Visier, dessen für ihre Zeit überaus verdienstvolle Schönberg-Apologien (zum Beispiel Schoenberg et son école: l´étape contemporaine du langage musical, Paris 1947) die Tendenz hatten, den zukünftigen Komponisten den aus Leibowitz' Sicht einzig gangbaren Weg vorschreiben zu wollen. Boulez witterte hier nicht zu Unrecht die Scholastik eines neuen Zwölfton-Akademismus, gegen dessen ästhetisch-kompositionstechnische Gängelung er dann um so heftiger aufbegehrte. Für seinen frühen Vatermord (Schönberg est mort) hat Boulez dann als Dirigent bis heute unermüdlich Abbitte geleistet, so dass ich ihm seine aus dem vitalen Interesse eines jungen Komponisten motivierte Polemik, die nebenbei bemerkt auch mancherlei Bedenkenswertes enthält, gerne nachsehe...



Herzliche Grüße
Aladdin (der nur zu gut weiß, dass er diesem Thread noch eine Menge längst versprochener Beiträge schuldet)


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 16. Apr 2008, 20:47 bearbeitet]
Klassikkonsument
Inventar
#106 erstellt: 17. Apr 2008, 18:03
Hallo Aladdin,


AladdinWunderlampe schrieb:

ich bin immer wieder verblüfft, welche Schrecken Begriffe wie "serielle Musik" oder "Zwölftontechnik" bei vielen Menschen hervorrufen - zumindest, solange sie die betreffenden Werke nicht kennen. Nicht zuletzt durch die strategisch eher ungeschickte Selbstdarstellung mancher Komponisten vor allem in den frühen 1950er Jahren - ein gutes Beispiel für die weitreichenden Folgen von Werkkommentaren - scheint allgemein der Eindruck entstanden zu sein, dass serielles Komponieren nichts als der Ausdruck abstrakten, musikfernen Kalküls sei, bei dem streng und mechanisch irgendwelche errechneten Zahlenreihen in Musik überetzt werden. (In ähnliche Richtung geht übrigens auch das anscheinend unausrottbare Vorurteil, dass eine Fuge eine "strenge Form" sei.)


hier muss ich ein bisschen widersprechen. Denn ich habe schon durchaus Erfahrungen gemacht, die das Bild vom seriellen Schreckgespenst zu bestätigen scheinen - nämlich an einigen späten Werken von Anton Webern, die dann von den Serialisten der 50'er gegenüber Schönbergs Werken vorgezogen wurden.

Immer wieder versuche Weberns Symphonie op. 21, seinen Klaviervariationen op. 27 und seinem Streichquartett op. 28 eine Chance zu geben, aber bislang vermitteln sie mir allenfalls den Eindruck spröder Apartheit, die ich nicht nachvollziehen kann. Direkt erschreckt hat mich der Blick in die Partitur, als ich mal wieder op. 28 hörte. Schon rein optisch wirkt dieses Werk so leer gefegt und bereinigt von allem, was besonders sein könnte. Ich frage mich dann immer, ob in diesen Fällen nicht wirklich die Trivialität mathematischen Kalküls erklingt oder ich noch nicht reif bin für die Pointen des Pointillismus.

Viele Grüße
AladdinWunderlampe
Stammgast
#107 erstellt: 17. Apr 2008, 18:38

Klassikkonsument schrieb:

hier muss ich ein bisschen widersprechen. Denn ich habe schon durchaus Erfahrungen gemacht, die das Bild vom seriellen Schreckgespenst zu bestätigen scheinen - nämlich an einigen späten Werken von Anton Webern, die dann von den Serialisten der 50'er gegenüber Schönbergs Werken vorgezogen wurden.

Immer wieder versuche Weberns Symphonie op. 21, seinen Klaviervariationen op. 27 und seinem Streichquartett op. 28 eine Chance zu geben, aber bislang vermitteln sie mir allenfalls den Eindruck spröder Apartheit, die ich nicht nachvollziehen kann.


Hallo Klassikkonsument,

allerdings sind Anton Weberns Werke - entgegen dem, was die Serialisten in ihnen zu entdecken vermeinten - niemals seriell gearbeitet. Sich auf Webern und Messiaen als den großen Vorbildern zu beziehen, gehörte in den 1950er Jahren zu den Legitimationsstrategien einer jungen Komponistengeneration, der der Wind ansonsten ziemlich ins Gesicht blies. Trotzdem wurden zumindest im Falle Weberns die vermeintlich präseriellen Verfahrensweisen erst durch die Nachfahren in die Musik hineingelegt.

Dass Dir Weberns Spätwerk als Ausdruck "spröder Apartheit" erscheint, dürfte wohl vor allem in Webern spezifischem Personalstil begründet sein und stellt insofern keine notwendige Konsequenz aus der Verwendung der Reihentechnik dar. (Dass Zwölftonmusik sehr anders klingen kann als die von Webern, ist ja durch die Werke Schönbergs und Bergs, aber beispielsweise auch Kreneks und Strawinskys hinlänglich belegt.) Genausowenig besagt ja die höchst akademisch-langweilige Verwendung der Fugentechnik bei zahlreichen Komponisten des 19. Jahrhunderts nichts über deren Wert, denn immerhin gibt es von Bach bis Beethoven und von Mozart bis Bruckner meisterhafte Fugenkompositionen.

Ebenso gibt es zweifellos schlechte, langweilige, trockene serielle Musik; da es aber auch überaus gute gibt (und einige Beispiele von Boulez, Stockhausen, Messiaen, Zimmermann wurden in diesem Thread ja schon benannt), scheint es mir auch in diesem Fall nicht plausibel, die "Schuld" in der Technik zu suchen.

Deine Probleme mit dem Spätwerk Weberns kann ich übrigens zu einem gewissen Teil durchaus nachvollziehen - gerade an auch im Falle der von Dir genannten Opera 27 und 28, bei dem mir die Indentifikation von Struktur und Form auch ein wenig zu weitgetrieben scheint und so - entgegen dem esoterischen Geraune mancher Apologeten - in meinen Ohren eher zu einer Versimpelung der Musik beiträgt. Übrigens teilt auch Theodor W. Adorno, der keineswegs ein blinder oder tauber Apologet der Wiener Schule war, diese Kritik.)

Der "Bruch" scheint sich in meinen Ohren nach dem wunderbar expressiven Streichtrio op. 20 vollzogen zu haben, das freilich auch schon zwölftönig gearbeitet ist. An der reinen Technik kann's demnach auch hier nicht liegen. Der Sinfonie - insbesondere deren 1. Satz - kann ich allerdings durchaus einiges abgewinnen: der schwerelos schwebende Satz, in dem die Töne wie eigene, farbige Individualitäten zart ein- und und ausgeblendet werden, die allmähliche Verzerrung der kurzen melodischen Gesten des kanonisch geführten Satzes, der doch so wenig an Kontrapunkt erinnert, das alles ist schon im Sinne Schönbergs und Georges "Luft von anderen Planeten", die ich angesichts mancher spätromantischer Verfettungen bisweilen sehr gerne atme...

Und Webern selbst scheint mir der Tendenz zur allzu bruchlosen Homogenisierung des Tonsatzes zumindest in seinen allerletzten Werken wieder komplexere und reichere Texturen entgegengesetzt zu haben - so insbesondere in den Variationen op. 30 und in der 2. Kantate op. 31. Vielleicht waren die Werke von Opus 21 bis 27 eine Art Nadelöhr, dass er zu durchschreiten für notwendig hielt, um sich eine neue Sprache zu erobern (ähnliches beobachtet man ja auch bei den frühen Serialisten); leider ist er zu früh verstorben, um diese Sprache dann noch systematisch auszubauen.




Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 17. Apr 2008, 19:03 bearbeitet]
pt_concours
Stammgast
#108 erstellt: 17. Apr 2008, 21:39
Hallo,

kennt jemand von Euch folgende Oper:

PASCAL DUSAPIN Medeamaterial
UA 1992 in Brüssel durch den DIrigenten P.HERREWEGHE

alles was ich bisher in Erfahrung bringen konnte:
...in der Musik Pascal Dusapins, der in seiner Oper einer Koloratursopranistin fast durchgängig einen Chor (vom Vokalquartett bis hin zu 20 Sängern) als Partner, Echo und Reflektion beistellt. Pascal Dusapin (*1955), Meisterschüler von Iannis Xenakis, gilt als wichtigster französischer Komponist der Gegenwart. Seine Werke entstehen stets in der Auseinandersetzung mit anderen Kunstformen - er studierte Bildende Kunst und Kulturwissenschaften an der Pariser Sorbonne. Dramatische Literatur und Lyrik beeinflussen sein Schaffen ebenso wie Philosophie und Geschichte. Als zeitgenössischer Komponist beschäftigt er sich außerdem intensiv mit Alter Musik: Seine Oper Medeamaterial schrieb er für das renommierte Barockorchester La Chapelle Royale und das Collegium Vocale Gent.
Link: Quelle

von den Musikern der UA gibt es folgende CD:



Hilde Leidland Medea
Chorus of soloists:
Michele Patzakis, Zofia Kilanowicz, Marie-Noëlle de Callatay, Ralf Popken
Collegium Vocale
Orchestre de la Chapelle Royale
Philippe Herreweghe

Kennt jemand das Werk und vielleicht sogar diese CD?
Weiss jemand sonst mehr über DUSAPIN?

Vielen Dank für Hinweise
Gruss pt_concours
AladdinWunderlampe
Stammgast
#109 erstellt: 19. Apr 2008, 01:45

pt_concours schrieb:
kennt jemand von Euch folgende Oper:

PASCAL DUSAPIN Medeamaterial
UA 1992 in Brüssel durch den DIrigenten P.HERREWEGHE
[...]
Weiss jemand sonst mehr über DUSAPIN?


Hallo pt_concours,

Neue Musik mit dem Orchestre de la Chapelle Royale unter der Leitung von Philippe Herreweghe (einem meiner Lieblingsdirigenten!) - das klingt ja in der Tat spannend!

Allerdings kenne ich die Oper nicht; der Titel Medeamaterial lässt aber vermuten, dass dem Werk das gleichnamige Theaterstück Heiner Müllers zugrunde liegt, dessen Texte damals ja noch Hochkonjunktur hatten - man denke nur an Wolfgang Rihms Hamletmaschine.

Immerhin kenne ich einige andere Werke von Pascal Dusapin; nachdem ich nämlich immer wieder auf diesen Namen gestoßen war, der seinerzeit als angeblich bedeutendster französischer Komponist gehandelt wurde, habe ich mir vor ungefähr acht bis zehn Jahren eine CD mit Dusapins Orchesterwerken Extenso, Apex und dem Oratorium La Melancholia gekauft, ausgeführt von diversen Vokalsolisten sowie dem Orchestre National de Lyon und dem Choeurs de Lyon unter der Leitung von Emmanuele Krivine und David Robertson (Audivis Montaigne MO782073).




Allerdings hat die Musik mich damals nicht sonderlich beeindruckt. Immer wieder hatte ich im Vorfeld vom großen Einfluss gelesen, den Edgard Varèse und Iannis Xenakis auf Dusapin ausgeübt hätten, fand davon in den betreffenden Werken allerdings seinerzeit nichts. Enttäuscht stellte ich die CD nach einigen Hörversuchen ins Regal, wo sie dann auch für acht bis zehn Jahre stehengeblieben ist.

Bis gestern. Denn Deine Anfrage hat mich motiviert, die CD nochmals hervorzukramen und erneut anzuhören. Und erstaunlicherweise gefällt die Musik mir mittlerweile wesentlich besser als noch im letzten Jahrtausend. Allerdings habe ich inzwischen Varèse und Xenakis so gut kennen und lieben gelernt, dass mir deren Einflüsse in Dusapins Musik mittlerweile schon zu stark hervortreten: die Arbeit mit klanglichen Massentexturen und mit raffiniert ausgehörten Ein- und Ausschwingvorgängen à la Varèse, Xenakis'schen Glissandi und jenen archaisch anmutenden Skalen, wie sie Xenakis ganz ähnlich mithilfe seiner Siebtheorie erzeugt hat - all das findet man auch bei Dusapin wieder.

Das ist oft virtuos komponierte und fesselnde Musik mit klanglich faszinierenden Momenten; aber zum größten französischen Komponisten reicht es damit in meinen Ohren nicht ganz. Denn bei aller orchestralen Schlagkraft wirkt Dusapins Komponieren für mich doch insgesamt ein bißchen wie aus zweiter Hand - so, als erlebe man das tosende Gewitter im heimischen Schaukelstuhl mit der beruhigenden Gewissheit, auf dem Dach einen Blitzableiter zu haben... Vielleicht liegt es an der Selbstverständlichkeit, mit der sich Dusapin des großen Orchesterapparates bedient: Mit (fürm mich allzugroßer) Routiniertheit gibt es expressive Streicherlinien, dräuende Paukenwirbel, explosive Blechbläser-Gesten - so als wäre die Rollenverteilung und Klanglichkeit im über Jahrhunderte gewachsenen Sinfonieorchester niemals durch Komponisten wie Varèse, Nono oder Lachenmann in Frage gestellt worden. All das Ungedeckte, für den Hörer Unberechenbare, dass die Musik von Xenakis so inkommensurabel macht, dass man sich ihr schutzlos ausgeliefert fühlt, ist hier dem sicheren (und für mich allzu sicheren) Zugriff des Komponisten gewichen, der über ein Vokabular verfügt, dass er in nicht unbeträchtlichen Teilen bereits vorgefunden hat, das er vielleicht weiter kultiviert, aber nicht wirklich weiter entfaltet. Insofern ähneln meine Bedenken vielleicht ein wenig denjenigen, die ich weiter oben im Thread zu Dusapins Generationsgenossen Wolfgang Rihm geäußert habe.

Allerdings muss ich einschränkend sagen, dass ich von Dusapin wirklich nur die genannten drei Stücke kenne, ohne zu wissen, wie repräsentativ sie für sein Schaffen sind. Daher stützt sich mein Urteil auf eine sehr viel wackeligere Grundlage als im Falle Rihms. Ich bin mit dieser Musik noch nicht fertig. Heute fand ich sie besser als erwartet. Aber ganz überzeugt bin ich (noch) nicht.

Insofern wäre ich sehr an weiteren Einschätzungen, Erfahrungen und Beobachtungen zu Dusapins Musik sehr interessiert.


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 19. Apr 2008, 12:04 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#110 erstellt: 23. Apr 2008, 17:37

AladdinWunderlampe schrieb:
Und gerade Deine Erfahrung mit Bernd Alois Zimmermanns geradezu niederschmetternder Ausdruckswucht dürfte Dich zu Recht auch an folgender Aussage zweifeln lassen:


Mellus schrieb:

Durch serielle Formel und Ableitung wird von vornherein auf intentionale musikalische Semantik verzichtet.


So don't be afraid on serial music!


Hallo Aladdin,

entschuldige bitte die etwas verspätete Rückmeldung: ich musste mir erst alle von Dir in Deinem Argument genannten seriellen Kompositionen durchhören! Nein, im Ernst: In der Tat muss ich zugeben, mal wieder von Vorurteilen geleitet gewesen zu sein. Ich habe natürlich von Boulez' (konsequenter!) Fortführung Schönbergscher Techniken gelesen insbesondere im Zusammenhang mit Notations und Structures. Ein Punkt der hier immer wieder angeführt wird ist, dass Boulez mit seiner Kompositionstechnik tatsächlich und absichtlich auf musikalischen Ausdruck verzichtet. Und diese Art des musikalischen Zuganges übte -- freilich ohne seine Produkte zu kennen -- keinen großen Reiz auf mich aus. Wie Grundlagenforschung, aber ins Blaue hinein. Die Existenzberechtigung, um es mal harsch auszudrücken, sah ich dennoch ein und das führte mich ja dann auch dazu mich überhaupt mit Boulez' Musik zu beschäftigen. Jedenfalls hatte ich auch bei ...explosante-fixe... nicht den Eindruck, dass mir hier eine Geschichte o.ä. erzählt wird. Da habe ich dann gleich mal übergeneralisiert. Und was soll ich sagen? Mittlerweile bin ich glücklicher Besitzer von gleich vier Boulez-CDs.

Dass Zimmermann auch serielle Techniken einsetzt, hatte ich vollständig verdrängt! Vorgestern habe ich meine Neuerwerbung, die Ruhrtriennale-DVD seiner Soldaten, angesehen und spätestens da wird jeder Versuch, Ausdruck abzusprechen, lächerlich.

So don't be afraid of serial music even if you know it is serial music!

Beste Grüße,
Mellus
Mellus
Stammgast
#111 erstellt: 23. Apr 2008, 21:46

Klassikkonsument schrieb:
Hallo Mellus,

"...explosante-fixe.." habe ich vor längerer Zeit einmal gehört, als ich es aus der Bibliothek ausgeliehen hatte. Ohne dass ich noch auf konkrete Höreindrücke zurückgreifen könnte, weiß ich jedenfalls noch, dass dieses Stück sehr eindrucksvoll ist.
Ich glaube, ich habe da etwas aufzufrischen.

Viele Grüße


Hallo Klassikkonsument,

mittlerweile habe ich ...explosante-fixe... bereits des öfteren gehört und finde das Werk immer noch großartig. Daher würde es mich schon interessieren, wie Du es nach einer längeren Weile der Abstinenz aufnimmst. Wenn Du also mal wieder die Gelegenheit einer fixierten Explosion hattest, lass es uns wissen!

Viele Grüße,
Mellus
pt_concours
Stammgast
#112 erstellt: 16. Mai 2008, 23:57
Es ist jetzt bald ein Jahr her, dass ich bei den Dresdner Musikfestpielen ein besonderes Konzert mit dem Pianisten Steffan Schleicrmacher gehört habe (1.Juni 2007). Es war natürlich zuerst einmal das Programm welches außergewöhnlich war:
J. CAGEIn a Landscape
O. MESSIAENLa Chouette Hulotte
N.R . DE VROE « Gabbro/Steinstück I »
S. SCHLEIERMACHER « Klanglandschaften im Klavier- Klavierstücke für Kinder »
T. HOSOKAWANacht Klänge“
N.R . DE VROE « Gabbro/Steinstück II » (UA)
G. SCELSI Suite Nr.8 „Bot Ba

Es war vorallem das Steinstück I von DE VROE, was mich unglaublich beeindruckt hat ! Deshalb habe ich immer nach einer Aufnahme dieses Stückes gesucht, aber keine gefunden. Im aktuellen Katalog von Z001 wurde ich dann kürzlich fündig und habe folgende CD dann natürlich sofort bestellt:



1. J. ZORN Carny
2. T. JOHNSON Tango
3. N.R. DE VROE Gabbro [Steinstück #1]
4. S. A. JOHANSSON Vom Gleichwertigen und Ungleichwertigem
5. S. SCHLEIERMACHER Klavier & Klaviere
S. Schleiermacher, Klavier (rec. 1998 )

Vorgestern kam dann die Lieferung mit der Post. Ich wollte das Stück natürlich sofort (wieder)hören, aber als ich die CD in den Player einlegt hatte, überkamen mich doch kurz Zweifel: „Würde die Aufnahme nicht eventuell meine starke Erinnerung an das Konzerterlebnis schwächen?“ Und in der Tat- es war (natürlich) nicht mehr der gleiche Eindruck wie im Konzert (ich hatte ja aber auch eine andere Aufführung gehört, zudem noch live!). Dennoch bleibt für mich ein ganz besonders Stück, vor allem wenn man es zum ersten mal hört. Die Sogwirkung des Rhythmus ist unglaublich, dabei kommt das Stück eigentlich mit sehr wenigen Elementen aus. Obwohl ich nicht sicher sagen kann, ob etwas ähnliches nicht schon von Anderen komponiert wurde, mich begeistert das Stück immer noch.
Im Programmheft wurde zur Erläuterung übrigens nur ein geologiescher Fachtext zu dem Werk präsentiert, was aber für mich trotzdem sehr aufschlussreich war (ich bin kein Geologe!). Trotzdem finde ich die Idee Steinstrukturen in Musik zu übersetzen äußerst reizvoll.

Merkwürdig war auch, dass das Steinstück Nr.2, welches in dem Konzert uraufgeführt wurde bei mir nur wenig Eindruck hinterließ.

Zur Zeit laufen in Dresden wieder die Musikfestspiele und ich freue mich bereits auf neue Konzerterlebnisse (z.B. am SO Evgeni Koroloiv)

Gruß pt_concours


[Beitrag von pt_concours am 17. Mai 2008, 12:55 bearbeitet]
ottorino
Neuling
#113 erstellt: 01. Jun 2008, 22:48
Hi,

ich wollte unbedingt mal auf den kanadischen Komponisten
Claude Vivier (1948-1983) aufmerksam machen.
Er war Stockhausen-Schüler, Ligeti zählt zu seinen Bewunderern.
Ich finde seine Musik total faszinierend und klanglich reizvoll. Im Booklet zu einer CD mit Orchesterwerken von ihm habe ich die Bezeichnung "Super-Messiaenismus" gefunden.
Das kann man durchaus so stehen lassen...
Seine Stücke haben eine extreme Farbigkeit im Klang, gehen aber gleichzeitig sehr sparsam mit dem musikalischen Material um - hier passt der Vergleich mit Messiaen jetzt vielleicht weniger ...
Wie auch immer, ich finde seine Werke sehr faszinierend und klangschön, ohne dabei im entferntesten konventionell zu wirken, und kann sie jedem interessierten Musikliebhaber unbedingt empfehlen:
Schade, dass Vivier so früh ums Leben kam, er hätte sicherlich noch Großartiges geschrieben...

Hier noch zwei Aufnahmen die ich kenne und sehr gut finde:

1)
- Wo bist du Licht! (Mezzo, perc, Str, Elektronik)
- Greeting Music (Fl, Ob, perc, vl, pno)
- Bouchara ( sopran, ensemble)
- Trois Airs pour un opéra imaginiare (sopran u. ensemble)
L'Ensemble de la SMCQ ; Walter Boudreau
ATMA Classique / harmonia mundi

2)
Orion f. Orchester
Siddharta f. Orchester
Cinq chansons pour percussion
Christian Dierstein, perc.
WDR SO Köln, Peter Rundel
KAIROS
AladdinWunderlampe
Stammgast
#114 erstellt: 07. Jun 2008, 18:05
Hallo ottorino,

herzlich willkommen hier im Forum. Schön, dass Du den "Neue-Musik-Thread" - den ich selbst aus Zeitgründen gerade allzu sehr vernachlässige - gleich mit einem Beitrag zu einem interessanten und insgesamt recht wenig bekannten Komponisten bereicherst.

Vor einigen Jahren habe ich im Radio mal einige Musik von Claude Vivier sowie eine Dokumentation über sein Leben gehört - allerdings hat seine Musik damals keinen allzu starken Eindruck bei mir hinterlassen. Vage glaube ich mich daran zu erinnern, in ihr damals vor allem einen wirkungsvollen Allerwelts-Mystizismus gehört zu haben.

Dennoch würde ich mich heute gerne nochmals mit Vivier beschäftigen. Denn immerhin habe ich inzwischen auch die Musik des sogenannten Spektralismus - insbesondere die von Gérard Grisey, aber auch das eine oder andere von Tristan Murail - für mich entdecken können, und im kompositorischen Umfeld des Spektralismus scheint ja auch Viviers Musik verortet zu sein. Vielleicht würde ich sein Werk ja heute mit anderen Ohren hören als noch vor ein paar Jahren?

Insofern bin ich Dir sehr dankbar, mir Vivier wieder in Erinnerung gerufen zu haben - und dies direkt in Verbindung mit zwei CD-Empfehlungen! Vielleicht kannst Du ja demnächst in diesem Thread auch noch ein paar nähere Einzelheiten über Viviers Musik und was Dich daran so fasziniert verraten? Ich würde mich jedenfalls freuen.


Herzliche Grüße
Aladdin
Martin2
Inventar
#115 erstellt: 07. Jun 2008, 18:45
Hallo Ottorino,

auch von mir vielen Dank für die Vorstellung eines neuen Komponisten. Ich erinnere mich irgendwie schwach, von ihm schon gelesen zu haben, nicht hier, in diesem Forum, sondern anderswo und die Überschrift lautete "Die schönste Musik der Welt". Nun, das kann ich nicht beurteilen, ich habe seine Musik noch nie gehört. Der Vergleich zu Messiaen stimmt mich allerdings hoffnungsfroh, da ich das, was ich von Messiaen kenne, schon sehr mag.

Es ist aber so: Immer steht einem irgend etwas im Weg, im moment ist es halt bei mir der Richard Wagner, den ich für mich entdecke, dann wird es möglicherweise Mendelssohns Kammermusik sein, Haydns Sinfonien oder Klaviersonaten, was weiß ich.

Neue Musik hat es halt schwer, vieles gefällt mir auch nicht, und es fällt schwer, gerecht zu sein. Und neue Musik ist halt teuer, tut mir leid dieses pekuniäre Argument in Anschlag zu bringen, aber es ist halt so. Ob die Hamburger Bücherhalle irgend etwas von dem Vivier hat?

Herzlichen Gruß
Martin
Mellus
Stammgast
#116 erstellt: 20. Jul 2008, 17:24
Ein "Hallo" an alle Mahler-Freunde!

Zwar sind es nicht nur Mahler-Freunde, aber diese wohl insbesondere, denen Detlev Glanert mit seiner Sinfonie Nr. 1 und mit der Mahler/Skizze gefallen könnte.

Die Sinfonie Nr. 1 bezieht sich deutlich auf den Gestus Mahlerscher Sinfonik. Ein fanfarenartiger Beginn führt über eine ruhige Passage, in der das Lied von der Erde zitiert wird, in ein hammerschlagartiges Finale. Doch halt: es ist noch nicht zu ende: Leise klingt das Stück aus mit Gitarren- und Gambenklängen. Auf diese Weise ist das an sich einsätzige Stück dreigeteilt. Obwohl 1985 uraufgeführt klingt die Musik so, als folgt sie konventioneller Ästhetik -- und das meine ich einfach als Beschreibung, nicht wertend.

Eine besondere, zarte Hommage an Mahler stellt Mahler/Skizze dar. Zu reinen Naturgeräuschen -- Kiesel und Windmaschine -- gesellen sich nach und nach Orchesterinstrumente und stimmen einen Gesang an, der dann wieder in Naturgeräuschen -- Wasser, Kiesel und Wind -- versickert. Schön!

Die genannten Stücke sind neben vier Klavierfantasien (die übrigens recht romantisch klingen) und drei Gesängen aus Wondratscheks Carmen auf einer Glanert-CD in der Edition Zeitgenössische Musik bei WERGO erschienen.

Viele Grüße,
Mellus
Mellus
Stammgast
#117 erstellt: 22. Jul 2008, 21:17
Nach dem kleineren Orchesterwerk Shadows, das ich vor einer Weile einmal vorgestellt habe, ist es an der Zeit, auch eine größere Komposition von Peter Eötvös vorzustellen, nämlich Atlantis.

Atlantis ist ein großbesetztes, dreisätziges Orchesterwerk zusärtlich mit Synthesizer, Knabensopran, Bariton, viel Perkussion und Cymbalon aus dem Jahre 1995. Auf wirklich überzeugende Weise schafft es Eötvös in den ersten Takten seiner Musik uns in die Unterwasserwelt der versunkenen Stadt zu ziehen. Sehr eigenartige Musik von großer Wirkung. Hallig gedämpft wie durch eine Taucherglocke erreicht uns der Gesang eines Knaben, der vom bevorstehenden Untergang kündet. Moment mal: Ist Atlantis denn nicht bereits untergegangen? Spätestens hier wird klar, dass Eötvös uns eine Warnung oder eine Apokalypse vorsetzt. Wenn wir die Rufer -- aus der Zukunft, aus unserem Inneren? -- nicht hören und ernst nehmen werden wir das Schicksal Atantis' erleiden. Und tatsächlich verspricht das Ende des Werkes nichts Gutes: es klingt als werden wir "weggelasert".

Atlantis ist wirklich großartige, sehr eigene Musik hoch-programmatischen Charakters. Auch Musikliebhabern, die von Neuer Musik abgeschreckt sind, sollte sie etwas sagen können. Hört doch mal rein!

Viele Grüße,
Mellus
Schneewitchen
Inventar
#118 erstellt: 02. Aug 2008, 15:21
Die Musik des 20. Jahrhunderts höre ich sehr gerne.Mit den Werken der ersten Häfte des Jahrhunderts habe ich auch keine Probleme,jedoch sind die Werke der Nachkriegszeit ab 1945 nicht immer mein Geschmack.
Grob gesagt,ist seit 1945 kaum noch ein Werk zu finden,das einen großen Bekanntheitsgrad erreicht hat.Selbst Goreckis 3.Sinfonie,die ein Welthit wurde,muß als "Eintagsfliege" gesehen weden.
Experimentelle Musik halte ich für notwendig,damit die Entwicklung der Musik voranschreiten kann.Die Konsumenten dieser Musik entscheiden letztlich darüber,ob ein Werk erfolgreich wird oder in der Versenkung der Vergessenheit verschwindet.Doch wo sind die Konsumenten?
Eigentlich müßte wenigstens ein Werk pro Jahr in aller Ohren sein,wo sind die Hits von 2000 bis 2008? Stirbt die (moderne)klassische Musik aus und verkaufen sich nur noch die Eintagsfliegen im Pop-Rockgeschäft?
Wenn junge Leute sagen,sie gehen ins Konzert,dann ist damit in 99 Fällen ein Pop/Rockkonzert gemeint.
Komponisten kommen und gehen und selbst J.S. Bach war vergessen, bis er durch Mendelssohn wiedererweckt wurde.
So mag auch mancher Komponist,der heute seiner Zeit voraus scheint,in 100 Jahren wieder interessant zu werden.
Stockhausen,Ligeti und andere Geräuschemacher finden bei mir kein Gehör.
Moderne Musik muß mir Freude bereiten,sie muß in meiner Seele Resonanz erzeugen.
Auf der Suche danach interessieren mich neue Werke,die ich entdecken will.Die großen Knüller,die Verkaufshits,scheint es nicht zu geben.Zeitgenössische Musik hält den Dornröschenschlaf.
Zuletzt hörte ich Messiaens "Geistesblitze über das Jenseits",eine seiner letzen Kompositionen.Aber irgendwie klingt Messiaen für mich immer gleich,immer dasselbe Vogelgeflöte.Und seine Eclairs hören sich an,als ob er seine ungenutzten Reste aus mehreren Jahrzehnten für dieses Auftragswerk zusammen gesetzt hat.
Für mich ist mit der Musik von Messiaen die Grenze der Hörbarkeit erreicht.
Weitere für mich hörbare Komponisten sind Britten,Tippet, Birtwistle,Taverner,Maxwell Davis,Lutoslawski,Pettersson
und Rota,den ich gerade entdecke.


[Beitrag von Schneewitchen am 02. Aug 2008, 15:23 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#119 erstellt: 08. Aug 2008, 10:49
Hallo allerseits!

Ihr kennt doch sicher Mobiles, diese beweglichen Faden-Ast Gegenstände, so wie auf diesem Mobilebild bei Wikipedia. Nun stellt Euch vor, dass die Äste mit Tönen behängt werden und das ganze Gebilde in Bewegung versetzt wird: eine dynamische Klangskulptur! Klingt spannend? Finde ich auch! Und das Beste ist: das gibt es schon. Und zwar bei Roman Haubenstock-Ramati und (u.a.) seinem Mobile for Shakespeare (1958). Haubenstock-Ramati hat sechs Intrumente und eine Sängerin "ins Mobile gehängt" und überführt so Formen gegenständlicher Kunst in musikalische Formen.

Klimpernde Grüße,
Mellus
Mellus
Stammgast
#120 erstellt: 06. Okt 2008, 21:42
Isabel Mundry: Flugsand


SWR2 schrieb:

Isabel Mundry wurde 1963 in Schlüchtern/Hessen geboren und wuchs in Berlin auf. Von 1983 bis 1991 studierte sie an der Berliner Hochschule der Künste Komposition bei Frank-Michael Beyer und Gösta Neuwirth, außerdem elektronische Musik am Studio der Technischen Universität sowie Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie. Zwischen 1986 und 1993 lehrte sie Tonsatz und Analyse an der Berliner Kirchenmusikschule und an der Hochschule der Künste Berlin. Von 1991 bis 1994 setzte sie ihre Kompositionsstudien bei Hans Zender in Frankfurt a.M. fort; zwischen 1994 und 1996 ging sie nach Paris, wo sie u.a. einen einjährigen Kurs für Informatik und Komposition am IRCAM besuchte; anschließend lebte sie freischaffend in Wien. 1996 wurde Isabel Mundry Professorin für Komposition und Tonsatz an der Frankfurter Musikhochschule, sie unterrichtete außerdem beim japanischen Akiyoshidai-Festival und bei den Darmstädter Ferienkursen und gab Meisterkurse an den Musikhochschulen Kopenhagen (2002) und Tiblissi (2007). Seit 2003 hat sie eine Kompositionsprofessur an der Musikhochschule Zürich inne. Isabel Mundry erhielt zahlreiche Stipendien und Preise, u.a. den Boris-Blacher-Preis, den Schneider-Schott-Preis und den Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung. Ihr Musiktheater Ein Atemzug – die Odyssee bekam 2006 den Kritikerpreis als Uraufführung des Jahres. Bei verschiedenen internationalen Institutionen war Isabel Mundry Composer in Residence, zuletzt 2007/08 bei der Staatskapelle Dresden.



Isabel Mundry schrieb das Orchesterstück Flugsand 1998 für eine Aufführung im Müncher Herkules-Saal. Die Erwähnung eines Ortes ist nicht unerheblich, da das knapp 12-minütige Stück eine Raumklangkomposition ist. Die Musiker sind kreisförmig um das Publikum herum verteilt. Oder aus Publikumsperspektive gesprochen: der Hörer befindet sich im Zentrum des Klanges. Die Musik hingegen ist seltsam ortlos. Sie besteht aus Klangfiguren wie eine absteigende Spirale (das trifft wortwörtlich zu, wegen der kreisförmigen Aufstellung des Orchesters) ins tiefe Register, die den Auftakt der Komposition bildet und etwa um Minute 8:30 herum erneut auftritt. Das Gegenstück, eine aufsteigende Spirale, gibt es auch (etwa bis zur 2. Min).

Eine zweites Figurenpaar ist das Auseinanderstäuben von Klängen (ca. 2. Min) und das Zusammenfallen von Klängen (beispielsweise bei 3:50). Beide schafft Stellen von großer Ereignisdichte und Klangdynamik. Diese Eruptionen werden kontrastiert durch innehaltende Töne die bis zum kurzzeitigen Stillstand (Stille um die 7. Minute) reichen. Spannung und Entspannung kommt als weiteres Gegensatz durchaus in den Sinn.

Dennoch ist Flugsand keine Studie nur über beliebig aneinandergefügte Raumklangeffekte. Was die Musik zusammenhält ist, wie mir scheint, die Bezogenheit auf Kreisförmigkeit. Sie gibt dem Ganzen Zusammenhalt und abschließenden Rahmen. Es ensteht eine klingende Dialektik aus Innen und Außen, Entstehen und Vergehen. Schwebend ist die Musik, flüchtig und kreisend. Aber kreisend um einen Schwerpunkt herum. Und der ist, nicht zuletzt qua Positionierung der Klangerzeuger, der Hörer selbst.

Diese Musik bietet also eine Menge Bezugs- und Reflektionspunkte. Ich halte es für eine klug gemachte, mit einem sinnlichen Ohr ausgehörte Komposition. Bisher ist es das einzige Werk, das ich von Isabel Mundry kenne. Es macht (mir) jedoch Lust auf mehr.

Und was sagt die Komponistin?


Isabel Mundry schrieb:

Das Orchesterstück "Flugsand" ist im konkreten Sinne eine räumliche Komposition, als die Instrumente kreisförmig um das Publikum herum positioniert sind. Angeregt durch photographische Arbeiten des Künstlers Thomas Wrede, in denen Staubspuren von gegen Fenster geflogenen Vögeln sichtbar gemacht werden, bin ich der Frage nachgegangen, was das Innenleben eines Augenblickes, und was sein Ort ist, und was es mit der Präsenz des Augenblickes auf sich hat, wenn sein Ende nicht zugleich das Ende der Musik bedeutet.


Beste Grüße,
Mellus
Martin2
Inventar
#121 erstellt: 06. Okt 2008, 22:31

Mellus schrieb:

Dennoch ist Flugsand keine Studie nur über beliebig aneinandergefügte Raumklangeffekte. Was die Musik zusammenhält ist, wie mir scheint, die Bezogenheit auf Kreisförmigkeit. Sie gibt dem Ganzen Zusammenhalt und abschließenden Rahmen. Es ensteht eine klingende Dialektik aus Innen und Außen, Entstehen und Vergehen. Schwebend ist die Musik, flüchtig und kreisend. Aber kreisend um einen Schwerpunkt herum. Und der ist, nicht zuletzt qua Positionierung der Klangerzeuger, der Hörer selbst.



Nimms mir nicht übel, Mellus, aber das ist ein furchtbares Kauderwelsch, von dessen Inhaltfülle ich auch nach mehrmaligen Lesen nicht überzeugt bin. Die Musik wird also von "Kreisförmigkeit" zusammengehalten. Das ist ja hoch interessant. Und wie bitteschön meinst Du das? Die Musik wird also "irgendwie" zusammengehalten, großartiger Weise sogar durch den Hörer selbst, der da im Mittelpunkt sitzt und dadurch das Werk dann zusammenhält. Das ist nun wirklich ein furchtbares Geschwurbel. Nichts dagegen, wenn Du dieses Werk als irgendwie zusammenhängend empfindest und dazu nichts genaueres zu sagen weißt. Ansonsten sollte man die konkreten Parameter, die ein Werk zusammenhalten, schon zu sagen wissen, "motivische Arbeit", "harmonische Entwicklung" und dergleichen. Daß ein Werk zusammengehalten wird, weil im "Schwerpunkt" der Hörer sitzt, ist nun wirklich eine ganz neue Erkenntnis.




Und was sagt die Komponistin?


Isabel Mundry schrieb:

Das Orchesterstück "Flugsand" ist im konkreten Sinne eine räumliche Komposition, als die Instrumente kreisförmig um das Publikum herum positioniert sind. Angeregt durch photographische Arbeiten des Künstlers Thomas Wrede, in denen Staubspuren von gegen Fenster geflogenen Vögeln sichtbar gemacht werden, bin ich der Frage nachgegangen, was das Innenleben eines Augenblickes, und was sein Ort ist, und was es mit der Präsenz des Augenblickes auf sich hat, wenn sein Ende nicht zugleich das Ende der Musik bedeutet.



Was für ein Käse. Die Komponistin ist also von künstlerischen Bildern von gegen Fensterscheiben geflogenen Vögeln zu ihrem Werk angeregt worden. Na ja, ein einfacher Naturbezug wäre ja auch viel zu trivial. Und dann geht sie der Frage nach, was das Innenleben eines Augenblicks ist. Was sie hier mit "Innenleben" meint, weiß die Künstlerin vermutlich selber nicht. Der Begriff "Innenleben" hat in Bezug auf den Begriff Augenblick nicht den geringsten Sinn. Und was der Ort eines Augenblicks sein soll, verstehe ich auch nicht, das eine ist eine räumliche, das andere eine zeitliche Kategorie, sie beide zusammenzubringen ist irgendwie "interessant", macht aber nicht den geringsten Sinn. Präsenz des Augenblicks macht wiederum auch keinen Sinn, da es reichlich tautologisch ist, da der Augenblick immer Präsenz zeigt. Zum Schluß dann noch ein Raunen über das Ende der Musik, daß mit dem Ende des Augenblicks in Zusammenhang gebracht wird. Was soll damit wieder gemeint sein? Der Augenblick, der das Ende dieses Musikstück bezeichnet ist allerdings das Ende des Musikstücks. Und sonst? Der Begriff Augenblick wird hier raunend aber auch völlig sinnfrei überhöht und dies ist ein völlig sinnfreies Geschwurbel.


Beste Grüße,
Mellus
Mellus
Stammgast
#122 erstellt: 06. Okt 2008, 23:38

Martin2 schrieb:
Nimms mir nicht übel, Mellus, aber das ist ein furchtbares Kauderwelsch, von dessen Inhaltfülle ich auch nach mehrmaligen Lesen nicht überzeugt bin. Die Musik wird also von "Kreisförmigkeit" zusammengehalten. Das ist ja hoch interessant. Und wie bitteschön meinst Du das? Die Musik wird also "irgendwie" zusammengehalten, großartiger Weise sogar durch den Hörer selbst, der da im Mittelpunkt sitzt und dadurch das Werk dann zusammenhält. Das ist nun wirklich ein furchtbares Geschwurbel. Nichts dagegen, wenn Du dieses Werk als irgendwie zusammenhängend empfindest und dazu nichts genaueres zu sagen weißt. Ansonsten sollte man die konkreten Parameter, die ein Werk zusammenhalten, schon zu sagen wissen, "motivische Arbeit", "harmonische Entwicklung" und dergleichen. Daß ein Werk zusammengehalten wird, weil im "Schwerpunkt" der Hörer sitzt, ist nun wirklich eine ganz neue Erkenntnis.


Hallo Martin, ist schon OK, ich nehme es Dir nicht übel. Hätte ich es besser ausdrücken können, dann hätte ich es getan.

Parameter wie "harmonische Entwicklung" oder "motivische Arbeit" spielen bei Flugsand allerdings keine Rolle. Die "Kompositionsgrammatik" bezieht die Komponistin woanders her. Nicht ohne Grund handelt es sich um eine Raumklangkomposition. Die kreisförmige Aufstellung der Musiker ist ein elementarer Bestandteil. Wird ein Ton im Kreis herumgereicht, ergibt das halt einen Tonkreis. Wird dabei die Tonlage von hoch nach tief oder von tief nach hoch verändert, hört man eine Tonspirale. In diesem Sinne -- also das Nacheinander (Zeit) von Tönen auf einem Ring (Raum) -- greifen tatsächlich zeitliche und räumliche Parameter ineinander. (Das ist übrigens nicht besonders ungewöhnlich. Ein Großteil unseres Vokabulars zum Reden über zeitliche Bestimmungen ist metaphorisch abgeleitet aus räumlichen Redewendungen -- vor 19 Uhr; länger als 13 Sekunden; usw.)

Das Ganze kann man prinzipiell aus zwei Perspektiven betrachten: aus einer Außenperspektive, wenn die Musiker wie gewöhnlich auf einer Bühne vor dem Publikum spielen. Oder aus einer Innenperspektive, wenn das Publikum mitten im Kreis Platz nehmen kann (wie ja bei Flugsand vorgesehen -- und diese Innenperspektive kann schon, wie es die Komponistin ausgedrückt hat, Assoziationen an das Erlebnis "Augenblick" wecken, oder nicht?). Ein Kreis hat nun mal einen Mittelpunkt. Und wenn der Hörer dort platziert wird sitzt er im / ist er der Mittelpunkt (oder "Schwerpunkt"). Während es bei einer harmonisch-motivischen Komposition auf die Relation der einzelnen Töne ankommt, wird bei einer Raumklangkomposition auch die Relation von Tonquelle und Hörer relevant. Daher ist die Hörerperspektive bedeutsamer Bestandteil der Komposition, die auch dadurch "zusammengehalten" wird.

Der Werkkommentar der Komponisten steht noch auf einem anderen Blatt. Ich habe ihn ja auch kommentarlos hinten drangepatscht. Ich will ihn, den Kommetar, und sie, die Komponistin, auch nicht erklären oder verteidigen.

Zwei Bemerkungen noch zu zwei Deiner Kommentare, vielleicht für eine (harmlose) weitere Diskussion:

Die Komponistin ist also von künstlerischen Bildern von gegen Fensterscheiben geflogenen Vögeln zu ihrem Werk angeregt worden. Na ja, ein einfacher Naturbezug wäre ja auch viel zu trivial.


Ein "einfacher Naturbezug" ist vielleicht gar nicht "trivial" zu bekommen. Fallbeispiel: Versuche doch mal, den Gesang eines Zaunkönigs ohne menschlich erzeugte Begleitgeräusche aufzuzeichnen. Oder ein Foto einer vom Menschen unberührten unschuldigen Naturlandschaft zu schießen. Ur-Natur gibt es (fast) nicht mehr; es ist alles kulturell bearbeitet oder wenigstens beeinflusst.


Der Begriff Augenblick wird hier raunend aber auch völlig sinnfrei überhöht und dies ist ein völlig sinnfreies Geschwurbel.


Da Da Da Daaaaa -- der Anfang von Beethovens 5. wird immer als "das Klopfen des Schicksals an die Pforte" verkauft. Wohl nicht von Beethoven selbst, aber nun ist es halt die "Schicksalssymphonie". Schicksal gehört aber nicht zu den Dingen, die anklopfen können (das können nur belebte Organismen, und selbst unter denen nicht alle). Was für ein "überhöhtes, sinnfreies Geschwurbel"! Was ich damit sagen will ist einfach: so ein Geschwurbel gibt es und machmal ist es gar nicht mal so unpassend.

Beste Grüße,
Mellus
Martin2
Inventar
#123 erstellt: 07. Okt 2008, 00:45
Hallo Mellus,

gut, ich verstehe etwas besser, worauf Du abhebst. Raumexperimente sind gar nicht mal neu, schon Gustav Mahler experimentierte in seiner ersten offiziellen Komposition, dem klagenden Lied, mit einem Fernorchester, ein Effekt, der sich im wesentlichen wohl auch in Mono abbilden könnte, denn der wesentliche Sinn dahinter liegt eben darin, daß etwas wenn es laut von Ferne gespielt wird, doch anders klingt als leise von der Nähe, selbst wenn es dabei dieselbe Lautstärke entfaltet.

Also solche Experimente sind nicht eben neu, wesentlich ist aber bei all solchen Experimenten ( auch Ives hat damit experimentiert, wobei die Gleichzeitigkeit verschiedener musikalischer Abläufe hier hinzu kam), daß - so interessant das auch meinetwegen ist - weder Mahler noch Ives im Traum daran gedacht hätten, aus Raumeffekten entscheidende Parameter der musikalischen Entwicklung zu machen.

Es wäre ganz vergleichbar einem Film, der sehr wohl mit "Kameraperspektiven" experimentieren darf - wogegen gar nichts zu sagen ist - die Kameraperspektive ist für mich vergleichbar der Raumwirkung des Films, aber einen Film, dessen wesentlicher Inhalt der Wechsel der Kameraperspektive ist, würde ich für inhaltlich verfehlt halten. Ich fände ihn einfach nur stinklangweilig.

Ich hoffe dann zugunsten der Komponistin, daß Du diese mißverstanden hast ( wobei meine Hoffnung nicht groß ist), denn etwas so grundsätzlich sekundäres oder auch tertiäres wie Raumwirkungen können nie eine Komposition tragen, so sehr sie auch geeignet sind, eine Komposition eventuell auch verstärken zu können.

Natürlich kann man sich über die Wertigkeit von Parametern auch streiten und ein solcher Streit kann grundsätzlich auch kreativ sein, ich fürchte nur, daß ein solcher Streit gar nicht mehr geführt wird, da nach dem Motto "anything goes", jedes Experiment einfach freundlich aufgenommen wird.

Gruß Martin
Mellus
Stammgast
#124 erstellt: 07. Okt 2008, 10:55
Hallo Martin,

der Einfluss von Raumklangeffekten findet sich sogar schon weit vor Mahler und Ives. Komponisten barocker Kirchenmusik hatten mit dem Problem des Echos und Halls umzugehen, dass in Kirchenschiffen entsteht. Heinrich Ignaz Franz von Biber hat in mindestens einer seiner Messen sogar die Chöre auf den Galerien im Kirchenschiff verteilt. Wahrscheinlich lässt sich diese "Raumspur" in sakraler Musik noch weiter zurückverfolgen; das entzieht sich aber meiner Kenntnis. Auf jeden Fall hast Du recht: in dieser Form ist das nicht neu.

Allerdings wäre es zu einfach, Flugsand nur auf Raumeffekte zu reduzieren. Es ereignet sich ja auch noch Musik -- das, was ich oben "Figuren" genannt habe. Es findet, um in Deinem Bild zu sprechen, nicht nur ein Wechsel der Kameraperpesktive statt; die Kamera filmt auch etwas. Dieses "etwas" ist im Falle von Flugsand, immer noch im Bild bleibend, sicher abstrakt, nicht-gegenständlich. Dennoch "erzählt" die Kamera.

Du kannst mir übrigens glauben, dass ich kein Freund des "anything goes" bin. Ich kenne einige moderne experimentelle Musik, der ich, milde formuliert, überhaupt nichts abgewinnen kann. Das ist jedoch beim betreffenden Mundry-Stück nicht der Fall, das hat -- zumindest nach meinem Dafürhalten -- einen ästhetischen Nährwert. Darum habe ich ja auch hier daruf aufmerksam gemacht. Bleibt zu hoffen, dass das verschwurbelte Posting keine Anti-Werbung war!

Viele Grüße,
Mellus
Martin2
Inventar
#125 erstellt: 07. Okt 2008, 17:45
Hallo Mellus,

na ja ein bißchen Geschwurbel macht ja nichts. Insgesamt kannst Du davon ausgehen, daß die Bereitschaft, sich mit neuem auseinanderzusetzen, in einem Klassikforum wie diesem sehr hoch ist. Ich höre etwa John Adams teilweise schon sehr gerne und habe die Sendung die vor einiger Zeit mit Werken von Tan Dun lief sehr aufmerksam verfolgt.

Aber es gibt für eben auch sehr viel altes, das mir durchaus noch neu ist und das für mich dann doch im Vordergrund steht. Wie Du aber siehst, schaue ich dann doch durchaus mal in diesen Thread hinein.

Gruß Martin
AladdinWunderlampe
Stammgast
#126 erstellt: 07. Okt 2008, 22:34
Hallo Martin, hallo Mellus,

zu Eurer interessanten Diskussion noch zwei kurze Anmerkungen:

1. Dass im Bereich der Neuen Musik mancher Komponistenkommentar interessanter klingt (oder sich interessanter macht) als das betreffende Werk, dürfte niemandem verborgen geblieben sein, der jemals die Programmheftchen zu den betreffenden Konzerten gelesen hat. Während Komponisten wie Boulez oder Stockhausen dabei zumindest in den fünfziger Jahren eher eine Techniker-Pose einnahmen, indem sie in betont nüchterner Weise über konstruktive Aspekte des Tonsatzes sprachen, pflegt man seit den 1970er Jahren weitgehend einen entgegengesetzten Stil; Komponisten wie Wolfgang Rihm oder der späte Luigi Nono verraten äußerst wenig Kompositionstechnisches und neigen bisweilen zu einem Jargon, den Skeptiker anknüpfend an Martin durchaus als Geraune bezeichnen mögen.

Übrigens schreiben die wenigsten Komponisten solche Texte gerne; meist handelt es sich eher um eine lästige Pflicht, die ihnen von Konzertveranstaltern oder CD-Produzenten auferlegt wird, und derer sie sich folglich nicht unbedingt mit dem allergrößten literarischem Ergeiz widmen. Doch wie dem auch sei: Auch wenn man die buchhalterischen (und manchmal nichtssagenden) Konstruktionspläne der einen für genau so unerfreulich hält wie die kryptische (und teilweise schiefe) Metaphorik der anderen, sollte man meines Erachtens vermeiden, die Kommentare mit der Sache selbst - also mit der betreffenden Musik - zu verwechseln.

Darüber hinaus erfährt man auch aus manchen „verschwurbelten“ Texten immer noch das eine oder andere Wissenswerte – genauso wie aus denjenigen, die im 19. Jahrhundert Komponisten wie Wagner (durchaus nicht immer zur Freude damaliger und heutiger Leser) verfasst haben, und dummerweise allerdings meistens auch erst dann, wenn man die betreffenden Stücke detailliert analysiert. Denn dann stellt man oft fest, wie konkret manche scheinbar verstiegen räsonierende Bemerkung auf kompositorische Sachverhalte verweist; auch verbal noch so intellektuell oder technizistisch daherkommende Komponisten versuchen nämlich oft in frappierend naiver Weise, außermusikalische Gedanken, Empfindungen, Philosopheme in Musik zu übersetzen. Da hat sich durch die Jahrhunderte nicht viel verändert.

Den Text von Isabel Mundry – die ich als überaus kluge und sympathische Frau kennen gelernt habe, auch wenn mich ihre Musik (von der ich freilich noch nicht allzu viel kenne) bisher noch nicht wirklich begeistern konnte – finde ich übrigens vergleichsweise wenig verstiegen. Mellus hat schon dargelegt, was es mit dem musikalischen Raumaspekt dieses Stückes sowie der (übrigens schon von Kant bemerkten) Raummetaphorik bei Zeitbestimmungen im allgemeinen auf sich hat. Und man braucht meines Erachtens auch nicht allzu viel guten Willen, um zu bemerken, dass der Ausdruck „Präsenz des Augenblicks“ auf etwas anderes abzielt als auf eine „interessante“ Tautologie: Ein „Augenblick“ (der seinerseits mehr ist als ein bloßer „Zeitpunkt“) ist nämlich durchaus nicht stets „präsent“, sondern geht, nachdem er erlebt worden ist, in Vergangenheit über; auch als vergangener kann er aber durchaus auf Neue vergegenwärtigt – „erinnert“ - werden. Dieser einfache Sachverhalt ist – wie für vieles andere - auch für das musikalische Erleben durchaus bedeutsam: Wenn wir Musik hören, hören wir nicht eine Reihung einzelner und isolierter Klangereignisse; vielmehr hat jeder Augenblick – der als psychologische Kategorie (und nicht nur als dimensionsloser Zeitpunkt) seinerseits wiederum etwas Zusammengesetztes, Gestaltetes ist und insofern ein „Innenleben“ besitzt – eine Bedeutung für das Erleben des nächsten musikalischen Augenblicks (zumindest, wenn er nicht der letzte Augenblick eines Stückes ist, wenn also in Mundrys Formulierung „sein Ende nicht zugleich das Ende der Musik bedeutet“.) Nur indem ein Ton nach seinem Verklingen noch präsent bleibt (aber eben als „vergangener“ präsent bleibt), können wir beispielsweise die einzelnen Töne zu der zeitlich artikulierten Gestalt eines Melodieverlaufes zusammensetzen. Und wenn ich Isabel Mundry recht verstehe, möchte sie in ihrem Stück (das ich nicht kenne) dem einzelnen musikalischen „Augenblick“, der normalerweise im musikalischen Erleben immer nur im Hinblick auf dasjenige, von dem er herkommt und auf dasjenige, zu dem er hinzielt, wahrgenommen wird, ein stärkeres Eigengewicht, eine stärkere „Präsenz“, verleihen oder zumindest die Frage aufwerfen, ob und wie solches möglich sei. Auch dies ist zugegebenermaßen nichts ganz Neues – Stockhausen zielte mit dem Begriff der „Momentform“ auf Ähnliches, und auch Bernd Alois Zimmermanns „Zeitdehnungsverfahren“ dürfte in eine ähnliche Richtung gehen. Insofern ist Mundrys Text weniger der beliebige Ausdruck eines „Anything goes“ als eines kompositorischen Problembewusstseins, das zumindest in der Neuen Musik schon seit beinahe sechzig Jahren eine gewisse Tradition hat.

2. Wo es um Zeit geht, ist die Frage nach dem Raum oft nicht weit. Dass aber Raumwirkungen „grundsätzlich“ von sekundärer oder tertiärer Bedeutung seien, halte ich für ein Gerücht. Eine allgemeingültige und unumstößliche Hierarchie musikalischer Parameter hat es nie gegeben; vielmehr ist das Verhältnis der einzelnen kompositorischen Dimensionen nicht nur über die Geschichte hinweg, sondern auch bei ein und demselben Komponisten von Werk zu Werk wandelbar. (Ausgerechnet Arnold Schönberg, der mit der Zwölftontechnik ein Verfahren entwickelte, bei dem der Aspekt der Tonhöhe zentral ist, prägte zuvor den Begriff der „Klangfarbenmelodie“ und verlieh andererseits in Werken wie dem 3. Streichquartett dem Rhythmus thematische Bedeutung.) Und es ist durchaus möglich, Aspekte des Tonsatzes, die zuvor als sekundär oder tertiär galten, zum Hauptgegenstand der Komposition zu erheben, indem man zugleich andere Bereiche in ihrer Wirksamkeit schwächt. (Dies wird beispielsweise bei den Klangfarbenkompositionen des 20. Jahrhunderts deutlich: Schönberg in seinem berühmten Orchesterstück opus 16 Nr. 3 „Farben“ und György Ligeti in „Atmosphères“ reduzieren insbesondere die Dominanz der melodischen und rhythmischen Ebene, Edgard Varèse in „Ionisation“ dagegen die der Tonhöhe.) Und wenn in einigen Werken der Neuen Musik der räumliche Aspekt der Musik besondere Aufmerksamkeit erlangt, dann handelt es sich dabei nicht zwangsläufig um einen bloßen „Effekt“. (Der Vorwurf der „Effekthascherei“ scheint notorisch immer dann aufzutauchen, wenn ein Komponist sein Interesse einem traditionell noch nicht nobilitierten Bereich der Musik widmet. So bezichtigte man im 19. Jahrhundert Meister der Instrumentation wie Berlioz, Wagner oder Mahler gerne als orchestrale Effekthascher.)

Tatsächlich gibt es Raumkompositionen nicht erst in der Musik des 20. Jahrhunderts: Die Sinfonik Mahlers, die Grand Opera des 19. Jahrhunderts und die venezianische Mehrchörigkeit des 16. Jahrhunderts sind bekannte historische Referenzpunkte. Allerdings hat sich die Art und Weise, wie die Komponisten mit dem Raum umgehen, über die Jahrhunderte teilweise erheblich gewandelt: In der venezianischen Mehrchörigkeit geht es wesentlich um Echo- und Dialogwirkungen, die in enger Wechselwirkung mit dem neuartigen konzertierenden Stil der Vokal- und der erstarkenden Instrumentalmusik stehen. In den Sinfonien Mahlers geht es um Nah-/Fernwirkungen, die innerhalb der Werkdramaturgie semantisch besetzt werden, indem sie den Einbruch des Utopischen in die Realität oder den Widerspruch zwischen Traum und Wirklichkeit artikulieren. Bei Ives wird eine collageartige Heterophonie von Zeitschichten durch räumliche Trennung akzentuiert. In all diesen Fällen handelt es sich zwar um Komposition mit räumlich getrennten Klangquellen, aber nicht (oder bestenfalls ansatzweise) um die gezielte Gestaltung von Klangbewegungen. Letzteres wird in differenzierterer und kontrollierter Weise eigentlich erst mit der elektroakustischen Musik nach 1950 möglich. Stockhausen beispielsweise hat in seinen „Kontakten“ und „Hymnen“ verschiedene Rotations-, Spiral- und Schleifenbewegungen des Klanges komponiert und an einigen Stellen seiner „Gruppen für 3 Orchester“ versucht, ähnliche Wirkungen auch im Bereich der Instrumentalmusik zu erzielen. Bernd Alois Zimmermann hat in einigen Partien seiner Oper „Die Soldaten“ sowie im „Requiem für einen jungen Dichter“ die Trennung von Zuschauern und Musikern schockhaft durchbrechen wollen, indem er die Zuschauer in das Zentrum eines rotierenden Klanggeschehens gesetzt hat, in dem die Grenzen zwischen Innen und Außen, zwischen Vergangenheit und Gegenwart in Bewegung geraten. (Achtung Martin: Kein Geschwurbel! Das lässt sich kompositorisch bis ins Detail nachweisen und dürfte auch jedem evident sein, der jemals eines dieser Werke live erlebt hat.) Seit der Entwicklung der Live-Elektronik um 1970 (zum Beispiel des unter anderem von Nono verwendeten Halaphons) sind Raumbewegungen auch im Bereich der Instrumental- und Vokalmusik immer besser kompositorisch zu integrieren. Und es ist daher nicht einzusehen, warum heutzutage ein musikalischer Prozess außer über seinen Tonhöhen- oder Frequenzverlauf sowie über seine zeitliche Artikulation und seine Klanglichkeit nicht auch durch eine spezifische räumliche Form geprägt werden sollte. Isabel Mundry ist da keinesfalls eine durchgeknallte Einzelgängerin oder Extremistin, sondern arbeitet in einem Bereich, der mittlerweile für zahlreiche Komponisten – z. B. Varèse, Stockhausen, Boulez, Xenakis, Nono, Mark Andre, Hans Tutschku, Flo Menezes, Ludger Brümmer und viele andere mehr – ganz selbstverständlich zur kompositorischer Gestaltung gehört.



Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 08. Okt 2008, 10:08 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#127 erstellt: 08. Okt 2008, 01:33

AladdinWunderlampe schrieb:

2. Wo es um Zeit geht, ist die Frage nach dem Raum oft nicht weit. Dass aber Raumwirkungen „grundsätzlich“ von sekundärer oder tertiärer Bedeutung seien, halte ich für ein Gerücht. Eine allgemeingültige und unumstößliche Hierarchie musikalischer Parameter hat es nie gegeben; vielmehr ist das Verhältnis der einzelnen kompositorischen Dimensionen nicht nur über die Geschichte hinweg, sondern auch bei ein und demselben Komponisten von Werk zu Werk wandelbar.


Wow Aladdin, das war wieder ein äußerst inhaltsreicher und ausführlicher Text. Daß es eine "allgemeingültige und umumstößliche Hierarchie musikalischer Parameter" nie gegeben hat, weiß ich eben nicht. Was ist schon "allgemeingültig"? Allgemeingültig ist es, daß Gegenstände im allgemeinen nach unten fallen. Eine solche Allgemeingültigkeit wird es in der Betrachtung von Musik nie geben - muß es ja auch nicht - trotzdem bezweifle ich es sehr stark, daß die Räumlichkeit von Musik in der klassischen Tradition eine sehr große Rolle spielt.

Und da ich bei klassischen Konzerten im allgemeinen keinen guten Platz habe, wo Räumlichkeit dann keine Rolle mehr spielt - im zweiten Rang hörst man nur noch Mono - schließe ich daraus wieder nur, daß klassische moderne Musik offensichtlich doch wieder eine Musik für die besser verdienenden ist, denn das gemeine Volk kommt ja über Stereo nie hinaus.

Diese ganze Diskussion konterkariert meine eigene musikalische Entwicklung - in der Tat muß ich sagen, daß ich "Stereo" heute für entschieden überschätzt halte - mich interessiert das gar nicht mehr - in früheren Jahren war Stereo ungeheuer wichtig - heute gar nicht mehr. In der Tat muß ich sagen, daß ich mich in der Hinsicht auf dieses angeblich primäre Musikparameter entschieden zurückentwickelt habe. Mir ist die Räumlichkeit von Musik so wurscht wie nur irgendwas.
AladdinWunderlampe
Stammgast
#128 erstellt: 08. Okt 2008, 02:39

Martin2 schrieb:

Und da ich bei klassischen Konzerten im allgemeinen keinen guten Platz habe, wo Räumlichkeit dann keine Rolle mehr spielt - im zweiten Rang hörst man nur noch Mono - schließe ich daraus wieder nur, daß klassische moderne Musik offensichtlich doch wieder eine Musik für die besser verdienenden ist, denn das gemeine Volk kommt ja über Stereo nie hinaus.


Ich weiß nicht, wie die Situation in Hamburg ist, aber in Köln ist es billiger und einfacher, eine Karte (mit freier Platzwahl) für ein Neue-Musik-Konzert der musikFabrik im Großen Sendesaal des WDR zu erwerben als eine billige Karte für ein Sinfoniekonzert in der Philharmonie. Und mehrkanalige elektroakustische Musik bekommt man in der Reihe "Raum-Musik" des hiesigen Musikwissenschaftlichen Instituts an der Universität sogar regelmäßig umsonst geboten.

Wenn ich mir dagegen anschaue, wieviel Geld gefeierte Pultstars dafür kassieren, dass sie in ihren Konzerten die immergleiche Musik abspulen (während der arme Mozart daran keinen Pfennig mehr verdient), so ist Neue Musik vergleichsweise günstig zu haben - und trotzdem trage ich durch den Kauf einer Konzertkarte oder einer CD dazu bei, einem noch lebenden Komponisten wenigstens einen Hungerlohn zu zahlen, der ihm das Weiterarbeiten und damit die kreative Bereicherung und Fortführung einer lebendigen Kultur ermöglicht. "Musik für Besserverdienende" finde ich an vielen Stellen - aber ganz bestimmt nicht im Kölner Kulturbunker oder auf irgendwelchen Neue-Musik-Festivals.


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 08. Okt 2008, 09:12 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#129 erstellt: 01. Nov 2008, 00:24
Kartenspiele mit Orchester: Stockhausens Gruppen

Heute, dachte ich, schildere ich Euch doch mal meine Erlebnisse mit einem der ganz großen Klassiker der modernen Musik, nämlich mit Gruppen für 3 Orchester (1955--1957) von Karlheinz Stockhausen. Dieses Stück war mir, wie wahrscheinlich vielen, schon ein Begriff, bevor ich mich überhaupt an moderne Musik herangetraut habe. Und "herantrauen" ist das genau treffende Wort: Vor Gruppen hatte ich, ohne je auch nur einen Ausschnitt gehört zu haben, einen riesengroßen Respekt, ja Ehrfurcht. Stockhausen! Gruppen! Es war für mich das Symbol, der Stellvertreter für moderne Musik, in dem sich all meine Unwissenheit, meine Vorurteile und Hörängste aber auch meine Neugierde und die Abenteuerlust auf ungeahnte, ungehörte Musik projeziert und gebündelt haben. Entsprechend fühlte sich die CD-Lieferung auch eher wie ein Papstbesuch an als eine Postzustellung. Einer Andacht gleich fuhr der Silberling in den Player. (Ohne Geschwurbel geht nicht ;))

Es wurde kein Schlüsselerlebnis. (Ansonsten hätte ich es in den entsprechenden Threads erwähnt; der Weg zur zeitgenössischen Musik mäanderte dann etwas anders.) Enttäuscht von chaotischen Klängen wanderte Gruppen ins Regal. Das ist nun vielleicht zwei, drei Jahre her. Nur gelegentlich habe ich mal wieder reingehört. In den letzten paar Monaten, insbesondere in den letzten Tagen, habe ich Gruppen wieder häufiger aufgelegt. Und siehe da: aus dem Chaos ward Struktur! Nun ist es nicht so, dass sich der Bauplan der Komposition vor meinem geistigen Auge auf magische Weise vollständig transparent entfaltet. (Wie's gemacht ist dürfte fürs Hören sowiese zweitrangig, wenn nicht irrelevant sein.) Es dämmert aber ein Sinnzusammenhang herauf, in dem die polyphonen Klänge plötzlich einen nachvollziehbaren Ort finden. Nun wurde über Gruppen schon viel geschrieben, von amazon.de-Rezensionen bis hin zu mindestens einer Dissertation*. Damit kann ich nicht mithalten, ich möchte einfach versuchen, Euch meine (derzeitige) "Hörkrücke" zu schildern.

Gruppen ist eine Komposition für ein großes Orchester (109 Musiker plus drei Dirigenten), das aufgeteilt wird in drei, etwa gleichgroße Orchester. Diese drei kleineren Orchester werden räumlich separiert positioniert: eines vorne, eines rechts und eines links, und sind erst einmal autonom. Daher auch drei Dirigenten, für jedes Suborchester einer. Mein Leitbild ist nun das eines Kartenspiels. Wenn man die drei Dirigenten als Kartenspieler begreift mit den Orchesterinstrumenten als Karten, kommt man mit Gruppen schnell ins Spiel. Wie im richtigen Leben (Pik, Karo, Herz, Kreuz) werden auch die "Gruppen-Karten" nach Farben sortiert. Ihr wisst schon: Blech, Holz, Streicher, Schlagwerk. Das Spiel funktioniert dann so, dass jeder Spieler seine Karten nach Farben auf seiner Hand sortiert (toll, wie jedes Orchester in eigenem Rhythmus spielt!). Das kann schon mal dauern und sorgt für ruhige Momente im Spiel. Aber dann geht es darum, Karten auszuspielen. In bisweilen irrsinnigem Tempo werden die Farben auf den Tisch geknallt. Das ist kartenspielgemäß ein organisierter Vorgang (jeder nach der Reihe) und hier finden die drei Suborchester in eine gemeinsame Choreographie.

Wenn man sich irgendwie in Gruppen hineingehört und hineingefunden hat, kann es, bei aller vordergründigen Komplexität, eine Komposition sein, die "zum Hörer zu sprechen" beginnt, also eine Komposition von hoher Lebendigkeit und hohem Unterhaltungswert. Wie Thomas es so schön vor knapp über einem Jahr in diesem Thread ausgedrückt hat:

Thomas228 schrieb:
Ja, gerade das Herumkauen an einem für mich neuen Werk, von dem ich ahne oder sogar weiß, dass mehr drin steckt als ich aktuell erkenne, und das allmähliche Fortschreiten der Erkenntnis – im obigen Sinne – bis hin zu dem Moment, den ich unter Verwendung des Titels einer Kindersendung, die ich manchmal mit meinem Sohn sehe, „Wissen macht Ah“ nennen möchte, empfinde ich als besonders reizvoll.


Übrigens erwächst, so habe ich es gelesen, die räumliche Aufteilung des Orchesters von Gruppen aus einem zeitlichem Kompositionsansatz. Es ist eine Eigentümlichkeit von Orten, dass immer nur ein einziges Ding (zu einem Zeitpunkt, nicht nacheinander) in ihnen Platz hat. Soll es mehrere Dinge gleichzeitig geben, müssen sie auf verschiedene Orte verteilt werden. Hier gibt es also einen passenden Anschluss an das vorherige Mundry-Thema. Und AladdinWunderlampe hat Gruppen dort ja bereits erwähnt.

Viele Grüße,
Mellus

*Imke Misch: Zur Kompositionstechnik Karlheinz Stockhausens: Gruppen für 3 Orchester. Saarbrücken: Pfau, 1999. Zugl.: Köln, Univ., Diss., 1998. (Habe ich aber nicht gelesen.)
AladdinWunderlampe
Stammgast
#130 erstellt: 01. Nov 2008, 11:43
Hallo Mellus,

vielen Dank für Deine wunderbare Einführung in Stockhausens Gruppen für 3 Orchester - ein Stück, dass in diesem Thread schon längst überfällig war.


Mellus schrieb:
Übrigens erwächst, so habe ich es gelesen, die räumliche Aufteilung des Orchesters von Gruppen aus einem zeitlichem Kompositionsansatz. Es ist eine Eigentümlichkeit von Orten, dass immer nur ein einziges Ding (zu einem Zeitpunkt, nicht nacheinander) in ihnen Platz hat. Soll es mehrere Dinge gleichzeitig geben, müssen sie auf verschiedene Orte verteilt werden.


Auch wenn Du meinst, dass die Frage, wie's gemacht ist, für das Hören zweitrangig sei, möchte ich doch kurz erklären, worauf der von Dir genannte "zeitliche Kompositionsansatz" beruht. (Allerdings geht das im Rahmen dieses Threads - und vor dem Frühstück - nur in sehr vereinfachter und verkürzter Form; ich hoffe, dass mich deswegen kein Stockhausen-Apostel lynchen wird.)

Die Dreiteilung des Orchesterapparats beruht in Gruppen auf der sogenannten seriellen, also reihenmäßigen Organisation des zeitlichen Verlaufs: Stockhausen wollte die gesamte Musik aus einer einheitlichen Keimzelle entwickeln. Deshalb sollte es auch einen Zusammenhang zwischen der Anordnung der Töne und den Dauern geben, mit denen sie erklingen.

Wie macht man das?

Indem man erkennt, dass sowohl die Tonhöhen als auch die Tondauern in Verhältnissen, also in Proportionen zueinander stehen: Der Abstand vom Ton a (440 Hz) zum nächsthöheren e (660 Hz) beispielsweise beträgt eine Quinte, und das bedeutet, dass zwischen ihren Schwingungsfrequenzen die Proportion 2:3 herrscht. (Das wusste übrigens schon Pythagoras, und das weiß auch jeder Instrumentenbauer.) Da die Schwingungszahl des Tones ein zeitliches Phänomen ist (eine Saite muss 440 mal pro Sekunde schwingen, um den Ton a zu erzeugen), sind Tonhöhen also eigentlich sowieso schon ein zeitliches Phänomen, so dass der von Stockhausen angestrebte Übergang von Tonhöhen zu Tondauern gewissermaßen in der Natur der Sache liegt.

Unter den genannten Voraussetzungen ist dieser Übergang eigentlich gar nicht so schwer: Um das Verhältnis der Quinte (2:3) auf den Bereich der Dauer zu übertragen, kann ich beispielsweise zwei Klangereignisse aufeinander folgen lassen, deren Dauern zueinander im Verhältnis von 2:3 stehen - also zum Beispiel eine Viertelnote und eine punktierte Viertelnote. Oder ich kann die Längen aufeinanderfolgender Abschnitte so wählen, dass sie dem Verhältnis 2:3 entsprechen - zum Beispiel, indem der eine Abschnitt 2 ganze Noten und der nächste 3 ganze Noten Sekunden dauert. Oder ich kann das Tempo aufeinanderfolgender Abschnitte gemäß der Proportion 2:3 gestalten - indem ich beispielsweise als Metronomwert für den ersten Abschnitt 60 Viertel pro Minute und als Metronomwert für den zweiten Abschnitt 90 Viertel pro Minute wähle.

Da das erste Beispiel - die Übertragung der Intervallverhältnisse auf einzelne Tondauern - sehr schwer umzusetzen ist, sobald es um kompliziertere Intervalle (zum Beispiel kleine Sekunde 15:16, Tritonus 8:11 u. s. w.) geht, hat Stockhausen in Gruppen vor allem die Abschnittslängen und deren Tempo an die Tonhöhenverhältnisse angepasst.

Nun sind die Tonhöhenverhältnisse in Gruppen durch Zwölftonreihen geregelt. Das bedeutet aber, dass die meisten Töne (ausgenommen der erste und der letzte) nicht nur einen, sondern zwei Nachbarn haben, zu denen sie in Beziehung stehen - nämlich den vorangehenden und den nachfolgen Ton. Entsprechend müssen auch die Dauern und die Tempi der Abschnitte so gewählt sein, dass sie sowohl zum vorhergehenden als auch zum nachfolgenden Abschnitt im richtigen Verhältnis stehen.

Die ersten drei Töne der ersten von Stockhausen verwendeten Zwölftonreihe beispielsweise lauten g, es und as. Das es ist also erstens eine große Terz (10:8) tiefer als das vorangehende g und zweitens eine reine Quarte (3:4) tiefer als das nachfolgende as. Der erste Abschnitt dauert 10 halbe Noten. Aber wie lang ist der zweite Abschnitt? Um zu seinem Vorgänger zu passen, müsste er 8 halbe Noten dauern, um zu seinem Nachfolger zu passen aber nur 3 halbe Noten.

Was macht Stockhausen, um beide Verhältnisse umzusetzen? Er komponiert den zweiten Abschnitt mit einer Dauer von 8 halben Noten, lässt aber den dritten Abschnitt schon nach 3 halben Noten einsetzen, so dass für 5 halbe Noten beide Abschnitte gleichzeitig erklingen. Und da jeder Abschnitt außerdem noch ein eigenes Tempo besitzt(der erste Abschnitt hat Viertel=120, der zweite Abschnitt Viertel=95 und der dritte Abschnitt Viertel=127), überschneiden sich währenddessen also auch zwei Tempi - nämlich Viertel=95 und Viertel=127.

Und das ist der Grund, warum Stockhausen das Orchester in drei Gruppen aufspaltet: Sein Verfahren, die Abschnittslängen und Tempi aus den Intervallverhältnissen der Zwölftonreihen abzuleiten, führt immer wieder dazu, dass sich Abschnitte mit unterschiedlichen Tempovorschriften überlappen. Damit die Musiker die verschiedenen gleichzeitigen Tempi realisieren können, brauchen sie jeweils einen eigenen Dirigenten für jedes Tempo; außerdem sollten sie räumlich so positioniert sein, dass sie von den Musikern, die ein anderes Tempo spielen, nicht gestört werden. Und für den Hörer hat das außerdem den angenehmen und hilfreichen Effekt, dass er die einzelnen Abschnitte mit ihren unterschiedlichen Dauern und Geschwindigkeiten räumlich klar getrennt erleben kann.

Außerdem sind die Abschnitte durch jeweils eigene Lautstärken, Instrumentenbesetzungen, Tondichten u. s. w. mal deutlicher, mal weniger deutlich voneinander unterschieden - je nachdem, wie die drei "Kartenspieler", die Mellus so anschaulich beschrieben haben, ihre Karten gerade gemäß den seriellen Regeln anordnen.

Übrigens hat Stockhausen nicht das gesamte Stück in dieser Art komponiert, sondern die seriell geregelten Teile dreimal durch sogenannte "Einschübe" unterbrochen, in denen sich alle drei Orchestergruppen zusammenfindet: so beispielsweise in einer eindrucksvollen Partie, die durch immer dichtere Trommelattacken geprägt ist, und auch bei dem großartigen Steigerungsprozess im letzten Drittel des Werkes, wo sich witzige Dialogen zwischen den Posaunen zunehmend verdichten und in einen bedrohlichen Blechbläserakkord münden, der von Orchestergruppe zu Orchestergruppe durch den Raum schwappt. (In diesen "Einschüben" haben die orchestralen "Kartenspieler" also offenbar ausnahmsweise einmal alle die gleichen oder ähnlichen Karten.)


Mellus schrieb:
*Imke Misch: Zur Kompositionstechnik Karlheinz Stockhausens: Gruppen für 3 Orchester. Saarbrücken: Pfau, 1999. Zugl.: Köln, Univ., Diss., 1998. (Habe ich aber nicht gelesen.)


Die Dissertation von Imke Misch ist sehr gut, wenn man im Detail wissen will, wie Stockhausen das Stück komponiert hat. Für die meisten dürften die ausführlichen Analysen allerdings eine Überforderung darstellen. Interessant sind aber auch die theologischen Aspekte der Komposition, auf die Imke Misch im Schlusskapitel des Buches hinweist.

Grundlegende kompositorische Ansätze des Stücks hat Stockhausen selbst in seinem berühmten Aufsatz "...wie die Zeit vergeht..." (in: Texte zur elektronischen und instrumentalen Musik, Band 1: Aufsätze 1952-1962 zur Theorie des Komponierens, Hg. Dieter Schnebel, Köln 1963) dargestellt. Aber eigentlich braucht man das alles dank Mellus' Spielplan gar nicht mehr...



Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 01. Nov 2008, 12:41 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#131 erstellt: 02. Nov 2008, 12:05
Hallo Aladdin,

nachdem ich Deine Erläuterung gelesen habe muss ich sagen, dass die Frage, wie's gemacht ist, doch spannend ist. Dass Gruppen ein äußerst gelungen konstruiertes Werk ist, hört man (nach einer Weile); dass es allerdings in dem von Dir geschilderten Ausmaß (vor allem, wenn man in Rechnung stellt, dass Du, wie Du selbst schreibst, vereinfachst) kompositorisch fundiert ist, hätte ich nicht für möglich gehalten. Wow! Jetzt habe ich irrsinnige Lust, es erneut zu hören!

Was mich aber besonders erfreut hat (natürlich neben dem Zuspruch) und wofür Dir aller Dank gehört ist, dass Du es geschafft hast, Stockhausens Kompositionsansatz hinter Gruppen auf eine Weise zu erklären, die verstehbar ist.

Viele Grüße,
Mellus
AladdinWunderlampe
Stammgast
#132 erstellt: 04. Nov 2008, 03:58
Wer erinnert sich noch?

im Februar hatte ich vollmundig angekündigt, den drei "runden" Geburtstagskindern des Jahres 2008 Olivier Messiaen, Bernd Alois Zimmermann und Karlheinz Stockhausen (und möglicherweise auch dem erfreulicherweise noch unter uns weilenden Elliott Carter) in diesem Thread besondere Aufmerksamkeit zu widmen - und dann monatelang keinen Mucks mehr von mir gegeben. (Glücklicherweise hat stattdessen wenigstens Mellus schon viel Interessantes zu Zimmermann und Stockhausen geschrieben.)

Bevor nun dieses Jubeljahr der Neuen Musik ganz sang- und klanglos zuende geht, will ich mich nun doch noch an das längst angekündigte Dreierporträt machen. Als Ausgangspunkt nehme ich dazu das Jahr 1960. Allerdings werde ich die drei Komponisten wohl nur etappenweise abarbeiten können. Aus historischen und systematischen Gründen beginne ich heute mit Olivier Messiaen:



Olivier Messiaen, Bernd Alois Zimmermann, Karlheinz Stockhausen – wenn man Berührungspunkte zwischen diesen drei Komponisten sucht, so ist ein wichtiger Aspekt die Auseinandersetzung mit der musikalischen Zeit. Und sei es nun Zufall oder nicht: Im Jahre 1960 kam von jedem dieser drei Komponisten ein gewichtiges Werk zur Uraufführung, das mir für das Zeitverständnis des Betreffenden besonders charakteristisch zu sein scheint: gemeint sind Olivier Messiaens Orchesterstück Chronochromie, Karlheinz Stockhausens elekroakustische Komposition Kontakte und Bernd Alois Zimmermanns Konzert für 2 Klaviere und großes Orchester Dialoge.

Jedes dieser drei Werke stellt eine Auseinandersetzung mit den kompositorischen Ansätzen der sogenannten seriellen Musik dar, die in den 1950er Jahren von vielen Komponisten (u. a. Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen, Luigi Nono, Henri Pousseur und in gewisser Weise auch Bernd Alois Zimmermann) als konsequente Fortführung der Zwölftonkomposition in der Tradition Arnold Schönbergs, Alban Bergs und insbesondere Anton Weberns verstanden worden war. Einer der Auslöser für diesen Kompositionsansatz war aber auch Olivier Messiaen, bei dem viele der Serialisten studiert hatten.

Messiaen hatte seit jeher ein großes Interesse an rhythmischen Phänomenen – und damit an der musikalischen Zeitgestaltung – gehabt. Durch die Beschäftigung mit der Musik Igor Strawinskys, mit außereuropäischen, insbesondere indischer Rhythmussystemen sowie mit dem gregorianischen Gesang hatte er dabei früh Ansätze für ein rhythmisches Denken entwickelt, das sich grundlegend von dem der europäischen Kunstmusik der letzten Jahrhunderte unterschied: In der musikalischen Tradition entstanden die Notenwerte durch die fortschreitende Teilung großer Werte: Die ganze Note wird in halbe Noten, Viertel, Achtel usw. zerlegt, und dieser Ansatz, der vom Großen durch Zerlegung zum Kleinen führt, bestimmt unser ganzes musikalisches Denken: Bei aller Differenzierung im Detail stehen in unserer musikalischen Tradition meist die übergeordneten zeitlichen Raster fest, in denen sich diese Differenzierung abspielt und die bei allen Abweichungen im Detail ein gewisses Ebenmaß des rhythmischen Flusses hervorbringen. Ein markantes Beispiel dafür ist die achttaktige Periode, die sich in Vorder- und Nachsatz gliedern lässt, die wiederum aus unterschiedlich gewichteten Zweitaktgruppen zusammengesetzt sind, die sich ihrerseits in einzelne Takte zerlegen lassen – und erst hier bewegt man auf der Ebene der Notenwerte, welche wiederum durch Division vom Großen zum Kleinen fortschreiten.

Bei Strawinsky und in bestimmten außereuropäischen Musiktraditionen (beispielsweise den indischen Ragas) lernte Messiaen einen ganz anderen Ansatz der Zeitgestaltung kennen, den er in seinen eigenen Kompositionen dann konsequent ausbaute: Messiaen gelangt nicht durch Teilung eines großen Notenwertes zu kürzeren Notenwerten, sondern geht gerade umgekehrt von einem kurzen Notenwert als kleinster Einheit aus. Zu längeren Notenwerten kommt er dann, indem er diese kleinste Einheit mit ganzen Zahlen multipliziert: Geht man beispielsweise vom Wert einer Sechzehntelnote aus, so sind die nächstgrößeren Werte so lang wie 2, 3, 4, 5, oder 6 Sechzehntel. Indem Messiaen also vom Kleinsten zum Größeren fortschreitet statt umgekehrt, vermeidet er jene übergeordneten Gleichmäßigkeiten und Symmetrien, die sich in der traditionellen Rhythmik durch die Teilung übergeordneter Einheiten fast von selbst ergeben. Messiaens Ideal war eine musikalische Wahrnehmung, in der die Tondauern genauso vielfältig erlebt werden wie die Tonhöhen; und da jedes Klavier 88 Töne hat, schien es ihm eine unnötige Verarmung, dem nur eine Hand voll Notenwerte entgegenzusetzen, die darüber hinaus untereinander weitgehend nur einfachste Verhältnisse wie Halbierung oder (bei Triolen oder Punktierung) Dreiteilung ausprägen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass Messiaen in manchen Stücken den jeweils kleinsten Notenwert mit allen ganzen Zahlen von 1 bis 32 oder gar von 1 bis 64 multipliziert und so als rhythmische Grundlage ein Reservoir von 32 oder 64 Notenwerten hat, die nur in den seltensten Fällen in einfachen Zweier- oder Dreierverhältnissen zueinander stehen. Messiaen sprach in diesem Zusammenhang von „chromatischen Dauernwerten“, weil man sich die betreffenden Dauern – ähnlich wie die Tonhöhen auf den Tasten eines Klavieres – gewissermaßen auf einer Rhythmusklaviatur angeordnet vorstellen kann, auf der man vom kürzesten zum längsten Wert in den kleinstmöglichen und insofern „chromatischen“ Schritten weiterschreiten kann.
Mithilfe dieser Notenwerte – die freilich durchaus nicht immer alle in einem Stück vorkommen müssen – schuf Messiaen sein sehr typisches rhythmisches Vokabular, für das unter anderem die „nicht-umkehrbaren Rhythmen“ (also Rhythmen, die vorwärts und rückwärts gespielt gleich klingen, weil sie symmetrisch gebaut sind) sowie die variative Arbeit mit sogenannten „rhythmische Personen“ (rhythmische Formeln, die nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten verkürzt oder verlängert werden und dabei allmählich – gleichsam wie die Figuren eines musikalischen Theaterstücks – ihren Charakter verändern) sowie die Übertragung indischer Rhythmen charakteristisch ist. In einigen Werken aber setzte er darüber hinaus das Reservoir der rhythmischen Werte besonders systematisch ein, indem er jeder Tonhöhe je einen festen „chromatischen Dauernwert“ und zusätzlich noch eine feste Lautstärke (pianissimo, piano, mezzopiano, mezzoforte, forte, fortissimo u. s. w.) sowie eine feste Artikulationsweise (staccato, legato, portato u. s. w.) – zuordnete. Jeder Ton wird dadurch gewissermaßen zu einer musikalischen Individualität im Miniaturformat mit unverwechselbaren klanglichen Eigenschaften.

Das bedeutet freilich auch, dass die Töne aufgrund eben dieser stark ausgeprägten Individualität deutlich voneinander isoliert werden, und tatsächlich klingen derartige Stücke oftmals so, als seien sie wie die Bilder eines Kalaidoskops oder eines Mosaiks aus zahllosen kleinsten Einzelteilchen zusammengesetzt. Und nicht zufällig knüpften gerade an diese Kompositionstechnik bald Komponisten wie Pierre Boulez, Henri Pousseur, Karlheinz Stockhausen und Luigi Nono mit ihren frühen seriellen Werken an, für die sich bald die in Bezug auf das Klangbild sehr anschauliche (oder „anhörliche“) Bezeichnung „punktuelle Musik“ etablierte. (Allerdings stellten die Komponisten auch schon schnell bestimmte Probleme dieses „punktuellen“ Ansatzes fest und entwickelten die Technik der seriellen Musik weiter – so beispielsweise Karlheinz Stockhausen zur sogenannten „Gruppen-Komposition“.)

Ein kaleidoskopartiges Zusammensetzen ist aber für die Musik Messiaens auch in vielen anderen Hinsichten charakteristisch. So war der Komponist fasziniert von der Leuchtkraft gotischer Kirchenfenster, die sich aus vielen farbigen Einzelteile zusammensetzen. Selten werden daher bei Messiaen Themen, Motive und Harmonien im Sinne der deutsch-österreichischen Tradition allmählich entwickelt; vielmehr stehen stark kontrastierende Elemente häufig unmittelbar nebeneinander oder werden – wie die Bestandteile einer Collage – gleichzeitg übereinander montiert.


So rigoros also der oben beschriebene rhythmische Ansatz Messiaens auf den ersten Blick erscheinen mag: Messiaens musikalische Interessen und Vorlieben waren zu vielfältig, als dass er sich beim Komponieren auf ein einziges Konstruktionsverfahren hätte beschränken wollen. Tatsächlich speist sich Messiaens musikalische Sprache aus vielen Quellen – zum Beispiel aus exotischer Rhythmik, aus Zahlenreihen, aus Gregorianik, aus selbsterfundenen Tonleitern (die sogenannten „Modi mit begrenzten Transpositionsmöglichkeiten“) – , die ich hier kaum alle erklären kann. Aus der Vielfalt und Heterogenität der verwendeten Mittel resultiert aber zweifellos der besondere Tonfall von Messiaens Musik, die oftmals geradezu knallig bunt, mosaikartig kleingliedrig und vielleicht auch in gewisser Weise hemmungslos im Zugriff auf stilistisch weit Auseinanderliegendes erscheinen kann.

All diese Charakteristika finden sich auch in Messiaens Orchesterkomposition Chronochromie– einem Stück, dass es 1960 seltsamerweise geschafft hat, ausgerechnet im avantgarde-erprobten Donaueschingen einen Konzertskandal hervorzurufen.

Das Stück ist überaus übersichtlich in sieben Teile gegliedert: Umrahmt wird es von einer Introduction und einer Coda, die musikalisch deutlich aufeinander bezogen sind; die Abfolge der übrigen Teile orientiert sich am dreiteiligen Aufbau der Chöre altgriechischer Tragödien (Strophe, Antistrophe, Epode), die Messiaen allerdings durch Verdopplungen zur Fünfteiligkeit erweitert. Daraus resultiert der folgende Grundriss:

1.Introduction
2.Strophe I
3.Antistrophe I
4.Strophe II
5.Antistrophe II
6.Epode
7.Coda

Wie die Rahmenteile, so arbeiten auch die beiden Strophen sowie die beiden Antistrophen jeweils mit gleichem oder verwandtem musikalischen Material, so dass nur die Epode ohne formales Pendant bleibt und also allein für sich selbst steht. Es gibt also insgesamt vier Arten von Formteilen, die einen je eigenen Tonfall ausprägen. Kurz gefasst könnte man sie folgendermaßen charakterisieren:

Introduction und Coda sind kaleidoskopartig aus kürzeren, untereinander kontrastierenden Texturen montiert, die viele der in den Hauptteilen verarbeiteten Motive oder Satztypen andeuten oder buchstäblich vorwegnehmen. Sie führen sozusagen in Kurzform und ungeordnet das Material vor, aus dem das Stück gebaut ist.

Die beiden Strophen basieren jeweils streng auf der Durchführung einer 32-teiliger Dauernreihe sowie von Ableitungen, die Messiaen aus bestimmten systematischen Vertauschungen ihrer Dauernwerte gewinnt. (Das im einzelnen zu erklären würde den Rahmen dieses Beitrags vollkommen sprengen.) Messiaen lässt jeweils drei der insgesamt 36 resultierenden Zeit-Reihen gleichzeitig ablaufen und markiert jede von ihnen durch bestimmte Klangfarben. (Auf diese Verbindung von Klangfarbe und Zeitstruktur verweist auch der Werktitel: Chrono-Chromie = Zeit-Farbe.) Die erste Schicht wird von 3 Gongs sowie den 8 ersten Geigen vorgetragen, die zweite von den Glocken sowie den 7 zweiten Geigen, die dritte schließlich von den Becken, dem Tamtam sowie von 2 Bratschen und 4 Violoncelli. Die Streicher jeder Schicht spielen jeweils ein eigenes Repertoire an vielstimmigen Akkorden. Insgesamt resultiert aus der Übereinanderlagerung dreier rhythmisch höchst differenzierter Klangschichten ein merkwürdig statisch anmutender Klangteppich. Dafür, dass dem Hörer dabei die zeitliche Orientierung nicht verloren geht, sorgt eine vierte Klangschicht, die den Holzbläsern sowie Marimba und Glockenspiel anvertraut ist; diese tragen in kurzen Notenwerten allerlei Vogelgesänge vor, wodurch auf gleichsam natürliche Weise ein nachvollziehbares zeitliches Raster entsteht, auf das man die vorwiegend längeren Werte der drei seriellen Zeitschichten beziehen kann.

Gegenüber dem Klangbändern der Strophen sind die beiden Antistrophen kleingliedriger gebaut: Charakteristisch ist zunächst der mehrfache Wechsel zwischen längeren Vogelgesängen in kontrastierenden Klanggewändern: der eine wird von den Holzbläsern vorgetragen, der andere – in einem rhythmisch virtuosen Satz – von Xylophon, Marimba, Glockenspiel. Den Schluss der Antistrophen wird dagegen durch die Abfolge dreier visionär-mystischer Texturen in eher langsamem Tempo markiert: zunächst ein eine Art Glockenthema, das wiederum von vieltönig schillernden Akkorden der Streicher begleitet wird, dann ein machtvoller choralartiger Satz der Bläser, und abschließend eine kürzere mehrschichtige Textur, die wiederum Dauernreihen, Vogelstimmen und eine klangfarblich differenzierte Melodie kombiniert.

Das eigentliche Skandalon des Stückes bei der Uraufführung war aber die Epode, die nach den vielfältigen Klang- und Satzkombinationen der vorangegangen Teile wie ein riesiger, undurchdringlicher Klangblock anmutet: Sie ist nämlich ausschließlich 18 solistischen Streichern anvertraut, die in einer abenteuerlichen Heterophonie 21 verschiedene Vogelgesänge weitgehend gleichzeitig erklingen lassen – Musik nach dem Vorbild der lebendigen Natur, höchst artifiziell, und doch umschlagend ins unvorhersehbar Vielstimmige, Verwirrende, ja Chaotische.

Für mich macht gerade dieses hemmungslose und irgendwie göttlich naive Zusammenbringen von scheinbar Gegensätzlichstem – strengen Konstruktionen auf der einen und Naturlauten auf der anderen Seite – den eigentümlichen, unverwechselbaren und unnachahmlichen Reiz von Messiaens Musik aus: den Reiz einer Musik, die nichts ausschließen will, in der Alles – Abstraktes und Konkretes – in einen vielfältigen Lobgesang auf die Schöpfung einstimmen will; den Reiz einer Musik, die sich an kein stilbewusstes kompositionstechnisches Reglement – und erst recht nicht an das Diktat eines vermeintlich „guten“ Geschmacks – halten will…

Selten hat Messiaen das Nebeneinander von Strenge und Freiheit der kompositorischen Zeitgestaltung so auf die Spitze getrieben wie in Chronochromie. Und seltsam, dass dies im gleichen Jahr passierte, in dem sich auch Karlheinz Stockhausen und Bernd Alois Zimmermann auf jeweils eigene Weise neuen Arten der musikalischen Zeitreflexion zuwandten. Darüber wird demnächst mehr zu berichten sein. Für heute aber möchte ich aber nur noch kurz auf eine wunderbare Einspielung von Messiaens Chronochromiehinweisen:

Olivier Messiaen: Chronochromie für großes Orchester, Et expecto resurrectionem mortuorum, La Ville d'en haut
Cleveland Orchestra, Leitung: Pierre Boulez
(Deutsche Grammophon 445 827-2)



Ich hoffe, bald mit Stockhausen und Zimmermann weitermachen zu können. Bis dahin


herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 04. Nov 2008, 16:10 bearbeitet]
SirVival
Hat sich gelöscht
#133 erstellt: 04. Nov 2008, 14:38
Hallo,

empfinde B.A. Zimmermanns Musik leider oft genug als, wenn ich das mal so ausdrücken darf, musikalische Dicketuerei. Aber neulich habe ich sein Violinkonzert mit dem Geiger Zimmermann gehört. Ein tolles Stück Musik. Empfehle ich ohne Einschränkung.

Gruß
AladdinWunderlampe
Stammgast
#134 erstellt: 08. Nov 2008, 02:55
Hallo SirVival,

das Violinkonzert ist unter den "Frühwerken" Zimmermanns (der zum Zeitpunkt der Entstehung freilich schon 32 Jahre alt war) sicherlich eines der eindrucksvollsten, schlüssigsten und mitreißendsten - Martin2 würde wohl sagen, dass Zimmermann, der ja über ein schier unglaubliches kompositorisches Handwerk verfügte (Michael Gielen formulierte einmal, Zimmermann sei der letzte Komponist gewesen, der buchstäblich alles konnte) in diesem Stück verstand, "dem Affen Zucker zu geben".

Allerdings repräsentiert dieses Stück aus meiner Sicht noch nicht den "eigentlichen" Zimmermann, der seine ganz persönliche kompositorische Sprache letztlich erst nach einer - höchst krisenhaften - Phase des Suchens und Experimentierens gegen Ende der 1950er Jahre gefunden hat. Werke wie der Canto di Speranza und die Kantate Omnia tempus habent sowie vollends die 1960 entstandene Sonate für Violoncello solo und die Dialoge für 2 Klaviere und großes Orchester mögen den Anfang dieses "eigentlichen" Zimmermann markieren.

Andererseits wird in Werken wie dem Violinkonzert die Rückbindung der deutschen Nachkriegsmusik an musikalische Traditionen greifbar, die durch die historisch verständliche Tabula-Rasa-Mentalität von "Stunde-Null-Musikern" wie Stockhausen - möglicherweise zu Unrecht - bis heute stark an den Rand gedrängt worden sind: die Rückbindung an eine Komponisten-Generation, für die Gestalten wie Karl Amadeus Hartmann, Boris Blacher und Wolfgang Fortner stehen mögen.

Übrigens erscheint anscheinend bald eine Neueinspielung des Zimmermannschen Violinkonzertes, die ich aufgrund ihrer vorzüglichen Interpreten schon mit Spannung erwarte:

Bernd Alois Zimmermann: Violinkonzert, Canto di Speranza, Ekklesiastische Aktion "Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne"
Thomas Zehetmair (Violine), Thomas Demenga (Violoncello), Andreas Schmidt, WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung: Heinz Holliger
ECM


Zimmermann-CD

Das erste und das letzte Werk dieser CD habe ich mit den gleichen Ausführenden vor einigen Jahren in einem sehr beeindruckenden Konzert in der Kölner Philharmonie erleben können.

Was mir allerdings bisher nicht ganz klar ist, ist Deine Einschätzung, im Werk Zimmermanns finde sich viel "musikalische Dicktuerei". Kannst Du vielleicht einmal genauer erläutern, was Du damit meinst und auf welche Werke Du dieses Urteil bezogen wissen willst? Ich wäre jedenfalls sehr neugierig, denn "Dicktuerei" war bisher das Letzte, was mir zu Zimmermann eingefallen wäre.


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 08. Nov 2008, 14:28 bearbeitet]
hifi-zwerg
Stammgast
#135 erstellt: 18. Dez 2008, 18:05
Hallo,

auch wenn ich es in den nächsten Tagen nicht schaffe ausführlichen zu schreiben, möchte ich mich selbst etwas mit einer Vorankündigung unter Druck setzten. Ich möchte zwei Stücke vorstelln, die mich in der aktuellen Musik in der letzten Zeit besonders aufgefallen sind

1) Eric Tanguy, Cellokonzert Nr. 2

Ich habe folgende Einspielung:
Anne Gastinel, violoncelle
Orchestre national de France, dir. Alain Altinoglu auf Naive


Die CD habe ich geschenkt bekommen, und dies zum Anlass genommen mal wieder Neue Musik zu hören (Eigentlich bin ich z. Zt. klassikmässig mehr in ein Mozart-Puccini Phase). Das erste Stück der CD hat mich beim im Hintergrund hören gleich angesprochen und ich habe es mir dann später Abends noch mal in Ruhe angehört. Wohltuhend anders als vieles was ich in den letzten Jaheren gehört habe ist das Stück melodisch ohne dabei Langweilig zu werden


2) Miro Dobrowolny,

Mit dem Komponisten bin ich gut bekannt, daher ist natürlich mein Bild nicht neutral. Ich kenn seine Stücke zum Teil von Aufführungen aber auch von CD mit Konzertmitschnitten. Meines Wissens sind noch keine Stücke des Komponisten als CD im Handel erhältlich, daher habe ich ein Stück ausgewählt, daß ich auf CD habe und das zudem auch auf Homepage anzuhören ist

TABERNACULUM
Ritual für Sopran, Altus, Chor und Instrumente im Raum, Orchester und Zuspielung (2003)


So das wars fürs erste, mehr im wahrscheinlich erst im nächsten Jahr.

Gruß
Zwerg
Mellus
Stammgast
#136 erstellt: 13. Jan 2009, 23:43
Biomorphe Musik: Chimera von Misato Mochizuki

Misato Mochizuki, Jahrgang 1969, ist eine in Tokyo geborene Komponisten, die mittlerweile in Paris lebt. Sie war mehrmalige Teilnehmerin der (für Nachwuchskomponisten obligatorischen?) Festivals in Darmstadt und Donaueschingen und wurde bereits mit vielen Preisen und Auszeichnungen geehrt (siehe http://www.misato-mochizuki.com/).

Eine besonders eingängige Komposition von Misato Mochizuki ist das Ensemblestück Chimera. In diesem Stück zeigt sich eine besondere Charakteristik des Komponierens von Mochizuki, nämlich das Aufgreifen von biologischen Strukturen und Prozessen -- daher das (von mir erfundene) Eingangsetikett "biomorph". Chimera beginnt mit einem einfachen Rhythmus von der kleinen Trommel geschlagen. Ich nenne diese musikalische Figur "die Kette". Die Kette zieht sich die ganze knapp 10-minütige Komposition hindurch, allerdings nicht die ganze Zeit von der kleinen Trommel geschlagen. Hier kommt die biologisch inspirierte Faktur des Stückes ins Spiel: der Kette wird von anderen Instrumenten -- zu Anfang von Becken, Snare und Bläsern (?) -- musikalisches Fremdmaterial "injiziert". Dadurch wird die Ursprungsfigur transformiert und geht in Mischformen, Chimären, über. Manche musikalischen Hybride sind "größer", andere "filigraner", aber keine kann "überleben", immer lösen sie sich in neuen Zuständen auf.

Ehrlich gesagt bin ich mir über den kompositorischen Wert von Chimera nicht ganz sicher (wie soll ich das auch beurteilen können?). Jedoch wollte ich das Stück hier aus zwei Gründen vorstellen: (1) Den Rekurs auf naturwissenschaftliche Modelle (hier: Biologie (Genetik)) in der Komposition finde ich spannend; (2) Das Stück macht einfach Spaß! Gerade die Betonung recht einfacher Rhythmik macht es gut hörbar -- es überrascht nicht, dass es einen Publikumspreis eingeheimst hat. Man höre z.B. nur die Passage, in der das Klavier nahezu stupide die Kette "hämmert"! Mag Chimera noch mehr Hörer unterhalten!

Viele Grüße,
Mellus

PS: bei JPC gab es mal Hörbeispiele (Chimera ist Track 3), aber mittlerweile scheint die CD (bei Kairos erschienen) aus dem JPC-Programm verschwunden zu sein.

PPS: Nun hoffe ich, mit dem Beitrag den Druck auf den hifi-zwerg vergrößert zu haben und er in Bälde über die angekündigten Werke berichtet!
Mellus
Stammgast
#137 erstellt: 10. Mrz 2009, 16:18
Der Neuen Musik wird ja gerne vorgeworfen, dass sie sich auf Konfrontationskurs mit dem Hörer begibt, ja eine Genussverweigerungshaltung innehabe, und sich nur für systemisches Klangingenieurstum interessiere.

Den Gegenbeweis kann vielleicht Hanspeter Kyburz mit seinem rauschhaften Malstrom antreten, einem etwa 16-minütigen Stück für großes Orchester in 4 Gruppen. Zwar ist die klangliche Ereignisdichte dieses Stückes dermaßen hoch, dass man an die Komplexitätsmusik nach Ferneyhough denken mag; aber die Pirouetten, die Malstrom dreht, die Hochseilartistik der musikalischen Figuren, ist ganz sicher für das menschliche Ohr gemacht, das sich ganz dem Strudel hingeben möchte.

Kyburz nutzt, in Ergänzung zu traditionellen Kompostitionstechniken, computergestützte, mathematische Verfahren, um die komplexen Strukturen seiner Kompositionen technisch umzusetzen. Aber die Technik wird nie wichtiger genommen als die Freude der sinnlichen Klangerfahrung.

Der Titel, Malstrom, bezieht sich übrigens auf eine Geschichte von Edgar Allan Poe, A Descent into the Mealstrom, in der ein Schiffbrüchiger in einen Wasserstrudel gerät.

Einfach mal anhören!

Viele Grüße,
Mellus


[Beitrag von Mellus am 10. Mrz 2009, 16:27 bearbeitet]
Klassikkonsument
Inventar
#138 erstellt: 10. Mrz 2009, 19:12
Hallo Mellus,


Mellus schrieb:

Der Titel, Malstrom, bezieht sich übrigens auf eine Geschichte von Edgar Allan Poe, A Descent into the Mealstrom, in der ein Schiffbrüchiger in einen Wasserstrudel gerät.


Danke für den Tip. Nur noch eine kleinliche Verbesserung: im Original-Titel heißt der Strudel Maelström, was aber 'Malstrom' ausgesprochen wird.
'Mealstrom' hat aber was.



Viele Grüße
Mellus
Stammgast
#139 erstellt: 10. Mrz 2009, 23:28
Hallo Klassikkonsument,


Klassikkonsument schrieb:
'Mealstrom' hat aber was.


Na, wenigstens das! Danke für die Korrektur, ich wusste wirklich nicht, dass das Wort mit Umlaut geschrieben wird. Ich kenne die Geschichte auch gar nicht. Sie ist aber online an diversen Stellen als E-Text lesbar, falls es jemanden interessiert. Die Suchmaschine des Vertrauens hilft weiter.

Es ist übrigens schön, wieder von Dir zu lesen. Wir haben Dich schon vermisst!

Viele Grüße,
Mellus
Mellus
Stammgast
#140 erstellt: 05. Mai 2009, 22:33
Aufhänger für den folgenden kleinen Beitrag war eine blöde Frage, die ich mir selbst gestellt habe: Darf es Spaß machen, Musik von Helmut Lachenmann zu hören? Mittlerweile habe ich Einiges zur Lachenmann'schen Ästhetik, seiner Konventionsverweigerung, seinen Musique concrète instrumentale-Erkundungen ins Reich der jungfräulichen Klänge gelesen und gehört. Das klingt alles so ernst, wie Kunst halt sein kann. Und dann höre ich kürzlich ein neueres Werk von Lachenmann, seine Concertini. Und das ist ein Werk, das einfach Spaß macht! Zugegeben, den Beginn empfinde ich als etwas sperrig, eben so, wie es dem "Sich-die-Klänge Abringenden"-Lachenmann-Klischee entspricht. Aber nach der Auftaktphase entfaltet Lachenmann ein wahres Feuerwerk an klanglichen Erfindungen und Übergängen, teils sensibel, teils überraschend, teils einfach schön und manchmal sogar, meine ich zumindest, augenzwinkernd. Inspiriertes konzertieren.

Die Rohdaten: Concertini ist ein Stück für ein 25-köpfiges Ensemble, komponiert 2005. Neben Streichern und Blässer fallen ein Klavier, eine Harfe und eine Gitarre auf. Eine Aufführung dauert etwas über eine halbe Stunde.

Viele Grüße,
Mellus
AladdinWunderlampe
Stammgast
#141 erstellt: 05. Mai 2009, 23:24

Mellus schrieb:
Darf es Spaß machen, Musik von Helmut Lachenmann zu hören?


Mir macht es jedenfalls bei vielen Werken sehr viel Spaß, Lachenmann zu hören - neben den Concertini fallen mir hier spontan die Tanzsuite mit Deutschland-Lied und Mouvement - vor der Erstarrung ein. Wäre der Begriff nicht ideologisch so belastet, wäre ich manchmal sogar fast geneigt, von einem "musikantischen" Zug in Lachenmanns Komponieren zu sprechen... Jedenfalls zeigt Deine ängstliche Frage, von der ich freilich vermute, dass sie rhetorisch gestellt war, dass Lachenmann in gewisser Weise ein Opfer seiner selbst ist - nämlich ein sehr charakteristisches Beispiel dafür, wie stark Komponistenkommentare dazu beitragen, ein bestimmtes Rezeptionsklischee der betreffenden Musik zu installieren, das dann in CD-Booklets, Konzertkritiken und musikwissenschaftlichen Abhandlungen eifrig aufgegriffen und verfestigt wird, um so den Zugang zu bestimmten Aspekten des Werks eher zu behindern als zu befördern.


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 06. Mai 2009, 11:43 bearbeitet]
Tannoymann
Stammgast
#142 erstellt: 06. Mai 2009, 09:53
Mir macht es auch sehr viel Vergnügen Lachenmann zu hören, ich kaufe so ziemlich alle CDs von ihm. Die Concertini sind eigentlich sehr "gemäßigt" und ein guter Einstieg in die nicht ganz so leichte Materie. Eine mögliche Zugangsform wäre das naive sich völlige Hingeben, einfach bewusst nicht mehr zu wissen, was traditioneller Klang war. Sehr empfehlenswert ist auch sein Buch "Musik als existenzille Erfahrung"! Sehr gute Beiträge zur neuen Musik sind auch zu finden in:Die Musik des 20. Jahrhunderts von Jean-Noel von der Weid.
Grüße
Willi
Mellus
Stammgast
#143 erstellt: 16. Mai 2009, 15:39
Der destruktive Charakter? Jörg Birkenkötters Spiel/Abbruch

"Kein Augenblick kann wissen, was der nächste bringt. Das Bestehende legt er in Trümmer, nicht um der Trümmer, sondern um des Weges willen, der sich durch sie hindurchzieht." "Er", das ist Der destruktive Charakter aus dem gleichnamigen, sehr kurzen Text von Walter Benjamin. An diesen Text musste ich denken, als ich Spiel/Abbruch für Ensemble und Tonband (1993/94) von Jörg Birkenkötter (mehrmals) gehört habe. Birkenkötter spielt mit dem Klangmaterial, dass er aus Klavier, Akkordeon (dieses Instrument scheint bei zeitgenössischen Komponisten sehr beliebt zu sein), Schlagzeug, Violoncello, Oboe, Posaune und Tonband herausholt, entwickelt spritzige kleine Klangereignisse und meditative Klanginseln. Wenn es mal nicht mehr weitergeht, dann schlägt der Komponist, metaphorisch gesprochen, einfach das Ensemble zusammen und macht anders, neu weiter. Zwei große "Orchesterzusammenbrüche", aus deren "Splittern" dann neue Klangformen gewonnen werden, sind nicht zu überhören (und klingen einfach saugeil!). Das Stück verflüchtigt sich ins Unhörbare, aber man lauscht nach. Kommt da noch etwas? Da dem Stück irgendwie eine Form abgeht (zumindest konnte ich entdecken), kann man, eigentlich konsequent, auch kein Ende identifizieren.

Jörg Birkenkötter, Jahrgang 1963, war Schüler u.a. von Nicolaus A. Huber und Helmut Lachenmann. Der Einfluss von Letzterem ist in der erweiterten Instrumentenbehandlung Birkenkötters nicht zu überhören. Allerdings reicht meinem Eindruck nach Birkenkötter nicht an das musikalische Vermögen von Lachenmann heran. Aber auch Spiel/Abbruch macht, wie einige Lachenmann'sche Werke, Freude zu hören. Zudem verfügt Birkenkötter über die Gabe, sensationelle Klänge aus dem Ensemble hervorzuzaubern, er scheut, in Anspielung an den und Abgrenzung zu dem gestern (15.05.09) frisch gebackenen Siemenspreisträger Klaus Huber, "den Genuss der Oberfläche" (Zitat aus irgendeinem Interview) nicht.

Ein paar meiner Highlights Birkenkötternscher akustischer Magie sind, mit ungefährer Zeitangabe, die folgenden:
2:45 Orchesterzusammenbruch, anschließend "fallende" Klänge.
um 9:00 "Klangmuscheln"
ab 12:00 Schwermetall und Wecker
13:10 Weltraumstreicher! (Die liebe ich! Lachenmann kann das auch, am besten in Grido)
19:45 Glas zerspringt...

So, das waren schon wieder meine Anmerkungsschnipsel, beste Grüße vom gegenwärtigen "Klangspaßhörer" Mellus
Tannoymann
Stammgast
#144 erstellt: 18. Mai 2009, 09:30
Guten Morgen Mellus!
Dein Beitrag macht mich auf B. neugierig.
http://www.jpc.de/jp...ermusik/hnum/2365929 ich hab nur 1 Werk von ihm in dieser Box. Also werd ich mir demnächst noch diese http://www.jpc.de/jp...er&pd_orderby=score. Viel mehr gibt's wie leider üblich nicht mehr auf Tonträger von ihm.
Viele Grüße
Willi
Mellus
Stammgast
#145 erstellt: 18. Mai 2009, 18:17
Guten Abend Willi!

Spiel/Abbruch ist auf dieser CD. Allerdings ist das auch das einzige mir von Birkenkötter bekannte Stück, das mir ziemlich gut gefällt. Der Rest, den ich bisher aber noch nicht besonders intensiv gehört habe, klingt für mich erst mal wie so typische neue Musik. Welches Stück ist denn auf der "Musik in Deutschland"-CD? (Und ist es vollständig drauf? ). Was auch immer es sein mag, wahrscheinlich hast Du dann schon einen Eindruck, was Dich bei Birkenkötter erwartet...

Viele Grüße,
Mellus
Tannoymann
Stammgast
#146 erstellt: 19. Mai 2009, 10:16
Guten Morgen Mellus!
Das Stück heißt: ins weite... für af, picc, bcl und perc und dürfte vollständig sein, allerdings hab ich es noch nicht angehört. Dein Beitrag hat mich aber neugierig gemacht. Danke.
Liebe Grüße
Willi
Mellus
Stammgast
#147 erstellt: 02. Dez 2009, 17:01
Nun ist dieser schöne Thread schon wieder eingeschlafen. Um zu versuchen, ihn sanft wachzuküssen, kopiere ich unehrenhaft eigenes Geschreibsel, moderat modifiziert, aus anderen Thread hierher.

Klingende Selbstähnlichkeit - Alberto Posadas: Liturgia fractal

Der Streichquartettzyklus Liturgia fractal bildet den vorläufigen Höhepunkt im Schaffen der 1967 geborenen Spaniers Alberto Posadas. Posadas bezieht sich auf selbstähnliche Strukturen, Fraktale, um die mikroskopische Ebene musikalischer Parameter mit der makroskopischen Ebene des musikalischen Verlaufs und der zeitlichen Organisation zu verbinden. Der Zyklus besteht aus fünf Quartetten, nämlich 1. Ondulado tiempo sonoro..., 2. Modulaciones, 3. Órbitas, 4. Arborescencias und 5. Bifurcaciones. Nur das 4. Quartett, Arborescencias, soll ohne den Kontext der anderen auch allein aufführbar sein.

Den ersten beiden Quartetten, Ondulado tiempo sonoro... und Modulaciones, liegt das Modell der Brownschen Bewegung als Fraktalmodell zu Grunde. Órbitas folgt der berühmten Mandelbrot-Menge. Die Faktur von Arborescencias ist durch das Lindenmayer-System geregelt. Das fünfte und letzte Quartett, Bifurcaciones, enstspringt einer Anwendung eines Blutgefäßsystemsalgorithmus. Die Quartette sind zudem auf unterschiedliche und unterschiedlich enge Weise untereinander kompositorisch und/oder materiell verknüpft. Das Ergebnis ist, wenn man so will, ein Stück "klingende Natur". Musik wird hier zu einem ästhetischen Fenster in einen faszinierenden Teil der Welt, nämlich in den Teil der Selbstähnlichkeit. Ein Brückenschlag zwischen Kunst und wissenschaftlicher Modellbildung der Wirklichkeit wird versucht. In diese Richtung weist auch der Titel, der mit dem Wort "Liturgie" die Fraktalquartette auf in die Tradition der Verehrung der Schöpfung (Gottes) stellt. Seinem Ansatz nach ist Posadas damit -- so weit ich weiß und das nachvollziehen kann -- in der guten Gesellschaft antiker Sphärenharmoniker und den "musikalischen Mathematikern" der Renaissance. Auch der berühmte Ausspruch Gutav Mahlers "eine Welt zu erschaffen" kommt einem in den Sinn, wenn die Welt die Welt der Blumenkohle, Schneeflocken und dynamischen Systeme ist.

Viele Grüße,
Mellus
op111
Moderator
#148 erstellt: 02. Dez 2009, 23:04
Hallo Mellus,

ich gestehe, ich habe noch nie von Alberto Posadas gehört und den Ursprungsartikel schlicht nicht wahrgenommen.
Beim "Überfliegen" deines Beitrags (sorry) stieß ich auf einige "Reizwörter" aus der Mathematik, die mein Interesse geweckt haben.
Kommt auf meine "muß ich unbedingt hören" Liste.
Mellus
Stammgast
#149 erstellt: 03. Dez 2009, 11:24
Hallo Franz,

als ich gestern das Booklet der CD nicht zur Hand hatte und wissen wollte, welches Modell hinter welchem Quartett steht, habe ich mich an den Beitrag erinnert. Allerdings konnte ich ihn über die Suchfunktion ("Posadas", "Fractal") nicht finden. Kann das daran liegen, dass Text zwischen Tags ignoriert wird? Hier finde ich den Beitrag jedenfalls auch so, falls ich ihn mal wieder suchen sollte.

Viele Grüße,
Mellus
op111
Moderator
#150 erstellt: 03. Dez 2009, 11:35
Muss ich gleich mal testen!
op111
Moderator
#151 erstellt: 03. Dez 2009, 11:43
Fraktale aus dem URL-Tag zur Wikipedia wird via
"HIFI-FORUM durchsuchen" 1-mal gefunden.

Die Site-suche auf google mit
"fraktale site:http://www.hifi-forum.de/" im Eingabefeld
liefert gleich 86 Funde aus allen Kategorien, auch car-HiFi.


[Beitrag von op111 am 03. Dez 2009, 11:44 bearbeitet]
Suche:
Gehe zu Seite: |vorherige| Erste 2 3 Letzte |nächste|
Das könnte Dich auch interessieren:
* Alte Musik - Komponisten und Werke
JohnD am 22.08.2006  –  Letzte Antwort am 04.10.2013  –  32 Beiträge
Nordische Komponisten.
lapje am 21.08.2011  –  Letzte Antwort am 17.12.2011  –  14 Beiträge
Langweilige Komponisten?
Sir_Vival am 27.03.2006  –  Letzte Antwort am 29.03.2006  –  4 Beiträge
Huber, Hans: Werke des Schweizer Tonsetzers Hans Huber
Kratopluk am 02.10.2004  –  Letzte Antwort am 02.10.2004  –  3 Beiträge
Bach: Werke gesucht
fast-eddie am 27.11.2007  –  Letzte Antwort am 04.12.2007  –  4 Beiträge
Unterbewertete oder zu unrecht unbekannte Komponisten klassischer Musik
bluerockerflam am 14.10.2011  –  Letzte Antwort am 21.01.2012  –  10 Beiträge
* Komponisten im Schatten der Wiener Klassik
Martin2 am 09.08.2014  –  Letzte Antwort am 26.08.2014  –  40 Beiträge
Bedeutende deutsche Zeitgenossen von J.S. Bach und ihre Werke.
Alfred_Schmidt am 14.04.2004  –  Letzte Antwort am 15.04.2004  –  17 Beiträge
Nielsen, Carl (1865-1931): Werke von Carl Nielsen
FreakOfNature am 15.09.2004  –  Letzte Antwort am 08.11.2022  –  105 Beiträge
Südamerikanische Komponisten - außer Villa Lobos
Martin2 am 12.11.2009  –  Letzte Antwort am 24.11.2009  –  10 Beiträge

Anzeige

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.682 ( Heute: 1 )
  • Neuestes MitgliedPodcast_
  • Gesamtzahl an Themen1.550.901
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.533.506