Kuriose Nebengeräusche bei Aufnahmen

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Sesquialtera
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 17. Sep 2004, 16:10
Hallo!

Es könnte ganz unterhaltsam sein, wenn ihr mal von kuriosen (un)erklärlichen Nebengeräuschen bei Aufnahmen berichtet. Ich meine damit weniger tontechnische Mängel als (natürliche) Geräusche, die mit der Musik an sich nichts zu tun haben, aus irgendeinem Grund aber ihren Weg auf den Tonträger gefunden haben und deshalb für die Nachwelt konserviert wurden.

Ich mache gleich den Anfang:

Zunächst kenne ich Aufnahmen aus der Boston Symphony Hall mit Charles Munch. Hier fällt mir hin und wieder ein tieffrequentes Brummen auf, das in der Frequenz ansteigt oder abfällt. Ursprünglich wohl Living Stereo, meine CDs sind aber Veröffentlichungen von BMG France, die mir klanglich behandelt zu sein scheinen, möglicherweise kommen diese sehr tiefen Töne deshalb besser durch.
Meine Erklärung: eine abfahrende/ankommende U-Bahn. Die Carnegie-Hall hat meines Wissens auch eine U-Bahn-Station – diese kulturlosen Amerikaner... Andererseits sind öffentliche Verkehrsmittel ja umweltfreundlich.
Am deutlichsten im Verlauf des Ravelschen Boléro (1962? Ich meine die Version, die ungefähr 13’48’’ dauert), z.B. gleich zu Beginn oder ab ca. 1’11’’.
Weniger klar bei Berlioz’ Symphonie fantastique (1962), erster Satz, ab 0:42.

Elgar, Cellokonzert, EMI, die berühmte Einspielung mit Jacqueline du Pré aus dem Jahre 1965. Gegen Ende des ersten Satzes, ab etwa 7’54’’, marschiert jemand polternd durch das Studio.
Zu Zeiten eines Walter Legge wäre das undenkbar gewesen!

Mahler, 5. Sinfonie, Rudolf Barshai und die Junge Deutsche Philharmonie (1999), erschienen bei Laurel Records, aber inzwischen wohl von Brilliant Classics in einer Kopplung mit Barshais Fassung von Mahlers Zehnter veröffentlicht. Offenbar hat man hier nicht nur mehrere Live-Aufführungen für die Produktion verwendet, sondern auch noch die Proben mitgeschnitten. Anders ist es für mich nicht zu erklären, dass am Ende des zweiten Satzes, nach einem Schnitt bei 14’13’’, im Hintergrund eine Stimme hörbar wird, die sich wohl ungeniert mit jemandem unterhält.

Keith Jarrett gibt so manches von sich...

Was habt ihr so gehört, worüber rätselt ihr noch?


Beste Grüße
Christian
Bernd
Stammgast
#2 erstellt: 23. Sep 2004, 11:08
von wegen kulturlose Amerikaner!

Auf einer Teldec DMM mit der Prager Sinfonie ist in leisen Passagen eindeutig Verkehrslärm zu hören. Aufgenommen in Berlin, Kulturland Deutschland!
Mistkaefer
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 23. Sep 2004, 13:15
Jo Früher als die Anlagen noch nicht so gut waren,hatten sie oft U-Bahn oder Strassenlärm mit aufgenommen.Und es erst gar nicht bemerkt.
Aristipp
Stammgast
#4 erstellt: 10. Jun 2005, 08:02
Auch schön:

Auf den zwei CDs mit Schuberts späten Sonaten mit Maurizio Pollini hört man im Hintergrund Vogelgezwitscher. Was ganz besonders apart ist, weil die CD nicht nur sehr düster aufgemacht ist, sondern auch die INterpretation das Depressive in Schuberts Musik stark betont. Da machen die Vögel einem doch wieder Hoffnung.

Auf der alten CBS-Aufnahme von Gould späten Goldbergvariationen ist relativ zu Anfang Popmusik zu hören. Weiß bis heute nicht, ob das eine parallele Aufnahmesession war oder jemand in der Nachbarschaft nur das Radio weit aufgedreht hatte. In der neueren Sony-Ausgabe ist das Nebengeräusch sehr gedämpft, aber imme rnoch hörbar (die parallele Analogausgabe von letztem Jahr habe ich noch nicht so intensiv durchgehört).

Zu Nebengeräuschen bei Aufnahmen gibt's auch ein paar nette Geschichten von Suvi Raj Grubb (Produzent bei der EMI) in seiner Autobiographie "Kann der Partitur lesen"...
Holger_S.
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 10. Jun 2005, 09:46
Also ich habe eine Aufnahme des 5. Klavierkonzertes von Beethoven mit Arturo Benedetti Michelangeli, bei der man kurz vor Schluss, wenn sich das Klavier, begleitet von der Pauke, leise zu verlieren scheint, bevor es noch einmal richtig losgeht, ganz klar Blitz und Donner eines Gewitters hört. Es ist eine Liveaufnahme aus dem Vatikan von 1960. Natürlich ergänzt sich der Donner gut mit der Pauke. Benedetti Michelangeli macht eine philosophisch lange Pause, lässt den Donner verhallen, bevor er zum "Schlussspurt" ansetzt. Darauf weist übrigens auch das Beiheft der CD-Edition hin. Das hört sich ganz amüsant an, passt aber irgendwie ganz gut in die Musik...
Tommy_Angel
Inventar
#6 erstellt: 10. Jun 2005, 12:18
Beim Parsifal unter Karajan gibt es in der Ouvertüre eine Stelle, wo das Blech einsetzt. Da war immer eine komisch Geräusch. Nach Monaten fand ich heraus, daß da ein viertel Orchester für den Einsatz gleichzeitig Luft holt...
Aristipp
Stammgast
#7 erstellt: 10. Jun 2005, 12:30

Tommy_Angel schrieb:
Beim Parsifal unter Karajan gibt es in der Ouvertüre eine Stelle, wo das Blech einsetzt. Da war immer eine komisch Geräusch. Nach Monaten fand ich heraus, daß da ein viertel Orchester für den Einsatz gleichzeitig Luft holt...


Schick, muss ich mir unbedingt mal anhören!
Nite_City
Stammgast
#8 erstellt: 10. Jun 2005, 13:10
Hallo,

es gibt eine Einspielung von Debussys "La Mer" unter Celibidache (glaube von 1977). An sich eine schöne Interpretation, aber (v.a. unter Kopfhörern) nicht auszuhalten.
Es wird gesdchwatzt, geniest, gehustet, geraschelt, irgendetwas fällt um...

Und dies ist keine Liveaufnahme, sondern eine Studioaufzeichnung!

Michèl


[Beitrag von Nite_City am 10. Jun 2005, 13:12 bearbeitet]
makoo
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 11. Jun 2005, 15:53
Hallo,
da kann ich ähnliches berichten von einer Aufnahme der Pathétique unter Valery Gergiev mit dem Kirov Orchester. Zum einem, was ja nicht schlimm ist, das Gesumme des Dirigenten, speziell im 2. Satz. Zum Anderen, was nun aber wirklich, zumindest mit KH, stört ist das Gerede einiger Orchestermitglieder zum Finale, wenn die Musik sich in sein 4-faches Pianissimo verfängt.

Auf dieser Aufnahme ist auch Tschaikowskys "Romeo&Julia" zu hören und bei den donnernden Paukenschlägen zum Finale kann man deutlich den Paukenspieler vor Anstrengung stöhnen hören, dann fällt auch noch irgendetwas um...

Angesichts der hervorragenden Interpretation und der großartigen Klangqualität (einer der besten CDs die ich habe) kann ich diese CD jedoch nur empfehlen.
lydian
Stammgast
#10 erstellt: 13. Jun 2005, 12:44
Moin,

berühmt-berüchtigt sind die Decca-Aufnahmen für RCA aus der Kingsway-Hall, London. Als ich das erste mal in einer Hifi-Zeitschrift vom "Kingsway Hall Rumble" (ein sehr tieffrequentes Geräusch, das von der U-Bahnlinie Holborn- Aldwych unter der Kingsway-Hall verursacht wurde) las, hielt ich das für audiophile Spinnerei. Bis ich die LPs als Reissues von Classic Records hörte......zum Beispiel auf Ansermets "Royal Ballet Gala", auf LSC 2322 - Shostakovich/Martinon ist das mit tiefbassfähigen Lautsprechern nicht zu überhören.

Meines Wissens wurden diese Frequenzen auf früheren Veröffentlichungen herausgefiltert und waren auf diesen LPs erstmals zu hören.

Sonst fallen mir spontan folgende Geräusche ein:

- Auf der Decca-LP SXL 2062 in "Ma Mère l´Oye" legt wohl ein Musiker geräuschvoll sein Instrument ab.

- Auf der RCA 2150 ist im "Leutnant Kijé" ein deutlicher Huster (von der Ortung her eines Holz- oder Blechbläsers) zu vernehmen.

Beide Beispiele haben mich beim erstmaligen Hören sehr erstaunt; immerhin sind die Aufnahmen in den 50er Jahren entstanden und meine LPs sind die Erstausgaben.

Atemgeräusche der Solisten (hauptsächlich von Geigern) kann man oft sehr gut auf ganz alten Mono-LPs hören.

Gruß,
Steff
op111
Moderator
#11 erstellt: 14. Jun 2005, 12:15
Hallo zusammen,


Tommy_Angel schrieb:
Beim Parsifal unter Karajan gibt es in der Ouvertüre eine Stelle, wo das Blech einsetzt. Da war immer eine komisch Geräusch. Nach Monaten fand ich heraus, daß da ein viertel Orchester für den Einsatz gleichzeitig Luft holt...

Tommy, ohne Luft kein Ton, oder?

Verkehrslärm ist schon ein Problem, der Krach der "Central Line" in der Kingsway Hall kann ganz schön stören, aber dies:

lydian schrieb:
Atemgeräusche der Solisten (hauptsächlich von Geigern) kann man oft sehr gut auf ganz alten Mono-LPs hören.

Sollen die Solisten die Luft anhalten und ersticken?

Beides sind wohl keine ungewöhnlichen Geräusche, sondern im Gegenteil ganz natürliche Begleiterscheinungen nichtelektronischer also "akustischer" Instrumente.

Das Atmen muß ja nicht durch eine besondere Mikrofonposition verstärkt werden.

Die völlige Abwesenheit solcher "Spielgeräusche" würde mich dagegen schon ziemlich irritieren.

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 14. Jun 2005, 13:01 bearbeitet]
op111
Moderator
#12 erstellt: 14. Jun 2005, 13:26
Kleiner Nachtrag,
da das Stichwort Kingsway Hall fiel.





Die Halle existiert nicht mehr, an ihrer Stelle steht mittlerweile ein ausgesprochen preiswertes Luxushotel (Kingsway Hall Hotel).

Einige bekannte Aufnahmestudios und Konzertsäle stellt folgende Website vor (engl.):
URL:
http://www.uib.no/herrmann/articles/phototours/london/page3.html

Sie ist dem Komponisten und Dirigenten Bernard Herrmann gewidmet.
Bernard Herrmann Society:
http://www.uib.no/herrmann/

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 14. Jun 2005, 13:40 bearbeitet]
op111
Moderator
#13 erstellt: 14. Jun 2005, 20:39
Hallo Christian,

Sesquialtera schrieb:
Mahler, 5. Sinfonie, Rudolf Barshai und die Junge Deutsche Philharmonie (1999), erschienen bei Laurel Records, aber inzwischen wohl von Brilliant Classics ...
am Ende des zweiten Satzes, nach einem Schnitt bei 14’13’’, im Hintergrund eine Stimme hörbar wird, die sich wohl ungeniert mit jemandem unterhält.


nicht die einzige Panne bei dieser musikalisch jedoch sehr empfehlenswerten Produktion (besonders wg. der originellen 10.), die habe ich auch gehört - die Stimme ist ganz links.

Auf irgendeinem Take der Karajanschen 3 CD-Box: "II. Wiener Schule" hört man eine (Bier-?) Flasche umfallen. Werde ich bei Gegenheit mal suchen.

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 14. Jun 2005, 20:40 bearbeitet]
lydian
Stammgast
#14 erstellt: 14. Jun 2005, 21:44

Franz-J. schrieb:

Sollen die Solisten die Luft anhalten und ersticken?



Hallo Franz,

hast schon recht. Nicht die Geräusche sind kurios, sondern eher die Tatsache, dass in diesen Fällen die Mikros so nah plaziert waren dass im Ergebnis die Violine überpräsent und das Orchester diffus im Hintergrund tönt.

Gruß,
Steff
op111
Moderator
#15 erstellt: 14. Jun 2005, 22:16

lydian schrieb:

Franz-J. schrieb:

Sollen die Solisten die Luft anhalten und ersticken? ;)

hast schon recht. Nicht die Geräusche sind kurios, sondern eher die Tatsache, dass in diesen Fällen die Mikros so nah plaziert waren dass im Ergebnis die Violine überpräsent und das Orchester diffus im Hintergrund tönt.


Hallo Steff,
das habe ich auch so gesehen, darum der augenzwinkernde Ironie-Smiley:

Leider findet man diesen Fehler (Atmen, übertriebene Klappengeraüsche bei Holzbläsern) auch bei aktuellen Aufnahmen immer wieder.

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 14. Jun 2005, 22:43 bearbeitet]
Hifi-Biber
Stammgast
#16 erstellt: 19. Jun 2005, 21:29
also sich über die klapper und atemgeräusche zu beschweren find ich nicht richtig da es ja irgendwie dazugehört...ohne würde doch der aufnahme die natürlichkeit fehlen.man muss mal darauf acht geben wie laut das luftholen bei chorgesängen ist... und für audio dvds werden ja jetzt auch neue aufnahme technicken benutzt um diese geräusche nicht so zu unterdrücken
op111
Moderator
#17 erstellt: 20. Jun 2005, 09:29

Richard_Klein schrieb:
also sich über die klapper und atemgeräusche zu beschweren find ich nicht richtig da es ja irgendwie dazugehört


Hallo Richard,
man kann Instrumente auch ohne digitale Tricks durch geeignete Mikrofone und Positionierung auch so aufnehmen, daß die Spielgeräusche nicht dominant in den Vordergrund treten.
Genau darum ging es Steff.

Gegen normal laute Nebengeräusche dürfte wohl kaum jemand etwas haben.

Gruß
Franz
Hifi-Biber
Stammgast
#18 erstellt: 20. Jun 2005, 21:18
hab das "übertriebene" überlesen...
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