Der Leidensweg eines DIY-Anfängers oder: Warum auch Anfänger TSP messen sollten!

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Alechz
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 22. Okt 2012, 17:10
Hallo zusammen ,

es ist viel Zeit seit meiner letzten Posts vergangen. Gerade in den letzten Wochen habe ich einige Erkenntnisse errungen und möchte diese mit Euch teilen.

Zur Geschichte:

Ende 2007 begann ich mit dem Bausatz Obelisk meinen ersten Selbstbau. Weil ich mir natürlich keine Eigenentwicklung zutraute, hatte ich mir einen Bausatz ausgesucht. Sicher würde ich mich jetzt für einen anderen Bausatz entscheiden, aber damals entschied das Bauchgefühl (Größenwahn?, Gigantomanie? ). Den Bau habe ich im HIFI-Forum Dokumentiert und wer möchte kann diesen hier nachlesen. Obwohl ich mich exakt an den Bauplan hielt war der Klang sehr unbefriedigend. Ich konnte den Klang mit einem Equalizer ein wenig verbessern indem ich das Bassfundament anhob, aber sowohl klanglich als auch moralisch war eine solche Lösung keine Option. Wochen habe ich an allen nur erdenklichen Parametern herumgeschraubt, dachte dass ich die Weiche falsch zusammengelötet hätte usw... Dann kaufte ich mir ein Messmikrofon und versuchte mich an den ersten Messungen. Doch gerade im Tiefbass hatte der Raum natürlich soviele Einflüsse, dass ich nichts mit Gewissheit sagen konnte. Man konnte zwar sehen, dass Tiefbass fehlt, aber das konnte man ja auch hören. Ich überprüfte die BR-Abstimmung mit BASSCAD, konnte jedoch keinen Fehler feststellen. Die Resonanzfrequenzen der Ports, die ich mit dem Mikrofon gemessen hatte, waren ungefähr korrekt. Schließlich zerstörte ich die Gehäuse und begann mit meiner ersten Eigenentwicklung, die es hier zu sehen gibt. Um es kurz zu machen: Auch hier klappte nicht viel, viel Zeit ging verloren und die BR-Abstimmung gelang mir schlichtweg garnicht. Über die Jahre folgten noch zwei weitere Gehäuse (eins mit Compound-Anordnung, eins mit nur einem der Ciare HW161 N), leider erfolglos und das Dokumentieren war ich inzwischen auch leid.

Was war die ganze Zeit schief gelaufen?

In der letzten Zeit habe ich einen Messstand zur Ermittlung der TSP aufgebaut (Impdanzmessung und Massemethode). Für die Messungen benutze ich eine NI USB-6008 von National Instruments mit dem ich zwei Spannungen messe. Der Funktionsgenerator ist mein Computer mit Verstärker. Die Software habe ich dafür mit der Studentenversion von Labview geschrieben. Sie besteht aus zwei VIs (Messung und TSP berechnung) im Bild ist das zweite VI zu sehen.
CIARE HW161N TSP

Da ich die TSP aus einem Fit beziehe und der Messstand mit einem Präzisionswiderstand von 47 Ohm kalibriert wurde, bin ich mir recht sicher, dass alles tendenziell stimmt. Lediglich für den zweiten Teil der TSP gibt es noch eine Unsicherheit, da ich die Zusatzmasse noch mit einer Küchenwaage messe. Für die Masse benutze ich selbstgemachte Knete (Mehl, Wasser, Salz).

Jetzt eine Gegenüberstellung der TSP: Verglichen werden die Werte vom Hersteller, von Klang und Ton (Entwickler des Bausatzes) und meine Werte (es wurden alle 4 Chassis gemessen, die Werte stimmten untereinander relativ gut überein):
Gegenüberstellung CIARE HW161N

Ich nehme an, dass ich nicht die geringste Chance hatte die Gehäuse richtig zu bauen. fast 5 Jahre plagte ich mich mit diesen Chassis herum und nie gelang etwas weil die Resonanzfrequenz um mehr als 20Hz abwich. Zudem ist ein Qts von 0,66 (meines Wissens) absolut nicht für eine Bassreflex-Anwendung geeignet. Ich bin auf der einen Seite sehr sauer, weil so viel Arbeit, so viel Holz verschwendet wurde, auf der anderen Seite glücklich, dass ich endlich weiß woran es lag.

Als Lektion daraus habe ich gelernt:
Die Simulation ist extrem wichtig, jedoch wenn die Grundannahmen (hier die TSP) nicht stimmen, wiegt man sich oftmals in einer trügerischen Sicherheit, die einem viel Zeit und Nerven kosten kann. Die TSPs eines jeden Herstellers sind zunächst einmal anzuzweifeln.

Im Prinzip müssten die verwendeten Chassis immer nachgemessen werden. Selbst wenn es sich um einen Nachbau handelt, kann man sich nicht sicher sein, dass man die gleichen Chassis vor sich liegen hat und der Erfolg ist eine Glücksfrage. Ein Messstand für TSP ist mit einem alten PC mit Soundkarte und entsprechender Software relativ günstig zu haben.

Was ist Eure Meinung dazu? Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Kann man diese Chassis überhaupt noch für irgendwas benutzen?

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit
LG Alex
HiFi-Selbstbau
Inventar
#2 erstellt: 23. Okt 2012, 13:30
Hi Alechz,

der "sehr unbefriedigende Klang" ist defintiv NICHT ALLEIN auf die abweichenden TSPs zurückzuführen. Die bestimmen ja nur das Verhalten unterhalb von 100 Hz, während die Trennfrequenz bei 2100 Hz liegen soll.

Wenn Du den Frequenzgang im Gehäuse mit allen 3 Parametersätzen simulierst wirst Du feststellen, dass die Abweichungen gar nicht SOOO gross sind und sich eben nur auf diesen unteren Frequenzbereich beziehen:

Obelisk_TSPvar

Ich habe mal ein Gehäusevolumen von 40 Litern pro Chassis angenommen und eine Abstimmfrequenz von 40 Hz. Da das Gehäuse ohnehin VIEL zu groß ist wirken sich die Abweichungen der TSPs noch geringer als üblich aus.

-> es liegt DEFINITV nicht an den falschen TSPs. Diese sind wegen des großen Vorwiderstandes von 47 Ohm ggf. sogar mit zu geringem Pegel gemessen worden und zeigen dann tendenziell ein höheres Fs und Qts und ein kleineres Vas.

Der Grund warum die Kisten nicht klangen liegt zu 99.999% an der Frequenzweiche. Ich habe jetzt die K&T 3/2007 nicht vorliegen, aber 1.8 mH an einem 4 Ohm Chassis (2x 8 Ohm parallel) erscheint mir recht groß -> die Mitten würden dann recht stark abgesenkt, die Bässe sind ggf. etwas überbetont.

Zu dieser tendenziell zu warmen Abstimmung können sich gerne auch noch Verdrahtungsfehler gesellen oder ein Verpolen eines Hochtöners (oder starke Exemplarstreuungen desselben) - schon klingt es bescheiden.

-> Du solltest den Fehler definitiv woanders suchen.

Als erstes würde ich die Gesamtimpedanz messen und sie mit den Sollwerten (Impedanzdiagramm im Bauvorschlag) vergleichen (das geht ja nun nicht mehr weil Du die Box nicht mehr hast). Auch bei Deinem neuen Konstrukt kann ich nur empfehlen: miss doch mal den Spannungsverlauf über den Chassis (also "hinter" der Weiche), dann siehst Du schon ob die Weiche so funktioniert wie Du gedacht hast.

Eine Impedanzmessung an den Hochtönern könnte die Frage klären, ob diese stark streuen.

Und für eine Boxenentwicklung brauchst du UNBEDINGT ein Mikrofon mit bekanntem Frequenzgangfelher (z.B. individuell kalibriert).

Gruß Pico
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