Mahler: War er ein Plagiator?

+A -A
Autor
Beitrag
SirVival
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 07. Apr 2006, 10:39
Eine Frage, die mich schon seit längerem beschäftigt, nachdem ich die Sinfonie in E-Dur von Hans Rott gehört habe. Hans Rott war wie Mahler Schüler von Anton Bruckner, starb aber schon in jungen Jahren in geistiger Umnachtung. Seine Sinfonie entstand rund 10 Jahre von Mahlers 1. Sinfonie und beim Hören wird man den Eindruck nicht los, dass sich Mahler nicht nur der Themen der Sinfonie von Rott bedient hat, sondern auch den Stil Rotts für sich adaptierte. Besonders deutlich erscheint diese Adaption in Mahlers 1. und 2. Sinfonie, ist aber noch in den späteren Werken durchaus nachweisbar. Dass Mahler die Sinfonie von Rott, die erst in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts uraufgeführt wurde, gekannt hat, geht aus seinen eigenen Äusserungen hervor. Er hielt ihn für den Begründer der neuen Symphonie "so wie ich sie verstehe". Mich würde mal eure Meinung dazu interessieren.
Nachtrag: Die Sinfonie gibt es auf CD von Hyperion mit dem Uraufführungsorchester. Cincinatti PO unter Samuel. Keins der grossen Orchester, aber die Interpretation ist die beste von allen bereits existierenden Aufnahmen. Die Sinfonie kann man nur als Geniestreich des damals 20jährigen Rott bezeichnen. Ich kann sie euch nur wärmstens ans Herz legen. Nebenbei: Mein Avatar zeigt Hans Rott.

Gruß


[Beitrag von SirVival am 07. Apr 2006, 10:55 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#2 erstellt: 07. Apr 2006, 10:57

SirVival schrieb:
Eine Frage, die mich schon seit längerem beschäftigt, nachdem ich die Sinfonie in E-Dur von Hans Rott gehört habe. Hans Rott war wie Mahler Schüler von Anton Bruckner, starb aber schon in jungen Jahren in geistiger Umnachtung. Seine Sinfonie entstand rund 10 Jahre von Mahlers 1. Sinfonie und beim Hören wird man den Eindruck nicht los, dass sich Mahler nicht nur der Themen der Sinfonie von Rott bedient hat, sondern auch den Stil Rotts für sich adaptierte. Besonders deutlich erscheint diese Adaption in Mahlers 1. und 2. Sinfonie, ist aber noch in den späteren Werken durchaus nachweisbar. Dass Mahler die Sinfonie von Rott, die erst in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts uraufgeführt wurde, gekannt hat, geht aus seinen eigenen Äusserungen hervor. Er hielt ihn für den Begründer der neuen Symphonie "so wie ich sie verstehe". Mich würde mal eure Meinung dazu interessieren.
Nachtrag: Die Sinfonie gibt es auf CD von Hyperion mit dem Uraufführungsorchester. Cincinatti PO unter Samuel. Keins der grossen Orchester, aber die Interpretation ist die beste von allen bereits existierenden Aufnahmen. Die Sinfonie kann man nur als Geniestreich des damals 20jährigen Rott bezeichnen. Ich kann sie euch nur wärmstens ans Herz legen.


Die Rott-Sinfonie ist sehr interessant und jedenfalls hörenswert!
Aber Mahler hat sie erst in den 90er Jahren zu Gesicht bekommen, da schrieb er bereits an seiner 3. Sinfonie. Ich habe den Rott jetzt nicht mehr so genau im Ohr, aber so deutlich fand ich die Gemeinsamkeitne nun auch wieder nicht. Sie haben beide den Hintergrund Brahms, Bruckner, Wagner, Mahler hat AFAIK auch kurzzeitig bei Bruckner studiert.

Mahler schuf mit Anfang 20 ein hochoriginelles, genialisches und ziemlich "Mahlerisches" Stück: Das Klagende Lied
Der brauchte keinen Rott zum Abkupfern.

viele Grüße

JK jr.
SirVival
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 07. Apr 2006, 11:04
Hallo Kreisler_jun,

nein, das stimmt nicht, dass Mahler die Sinfonie erst in den 90er Jahren zu Gesicht bekommen hat. Aus den Tagebuchaufzeichnungen von Rott und von Rotts engstem Freund geht ganz klar hervor, dass Rott diese Musik auf dem Klavier seinen Freunden und Kommilitonen, zu denen auch Mahler gehörte, bereits kurz nach Vollendung der Komposition vorgespielt hat. Nebenbei, Mahlers Mutter hielt Rott für den besseren Komponisten, aber was wissen schon Mütter? ;).
Ich habe im übrigen nicht gesagt, dass ich Mahler für einen schlechten Komponisten halte, das Klagende Lied spricht klar dagegen und natürlich sein Gesamtwerk. Aber warum soll man das Rad in Bezug auf den sinfonischen Stil zweimal erfinden, wenn es bereits ein Vorbild gibt?
Beispiele: Scherzo aus Rotts Sinfonie, 2. Satz aus Mahlers 1.; Einleitung zum letzten Satz aus Rotts Sinfonie, Einleitung zum letzten Satz aus Mahlers 2. Es gibt noch mehr Beispiele, die ich jetzt aber nicht im Gedächtnis habe.


[Beitrag von SirVival am 07. Apr 2006, 11:15 bearbeitet]
embe
Stammgast
#4 erstellt: 07. Apr 2006, 11:40
Hallo,
ähm...hatten wir hier nicht schon mal so nen Thread
Sicher ist, dass Mahler die Themen aus Rotts Sym kannte.
Von Rott existieren ja auch noch andere Orchesterwerke
die schon auf einen Neuerer hindeuten.
Mahler hat nach dem Tod Rotts in seinem Sinne das Beste
kondensiert
Aaaaber auch weitergeführt...Seelenverwandschaft vielleicht...
Damals schrieb ich glaub ich: Es steckt viel Rott in Mahler oder so ähnlich....
Gruß
embe
SirVival
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 07. Apr 2006, 11:46
Nun embe,

öhhm, räusper, dann hätte ich vorher die Suchfunktion bemühen sollen. Na ja, sei's drum.
JohnD
Stammgast
#6 erstellt: 08. Apr 2006, 12:05

SirVival schrieb:
Cincinatti PO unter Samuel. Keins der grossen Orchester, aber die Interpretation ist die beste von allen bereits existierenden Aufnahmen.


Nett ist die schon, aber die Fassung ist bearbeitet worden und das Orchester leider auch hörbar keins der großen. Engagiert ist die Aufnahme auf jeden Fall, daher sympathisch.
Am besten ist aber (leider) immer noch Davies. Segerstam ist viel zu grell und poliert, bei Weigle hört man die Pauken fast nicht (ist wohl aufnahmetechnisch bedingt - wahrscheinlich wollte man das Triangel nicht so laut einfangen. Naja. Man kann es doch auch leiser schlagen).


Aber zur Musik: klar. War mir auch aufgefallen. Was Rott aber unterscheidet: er versucht eine Synthese aller Stile von Bach bis Wagner. Der entstehende Bruch ist zwingend, vielleicht aber nicht beabsichtigt. Bei Mahler dagegen ist der Bruch gewollt.
Meine Theorie, die auch geteilt wird: Die beiden ersten Mahlersinfonien zitieren als Hommage. "(Rott),Du wirst auferstehen!"

Ganz deutliche Anspielungen sind dann noch in der 5. und 7.
Hüb'
Moderator
#7 erstellt: 08. Apr 2006, 12:20
Hi!

Bitte bemüht auch mal die Suchfunktion:

http://www.hifi-foru...hread=326&postID=0#0
http://www.hifi-foru...hread=628&postID=0#0

Bitte macht dort weiter.

Lieben Gruß

Frank
Suche:
Das könnte Dich auch interessieren:
Rott, Hans: Der Begründer der neuen Sinfonie
Alfred_Schmidt am 19.04.2004  –  Letzte Antwort am 09.04.2006  –  19 Beiträge
Sibelius: Einer der schlechtesten Komponisten der Welt (Leibowitz)??
Gantz_Graf am 28.01.2008  –  Letzte Antwort am 18.11.2015  –  155 Beiträge
Respighi: Ein großer Italiener
teleton am 15.12.2004  –  Letzte Antwort am 14.06.2017  –  19 Beiträge
* Komponierender Dirigent oder dirigierender Komponist?
Hüb' am 29.07.2014  –  Letzte Antwort am 01.12.2018  –  26 Beiträge
Reznicek, Emil Nikolaus von
RealHendrik am 07.06.2004  –  Letzte Antwort am 07.06.2004  –  7 Beiträge
Welche Komponisten soll ich mir noch anhören?
stadtbusjack am 21.09.2004  –  Letzte Antwort am 07.06.2006  –  25 Beiträge
Glazunov, Alexander
Martin2 am 30.10.2007  –  Letzte Antwort am 01.11.2007  –  6 Beiträge
Valentin Silvestrov - 75. Geburtstag
composer888 am 21.01.2012  –  Letzte Antwort am 26.01.2012  –  3 Beiträge
Bach, C.P.E.
Martin2 am 14.03.2007  –  Letzte Antwort am 10.11.2010  –  40 Beiträge
Messiaen: ein Bericht und eine Frage
Maastricht am 25.03.2007  –  Letzte Antwort am 08.11.2010  –  16 Beiträge
Foren Archiv
2006

Anzeige

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.731 ( Heute: 7 )
  • Neuestes Mitglied-MoritzL-
  • Gesamtzahl an Themen1.551.089
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.537.924