0dBFS Eine Verständnisfrage

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richi44
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 06. Sep 2006, 09:31
Hallo allerseits,
mit den 0dBFS habe ich noch ein kleines Problem. Dass es möglich ist, mehr als "alle Bit zu verkaufen" wurde hier schon erörtert und es ist soweit auch klar. Und es wurde auch schon auf die daraus resultierende Problematik eingegangen. Aber bei mir (und anderen?) bleibt eine offene Frage: Warum?

Hier mal die Ausgangslage:
Wenn ich ein Tonsignal von 11025Hz digitalisieren will, so kann diese Frequenz in der Phase zur Samplingfrequenz so liegen, dass die Abtastung genau bei Null und im positiven oder negativen Spitzenmoment stattfindet. Dann wäre Peak analog = Peak digital. Es ist aber auch eine Phasenverschiebung möglich, sodass die Abtastung jeweils 3dB unter dem analogen Peak erfolgt. Dann könnte das Analogsignal 3dB grösser sein als die digitale "Abbildung" und es könnte bei der Rekonstruktion zur Übersteuerung kommen.

Jetzt meine Fragen:
Wird eine Limitierung des analogen Signals auf die 0dBFS pro Sample bezogen? Dann wäre dieser Fall möglich. Oder wird die Limitierung etwas längerfristig vorgenommen (längere Release)? Dann sollte eine Übersteuerung eigentlich nicht möglich sein.
Dazu die Praxis: Wir können von den Fakten der 11,025kHz ausgehen. Nur ist das nicht Musik, sondern ein Messsignal. Bei Musik ist es schon sehr unwahrscheinlich, dass wir über längere Zeit genau diese Frequenz hätten. Das bedeutet aber, dass wir als Versuch auch eine Frequenz von genau11kHz verwenden könnten.
Dies hätte zur Folge, dass 25 mal in der Sekunde die Phase beim Messen auf den Peak analog passt und sich verschiebt und weiter 25 mal in der Sekundebei -3dB analog zu liegen kommt.
Bei der Rekonstruktion hätten wir bei Phase 0 ein Maximum, ein Null, ein neg. Max und wieder 0 oder bei 45 Grad -3dB (+), -3dB (+), -3dB (-) und -3dB (-).
Aus diesen Datenreihen lässt sich klar der Sinus rekonstruieren. Voraussetzung ist, dass ich einma 0dBFS und dann Pegel Null angeboten bekomme (0 Grad) und einmal die -3dBFS.
Wenn jetzt aber der Limiter anders reagiert und die -3dB auf 0dBFS anhebt und ich habe den kleinen Frequenzversatz, so wird doch das Ausgangssignal im Verlauf von 25Hz um 3dB verändert, ich bekomme (neben dem Klirr) ein Tremolo von 25Hz.

Und wenn ich mir reintheoretisch eine Frequenz von 22050Hz vorstelle (die ich ja nicht mehr zuverlässig darstellen kann), müsste ja je nach Phasenlage lauter Spitzenwerte oder lauter Nullen resultieren. Je nach Phase wäre also diese Frequenz 3dB zu laut oder gar nicht vorhanden.

Also:Wie sieht es mit der Limitierung aus? Wird diese zwar mit kurzer Ansprechzeit durchgeführt, damit ein Peak nicht über 0dBFS gehen kann, aber mit einer genügend langen Abfallzeit, damit der 25Hz Tremulant in meinem Beispiel nicht zum tragen kommt?

Oder wird nicht der Momentanwert zu einem definierten Zeitpunkt gemessen, sondern der Spitzenwert eines Zeitfensters oder durch Oversampling eine Vielzahl von Momentanwerten und der höchste als Referenz genommen?

Wenn ich mir ein Musikprogramm vorstelle, so sind die Situationen, dass eigentlich nur eine Frequenz kritischer Grösse (also nur 11,025kHz) vorhanden ist, absolut unwahrscheinlich. Wenn schon müsste es da ja durch Frequenzabweichungen zu besagter Lautstärkeschwankung kommen. Und weil es wahrscheinlicher ist, dass wir einen Grundton ohne Oberwellen haben als nur Oberwellen ohne Grundton, kann ich mir die Problematik nicht ganz vorstellen.
Dass es allerdings Aufnahmen mit mehr als 0dBFS gibt, ist bekannt. Diese Werte müssten aber als momentane Mischung der verschiedenen vorhandenen Frequenzen sporadisch auftreten und wären eigentlich kaum dingfest zu machen.

Oder habe ich da etwas falsch verstanden???
KSTR
Inventar
#2 erstellt: 06. Sep 2006, 13:34
Hallo richi,

in dem Link (der von Grumbler im Loudness-Race-Thread kam) wird das Ganze nochmal sehr verständlich besprochen. Auf digitaler Ebene geht sauberes Limiting nur mit einem "Brickwall-Intersample-Peaklimiter", der mit Oversampling und Vorausschau arbeitet. Aus dem Link:
"Der Brickwall Limiter [Intersample Peaklimiter] arbeitet mit einer erhöhten Präzision von durchgängig 48 Bit und 5fachem Oversampling, um Intersample Peaks aufzuspüren und zu begrenzen.

Der interessierende Upsample–[Oversampling]Betrieb kann zwar abgeschaltet werden, doch findet dann auch keine Rekonstruktions– Kalkulation mehr statt und Pegel jenseits von 0 dBFS haben freien Durchgang. Die Eingangs– und Ausgangs–Peakmeter befinden sich jedoch ständig im Oversample–Modus, so dass jederzeit Pegel über 0 dBFS angezeigt werden.
[...]

Der Limiter–Algorithmus beinhaltet eine Programm–adaptive Steuerung der Zeitkonstanten [Ansprech– und Rückstellzeit], um Verzerrungen durch die Ausregelung tiefer Frequenzen zu verhindern und gleichzeitig auf schnelle Spitzen reagieren zu können. Wann immer der Limiter keine Pegelreduktion durchführen muss, wird das Programm vollständig unangetastet und Bit–transparent durchgereicht. Auf diese Weise kann der IS–Limiter auch zur Bearbeitung bereits fertig gemasterten Programms eingesetzt werden, um lediglich 0 dBFS+ Pegel zu entfernen. Zur weiteren Reduzierung von Verzerrungen, arbeitet der Limiter mit einem geringfügigen Preview–Delay von 1.58 ms"


Das Problem mit dem Pumpen oder Tremulanten (schönes Wort) ist leider prinzipiell, da hilft nur feinfühliges Einstellen der Release, was wohl von Hand unflexibler und unsicherer geht als per guter Automatik.

Grüße, Klaus
richi44
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 06. Sep 2006, 16:20
Dann würde das bedeuten, dass Masterings mit diesem Limiter keine Probleme zeigen dürften, zumindest was den Klirr oder die anderen unschönen Geräusche bei 0dBFS+ anbelangt.
Oder anders gesagt, wenn es diese Fehler gibt, so muss das Mastering von einer technisch "minderbemittelten" Firma erstellt worden sein.

Dass es auch beim Einsatz dieses Limiters zum "Tremolo" kommt, liegt also an der Einstellung des Release bezw. der Automatik, die diesen Wert bestimmt.

Das Wort Tremulant (Tremolo) stammt aus der Kirchenorgel, wo mit einem entsprechenden Hilfsmittel (Flügelrad) der Druck des Luftstroms verändert wird. Dies erzeugt in erster Linie eine Lautstärkeschwankung und erst in zweiter Linie eine Frequenzverwerfung. Letztere bezeichnet man ja als Vibrato.
HiFi_Addicted
Inventar
#4 erstellt: 09. Sep 2006, 15:59
@ Richi44

Ich hab meinen geräte mal vor einige Wochen getestet mit katastrophalem Ergebnis. Schande über die Hifi Geräte Industrie.

http://musiclover.kicks-ass.org/Intersample_Clipping01.htm

MfG Christoph
richi44
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 11. Sep 2006, 09:54
Mein Problem ist nicht die Wiedergabeseite. Dass es da zu unterschiedlich starken Problemen kommt, ist verständlich. Mein Problem bezieht sich auf die Aufnahmeseite. Dazu nochmals kurz die Ausgangslage:

Wenn ich 11,025kHz aufzeichne (1/4 der Samplingfrequenz) und einen Startphasenversatz von 0 oder 90 Grad habe, so messe ich immer bei Null und am Scheitelpunkt, also keine Übersteuerung. Wenn ich bei 45 Grad Phasenversatz messe, so liege ich im Messmoment 3dB unter dem Spitzenwert. Wenn ich also dieses Signal mit einer sehr kurzen Messzeit ohne Oversampling erfasse, kann ich je nach Phasenlage eine um 3dB unterschiedliche Signalstärke bekommen. Und wenn ich jetzt das Digitalsignal auf 0dBFS normalisieren würde, hätte ich bei den 45 Grad ein Analogsignal von +3dBFS.

Wenn ich ein Signal von 22,05kHz aufzeichnen könnte, wäre es möglich, ein Signal zu bekommen (Scheitelpunkt), das dem Maximum entspricht, bei einer Phasendifferenz von 90 Grad hätte ich aber kein Signal, weil jeweils im Nulldurchgang des Analogsignals gemessen würde.
Was passiert, wenn ich 20kHz aufzeichne: Ich kann doch davon ausgehen, dass bei zwei aufeinanderfolgenden Samples praktisch 2 mal bei Peak gemessen wird, dass es aber ebenso sein kann, dass ich zweimal bei Nulldurchgang messe.
Das Ausgansgsignal wäre doch ein 20kHz Signal, das mit 2,05kHz amplitudenmoduliert ist???

Wenn ich dieses Problem aus der Welt schaffen will, darf ich nicht zu genau und schnell die AD-Wandlung durchführen. Dann bekomme ich (wie ein länger belichtetes Foto beim Pferderennen) einen Eindruck vom Signal, aber keine klare Aussage. Nur gäbe es dann nicht Samples vom Nulldurchgang.
Für mich stellt sich jetzt erst mal die Frage, wie dieses Problem (angenommen ohne Oversampling) zu lösen ist. Wenn es nämlich eine Lösung gibt, müsste sie auch auf 11,025kHz anwendbar sein (oder alle anderen Teilfrequenzen wie 1/6, 1/8, 1/10 Samplingfrequenz).

Sicher ist aber, dass das Problem der 3dB / 11kHz und der 20kHz AM dann entsteht, wenn wir sehr kurz die Messung vornehmen und kein Oversampling anwenden. Bei 2 fachem Oversampling könnten wir die 22kHz mit 3dB Fehler detektieren und die 11kHz hätten einen möglichen Restfehler von 1dB. Und da wir ja in der Praxis mehr als 2fach Oversampling haben, müsste zumindest die AD-Wandlung kein Thema sein.

Was natürlich denkbar wäre, dass man am Schluss, also das fertige 44kHz 16 Bit-Signal auf praktisch 0dBFS hochpuscht. Aber wenn das zu schnell geschieht, haben wir bei tiefen Frequenzen nur noch Klirr. Und wenn wir dem Prozessor etwas Zeit lassen, wird es in der Praxis kaum zu Problemen kommen.

Also müssen wir uns mal die Praxis anschauen. Es ist mehr als nur unwahrscheinlich, dass wir genau einen Ton eines Instrumentes haben, der bei 1/4 oder 1/6 oder 1/8 der Samplingfrequenz liegt und das frequenzstabil und phasenstarr Und erst noch SOLO.
In der Praxis haben wir doch immer mehrere Signale gleichzeitig (und sei es nur der Hall) und mit Sicherheit keine frequenzstabilen und phasenstarren Signale. Also wird es zwar kurzzeitig dazu kommen können, dass zwei Samples nacheinander den selben Wert zeigen. Aber es ist doch unwahrscheinlich, dass die Rekonstruktion daraus eine Frequenz von 11kHz ableitet.

Und weiter müssen wir uns doch die Musik anschauen. Musikinstrumente haben Grundfrequenzen bis etwa 5kHz, die meisten schaffen es nicht so hoch. Ab diesem Bereich beginnen die Oberwellen. Und diese haben normalerweise eine geringere Energie, also ist der Anteil der Frequenzen über etwa 5kHz tendenziell fallend (nicht unbedingt bei synthetischer Musik). Wenn wir also eine natürliche musikalische Funktion von -3dB/Oktave zugrunde legen, kann ich ein so grosses Signal, das 11kHz hat und die 0dBFS überschreitet, eigentlich nicht logisch finden.

Ich bezweifle nicht, dass es Aufnahmen gibt, bei denen das Phänomen der 11,025kHz irgendwann sporadisch auftreten kann. Aber es wäre zumindest bei AD-Wandlern mit Oversampling viel wahrscheinlicher, dass ganz brutal übersteuert wurde, unabhängig von irgendwelchen Frequenzen und Phasenlagen. Ich glaube, das ist viel mehr Realität.
richi44
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 12. Sep 2006, 09:51
Ich glaube, ich habe in den Letzten Postings in diesem Thread
http://www.hifi-foru...orum_id=42&thread=85
die Antworten bekommen.

Mein Überlegungsfehler ist hauptsächlich, dass ich von "altväterlichen" Klassikaufnahmen ausgegangen bin und nicht an die heutigen Aufnahmen gedacht habe.

Ich kann ja wohl davon ausgehen, dass bei der AD-Wandlung diese mehr als 0dBFS nicht entstehen können. Das wird durch die höhere Auflösung (mehr Bit) und dem damit möglichen Headroom sowie dem Oversampling praktisch unmöglich.
Nur habe ich nicht bedacht, dass die übliche Komprimierung nicht erst am fertigen Mix erfolgt, sondern schon in den einzelnen Tracks. Und bei dieser Komprimierung vor allem hochtonreicher Instrumente wie Schlagzeug stimmt natürlich die Annahme nicht mehr, dass der Energiepegel spätestens bei 5kHz zu fallen beginne und somit die Pegelgrenze nicht überschritten werde.
Und wenn wir natürlich schon in den einzelnen Tracks Bearbeitungen haben, die an die Grenze des Zulässigen kommen, wird der fertige Mix zwangsläufig ab und zu unzulässige Konstellationen aufweisen.

Ob das, was uns letztlich vorgesetzt wird, klanglich tatsächlich an den Intersample-Peaks scheitert oder einfach gelegentlich übersteuert ist, macht den Kohl auch nicht wirklich fett. Weil, wenn ich mir das alles nochmals durch den Kopf gehen lasse, müsste es ja nach dem hier geschriebenen möglich sein, diese Intersample-Peaks zu verhindern. Wenn aber bereits in den einzelnen Tracks "gepfuscht" wird, ist das Rohmaterial dahin. Derartige Fehler lassen sich kaum wieder gut machen.
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