Restauration einer Revox A77, kurze Fragen, kurze Antworten

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WalkSightseeing
Stammgast
#1 erstellt: 04. Nov 2008, 16:52
Hallo zusammen,

ich habe am Wochenende bei uns auf dem Dachboden eine total verstaubte und schrecklich aussehende Revox A77 Bandmaschine gefunden und habe mir natürlich gleich vorgenommen diese wieder in Ordnung zu bringen. Nun stammt diese Maschine und Technik aus einer Zeit, in der ich noch nicht einmal in der Fantasie meiner Eltern gelebt habe. Ich hab also eigentlich überhaupt keine Ahnung von der Technik und deswegen sicherlich immer mal wieder kurze Fragen die so nach und nach entstehen werden.

Was schon mal überaus erfreulich und für mich eigentlich gar nicht vorstellbar ist, ist die Tatsache, dass die A77 nach bestimmt 25 Jahren Stillstand auf anhieb wieder funktioniert hat. Den Sound kann ich allerdings nicht beurteilen, weil das Tonband ebenso alt und zum Teil auch schon recht zerknittert ist...

Ich habe aber auch schon ein paar Probleme beim Betrieb entdeckt, zu denen ich später kommen werde. Zunächst ist erstmal ordentlich putzen angesagt. Und da sind schon mal zwei Fragen aufgekommen:

1.) Gibt es irgend welche mechanischen Teile die nicht mit Alkohol (Isopropyl aus der Apotheke) in Berührung kommen dürfen? Bei der Anduckrolle kann ich mir z.B. Vorstellen, dass diese sehr empfindlich ist...

2.) Es sind links und rechts von den Tonköpfen jeweils eine "große" Führungsrolle (die auf jeder Seite ganz aussen). Bei der linken sitzt dort ein drehbarer Ring drauf, bei der rechten gibt es diesen Ring nicht und deswegen dreht sich da auch nichts mit. Ist das normal so?

Ich freue mich über alle Antworten, vielen Dank im Voraus.

Grüße Jan

Ach ja, das Service Manual kann man sich hier runterladen.


[Beitrag von WalkSightseeing am 04. Nov 2008, 16:56 bearbeitet]
FloGatt
Inventar
#2 erstellt: 04. Nov 2008, 19:47
Hi,

das Service-Manual gibts am Stück und ganz legal hier: ftp://ftp.studer.ch/Public/Products/Revox/Revox_A77/Manuals/

Dass die rechte Führungsrolle starr ist, ist normal. Dass die Maschine nach so langer Standzeit noch läuft, ist auch normal. Studer halt...

So lange die Tonköpfe noch in Ordnung sind, sollte auch in Sachen Klang selbst nach der langen Standzeit noch alles in Ordnung sein. Die Tonköpfe gehen aber nicht durch Stehen kaputt sondern durch Verschleiß bei der Benutzung.


Deine Frage mit dem Alkohol bezieht sich sicher auf das Reinigen der Maschine. An deiner Stelle würde ich erstmal mit Wasser anfangen und wo es wirklich nicht weitergeht dann erst andere Reinigungsmittel einsetzen.

Grüße,
Florian


[Beitrag von FloGatt am 04. Nov 2008, 19:59 bearbeitet]
hf500
Moderator
#3 erstellt: 04. Nov 2008, 19:57
Moin,
probier mal die Suchfunktion,da gibt es Weiterfuehrendes.

Bandgeraete reinige ich mit Kontakt WL, hat sich als das beste fuer diesen Zweck erwiesen. Isopropanol hat nicht die Reinigungswirkung, ausserdem muss man darauf achten, dass es wirklich hochprozentig ist. Dass WL Gummiteile in Bandgeraeten angreift, habe ich noch nicht erlebt.

Dass die linke Umlenkrolle drehbar ist und die rechte feststeht ist normal, die linke ist ein Kugellager, die rechte nicht.
Wenn sie stark eingelaufen ist, kann man sie ein Stueck weiterdrehen.

Dass die A77 nach langer Standzeit einigermassen problemlos laeuft, hat einen Grund. Solide Konstruktion und drei Motore mit Direktantrieb. Da koennen hoechstens die Bremsen der Wickelmotore etwas kleben.

73
Peter
op111
Moderator
#4 erstellt: 04. Nov 2008, 21:03
Hallo Jan,
ein schöner Fund.
Wenn es eine Zweispurmaschine ist, kann man auch heute noch erträgliche Aufnahmen machen.

hf500 schrieb:
Dass die A77 nach langer Standzeit einigermassen problemlos laeuft, hat einen Grund. Solide Konstruktion und drei Motore mit Direktantrieb. Da koennen hoechstens die Bremsen der Wickelmotore etwas kleben.

Wenn doch nur die Schalter und vor allem die Potis (auch die Einmesstrimmer) nur halb so gut wären wie das Laufwerk.
Die alten Bänder dürften unbrauchbar sein, v.a. wenn es sich um Revox 601 / 621 handelt, die haben oft nur nach wenigen Jahren begonnen zu kleben.


[Beitrag von op111 am 04. Nov 2008, 21:04 bearbeitet]
FloGatt
Inventar
#5 erstellt: 04. Nov 2008, 21:05

Franz-J. schrieb:
Wenn es eine Zweispurmaschine ist, kann man auch heute noch erträgliche Aufnahmen machen.


Ich hoffe, das "erträglich" war ironisch gemeint...
Denn auch die Vierspurigen (bei Geschwindigkeit 7 1/2) machen heute noch Aufnahmen in Studioqualität...

Grüße,
Florian

PS: Nur Mods hier...
op111
Moderator
#6 erstellt: 04. Nov 2008, 21:19
Hallo Florian,

The_Guitar_Tux schrieb:
Denn auch die Vierspurigen (bei Geschwindigkeit 7 1/2) machen heute noch Aufnahmen in Studioqualität...

bis auf das dauernde Gegenspurübersprechen im Bass, da polterts dauernd, furchtbar!
19cm/s bei Vierspur geht m.E. gar nicht.
In Zweispur ist mir 19cm/s zu teuer.
9,5 + Dolby B ist m.E. optimal.

Leider ist die Bandführung bei A & B 77 zu primitiv.
Das Modulationsrauschen verfärbt insbes. Blasinstrumente wie z.B. Querflöte unangenehm.
Da fehlt zumindest eine Bandberuhigungsrolle zw. Aufnahme- und Wiedergabekopf (s. ASC).

Aber es gibt Schlimmeres als Revox ...
hf500
Moderator
#7 erstellt: 04. Nov 2008, 21:47
Moin,
mit der Qualitaet einiger elektrischer Bauteile magst Du recht haben.
Ich hatte bislang zuwenig A77, um signifikant hier ungewoehnliche Erscheinungen feststellen zu koennen.
Erinnern kann ich mich an einen defekten Entstoerkondensator an den Motorelais und einen hakenden Bandgeschwindigkeits-/Betriebsschalter. Der liess sich mit etwas Vaseline an dem Kulissenrad fuer den Entzerrungsumschalter wieder gaengig machen.

73
Peter
op111
Moderator
#8 erstellt: 04. Nov 2008, 22:01
Hallo zusammen,

ich habe sehr oft
Andruckrollen und das Kugellager in der linken Umlenkrolle getauscht, selten den Zugmagneten (Andruckrolle) oft die Relais.
Die Trimmer habe ich später immer gleich gegen hochwertige getauscht, bevor der Ärger anfing.
Die primitiven Potis und Schalter sind m.E. qualitativ unangemessen.

73


[Beitrag von op111 am 04. Nov 2008, 22:03 bearbeitet]
WalkSightseeing
Stammgast
#9 erstellt: 05. Nov 2008, 16:11
Hallo zusammen,

danke für die Infos, und dann auch noch von der Elite des Hifi-Forums, super

Ich muss sagen, ich bin jetzt in einer merkwürdigen Position bezüglich meines eigenen Threads. Ich hatte mir ja vorgenommen die A77 wieder in Gang zu bringen, einfach weil sie bei uns auf dem Dachboden rumstand und ich gerne mal ne Bandmaschine haben wollte um ein paar Mixtapes auzunehmen...
Ich hatte mir da irgendwie vorgestellt, ich müsste alle Elkos wechseln, das Öl in den Lagern erneuern, Anduckrolle wechseln und dann noch ein paar Fehlerfindungs-Geniestreiche vollziehen damit die A77 wieder ihren Dienst tut. Dafür sollte dann auch der Thread sein, für die ganzen Fragen die so nach und nach aufkommen.

Und nu? Da hab ich einfach den Bandweg gereinigt und die dicken Nikotin/Staubschicht entfernt und sie läuft. Es ist wohl wirklich alles in Ordnung und sie sieht inzwischen schon wieder nahezu Tadellos aus. Jetzt sitze ich die ganze Zeit kopfschüttelnd davor, beobachte wie das Band sich dreht und sage die ganze Zeit voller Euphorie zu mir selbst, "Das Ding ist so herrlich".
Ich weiß ja, dass der Willi damals einen verdammt guten Job gemacht hat, aber das die Bandmaschinen so lange nicht kaputt gehen, das kam mir dann doch nicht in den Sinn.

So ein paar Kleinigkeit sind zwar dran, aber dass ist nicht schlimm und einfach zu beheben (Powerlämpchen, Zählriemen, ein VU-Meter kaputt).

Ist die rechte Führungsrolle starr, um durch die Reibung den nötigen "Aufwickelzug" zu erzeugen?

Die Tonköpfe sehen schon ein wenig abgenutzt aus, vor allem sind sie schräg abgenutzt. Aber das ist auch erstmal vollkommen in Ordnung (irgendwann werde ich die vielleicht mal wechseln, wenn es denn Sinn macht). Mir macht selbst der verschrobene Klang des 40 Jahre alten "Partybandes" meines Vaters schon richtig Spaß, nicht zuletzt weil ich jetzt sein Musik-Mix-Konzept nach und nach entschlüsseln kann. Das letzte Lied geht im Refrain: Two girls for every boy....da da da", der alte Womanizer 8).

Ich bestelle mir jetzt erstmal zwei neue RMG-Bänder und werde dann mal gucken was der Klang dann so macht, und ob die Aufnahme funktioniert (das konnte ich bisher noch nicht prüfen, bin aber frohen Mutes )

Eine Frage fällt mir dann doch noch ein. Ich hatte gehofft, ich könnte mit den zwei Spuren auch ein bisschen selbstgemachte Musik aufnehmen und die Spuren nacheinander aufnehmen, also die zweite Spur (Aufnahme) zu der ersten Spur (Wiedergabe) bespielen. Nun hab ich da mal ein wenig drüber nachgedacht... Die A77 hat ja Hinterbandkontrolle, woraus ich schließe dass der Aufnahmekopf vor dem Wiedergabekopf sitzen muss. Das bedeutet aber, dass die zweite Spur prinzipbedingt immer zu spät aufgenommen würde. Also könnte ich nur eine Spur aufnehmen, dann diese Spur mit der zweiten Gitarrenspur beim nächsten Aufnahmedurchgang zusammenmischen und dann wieder gemeinsam aufnehmen. Daher wäre meine Frage, arbeitet der Löschkopf immer über beide Spuren, oder wenn ich jetzt z.b. mit Channel 2 aufnehme, dann wird auch nur Channel 2 gelöscht?

Grüße Jan
hf500
Moderator
#10 erstellt: 05. Nov 2008, 19:11
Moin,
zu Deinem letzten Absatz:
Was du da beschreibst, ist etwas, das sehr viele Amateurbandgeraete mit drei Koepfen hatten. Bei Grundig und Uher z.b. gab es komplizierte Umschalter fuer Synchro-, Multi-, und Echoplay. (Sehenswert: der Modus-Drehschalter im Uher Royal)

Deine Idee ist also zwangslaeufig. Die A77 hat natuerlich auch je zwei getrennte Aufnahme- und Wiedergabeverstaerker, sollte das also auch koennen.
Ich weiss nur nicht, wie es dazu geschaltet werden muss.

Und zum Rest, die Dinge sind manchmal einfacher, als sie zunaechst wirken ;-)
Wir sollten mal herausfinden, welche Ausfuehrung der A77 es genau ist. Erkennbar am Typschild und/oder der Ausfuehrung der Knoepfe.


73
Peter
majaatdwf
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 05. Nov 2008, 20:41

WalkSightseeing schrieb:
Ich hatte mir da irgendwie vorgestellt, ich müsste alle Elkos wechseln, das Öl in den Lagern erneuern, Anduckrolle wechseln und dann noch ein paar Fehlerfindungs-Geniestreiche vollziehen damit die A77 wieder ihren Dienst tut.


Die Sache mit den Elkos kann ich Dir trotzdem nahelegen. Dazu noch die Koppel-Tantals gegen Folien-C tauschen, alle Trimmer durch gekapselte Cermet ersetzen, die Kohlewiderstände in den Vorstufen gegen Metallfilm (und ggf. die Transistoren dort gegen BC560C o.ä.), dann das ganze einmessen (lassen) und die Beer ist geschält. Der Vorstufenumbau bringt gemessene 4db Rauschabstand und dauert 10min...

Ich hab irgendwo noch eine passende Bestelliste für die A77, bei Bedarf Mail. Meine A77MKIII brachte nach der Aktion 30Hz..21kHz +/-2db (bei 9.5cm/s!) und BASF PEM369. Die ganze Aktion ist an einem entspannten Samstag erledigt und danach ist die A77 für die nächsten 30 Jahre fit.

Martin
hf500
Moderator
#12 erstellt: 05. Nov 2008, 21:44
Moin,
die meisten Elkos jener Zeit sind erstaunlich zaehlebig, aber wenn man Zeit hat, kann man die ja tauschen.
Weinrote Roedersteins und weisse Frakos (beide im Kunststoffgehaeuse) kann man ohnehin tauschen, was bei den Roedersteins schade ist, denn an sich sind es gute Kondensatoren. Nur der Becher ist nicht fuer die Zeit gedacht, die er mittlerweile halten musste.
(UE-Geraete wurden fuer etwa 10 Jahre ausgelegt, heute sind es nur noch zwei ;-)
Was fuer Folienkondensatoren nimmt man denn bei Kapazitaeten >1µF? Es koennte eng werden. Ersatz fuer die Elkos 105°C Typen, ich bevorzuge Nippon-Chemicon.

Metallfilmwiderstaende und modernere rauscharme Transistoren (BC413, BC550, BC560) koennen auf jeden Fall einen Gewinn an Rauschabstand bewirken. Solche "Umbauten" habe ich auch schon durchgefuehrt. Nach Vithrohm haben Metallfilmwiderstaende ab etwa 50k Ohm ein geringeres Stromrauschen als Kohleschichtwiderstaende, also alles ab 47k tauschen, darunter lohnt es noch nicht. Es sei denn, man hat Kohlemassewiderstaende, die sind ohnehin Rauschgeneratoren.

(ich sollte doch mal einen Blick in meine A77 riskieren..., es ist schon etwas her ;-), wenn sich wirklich noch 4dB holen lassen, ist das schon etwas)

73
Peter


[Beitrag von hf500 am 05. Nov 2008, 21:46 bearbeitet]
majaatdwf
Ist häufiger hier
#13 erstellt: 05. Nov 2008, 22:34

hf500 schrieb:
Was fuer Folienkondensatoren nimmt man denn bei Kapazitaeten >1µF? Es koennte eng werden. Ersatz fuer die Elkos 105°C Typen, ich bevorzuge Nippon-Chemicon.


Ich hab mal in der Bucht einen Schwung axiale 3.3yF/63V MKS-Kondensatoren ergattert, die ich statt der 3.3yF Tantals in der A77 verwende. Ansonsten hab ich überall 105 Grad Rubykon Low-ESR eingebaut, man gönnt sich ja sonst nix. Die paar Euro Mehrpreis sind mir wurscht. Es gibt inzwischen Folien-C bis 10yF in recht kleinen Größen, die kriegt man in 70er Jahre Geräte meist gut rein. In der Bucht taucht sowas ab und an mal zu bezahlbaren Preisen auf...

Martin
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