Schallplatten digitalisieren – der ultimative fünf Jahres Bericht (für Einsteiger und Fortgeschritt

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Mimi
Schaut ab und zu mal vorbei
#1 erstellt: 17. Aug 2010, 20:51
Es wurde schon viel geschrieben und diskutiert über den Vergleich CD und LP, z.B. hier:
Qualität von Schallplatten
Man kann die Hauptargumente vielleicht so zusammenfassen, dass die CD
die bessere Dynamik besitzt und durch die kontaktlose und verlustfreie Wiedergabe zu
bevorzugen ist, während die Schallplatte durch die sehr problematische
elektro-mechanische Wiedergabe im Nachteil ist und als veraltet gilt.



Trotzdem gibt es einige wenige Leute, die aktuell zur analogen Wiedergabe zurückkehren
und die Klangeigenschaften bewundern, dafür jedoch die digitale Musik als künstlich und
anstrengend empfinden, besonders komprimierten Formate.



Ich behaupte nun nach fünfjähriger Arbeit mit Schallplatten, dass die Musik auf einer LP besser klingt,
als das CD-Format.
Bei Interesse, bitte per pm melden !



Außerdem beschreibe ich die zahlreichen Verbesserungen am Plattenspieler-Setup
in einem eigenen Thread, den ich hoffentlich demnächst einstellen kann.



Bei diesem Thread hier möchte ich einige Vorschläge zu dem Thema „Qualität der Musikwiedergabe“ machen.

Um die beiden (CD und LP) zu vergleichen, kann man natürlich bei jemandem zu Hause unter
denselben Bedingungen beides hören und seine Eindrücke sammeln. Das macht zwar Spaß,
es können aber nur ein paar Leute daran teilnehmen. Heute bietet natürlich das Internet einen
einfacheren Zugang für eine viel größere Gruppe.
Allerdings muss man die LP’s dazu digitalisieren. Das bringt den Nachteil, dass man das
Medium Schallplatte nur indirekt in den Vergleich mit einbezieht und eigentlich nur noch
digitale Musik bewertet.

Die Frage, ob jemand lieber analog oder digital Musik hören möchte, muss ohnehin jeder für
sich selbst beantworten. Da spielen so viele Faktoren eine Rolle, dass die Frage des
Musikmediums fast schon in den Hintergrund gedrängt wird.



Also konzentriere ich mich hier nicht auf die Frage: „Höre ich lieber Schallplatte oder CD ?“,
sondern auf die Frage nach der „Qualität der Musik“.

Die Frage nach der Qualität von Musik ist allerdings objektiv oder wissenschaftlich nicht zu
beantworten, denn Musik soll gefallen und uns subjektiv gefühlsmäßig ansprechen.



Und da helfen uns Zahlen und Messwerte nicht weiter !!!


Aus der Biologie müssen wir erkennen, dass unser Gehör ein selektives Sinnesorgan darstellt,
das Geräusche oder Töne nicht neutral wahrnimmt. Dazu kommt, dass alle Sinneseindrücke
direkt neuronal verarbeitet werden und subjektiv, vor allem auch emotional bewertet werden.
Hinzu kommt, dass offenbar nicht nur das Innenohr für die Schallwahrnehmung verantwortlich
ist, sondern Infra- oder Ultraschall bei manchen Leuten auch anders im Körper registriert
werden kann.

Das niederschmetternde Ergebnis aus biologischer Sicht ist, dass jeder Musik offenbar anders
wahrnimmt und erlebt !

Können wir dann überhaupt unsere Musikerlebnisse vergleichen und uns über Qualität von
Musik oder Musikaufnahmen austauschen ?

Ich meine ja, wenn man der Musik und besonders der Musikwiedergabe 4 bestimmte Merkmale
zuordnet, die unser Gehör prinzipiell analysieren kann. Diese vier Merkmale sind:

1.(räumliche) Auflösung:

wir können Schallquellen um uns herum dreidimensional orten und können dadurch eine
Stereoaufnahme räumlich auflösen. Die räumliche Auflösung muss allerdings zunächst im
Aufnahmestudio eingefangen werden und – das ist der schwierigere Teil – bei der
Wiedergabe durch eine gute Raumakustik wiederhergestellt werden. Übrigens ist die
räumliche Auflösung ohne Stereo-Raumakustik, wie sie bei Kopfhörerbenutzung vorliegt
(Doppelmono), deutlich schwieriger zu analysieren. Deshalb benutze ich meinen guten
analytischen Kopfhörer Beyerdynamic DT-931 nicht für diesen Aspekt, sondern vor allem
für den 3. Aspekt (s.u.) und empfehle dringend die räumliche Auflösung im Hörraum zu
beurteilen !

2.(instrumentale) Homogenität:

kann man alle Musikanteile (z.B. auch Hall) oder Musikinstrumente gut wahrnehmen oder
sind einzelne zu laut oder zu leise oder schlecht platziert ?

3.(frequenzabhängiges) Intensitätsspektrum:

durch Reflektionen und stehende Wellen verändert sich das Intensitätsspektrum einer
Schallquelle. Deshalb klingt z.B. im Nachbarraum ein Lautsprecher oder die Musik anders
im Hörraum. Unser Gehör analysiert offenbar das Frequenzspektrum auf diese
Intensitätsunterschiede. Wenn ein glattes Intensitätsspektrum vorliegt, wird die Musik als
direkter wahrgenommen.

4.(emotionale) Wirkung beim Hörer:
dieser Punkt ist für elektronische Musikwiedergabe sehr wichtig, da Verfälschungen
jeglicher Art zu einer verringerten Lebendigkeit und zum Verlust des „Live-Effekts“ im
Wohnzimmer führen. Die störenden Anteile in der Musik verringern die Authentizität und
verringern so die emotionale Wirkung. Jeder wird natürlich eine eigene Empfindung bei
einer bestimmten Aufnahme haben, aber es zeigt sich, dass gut gelungene Aufnahmen bei
den meisten Leuten „gut ankommen“.

Bei meinem Gehör klappt diese Analyse ausgezeichnet und ich denke, dass viele diese
Eigenschaften besitzen und anwenden (können).

Mit diesen vier Merkmalen (räumliche Auflösung, Homogenität, Intensitätsspektrum und
emotionale Wirkung) bewerte ich die „Musikqualität“ eines Albums, wobei man durchaus
eine Skala von 1-10 für jedes Merkmal einführen kann, wenn man eine Einstufung
vornehmen möchte.

Lange Rede kurzer Sinn – diese Einordnung der „Musikqualität“ lässt sich sehr gut
auf den Vergleich CD – LP anwenden.
Obwohl der Frequenzgang bei meinen Vergleichsaufnahmen nahezu gleich ist, zeigen sich
kleinere und auch größere Unterschiede in der „Qualität“:

Die räumliche Auflösung ist bei den LP-Aufnahmen besser. Je besser die Räumlichkeit bei
der Aufnahme „eingearbeitet“ wurde, desto größer ist der Unterschied bei der
Wiedergabe zwischen CD und LP. Offenbar werden bei der Schallplattenwiedergabe mehr
Details wiedergegeben, die beim CD-Format fehlen.

Wie kann das sein ?
Das CD-Format ist auf 44,1kHz und 16 bit festgelegt, während ich die LPs mit 96kHz und
16bit aufnehme. Allerdings klingen LP-Aufnahmen auch nach downsampling auf 44.1kHz
auch noch besser als das CD-Format. Deshalb ist offenbar die analoge Abtastung für die
höhere Detailfülle verantwortlich.
Dies habe einige in anderen Threads ebenfalls berichtet.
Bei der Beschränkung der CD auf 44.1kHz gehen
offenbar Details verloren.

Die instrumentale Homogenität ist bei der CD leicht besser, da die bessere Dynamik die
verschiedenen Musikanteile deutlicher hörbar macht. Außerdem ist die ungleichmäßige
Abtastung bei der LP von außen nach innen ein kleiner Nachteil für die LP. Vor allem aber
sind die Musiker bzw. Hersteller für diesen Qualitätsaspekt verantwortlich.

Das Intensitätsspektrum ist bei guten CD Produktionen klar besser als bei LPs, da kaum
ein Tonabnehmer ein lineares Spektrum abliefert, Man muss schon mehr als 1000 Euro für
einen Tonabnehmer ansetzen, um einem Tonstudio in diesem Aspekt das Wasser reichen zu
können ! (falls der Betrag nicht noch zu niedrig angesetzt ist)

Der Tonabnehmer mit der Nadel ist zudem sehr störanfällig, hat eine hohe Abnutzungsrate
und muss genauestens justiert werden. Jeder der Schallplatten hört und sich damit befasst
hat, wird mir da hoffentlich zustimmen können.
Da ich einen relativ einfachen und kostengünstigen Tonabnehmer verwende
(Piezo YM-320, original Verkaufspreis unbekannt), muss ich durch einen Abgleich
mit CD-Aufnahmen den Frequenzgang meiner LP-Aufnahmen ausgleichen.
Das ist relativ mühsam, funktioniert aber sehr gut, so dass ich am Kopfhörer keinen
Unterschied mehr feststellen kann.

Das kann ja jeder an den Beispielen nachprüfen und für sich selbst beurteilen.
Gleichzeitig kann ich diese Methode auch allen empfehlen, die ähnliches mit ihren LPs
vorhaben. Allerdings muss man passende CD/LP Kombinationen finden, die dasselbe
Musikmaterial enthalten. Das ist nur bei Produktionen aus der Anfangszeit
der CD (ab 1983) möglich.

Nun kommen wir zum letzten und wichtigsten Qualitätsaspekt, der emotionalen Wirkung.
Das soll jeder natürlich selbst ausprobieren.
Für mich kann ich jedenfalls sagen, dass die Wirkung, die die digitalisierten LP-Aufnahmen
haben um vieles besser ist als die vergleichbaren CDs !!!
Vor allem bei guten Live Aufnahmen wie z.B. „Friday night in San Francisco“ von
John McLaughlin/Al di Meola/Paco di Lucia ist das “Live-Feeling” im heimischen
Wohnzimmer viel stärker.

Zusammenfassend kann man also festhalten:

Ich habe versucht die „Musikqualität“ von CDs und LPs nicht auf technischer Ebene zu
beleuchten (das wurde hier im Forum häufiger schon berichtet), sondern es soll ein Versuch
der vergleichbaren subjektiven Einschätzung andhander der
oben genannten 4 Merkmale unternommen werden, nachdem die
LPs digitalisiert vorliegen und somit objektiv für jeden in
der gleichen Form vorliegen. Jeder
kann somit das Material für sich in seiner gewohnten musikalischen Umgebung vergleichen
und beurteilen.



[Beitrag von Mimi am 17. Aug 2010, 20:53 bearbeitet]
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