Kondensatortausch Röhrengerät

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michi1106
Stammgast
#1 erstellt: 23. Sep 2011, 12:20
Hallo liebes Forum,

es geht um die Reperatur dieser Musiktruhe:


Das Gerät aus 1954 hat jetzt schon meine Großeltern, meine Mutter (und Onkel) zu (sehr lauten) Jugendzeiten und nun auch mich einige Zeit überstanden, allerdings geht ihm allmählich "die Luft aus".

Die NF-Röhren habe ich bereits getauscht und den schlimmsten Schmutz soweit es ging beseitigt, außerdem den Plattenspieler geölt und die Skalenschnur ausgetauscht Da hatte damals doch glatt jemand einen Bindfaden als Ersatz genommen, das konnte nicht lange gut gehen.

Letztens geht es um das wohl wichtigste, den Tausch einiger Kondensatoren, und hier bin ich mir noch nicht so ganz sicher:



Handelt es sich bei den verschiedenen Typen jeweils um Elkos oder unpolare Kondensatoren?
Ich schätze, die roten und gelben i.d.Mitte im Bild sind Elkos, die schwarzen "Teerbomben" rechts oben müssten unpolar sein, stimmt das? Welche Spannungsangaben muss ich beim Kauf beachten, die Wechsel- oder Gleichstromangaben?

Macht es sinn, die Elkos im Metallgehäuse (siehe unten mitte rechts) bzw. den Siebelko des Netzteils auszutauschen? Und besteht Sinn, die Widerstände rund um die NF-Stufe auszutauschen?

BTW: Dieses Gerät hat doch glatt 4 Trafos, neben dem Netztrafo noch zwei große (für die Stereo-LS vermutlich) sowie einen kleinen Übertrager, für den ich mir keinen anderen Zweck ausdenken kann, als dass er etwaige Zusatzlautsprecher versorgt. Muss damals teuer gewesen sein.

Ich bedanke mich im Voraus!

Gruß
hf500
Moderator
#2 erstellt: 23. Sep 2011, 17:52
Moin,
so viele Kondensatoren, die auf jeden Fall getauscht werden sollten, sehe ich gar nicht.

Das sind die beiden sandfarbenen in Bildmitte (wahrscheinlich ERO-100 mit Wachsverguss) und die beiden "Wima-Backpflaumen" (Wima Tropydur) rechts oben. Der Rest sollte nur getauscht werden, wenn er wirklich defekt ist.

Drei Trafos hat ein Stereoroehrengeraet auf jeden Fall, solange es sich nicht um eins der seltenen (Philips) Geraete handelt, die uebertragerlosen Ausgang, dafuer aber 800 Ohm Lautsprecher haben.
Das ist der Netztrafo und die beiden Ausgangsuebertrager. Was in der Truhe der vierte macht, kann ich aus Unkenntnis des Chassis nicht sagen. Wenn er nur zwei Anschluesse hat, ist es eine Siebdrossel, die wegen ihres Preises eher selten verwendet wurde.

73
Peter


[Beitrag von hf500 am 23. Sep 2011, 17:53 bearbeitet]
Bertl100
Inventar
#3 erstellt: 23. Sep 2011, 19:01
Hallo zusammen,

das Gerät dürfte allerdings nicht von 1954 sein, sondern so grob von 1960 - 62.
Leiterplatten wurden erst ab dieser Zeit in Radio-Geräten eingesetzt.

PS:
Das könnte sie sein:
http://www.radiomuseum.org/r/saba_reichenau_12_stereo.html

Gruß
Bernhard
hf500
Moderator
#4 erstellt: 23. Sep 2011, 20:27
Moin,
1954 suchte man auch noch vergeblich Stereogeraete. Die tauchten erst Jahre spaeter auf, ich glaube, 1958. Diese Sabatruhe ist aber definitiv aus den 60ern, das Design der Skala zeigt es. Ausserdem sind zu viele "moderne" Kondensatoren drin. Das Geraet stammt aus der Zeit, wo Tropydur und ERO-100 durch modernere Typen abgeloest wurden, also um 1963/64.

Das war meine erste Einschaetzung, 1964/65 war man bei <Typbezeichnung>15, eine 12 ist also etwas juenger. 1961/62 nehme ich daher als neuen Schaetzwert an ;-)

73
Peter
michi1106
Stammgast
#5 erstellt: 23. Sep 2011, 23:22
Eigentlich wollte ich 1964 schreiben, jetzt sehe ich erst meinen Schreibfehler.

Ich bin dann richtig in der Annahme, dass diese gelben "ERO 100" Elkos sind? (und die schwarzen WIMA Bomben unpolar?)

Die roten tausche ich auf jeden Fall auch, man erkennt auf dem schlechten Foto leider nicht, dass sie verfärbt sind und an den Enden eine verformte poröse Masse herausschaut.

Hoffentlich wird der Klang nach dem Tausch wieder so wie er einmal war, er hat sich seit einiger Zeit bedeutend verschlechtert.

Der dritte Übertrager ist für einen "Zusatzlautsprecher", den man an der Rückseite anschließen kann. Außergewöhnlich ist vielleicht, dass dieser neben den zwei "Hauptübertragern" (für das gewöhnliche Stereo) vorhanden ist. Alle drei Lautsprecheranschlüsse können entweder auf alleinigen Betrieb des externen Lautsprechers oder auf einen gemeinsamen Betrieb mit den internen LS gesteckt werden, so dass dieser einzelnen ELL80 im Extremfall 6 Lautsprecher mit voller Bandbreite auferlegt werden. Die Übertrager für Kanal L und R sind erstaunlich dick, mindestens um 1/3 größer als die Gegentaktübertrager meines alten Philips Capella 845, der mit 2xELL80 und mehr als doppelter Leistung arbeitete.

Auf dem Chassis ist eine freie 7polige Röhrenfassung, es ist doch sehr verwunderlich, dass diese montiert wurde (es sind alle nötigen Röhren für jeden Wellenbereich + NF vorhanden). Ich kann mir vorstellen, dass hier statt der ELL80 ersatzweise eine günstigere EL95 ihren Dienst verrichten könnte. Ausprobieren werde ich das nicht.

Eigentlich war das Chassislayout wohl als Grundlage für verschiedene größere und kleinere Modelle gedacht .. aber daß man bei dieser Ausführung die Bestückung der Monoversion durch Übertrager und Röhrensockel so verschwenderisch hinzugefügt hat, wundert mich. Wozu das Ganze. Aufschlußreich wären die Schaltpläne, die in den Archiven von Radiomuseum.org "lagern". Nichtsdestotrotz hat der Kasten einen ungewöhnlich guten Stereoklang bei LPs, .. fast besser als so manches andere Gerät, aber das sind wohl eher dem Ohr schmeichelnde "Klangverschlimmbesserungen" bedingt durch den verworrenen Aufbau...
richi44
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 24. Sep 2011, 09:33
Die Ero 100 sind keine Elkos, sondern ganz normaler Kondensatoren, ebenso die Wima Lakritzen. Einen Elko siehst Du in der Mitte am unteren Bildrand. Es ist das Alu-Ding, das in einem weissen Kunststoffsockel sitzt. Und die roten Dinger sind Ero-Kondensatoren in Kunstharzverguss (rot bezeichnet die maximale Gleichspannungsfestigkeit von 1000V). Diese brauchst Du nicht zu tauschen, denn diese haben eine Ausfallquote von praktisch null.

Der dritte Übertrager kann möglicherweise eine Serieschaltung der beiden Stereokanäle bewirken, also Mono herstellen. Dies kann niederohmig geschehen. Auf diese Weise hat man die Möglichkeit, einen "Küchenlauitsprecher" anzuschliessen, welcher Mono ausgibt.

Bei einer Gegentakt-Endstufe wird der Übertrager nicht vormagnetisiert wie bei einer Eintaktendstufe. Daher muss der Eintaktübertrager grösser sein, zumindest dann, wenn auf einen Luftspalt im Kern verzichtet wurde.

Diese Fassung war bei Grundig (dort eine 9 pol) für den Anschluss eines Stereodecoders vorgesehen, irgendwann auch für einen Entzerrer-Vorverstärker. Bei Saba ist es ein Serviceanschluss. Mit einer speziellen Messaparatur wurde in der Fertigung das Gerät geprüft. Da gehört also keine Röhre rein!!


Eigentlich war das Chassislayout wohl als Grundlage für verschiedene größere und kleinere Modelle gedacht .. aber daß man bei dieser Ausführung die Bestückung der Monoversion durch Übertrager und Röhrensockel so verschwenderisch hinzugefügt hat, wundert mich. Wozu das Ganze. Aufschlußreich wären die Schaltpläne, die in den Archiven von Radiomuseum.org "lagern". Nichtsdestotrotz hat der Kasten einen ungewöhnlich guten Stereoklang bei LPs, .. fast besser als so manches andere Gerät, aber das sind wohl eher dem Ohr schmeichelnde "Klangverschlimmbesserungen" bedingt durch den verworrenen Aufbau...

Dass man ein Chassis für verschiedene Modelle verwendet hat ist nicht nur bei Saba üblich. Eine Entwicklung kostet Geld und damit kann man ja eine Palette von Geräten bedienen. Jedem Gerät ein eigenes Chassis zu bieten wäre unrentabel.
Was die freie Buchse tut habe ich beschrieben. Und ebenso die Funktion des dritten Übertragers. Dieser war bestimmt bei kleineren Geräten nicht verbaut, er ist also nicht einfach für den Fall verwendet, wenn man ein Monogerät möchte. In so einem Fall wäre eine andere Platine eingebaut worden mit einer EL84.
Der Klang hat nichts mit dem "verworrenen" Aufbau zu tun, sondern ist ein gelungener Kompromiss aus Schaltung und Lautsprecher.
michi1106
Stammgast
#7 erstellt: 25. Sep 2011, 01:59
Ok, was der Unterschied zwischen Elko und normalem Kondensator ist weiß ich ja, und in welchen Formen die beiden Typen auftreten auch.. ich war nur etwas unsicher bei den Kondensatoren, da sie einen schwarzen "Markierring" an einer Seite haben und auf der Platine immer i.d. Nähe der Kondensatorfüße ein "+" sowie ein "-" aufgedruckt ist.. das kann aber genausogut auch für irgendein anderes Bauteil daneben stehen. Damit weiß ich jetzt jedenfalls sicher dass ich die Dinger richtig ersetze.

Übrigens echt wahnsinn, was ihr hier teilweise so alles an Detailwissen habt!

Danke auf jeden Fall für die interessanten Infos!

Gruß
hf500
Moderator
#8 erstellt: 25. Sep 2011, 09:53
Moin,
bei Wickelkondensatoren kennzeichnet der Markierungsring den Aussenbelag. Er soll an das niederohmigere Potential (also nicht an das Steuergitter der folgenden Stufe) oder an Masse gelegt werden, um den Wickel gegen Einstreuungen abzuschirmen.

Ach ja, Elkos sind fast immer in Aluminiumbecher eingebaut, es gibt Ausnahmen in Vollkunststoff, aber die tauchen so gut wie nie in Roehrengeraeten auf, die sind dafuer zu alt (wenn man von den _ganz alten_ Elkos im Hartpapierrohr mit Bitumenverguss absieht, die es bis etwa Anfang der 50er gab).
Der Becher ist gleichzeitig mit dem Minuspol des Kondensators verbunden.

73
Peter
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