Audio Technica AT132EP möchte mittanzen

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Vinyloholic
Neuling
#1 erstellt: 12. Aug 2017, 13:37
Guten Tag zusammen,
nach längerem Einlesen über die ganze T4P-Problematik hier im Forum habe ich mich auch registriert, um von den Erfahrungen der hier anwesenden Spezialisten zu profitieren.
Mir ist ein Technics QX300 mit Audio Technica AT132EP in die Hände gefallen, der meinen SL-BD3 mit P30 qualitativ ersetzen soll. Die Klangqualität hat einen gewaltigen Schub durch den Wechsel erhalten; ich schiebe dies auf die AT-Originalnadel, die wohl einen nackten Diamant mit 0.3x0.7mil hat.

Nun fiel mir bei einigen Platten auf, daß der Abnehmer deutlich sichtbare, seitliche Pendelbewegungen beim Abspielen erzeugt. Selten hat dies hörbare Auswirkungen; aber der Cantilever bewegt sich teils im Millimeterbereich relativ zum Tonabnehmer. Genauere Betrachtung der Nadel hat ergeben, daß diese leicht seitlich Richtung Plattenmitte verbogen war (~1mm). Dies habe ich vorsichtig korrigiert. Unterschiede im Klang oder im "mittanzen" der Nadel konnte ich danach aber nicht beobachten; es tritt halt sporadisch auf. Manche unsauber gepresste Platten, teils mit Höhen- und Seitenschlag gleichzeitig, laufen einwandfrei, wobei der Tonarm dann zu erwartende Ausgleichsbewegungen vollführt. Bei manchen präzise gefertigten Platten fängt die Nadel aber an, das Tanzbein zu schwingen.

Auflagegewicht wurde mit Digitalwaage auf 1,2g eingestellt (Soll 0,8-1,6g). Antiskating habe ich zumindest mit positiven Ergebnis getestet; muß aber recht hohe Werte einstellen (~1,6 bis 1,8); ansonsten treten bei manchen Platten Verzerrungen in einem Kanal auf. Plattenspieler steht auf 0,3° gerade. Tonarmlager sind dem Anschein nach leichtgängig und spielfrei.

Nach der Vorgeschichte nun die Fragen an die Experten:
- Sind jemanden mit diesem (oder einem anderen) System ähnliche Beobachtungen aufgefallen?
- Ist zu vermuten, daß dieses Verhalten durch die ev. nicht völlig präzise gerichtete Nadel verursacht wird?
- Kann ein durch Überalterung verhärtetes Nadelgummilager die Ursache sein?
- Ist von einem erhöhten Beschädigungsrisiko für Nadel und Platten auszugehen?
- Sind beim QX300 Probleme mit dem Antiskating bekannt?

Ich bin für alle Tips und Hinweise dankbar. Da der Klang sonst sehr gut ist, möchte ich erst alle Fehlerursachen überprüfen, bevor ich dem Willi 144,50 Takken für eine neue Originalnadel hinlege und keine Verbesserung feststelle.

Danke und schönen Tag noch,
Wolfgang
lini
Inventar
#2 erstellt: 12. Aug 2017, 17:15
Wolfgang: Die ATN132EP sollte eigentlich scharf sein - minor radius also nicht 0,3, sondern 0,2 mil (ca. 5 µm).

Und wenn die Nadel derart "tanzt", könnte womöglich der Dämfungsgummiring geschrumpft sein. Allerdings wär dann im Grunde auch zu erwarten, dass die Nadel schon bei statischer Belastung mit der T4P-Standardauflagekraft von 1,25 g weiter als üblich einsackt. Fraglich wär also, ob das Ding besonders tief fliegt - wozu ein Bild direkt von der Seite hilfreich wär...

In dem Fall könntest Du versuchen, ob sich die Nadelträgereinheit nach lösen der Schraube, die den hinteren Teil der Nadelträgereinheit im Plastikhalter fixiert, noch etwas weiter in der Plastikhalter drücken lässt, bevor Du das Hinterteil wieder fixierst.

Knapp 145 Euro fänd ich übrigens schon reichlich üppig für 'ne ATN132EP. Stereoneedles könnte indes noch welche für knapp 70 US-Dollar haben. Ansonsten würd ich an Deiner Stelle erwägen, den AT132EP-Body mit 'ner ATN440MLb zu betreiben. So oder so solltest Du dann aber eher bald zuschlagen, solange die Nadeln noch lieferbar sind. Zumal AT die bisherige Mittelklasse-MM-Linie ja kürzlich durch die neuen VM5x0(/6x0)/7x0-Familie ersetzt hat, deren Nadeln zwar auch noch an den 132er-Body passen sollten, aber allesamt für Auflagekräfte um 2 g gedacht sind - und ich denke nicht, dass die etwas dickeren und mit Schutzvisier ausgestatteten Halbzoll-Nadeln hinreichend schwerer sind als die T4P-Nadeln, um das auszugleichen, selbst wenn man mit der AK-Feineinstellung noch auf 1,5 g raufgeht...

Grüße aus München!

Manfred / lini
Vinyloholic
Neuling
#3 erstellt: 12. Aug 2017, 23:36
Hallo Manfred,
da habe ich ja direkt mit einem der Spezialisten die Freude.

Hier die Bilder; ich hoffe die werden ausreichend groß gezeigt. Schicke das erste Mal Bilder ins Forum.

Pickup-Seitenansicht

Pickup-Vorderansicht

Nadelträger

Die Vorderansicht war eigentlich eine Fehlaufnahme; aber bei der Durchsicht fiel mir auf, daß es so aussieht, als würde der gesamte Abnehmer einen Winkel zur Platte haben. Klingt unlogisch, da am T4P hier nichts einzustellen ist. Live mit bloßem Auge fällt da auch nichts auf. Darauf hin habe ich ein separates Bild vom Nadelträger gemacht um zu prüfen, ob noch eine Fehlstellung zu erkennen ist. Scheinbar o.k.; aber ev. fehlt mir die Erfahrung.

Die Schraube im Nadelträger ist vergossen; da gehe ich erst ran, wenn wirklich nötig.

Daß ich Nadeln bunkern muß, ist mir als T4P-Fan bekannt. Da der QX300 sich durchaus vom Auflagegewicht etwas jenseits der 2g einstellen lässt, würden auch die VM-Nadeln einen Versuch wert sein. Der Tip mit ATN440MLb ist willkommen; wieder ein Kandidat mehr. Die 145€ finde ich auch stramm; aber falls ich hier in Deutschland bis 100€ eine Originale ATN132EP auftreiben kann, lohnt wohl der USA+Zoll+Mwst-Aufwand kaum. Für meinen alten P30 gibt's ja hier auch nur Sekt (SAS für 250€) oder Selters (Jico EPS33ES für ~30€).

Bei AK > 2g würde es wohl Probleme mit dem Antiskating geben; daß geht von 0 bis 2. Gibt es eigentlich eine Prüfvorschrift, wie die Kraft gemessen wird? Ich habe so meine Zweifel, daß hier alles richtig funktioniert wg. dem teils notwendigen Einstellen auf höhere Werte als der AK. Bei gleichem Wert habe ich schon mal einen Sprung vorwärts gehabt; teils vernimmt man leichte Verzerrungen. Mein BD3 / P30 war da völlig problemlos.

Danke für die Antwort und schönen Abend noch!

Wolfgang
höanix
Inventar
#4 erstellt: 13. Aug 2017, 00:50
Moin

Ob der Winkel stimmt ist anhand von Fotos schwer zu entscheiden.
Die Nadel auf einen Spiegel absenken und kontrollieren ob die Nadel senkrecht in die Rille eintaucht.
Strom dabei natürlich aus, sonst bleibt der Spiegel nicht unter der Nadel liegen.

Gruß Jörg
lini
Inventar
#5 erstellt: 13. Aug 2017, 05:01
Wolfgang: Ich würd erstmal die Auflagekraft auf 1,3 bis 1,4 g erhöhen, denn es sieht mir danach aus, als könne die Nadel das noch gut vertragen. Was mich aber an dieser Nadel ohnehin beunruhigt: Die beiden Magnete stehen nicht (mehr) schön spiegelsymmetrisch zueinander. Falls das schon vor Deiner Nadelträgerreparatur so war, konnte das Tänzeln eventuell dadurch ausgelöst werden, dass durch die Magnet-Fehlstellung nicht mehr genügend Bewegungsspielraum vorhanden ist.

Ich würd mir übrigens auch bei 100 Euro gut überlegen, ob's wirklich eine ATN132EP sein soll, denn ich mag diese Nadel zwar sehr, aber sie hat halt lange Zeit auch nur so um die 60 bis 70 Euro gekostet. Bei 100 Euro schiene mir die Ersparnis gegenüber einer ATN440MLb hingegen schon fast zu gering...

Grüße aus München!

Manfred / lini
Vinyloholic
Neuling
#6 erstellt: 13. Aug 2017, 16:08
Jörg:
Sehr guter Trick mit dem Spiegel. Hat einige Zeit gekostet mit Spiegel auftreiben, Kamera mit Makrolinse, Stativ, Fernauslöser, Bildbearbeitung. Aber dadurch scheint klar zu werden, daß hier mehrere Fehler am Werk sind.

P30 mit Jico EPS33ES am QX300 auf Spiegel:
P30 an QX300 auf Spiegel

Macht meines Erachtens einen guten Eindruck; aber ich scheine ja kein Auge für Details zu haben wie ihr.

Jetzt AT132EP ohne Nadel auf Spiegel:
AT132EP ohne Nadel auf Spiegel

Da zeigt sich doch recht deutlich ein Winkelfehler. Im Bild rechts liegt der Aufnehmer auf, links ist ein Spalt.

Nadel drauf, nächstes Bild:
AT132EP mit Nadel auf Spiegel

Das sieht für mich so aus, als würde eine schiefe Nadel in einem schiefen Tonabnehmer sitzen; der Nadelwinkel ist durch den gegensinnigen Fehlwinkel aber weitgehend senkrecht.

Manfred:
Hut ab, morgens um fünf diese Beobachtung machen können, übersteigt meine Fähigkeiten. Ich habe es für einen Lichtfehler gehalten. Aber es hängt tatsächlich davon ab, aus welchem Blickwinkel man betrachtet.

Nadeleinschub von vorne, so wie ich ihn betrachtet habe:
Nadeleinschub von vorne

Eigentlich unverdächtig. Nun den Nadelträger von der Rückseite:
Nadellager Innenseite

Der im Bild untere Magnet weist geringfügig nach hinten. Noch ein Bild möglichst entlang der Cantileverachse:
Bild entlang Cantilever

Der Träger scheint im Uhrzeigersinn verdreht.

Höherer AK 1,4g habe ich ausprobiert. Antiskating muß dann voll aufgedreht werden (2); und selbst dann bekomme ich außen beim ersten Lied gewaltige Lautstärkeschwankungen. Die Platte scheint auch sehr empfindlich zu sein; eben hatte ich wieder einen Vorwärtssprung.

O.K., Bestandsaufnahme: Der P30 aus meinem SL-BD3 scheint am QX300-Arm gerade geführt zu werden. Beim AT132EP zeigt sich ein Winkelfehler. Dies würde bedeuten, daß hier ein Fehler am Aufnehmer besteht. Korrektur dank T4P nicht vorhanden. Scheinbar hat das der Monteur des Aufnehmers durch Nachrichten der Nadel zu beheben versucht, und entweder hat er oder ich beim korrigieren der Nadel die Magnetaufhängung beschädigt. Die Nadelgeometrie zur Platte stimmt nur noch bei geringem Auflagegewicht; dabei liegt die Nadel nicht unter dem Tonabnehmerschwerpunkt. Das entstehende Drehmoment spannt das Nadellager vor, so das Skating und Antiskating den ganzen Tonarm zum Schaukeln bringen. Den Kraftausdruck spare ich mir als Forumsneuling.

Seht ihr das genauso oder besteht noch Hoffnung, den AT132EP mit einer neuen Nadel konstruktionsgerecht ans Laufen zu bringen? Der Klang ist jetzt gerade mit Normauflagekraft und voll aufgedrehtem Antiskating echt gut, aber das System ist nervös, tanzt und hat auch eine gewisse, wenn auch seltene Sprungneigung. Ich hatte gehofft, hier eine Kombi mit noch erschwinglichem Potential an verfügbaren, guten scharfen Nadeln ergattert zu haben.

Vielleicht sollte ich beim Willi eine billige elliptische Nachbaunadel besorgen und damit mal versuchen, ob ein vernünftiger Betrieb mit schäbigen Sound möglich ist. Dann entscheiden ob eine neue ATN132EP oder ATN440MLb lohnt. Oder sich in einen der gefühlt 10.000 Threads "brauche T4P System" anzustellen. Hat noch einer ein P33 übrig?

Letzter Punkt bezüglich der dubiosen Antiskatingeinstellung: Ich habe die klassische Funktionsprüfung gemacht: Schwebender Arm, Antiskating null, Richtung Plattenmitte drehen bis Gegenkraft sichtbar, Antiskating aufdrehen, Arm dreht zurück. Gibt's da noch eine präzisere Einstellmethode?

Danke den Herren; und bitte schlagt euch wegen meinem blöden Problem nicht wieder die Nacht um die Ohren.

Wolfgang
Vinyloholic
Neuling
#7 erstellt: 14. Aug 2017, 00:35
So, noch ein Statusbericht.

Auf den Magneten saßen irgend welche magnetischen Brösel, das Nadellager machte einen recht flexiblen Eindruck, hat aber wohl im Laufe der Jahrzehnte einiges an Ablagerungen angesammelt. Einige Plastikreste aus der Fertigung wie dünne Fäden hingen auch noch kreuz und quer. Den ganzen Mist sieht man erst unter der Steinlupe.
Da Pille schon "Er ist tot, Jim" gesagt hat, habe ich das Teil brutalst mit Nadelreiniger und Bürste traktiert, auch der Aufnehmer wurde hart gereinigt und ausgeblasen. Dann mit spitzen Pinzetten sowohl Magnete als auch Nadelcantilever nach Augenmaß gerichtet. Überraschend, wie weich das alles gelagert ist. Ich dachte jeden Moment, daß was bricht.

Den Pickup habe ich dann an den Arm gesteckt und einfach mit gesteckter, aber nicht festgezogener Schraube in die passende Richtung gedreht, bis er leicht knackte. Festgezogen und mit Spiegel kontrolliert. Alles senkrecht.

Auflagegewicht auf Mittelwert 1,2g, Antiskating auf 1. Ergebnis: Bis jetzt so sieben Platten abgespielt, ohne Verzerrungen, ohne Tanzen des Aufnehmers. Klang ist Klasse, nur immer noch höhere Neigung zu Sprüngen bei Platten mit hoher Kilometerleistung. Ist das eher typisch für schärfere Nadeln? Der P30 mit Jico EPS33ES frisst die Stellen mit 'nem leichten "Plock".

Scheint jedenfalls so, als hätte der Holzhammer-Defilibrator den Abnehmer zurück in einen arbeitsfähigen Zustand gebracht. Von wegen "feinmechanisches Präzisionsinstrument". Wer zickt, der sieht bei mir ab jetzt Zange und Schrubber.

@Manfred: Passt die ATN440MLb ohne besondere Modifikationen? Nadelschutz abmachen? 154,50€ beim Thakker angemessen, oder gibt's in D spontan preiswertere Lieferanten?

Danke für die Hilfestellung,
Wolfgang
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