Lautsprecher "auf Ohren kalibrieren"

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KwieKatze
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 24. Jun 2018, 12:04
Hallo,

mich interessiert dieser Sachverhalt schon länger und mir ist auf die Schnelle kein besserer Titel eingefallen, deshalb hier einmal genauer erklärt, worum es mir geht: Nehmen wir an, das ein Lautsprecher aus technischer Sicht dann perfekt spielt, wenn der Frequenzgang linear ist und das menschliche Gehör dann perfekt hört, wenn es alle Frequenzen ebenso linear aufnimmt. Mir ist bewusst das letzteres nicht unbedingt der Fall ist, aber nehmen wir das mal so an.

Bei uns Menschen ist es ja so, das wir mit zunehmenden Alter schlechter hören, besonders im Hochtonbereich - Heißt die Empfindlichkeit für die höheren Frequenzen nimmt ab. Wenn ich jetzt einen Hörtest machen würde, von mir aus mit dem zuvor genannten Ergebnis und den Frequenzgang gespiegelt auf die Lautsprecher ausgeben könnte, würde ich dann wieder linear hören?

Als Beispiel: Wenn ich ab 10k Hz bis 20k Hz um 6 db abfallend vermindert hören würde, höre ich dann wieder linear, wenn ich den Grafen des Hörtests gespiegelt, also verstärkt um die gleichen Werte auf die Lautsprecher gebe? Mir ist bewusst das da im Hintergrund noch deutlich mehr hinzu gehört, aber mich interessiert der generelle Grundgedanke hinter dieser Idee.


Viele Grüße,
Carsten
Master_J
Inventar
#2 erstellt: 24. Jun 2018, 14:28
Stell Dir vor, Du stehst im Wald und hast ein perfektes Aufnahmegerät dabei.

Wegen Deinem Alter hörst Du nun alle Vögel um 6 dB leiser "live" zwitschern.
Dein Aufnahmegerät hat dieses Problem nicht.

Ein Lautsprecher hat genau die Aufgabe, diesen Live-Eindruck zu reproduzieren.
Er muss also die Aufnahme 1:1 wiedergeben, damit es "gleich" bei Dir ankommt.

Unabhängig davon ist natürlich die Anpassung auf die Hörkurve ("Loudness") und ggf. eine aktive Entzerrung der Lautsprecher.

Gruss
Jochen
subby123
Stammgast
#3 erstellt: 24. Jun 2018, 15:10
hallo carsten,

vielleicht sind meine erfahrungen für dich hierzu interessant.

ich hab vor ein paar jahren bemerkt, dass ich musik und sprache zunehmend als scharf empfinde, manchmal richtig fies.

bin dann mal zu einem ohrenarzt gegangen und der hat ein altersgemäss nachlassendes gehör diagnostiziert, mir aber auch folgendes erklärt: das ohr lässt zwar im alter nach, sprich es sterben mehr sinneszellen als nachgebaut werden, aber das gehirn (besonders ein "erfahrenes musikgehirn") hat einen reichen erfahrungsschatz und versucht, dieses nachlassen des sinns auszugleichen. und das funktioniert nicht vollständig und nicht gleichmässig über den frequenzbereich, der im ohr "nachlässt".
dadurch kann es sogar dazu kommen, dass bestimmte frequenzbereiche unangenehm werden und überbetont sind. er empfahl daher die frequenzbereiche, bei denen sibilanten betroffen sind eher abzusenken statt anzuheben - sofern möglich.

gesagt, getan schleife ich seither durch mein musiksystem (softwaremässig, spiele ausschliesslich per computer zu) einen de-esser durch (fabfilter). klappt wunderbar (ein weiterer vorteil dieser vorgehensweise ist die individuelle anpassbarkeit, denn ich hab gemerkt, dass das hörempfinden auch einer starken tagesform unterliegt und natürlich auch von der qualität der aufnahme abhängt.

die o.g. äusserungen meines arztes passen auch zu dem, was ich so gehört habe von leuten, die starke probleme mit dem gehör haben. die empfinden ja gerade musik nicht selten nur noch als krach. und kommen da oft nur klar, wenn sie musik ganz leise hören.

---

deine theorie erscheint mir dennoch zwar logisch im mathematischen sinne, würde aber (von oben geschilderten problemen abgesehen) natürlich auch eine riesengefahr von übersteuerungsartefakten aller art mit sich bringen (insbesondere bei modernen aufnahmen, die ja (stichwort loudness war) nicht selten ohnehin auf 0 db getrimmt sind.

-just my 2 cents-

lg
subby


[Beitrag von subby123 am 24. Jun 2018, 15:11 bearbeitet]
Uwe_Mettmann
Inventar
#4 erstellt: 24. Jun 2018, 20:55
Hallo Carsten,

das funktioniert nicht mit Anheben der Höhen, um den Höhenabfall des Gehörs auszugleichen. Der Grund liegt einfach daran, dass sie das Gehör immer an die akustische Umgebung anpasst. Das ist ähnlich wie mit den Augen bei Tageslicht und Glühlampenlicht. Auf Fotos siehst du den farblichen Unterschied sehr deutlich, während du das mit den Augen gar nicht so stark wahrnimmst. Das Auge, oder vielmehr das Gehirn macht einen Weißabgleich. Ähnlich ist es auch mit dem Gehör, es macht einen „akustischen Weißabgleich“ Daher hört sich eine Stimme draußen und in einem Raum die Stimme identisch an.

Wenn du also über die Lautsprecher eine Frequenzanpassung inverse zum Gehör durchführst, werden die Höhen unangenehm überbeton sein, eben weil du ansonsten ohne die Höhenanhebung hörst.

Etwas anderes ist es, wenn du immer Hörgeräte trägst, die ebenso den Höhenabfall deines Gehörs ausgleichen, dann macht das Gehör bezogen auf diese Bedingungen einen „akustischen Weißabgleich“. Wenn du dann ebenso diese Frequenzganganpassung über deine Audioanlage durchführst, dann funktioniert das und du wirst keine überbetonten Höhen hören. Voraussetzung ist natürlich, dass du Musik ohne Hörgeräte hörst.

Ich habe das auch mal im Rahmen eines Aprilscherzes erklärt. Solche Aprilscherze habe ich früher ein paar Mal hier geschrieben und sie basierten häufig auf tatsächliche Gegebenheiten, die ich dann einfach übertrieben weitergesponnen habe.
Klick mich


Gruß

Uwe
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