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Grundig MXV 100 ploppt

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cabrio
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 04. Jan 2007, 22:40
Bei meinem schönenen Vorverstärker der Mini-Serie ploppt leider der linke Kanal in unregelmäßigen Abständen. Ich vermute den Fehler im pnp Ausgangstransistor T113 (BC638).Leider konnte ich mit Kältespray den Fehler nicht provozieren.Dies Ausgangstransistoren werden sehr heiß bei meinem Gerät und scheinen unterdimensioniert.
kann jemand die Fehlerquelle bestätigen und gibt es alternative Ausgangstransistoren, die nicht so heiß werden?
Auf Hilfe hofft
Franky
oldiefan1
Inventar
#2 erstellt: 05. Jan 2007, 20:22
Hallo Franky,

Grundig hat bestimmt nichts unterdimensioniert. Wenn ein Endstufentransistor zu heiss wird, liegt entweder ein Defekt vor (z.B. in der Treiberstufe) oder - und das ist der häufigste Fehler - der Ruhestrom ist zu hoch. Bei richtig eingestelltem Ruhestrom wird der Kühlkörper der Endstufe bei Zimmerlautstärke auch nach ca. einer Stunde kaum handwarm.

Ruhestrom zu niedrig: Gerät verzerrt
Ruhestrom zu hoch: Endstufe brennt durch / oder wird zu heiss

Der Endstufen-Ruhestrom wird mit einem Potentiometer eingestellt, dass sich bei jedem der beiden Kanäle auf der Treiberplatine oder in der Nähe der Endstufentransistoren befindet.

Bei alten Geräten kann es vorkommen, dass durch Alterung nach Jahrzehnten der Ruhestrom irgendwann zu hoch oder zu niedrig wird. Dann muss er NACH WERKSANGABEN neu eingestellt werden. Dazu braucht man aber das Service Manual, dass einem sagt, wie und wo man den Ruhestrom misst und auf welchen WERT er einzustellen ist. Grundig gibt meist zwei Messpunkte an, an die ein Millivoltmeter angeschlossen werden muss. Dann muss bei kaltem Gerät, ohne Eingangssignal und ohne Lautsprecher mit dem Poti ein bestimmter Millivoltwert eingestellt werden.

Bist Du selbst "elektronisch/elektrisch erfahren"? Dann kannst Du es selbst machen. Vielleicht hat ja ein anderer Forumskollege die Angaben aus dem Servicemanual, oder Du kannst es Dir (z.B. ebay) besorgen. Wenn Du sowas aber noch nicht gemacht hast, würde ich die Arbeit einem Fachbetrieb oder versiertem Bekannten überlassen. Schnell ist ein Kurzschluss produziert und die Endstufe zerschossen. Ggf befinden sich im Innern auch Netzspannung-führende offene Kontakte, die man keinesfalls berühren darf! (Lebensgefahr!)

Aber Du sagst ja, das Problem hast Du bei einem Vorverstärker. Der hat ja gar keine Endstufe, also auch keine Ruhestromeinstellung. Hier muss also ein Defekt vorliegen. M.E. spricht das Ploppen für einen defekten Kondensator. Hast Du im Bereich, wo Du den Fehler vermutest Tantalkondensatoren? Grundig hat oft "blaue Tantalperlen" verbaut, die sich mit Plopp und Kurzschluss plötzlich verabschieden können und dabei meist Transistoren mit ins Nirwana reissen. So ein kurzgeschlossener Tantal-Elko kann einen Transistor leicht zum Glühen bringen. Normale Elkos können auch mit Kuzschluss ausfallen.

Ich würde solche Tantalkondensatoren durch Folienkondensatoren ersetzen (WIMA MKS-2), wenn möglich (gibt es bis 4,7 Mikrofarad/50 V), bei höheren Kapazitäten durch Standard-Elektrolytkondensatoren tauschen. Wenn Du keinen Schaltplan hast und auf aufwendige Fehlersuche verzichten willst, schlage ich vor, alle Kondensatoren im betreffenden Bereich konsequent zu erneuern.

Gruss,
Reinhard
hf500
Moderator
#3 erstellt: 05. Jan 2007, 20:57
Moin,
der MXV100 ist ein Vorverstaerker und der hat nur einen Transistor auf einem Kuehlkoerper, den im Netzteil ;-)

Die Ausgangsstufe ist Klasse A Eintakt mit reichlich Ruhestrom, etwa 25mA.
Bei einer UCE von ca.25V macht das 0,6W Verlustleistung, damit ist ein BC638 gut ausgelastet.

Wenn der Verstaerker Geraeusche macht, folgende Kondensatoren tauschen:
C144/344 (0,47µ/35V), C156/356 (0,47µ/35V), C118/318 (0,47µ/35V) und wenn man schon dabei ist,
auch C128/328 (0,47µ/35V).

Diese Kondensatoren tauscht man durch 0,47µ/63V Folienkondensatoren mit Rastermass 5mm (Conrad etc.)

Dann C163/363 (10µ/35V Tantal) gegen 10µ/63V 105°C. Wenn man will, auch die beiden Tantalelkos in der Phonostufe,
die ebenfalls in 10µ/25V 105°C

Das Relais, das den Ausgang bei dem Einschalten kurzschliesst, soll nach etwa 3 Sekunden anziehen.
Sonst C911 (10 µ/50V) tauschen, auch hier 105°C Type mit 63V.

Dann sollte der Verstaerker wieder knackfrei laufen, auch wenn ich bei meinem MXV100 immer noch ein paar Knackgeister fangen muss.
Auch sollte man die komplette Ausgangsstufe an ihren Transistoren und den grossen Widerstaenden nachloeten.
Ebenfalls alle Anschlussbuchsen und die Buchsenplatte auf der Hauptplatine.

Man muss hier mit Ausloetlitze wirklich sehr gut umgehen koennen, Litze auflegen, !nicht! reiben!
Die Platinen sind empfindlich und die Loetaugen loesen sich sofort ab. Die Platinen sind nicht kaschiert, sondern die Leiterbahnen
sind elektrochemisch aufgebracht. Das gab im Prinzip billig herzustellende, durchkontaktierte und doppelseitige Platinen, die auch viel aushalten.
Nur keine Loetwaerme :-/

73
Peter
cabrio
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 05. Jan 2007, 23:11
Da gab es ja doch noch Antworten. Herzlichen Dank an Reinhard und insbesonder Peter für die vielfältigen Tipps.

Ich komme eben gerade von dem Gerät, wo ich den Fehler weiter eingegrenzt habe. Das Dumme ist, dass man auf das Erscheinen des Störgeräusches schon mal 20 Min warten muß, also eine langwierige Sache.Die von Peter erwähnten Kondensatoren hatte ich bereits alle getauscht.

Die Vorstufen habe ich von der Ausgangsstufe durch Auslöten von C151 abgetrennt... Der Fehler blieb erhalten. Also muß dieser in den Ausgangsstufen mit T111-T113 zu suchen sein.
T111 habe ich durch Abtrennen von R211 abgehängt. Der Fehler trat nicht mehr auf.Also muß er sich in oder um T111 (Laut Schaltbild BC413C, bei mir eingelötet BC550C)befinden. Ich werde als nächstes diesen T mal tauschen.
Wenn ich Glück habe, war es das dann.

Grüsse
Franky
cabrio
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 05. Jan 2007, 23:18
Noch vergessen zu Fragen wegen des stark belasteten T113 (BC638) in der Ausgangsstufe:
Ist es hier sinnvoll eine etwas stärker belastbare Type einzusetzen? Der BC638 ist ja laut Datenblatt nur mit 0,625 W belastbar, also voll ausgereizt...
Franky
hf500
Moderator
#6 erstellt: 05. Jan 2007, 23:26
Moin,
wenn Du einen Transistor in der Ausgangsstufe abhaengst, hoert diese auf zu arbeiten.
Trennt man R211 ab, wird T113 gesperrt, die Ausgangsstufe arbeitet nicht mehr und der Fehler ist natuerlich auch weg.
Die komplette Ausgangsstufe ist fuer Gleich- und Wechselspannung/strom gegengekoppelt.
Ein Fehler in einem Bauelement wirkt daher durch die gesamte Stufe.
Das macht die Fehlersuche so schwierig.
Da der Fehler erst nach Erwaermung auftritt, sollte man die Ausgangstransistoren und die Arbeitswiderstaende naeher
betrachten, sie werden am hoechsten belastet.
Transistoren und Widerstaende tauschen, fuer die Widerstaende 1W Metallfilm nehmen und mit mehr Abstand zur Platine einloeten.

73
Peter
cabrio
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 06. Jan 2007, 14:57
Erfolgserlenbis! Er löpt wieder ohne Störungen. Fehlerhaft war definitiv T111 (BC550C) in der Ausgangsstufe.
Habe heute morgen den T ausgetauscht und jetzt läuft das Gerät schon seit über eine Stunde ohne jedes Nebengeräusch.
Danke nochmal für die Mithilfe.
Ich werde den MXV jetzt wieder in die Stereo-Anlage integrieren.
Grüsse
Franky
hf500
Moderator
#8 erstellt: 06. Jan 2007, 19:24
Moin,
weisst Du, wie gross die Ausgangskondensatoren bei Dir waren?
Im Schaltbild stehen 100µ/63V, drin waren bei mir 47µF.

Im uebrigen scheint sich bei Dir eine Faustregel zu bestaetigen.
Fehler, die besser werden (Betriebszeit), sind meist Elkos.
Wird es schlimmer, sind es Transistoren oder allgemein Halbleiter.

73
Peter
cabrio
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 06. Jan 2007, 19:41
Bei mir im Schaltbild steht 100/50V. Die waren bei mir auch drin.Hab ich vorsorglich auch getauscht.
Grüsse
Franky
Yorck
Gesperrt
#10 erstellt: 15. Jul 2007, 14:58
Hallo, meine kleine Grundig MXV 100 Vorstufe hat in den letzten Wochen immer mal sporadisch bei der Phonosektion den linken Kanal mit kräftigem Rauschen quittiert, andere Zuspielquellen kamen aber nachwievor durch..
Dank der Tipps hier habe ich zuerst einmal alle Spannungen gemessen und die Kondensatoren geprüft, da war aber alles noch okay, letztendlich war der Fehler auch immer nur mal sporadisch da und dann tagelang wieder verschwunden, Kältespray half nichts...nun habe ich einfach alle Transistoren in der Phonosektion (linker Kanal) T101 T102 und T103 und T104 rausgelötet und einzeln im Transistorprüfer geprüft, dann wieder eingesetzt...es stellte sich bei der Benutzung eines Haarföns (Hitzetest) Transistor T114 als der Schuldige heraus ein BC557B,nach Ersatz dessen durch einen neuen von Conrad läuft das Teil wieder perfekt....habe dennoch mir die Zeit genommen und alle Tantalkondensatoren und sukzessive ALLE Elkos von A-Z gegen neue, bessere 105Grad beständige 63V Typen ersetzt---jetzt sollte der Amp die nächsten 30 Jahre ohne Ärger laufen....kalte Lötstellen waren auch zumindest optisch zuhauf zu beklagen, waren aber elektrisch noch nicht kritisch---die knarzenden Potis habe ich mit Ballistol (in kleiner Menge) neu geschmiert..da knarzt nichts mehr!

Beste Grüße

Dirk


[Beitrag von Yorck am 15. Jul 2007, 15:01 bearbeitet]
audiophilanthrop
Inventar
#11 erstellt: 16. Jul 2007, 12:35

Yorck schrieb:
---die knarzenden Potis habe ich mit Ballistol (in kleiner Menge) neu geschmiert..da knarzt nichts mehr!

Hmm, soll das Zeug nicht im Laufe der Zeit verharzen? Dann gibt es nämlich irgendwann wieder Ärger...
andisharp
Hat sich gelöscht
#12 erstellt: 16. Jul 2007, 13:09
Ich weiß auch nicht, warum hier viele Ballistol empfehlen. Ich kann davon nur abraten, das Zeug zieht Dreck an. Richtig wäre eine Kombination aus Kontakt 60, WL und 61. Oft reicht auch nur WL und 61. Wenig 60 und reichlich WL zum Reinigen und etwas 61 zur Versiegelung. Das reicht für mehrere Jahre.
hf500
Moderator
#13 erstellt: 16. Jul 2007, 20:37
Moin,
Ballistol habe ich frueher auch verwendet.
Es verharzt nicht, sondern dickt zu einer vaselinartigen Masse ein.
Hat man viel davon verwendet, sieht das Poti nach einiger Zeit wie ein Blumenkohl aus ;-)

Obwohl es chemisch eher harmlos ist, sollte Ballistol daher geanu wie Kontakt 60 ausgewaschen werden.
In der Regel genuegt aber Kontakt 61 allein.

73
Peter
hf500
Moderator
#14 erstellt: 03. Nov 2007, 20:47
Moin,

ich habe heute meinen MXV100 ein wenig "getuned", also die hoch belasteten Ausgangstransistoren durch belastbarere ersetzt.
Nach etwas Sucherei habe ich mich fuer den BD520 entschieden (PNP, 80V, 2A, 10W, 120MHz; z. Vergl: BC638 60V, 1A, 0,8W, 50MHz).
Geeignet waere auch der fast gleiche, aber etwas spannungsfestere (100V) BD530.

Ohne Kuehlkoerper wird auch dieser Transistor reichlich warm, transportiert aber durch die duennen Beine kaum Waerme in die Platine.
Und duenne Beine sind durch die Bohrungen in der Platine Voraussetzung.
Trotz abweichender Anschlussfolge laesst sich der Transistor noch problemlos einsetzen.

Durch die starke Gegenkopplung gleich- wie wechselstrommaessig ist der Transistor in der Ausgangsstufe einigermassen unkritisch,
die Gleichspannungen an den Transistoren haben sich praktisch nicht veraendert.

Das sieht jetzt so aus:

http://img87.imageshack.us/img87/6127/mxv100of5.jpg

Die vier Arbeitswiderstaende werden noch durch etwas hoeher eingesetzte 1W Metallfilmwiderstaende ersetzt. Beim jetzigen Einbau
wird noch zuviel Waerme in die Platine geleitet.

Nachtrag:
Anscheinend hat sich auch das Problem mit dem Knacksen in den ersten 10 Minuten Betrieb mit den neuen Transistoren erledigt.
Jedenfalls ist das gestern und heute nicht wieder aufgetreten. Ich hoffe, das bleibt auch so ;-)

73
Peter


[Beitrag von hf500 am 07. Feb 2008, 01:25 bearbeitet]
agrestic
Schaut ab und zu mal vorbei
#15 erstellt: 20. Jul 2010, 12:47
Hallo!

Ich hatte bei beiden MXV100 die ich besitze das Problem, dass sie nach einiger Zeit auf dem Linken Kanal einen Knall produzieren.
Ich habe nach der Anleitung von hf500 alle beschriebenen Kondensatoren ausgetauscht. Ich hab erst die Tantals C163/363 und die C144/344 ausgetauscht, und dann bei der ersten kontrolle schon festgestellt, dass das Problem schon behoben war. Trotzdem habe ich die anderen (außer die vom Phono und Relais) dann auch noch ausgetauscht.

Ich bedanke mich vielmals für die Anleitung! Jetzt funktionieren beide Vorverstärker wieder wunderbar :-)

Gruss
agrestic
Fux77
Neuling
#16 erstellt: 24. Sep 2015, 19:42
Hallo,
nachdem ich bei meinem MXV100 auch Störgeräusche und das Ploppen hatte, habe ich wie beschrieben etliche Bauteile getauscht. Es ist soweit jetzt auch wieder ok, jedoch habe ich auf dem linken Kanal ein leichtes Dauerrauschen (unabhängig von der aufgedrehten Lautstärke).

Ich habe nun mal einige Spannungen nachgemessen und ich habe an zwei Punkten in der linken Stufe deutlich zu hohe Spannungen:
13.8 V statt 12.2 V
29 V statt (24.4 V) (bedingt durch obige "Über"-Spannung)
In der rechten Stufe sind die Spannungen nur leicht erhöht.

--> siehe Eintragungen im angehängten Schaltplan (die grün markierten Bauteile habe ich erneuert)mxv100_bias_problem

Die meisten Widerstandswerte habe ich nachgemessen und sie sind ok. Wie bekomme ich die Spannung runter? Die Widerstände (für BIAS ??) R217 und R218 wurden bereits ausgetauscht.

Danke!
Viele Grüße
Markus


[Beitrag von Fux77 am 24. Sep 2015, 19:44 bearbeitet]
hf500
Moderator
#17 erstellt: 24. Sep 2015, 20:11
Moin,
willkommen im Forum.

Die Kollektorspannung von T111 ist zu hoch, weil der Transistor zuwenig Strom zieht. Ist C158 ok? Wenn er zu Feinschluss neigt, zieht er die Basisspannung von T111 herunter, was dessen Basis- und damit Kollektorstrom senkt. Die Basisspannung wird hochohmig ueber R213 zugefuehrt, ein Fehler in C158 kann sich deswegen gut auswirken (auch, wenn ihm R206 ziemlich niederohmig parallelliegt). Solange die Transistoren einwandfrei sind, gibt es fuer bestaendiges Rauschen nur irgendeinen schadhaften Widerstand oder Kondensator als Grund.
Ist fuer T111 ein BC550C drin? Bei zuwenig Stromverstaerkung kann der Transistor nicht genug Strom ziehen, die Kollektorspannung steigt an.
Die Spannung an C158 fuer den Normal- und gestoerten Betrieb nachrechnen, dann weiss man, ob das Spannungsteilerverhaeltnis noch stimmt. Es duerfte genuegen, nur R213 und 206 zu betrachten, der Basisstrom von T111 duerfte zu vernachlaessigen sein.
Tip: Bei der Fehlersuche auch die Basis-Emitterspannung der Transistoren nachmessen, kann Hinweise liefern.

Fuer die Wertaenderung von C167 muesste man mal die Seriennummern der Geraete vergleichen. Mal sind tatsaechlich 100µ drin, mal 47µ. Man muesste mal die untere Grenzfrequenz fuer einen aeusseren Lastwiderstand von 10k ausrechnen. Am Ende "Aenderungen, die dem technischen Fortschritt dienen, vorbehalten". Entweder war mit 100µ in der Praxis die untere Grenzfrequenz des Ausgangs zu niedrig oder 47µ vollkommen ausreichend.

73
Peter
Fux77
Neuling
#18 erstellt: 24. Sep 2015, 21:00
Hallo Peter,
Danke für Deine ausführliche Hilfe.
Werde mir den C158 morgen anschauen bzw. tauschen und auf jeden Fall die BE-Spannung messen.
Was für Werte nehmen denn feinschlüssige Kondensatoren erfahrungsgemäß an, oder sind hier von Kurzschluss bis Unendlich alle Werte möglich?

Den T111 habe ich heute getauscht und wieder den BC413C eingebaut (extra auf Ebay welche besorgt ..), wäre ein BC550C besser gewesen? Zumindest ist nach dem Tausch des T111 ein sporadisch auftretendes ziemlich lautes Rauschen weg (dafür ist das leichte Rauschen jetzt noch da ..).

Danke für die Erklärung zum C167.

Viele Grüße
Markus
Fux77
Neuling
#19 erstellt: 24. Sep 2015, 21:25
Eine Frage hätte ich noch: was bedeutet der Doppelpfeil bei dem R207, ist dieser zum Abstimmen gedacht?
hf500
Moderator
#20 erstellt: 24. Sep 2015, 23:51
Moin,
BC413 ist ein rausch- und rumpelarmer Vorstufentransistor, BC550 hat die gleichen Eigenschaften und ist als sein Nachfolger anzusehen. Beide sind hier gleichwertig verwendbar. Wichtig ist hier das "C" hinten an der Typbezeichnung, es gibt die Stromverstaerkungsgruppe an (hier die hoechste). "A" ist selten, "B" waere fuer BC413 oder BC550 auch moeglich.

Der Doppelpfeil kennzeichnet einen "selbstveraenderlichen" Widerstand, hier ist es ein temperaturveraenderlicher Widerstand, damit der Arbeitspunkt der Ausgangsstufe bei Temperaturaenderungen erhalten bleibt. Transistoren neigen dazu, bei hohen Temperaturen immer mehr Strom zu ziehen, was hier dem an sich schon hochbelasteten BC638 gefaehrlich werden kann. Die Gegenkopplung ueber alle drei Stufen und R207 verhindern dies. Der angegebene Nennwert von 2,2k gilt fuer 25°C.

In Roehrengeraeten koennen feinschluessige Kondensatoren schon mit einem Widerstandswert von einigen Megohm "gefaehrlich" werden, in diesem Fall sind es eher Werte im ein- bis unteren zweistelligen Kiloohmbereich. Daher nachrechnen, welche Spannung an C158 stehen soll und nachmessen, welche tatsaechlich anliegt.
PFWL
Neuling
#21 erstellt: 06. Feb 2020, 23:54
Hallo,

ich hoffe der Thread ist nicht tot:

Ich habe bei meinem MXV 100 ein ähnliches ploppen gehört. Dieses konnte ich beheben durch den hier beschriebenen Austausch der Elkos und Tantalkondensatoren.

Zudem ging einer der Ausgangskanäle nicht. Ich habe daraufhin bei beiden Kanälen die BC638 Transitoren durch folgende ersetzt: https://www.conrad.d...e-1-pnp-1264565.html

jetzt geht gar nichts mehr! Kann mir jemand sagen, ob ich damit überhaupt die richtigen transistoren eingebaut habe?

Grüße
Rabia_sorda
Inventar
#22 erstellt: 07. Feb 2020, 02:40
Ich frage mich, warum du nicht wieder die BC638 eingebaut hast. Die deutschen BC-Typen gibt es doch an fast jeder "Tankstelle".
Als Equivalent dienen u.a. auch BC636/640.
Bei dem KSP2907 passen die Pinbelegungen schon mal gar nicht. Zudem ist er auch etwas schwach "auf der Brust". Ob das hier was ausmacht habe ich nicht kontrolliert.


[Beitrag von Rabia_sorda am 07. Feb 2020, 03:45 bearbeitet]
oldiefan1
Inventar
#23 erstellt: 07. Feb 2020, 03:21
Tja, ist klar - der Kardinalfehler - Transistortyp geändert, aber nicht die Datenblätter bzgl. Pin-Out überprüft, oder?

Pinfolge von links nach rechts, flache Seite zugewandt, Pins nach unten:
BC638: ECB
KSP2907ATF: EBC


Gruß
Reinhard
krausmichael
Schaut ab und zu mal vorbei
#24 erstellt: 19. Mai 2020, 17:06
Hallo,

Ich hoffe sehr, dass der Thread noch nicht tot ist! Ich habe auch einen Grundig MXV100 Vorverstärker, der nun leider seit einiger Zeit Probleme macht.

Bevor ich aber auf die Probleme eingehe, möchte ich kurz erwähnen, dass ich zwar weiß, wie man die Spannungen misst, den Schaltplan liest und Komponenten prüft. Aber meine Kenntnisse in Elektrotechnik sind generell relativ begrenzt.

Und ich möchte mich vorweg schonmal für den langen Text entschuldigen, ich habe versucht mich so kurz wie möglich zu halten und dabei trotzdem alle relevanten Modifikationen und Probleme am Verstärker zu beschreiben.

Nun zu meinem Vorverstärker, meine Probleme haben angefangen indem mein linker Kanal sporadisch ausgefallen ist. Ich habe den Verstärker auf gemacht und gesehen, dass einige Elkos entsprechend gealtert waren und habe einige problematische Lötstellen gefunden. Daraufhin habe ich alle Elkos getauscht (gegen Spannungsfestere und 105°C) und die Probleme in den Lötstellen behoben.
Die Musikqualität war danach gefühlt etwas besser und ein paar Knackser waren weg, aber das Problem blieb bestehen. Die Spannungen habe ich nach dem Schaltplan nachgemessen und die waren alle (mit minimalen Abweichungen) OK.

Nach einiger Recherche habe ich diesen Thread gefunden und entsprechend die CX44 (0,47µ/35V), CX56 (0,47µ/35V), CX18 (0,47µ/35V) und CX28 (0,47µ/35V) gegen Folienkondensatoren (MKS2) getauscht und auch die Tantals gegen Elkos. Seitdem sind alle Knackser weg, aber das Problem blieb bestehen…
Anschließend habe ich auch die Ausgangstransistoren (TX13/BC638) und Widerstände (RX17 & RX18/560 ohm & 470 ohm) getauscht (das Board war an diesen Lötstellen auf der Unterseite dunkel verfärbt). Dabei hat sich endlich R217 als Schuldiger gefunden. Die BC638 habe ich mit BC640 getauscht und die Ausgangswiderstände mit Metallfilm 3W mit den entsprechenden ohm.

Nach etwa 3 Stunden fehlerlosen Betriebs hat sich der Rechte Kanal mit grauenhaften und lauten Geräuschen verabschiedet… Beim nachmessen der Spannung stellte sich raus, dass Transistor T311 (BC413C) kaputt war. Ich konnte keinen BC413C mehr bekommen und habe hier im Thread gelesen, dass BC550C hier gleichwertig verwendet werden kann. Also habe ich für T311 und T111 BC550C eingebaut. Der Verstärker lief wieder für etwa 2-3 Stunden, dann hat sich der linke Kanal mit grauenhaften Geräuschen verabschiedet, diesmal war T111 kaputt…

Ich dachte vielleicht habe ich das Problem verursacht und nach dem Tausch von T111 alle Kontakte auf Ober- und Unterseite geprüft, nach Kurzschlüssen gesucht und die Wärme überwacht. Das Ergebnis, die Kontakte sind einwandfrei und ich habe keine Kurzschlüsse, aber die Ausgangswiderstände RX17 & RX18 wurden unglaublich heiß (>100°C). Deswegen habe ich die mit Hochleistungswiderständen mit Kühlkörpern getauscht.
Für RX17: https://www.conrad.d...5-w-1-1-1655958.html
Für RX18: https://www.conrad.d...0-w-1-1-1655212.html

Anschließend blieben die Ausgangstransistoren unter 70°C und die Ausgangswiderstände unter 60°C, das Problem war aber nicht behoben. Nach 3-4 Stunden verabschiedete sich der linke Kanal wieder, T111 war wieder kaputt…

Ich habe T111 wieder mit einem BC550C repariert und wieder alle Kontakte und Leitungen geprüft, alles war OK. Außerdem habe ich aller Widerstände nachgemessen und festgestellt, dass einige altersbedingt minimal außerhalb der Toleranzgrenzen waren. Dann habe ich alle Spannungen im Normalbetrieb anhand des Schaltplans nachgemessen, die waren alle identisch mit denen die ich ganz am Anfang gemessen habe (an T113 war es 25,9V und an T313 war es 26,0V) und ich habe gewartet bis der Fehler wieder auftrat (diesmal war es T311). Dann habe ich die Spannungen im gestörten Betrieb nachgemessen. Bis T310 waren die Spannungen alle in Ordnung, T311 war defekt und bei T312 und T313 kamen stark schwankende Spannungen an. (Die Spannung oszillierte für T313 zwischen 3V und 45V) Bei T314 schwankte die Spannung zwischen 13.2V und 14.1V. Die Spannungen im linken Kanal waren alle identisch zum Normalbetrieb. Nach dem Wechsel von T311 mit BC550C waren alle Spannungen wieder stabil.

Nachdem der Fehler immer entweder in T111, oder T311 auftrat und alle Spannungen bis T110 und T310 auch im gestörten Betrieb stabil waren, dachte ich mir, ich tausche alle Komponenten im Schaltplan zwischen TX10 und TX14 und zusätzlich noch RX67 und RX69. Also alle Widerstände von RX92 – RX21, alle Kondensatoren von CX51 – CX67 und die Transistoren TX11 – TX13, mit Ausnahme von RX07, CX52, CX53, CX54 und CX57. Ich wusste nicht welchen temperaturveränderlichen Widerstand ich für RX07 brauche und die Kondensatoren CX52, CX53, CX54 und CX57 habe ich nicht bekommen. Die Widerstände die Ich verwendet habe sind Metallfilm-typ 0207 mit 0,6 W und 1 % Genauigkeit.

Nach dieser Aktion war der Klang im Verstärker traumhaft. Die Qualität hat sich hörbar verbessert, was mich riesig freut, aber das Problem ist immer noch da…

Ich habe keine Ahnung was den Fehler verursacht. Vielleicht sind RX07 kaputt und wenn die mit der Betriebszeit wärmer werden, können T111 und T311 nicht mehr versorgt werden. Ich würde gerne RX07 tauschen, aber ich weiß nicht welche Widerstände ich dafür kaufen muss.

Wenn irgendjemand eine Idee hat, was kaputt sein könnte, oder ob ich durch irgendeine Änderung einen Fehler verursacht habe, wäre ich super dankbar! Ich habe alle Änderungen und alle Spannungen dokumentiert, sollte jemand einen Wert brauchen, bitte einfach nachfragen.

Die Anlage läuft seit 1981 und es wäre super, wenn ich die wieder flottbekomme. Vielen Dank für eure Hilfe!
Michael
oldiefan1
Inventar
#25 erstellt: 19. Mai 2020, 18:10
Hallo Michael,

Du schreibst "...das Problem ist immer noch da…", aber Du schreibst nicht, welches der vielen Probleme, die Du hattest. Meinst Du damit, der Vorverstärker hat auf dem linken Kanal immer noch sporadisch Aussetzer, läuft aber sonst normal?

Wenn es DAS ist, geht man systematisch vor.

Zuallererst ALLE Lötstellen - von der Eingangsbuchse angefangen - unter der Lupe genau auf Fehler/feine Risse etc. kontrollieren. Wenn die alle in Ordnung sind, dann...

...muss man feststellen, WO das Signal verlorengeht, nachdem man sich überzeugt hat, dass das Signal in der Eingangsbuchse am linken Kanal auch tatsächlich ankommt/anliegt. Nicht selten ist es nämlich ein Kabelfehler oder Steckerfehler des Anschlusskabels oder ein Kontaktfehler oder gerissene Lötstelle, z.B. an der Anschlussbuchse oder an einem Schalter.

Man speist also aus einem Signalgenerator in die Eingangsbuchse am linken Kanal ein 1 kHz Sinus mit einer Amplitude von ca. 0,5-1V ein und verfolgt dann dieses Signal durch die Verstärkerstufen, nachdem man darauf gewartet hat, dass am Verstärkerausgang links das Signal ausgefallen ist.

Auf diese Weise identifiziert man zunächst die Baugruppe, in der das Signal verlorengeht. Dann inspiziert man diese Baugruppe genauer und identifiziert den schadhaften Kontakt oder das schadhafte Bauteil.

Dazu benötigt man die erforderlichen Mittel zur Signalerzeugung, Signalverfolgung und sollte einen Schaltplan grob lesen können.

Du kannst mir gerne eine PN oder Email schicken, wenn Du selbst so nicht vorankommst, weil es Deine Möglichkeiten nicht hergeben.


Gruß
Reinhard


[Beitrag von oldiefan1 am 19. Mai 2020, 18:11 bearbeitet]
krausmichael
Schaut ab und zu mal vorbei
#26 erstellt: 19. Mai 2020, 22:44
Hallo Reinhard,

Ersteinmal viel herzlichen Dank für die Antwort!

Das Problem mit dem sporadisch aussetzenden linken Kanal habe ich identifizieren können. Der Widerstand R217 war defekt. Und das Problem ist seit dem Tauschen mit einem neuen Widerstand auch nicht wieder aufgetreten. Ich habe das leider etwas umständlich im Text versteckt.

Die Lötstellen habe ich alle mehrfach mit der Lupe geprüft und auch alle Bahnen und Kontakte mit dem Durchgangszähler mindestens 3 mal nachgemessen.

Das einzige Problem das der Vorverstärker hat, ist, dass sich entweder der Transistor T111 oder T311 nach etwa 2-3 Stunden fehlerfreiem Betrieb einfach verabschiedet. Dabei hört man dann im entsprechenden Kanal sehr laute Störgeräusche. Das ganze kann man schön an den Spannungen nachvollziehen, auf einmal sperrt der entsprechende Transistor und an den folgenden Transistoren messe ich dann oszillirende Spannungen. Ich weiß allerdings nicht, ob sperrt hier der korrekte Ausdruck ist
Tausche ich den defekten Transistor läuft alles wieder fehlerfrei für etwa 3 Stunden. Ich habe bereits einiges probiert, um diesen Fehler zu beheben, bis jetzt hat nichts dieses Problem verbessert oder verschlechtert.

Ich vermute als Schuldigen R207 bzw. R407. Oder besser gesagt, ich habe alle Komponenten auf dem Board die im Schaltplan zwischen T110/T310 und T114/T314 sind ausgetauscht, bis auf R207/R407 und einigen Folienkondensatoren, die ich im Laden nicht kaufen konnte.

Ich glaube, dass R207/R407 durch Alterung die Spannung bei Temperatureveränderung nicht mehr stabil halten können. Welchen Temperaturveränderlichenwiderstand müsste ich denn nehmen um die auszutauschen?

Vielen Dank noch einmal und ich wünsche einen schönen Abend!
Michael
oldiefan1
Inventar
#27 erstellt: 19. Mai 2020, 23:34
Hallo Michael,

Nun wird es klarer, was Du meinst.

Du "reparierst"aber immer nur den Folgeschaden, ohne die wirkliche Ursache für den Ausfall der Transistoren beseitigt zu haben. Anders gesagt, T111 und T311 fallen immer wieder aus, weil sie massiv überlastet werden. Deshalb auch die viel zu hohe Temperatur. Die Widerstände R217/R218 und R417/R418 fallen aus demselben Grund aus - Überlastung durch viel zu grossen Strom. Dann darfst Du natürlich keine höher belastbaren Widerstände ("mehr Watt") einbauen, wie Du das gemacht hast, sondern Du musst die Ursache beseitigen, die zur Überlastung der Endtransistoren und der mit ihnen verbundenen Kollektor-Widerstände führt! Denn die werden natürlich zu warm, wenn T111/T311 überlastet sind. Wenn im Haus die Sicherung auslöst, weil ein Gerät einen Defekt hat, beseitigt man den Defekt und baut nicht stattdessen eine "grössere Sicherung" ein. So ist das hier auch.

R207 und R407 sind als Ursache nicht wahrscheinlich. Du kannst ja deren Widerstand messen. Wenn sie bei kaltem Gerät ca 2 - 2,4 kOhm haben, sind sie in Ordnung.

Da ich das Gerät nicht vor mir habe, kann ich nur Vorschläge machen, was so eine Überlastung auslösen kann:

1. Versehentlich bei Deinem "Tauschen" verpolt eingebaute Elkos, die beim ersten Einschalten dann sofort einen Schluss bekommen. Den siehst Du das von aussen nicht unbedingt an.

2. Auch ein erhöhter Leckstrom in defekten oder verpolt eingebauten Ausgangs-Koppelelkos C167/C367 führt zur Überlastung der Endstufentransistoren.

3. Ebenso sind die Tantal-Kondensatoren C163/C363 kritisch zu prüfen - sie entwickeln besonders gerne einen Feinschluss, bei verpoltem Einbau sogar augenblicklich.

Dann ist es egal, ob Du alle Teile schon "gewechselt" hast. Die Fehler sind alle schon wieder oder noch da!

Soll ich den VV anschauen und Dein Problem lösen? Dein bisheriges Vorgehen - immer wieder die genannten ausfallenden Transistoren und Widerstände ersetzen - geht dem Problem nicht an die Wurzel. Auch der Austausch von R207 und R407 wird daran nichts ändern. In dem Fall bitte PN oder Email.


Gruß
Reinhard


[Beitrag von oldiefan1 am 19. Mai 2020, 23:35 bearbeitet]
krausmichael
Schaut ab und zu mal vorbei
#28 erstellt: 20. Mai 2020, 00:16
Hallo Reinhard,

Ich werde R207/R407 morgen gleich nachmessen und vielen Dank für die Erklärung das macht natürlich Sinn. Ich werde morgen die Poolung aller Elkos und der Tantals kontrollieren. Ich habe beim Tauschen sehr darauf geachtet, dass die Poolung korrekt ist, aber bei der Menge an Elkos, kann ein Fehler durchaus plausibel sein.

Wie kann ich Kondensatoren auf Feinschluss testen?

Ich Wohne zur Zeit leider nicht in Deutschland, sondern bin für mein Studium im Ausland, da wird insbesondere auch wegen der Corona Krise ein anschauen des Verstärkers leider schwierig. Vielleicht sobald sich die Möglichkeit ergibt, dass ich wieder nach Deutschladn komme (wahrscheinlich um Weihnachten). Aber vielen Dank für das Angebot!

Grüße,
Michael
krausmichael
Schaut ab und zu mal vorbei
#29 erstellt: 20. Mai 2020, 12:12
Hallo Reinhard,

Die Kondensatoren sind alle richtig eingebaut. Sie stimmen mit der Polung auf der Platine und auf der Serviceanleitung überein. Ich habe auch Photos vom Board gemacht bevor ich die elkos getauscht habe, auch beim Vergleich mit den alten elkos stimmt die Orientierung. Es gibt allerdings einen Widerspruch in der Polung von C176. Die Orientierung ist auf dem Board anders aufgezeichnet als in der Serviceanleitung. Der originale C176, sowie der getauschte sind/waren nach dem Aufdruck der Platine eingebaut.

R207 und R407 haben beide 2,21 kOhm und sind somit in Ordnung und ich habe alle Lötstellen/Bahnen erneut geprüft, die sind in Ordnung.

Wie kann ich die Kondensatoren testen? Muss ich die Kondensatoren dazu auslöten und die be- & Entladung mit dem Multimeter testen? Mein Multimeter kann leider keine Farad messen.

Vielen Dank nocheinmal!
Michael
oldiefan1
Inventar
#30 erstellt: 20. Mai 2020, 16:44
Hallo Michael,

ich weiss nicht, wie es auf dem Board steht, ich habe allerdings das Schaltschema.
Generell gilt: Es gibt sehr oft sowohl auf dem Board als auch im Schaltschema Druckfehler - auch was Polung der Kondensatoren betrifft. Mit elektrotechnischem Grundwissen, sind die aber meist leicht zu erkennen.

Was C176 (C376) betrifft (nicht verwechseln mit C167 / C367 !):
Der C176/C376 muss so eingebaut sein, dass der "- Pol" an Chassismasse liegt und am "+ Pol" +13V anliegen. Bitte prüfe das durch Nachmessen.

In (meinem) Schaltbild (Grundig Service Manual) ist die Polung von C176/C376 richtig eingezeichnet. Diese beiden Elkos sind im Kopfhörerverstärker, haben mit Deinem "eigentlichen Problem" nichts zu tun.

Kondensatoren kannst Du nicht mit einem Multimeter auf Schluss/Feinschluss testen. Auch mit einem Kapazitätsmessgerät geht das nicht. Wenn Du überall neue Kondensatoren eingebaut hast, dabei die erforderliche Spannungsfestigkeit beachtet und nicht versehentlich verpolt eingebaut hast, gibt es daran auch nichts zu messen. Dann sind sie in Ordnung. Wie gesagt, C176/C376 Polung solltest Du nochmal nachmessen.

Es sollte aber zu Denken geben, dass Du anfangs nur sporadisches Aussetzen des linken Kanals hattest, was auf eine der defekten Lötstellen zurückzuführen sein könnte. Wenn damals schon R217 defekt war, dann deutet das auf eine Überlastung von T113, die als Folge R217 gegrillt hat. Dann hast Du alle Elkos gewechselt. Erst seitdem hast Du die systematische Überlastung BEIDER Endstufen, die das mit Ausfall der Endtransistoren und Heisslaufen der Kollektorwiderstände quittieren. Es sieht also ganz danach aus, dass Du bei diesem Kondensatorwechsel einen Fehler eingebaut hast, und zwar im linken Kanal genauso wie im rechten Kanal. Denn erst seitdem fallen beide Kanäle in der gleichen Weise durch zu hohen Kollektorstrom in den Endtransistoren aus.

Übrigens:
C163/C363 (10µF/35V) sollten Tantalkondensatoren sein. Im Schaltbild steht ja auch ausdrücklich dort "T" = Tantal. Tantalkondensatoren haben bessere Hochfrequenzeigenschaften als normale Alu-Elkos und vertragen besser Wärme. Da es aber reichlich Erfahrung an dieser Stelle auch mit "normalen" Elkos gibt (siehe Anfang dieses Threads), ist das wohl nicht kritisch (vorausgesetzt, die Spannungsfestigkeit ist mindestens 35V und nicht verpolt eingebaut).

Und...
auch wenn "nur" T111 messbar defekt geworden ist, sollten T112 und T113 immer miterneuert werden, da sie durch einen Defekt von T111 kollateral geschädigt werden können und dann u.U. einen neuen T111 wieder sterben lassen können. T113/T313 werden auch ohne Signal recht hoch belastet (Ruhestrom 25mA bei UCE=18V macht eine Verlustleistung von 0,45W).

Wenn Du die BC638 des Herstellers CDIL verbaut hast (von Reichelt?), habe ich die Befürchtung, dass es da wirklich keine Reserve gibt. Die Kleintransistoren von CDIL sind nach meiner Erfahrung "auf Kante genäht". Mglw. hatten die original von Grundig verbauten von Telefunken oder Siemens oder Motorola oder ST etwas mehr Belastungstoleranz. Ein höher belastbarer Ersatztyp wurde in einem weiter vorne stehenden Beitrag hier vorgeschlagen (auf Pin-Anschluss-Reihenfolge nach Datenblatt achten!).



Wenn Du gut aufgelöste Fotos der beiden Endstufenbereiche einstellst, sowohl von der Bestückungs- als auch von der Lötseite, kann ich vielleicht noch mehr sagen/sehen.

Gruß
Reinhard



Nachtrag:

Noch eine Idee:

Wenn T111 und/oder T113 defekt geworden sind, steht am Kollektor von T113 die Spannung +A mit +47V (von Dir im Fehlerfall gemessen: +45V).
Das bedeutet, dass in diesem Fall auch am Tantalkondensator C163 der nur bis max 35V vorgesehen ist, sowie am Elko C158, der sogar nur für 6,3V ausgelegt ist, bis +47V anliegen. Nach dem Transistordefekt sind also vermutlich auch diese beiden Kondensatoren beschädigt/defekt. Die hast Du vermutlich aber nicht jedesmal miterneuert.

Deshalb sollte für C163 und C158 als Spannungsfestigkeit 63V vorgesehen werden.



Ausserdem muss ich mich berichtigen.
Ich hatte weiter vorne geschrieben, dass R207 und R407 Varistoren (Thermistoren) vom Typ NTC sind, die ihren Widerstand bei steigender Temperatur verringern. Aber nun meine ich, dass es NICHT NTC-Typen sein sollten. NTC's verringern ihren Widerstand beim Warmwerden. Das darf hier nicht sein, R207 und R407 müssten ihren Widerstand beim Warmwerden vergrössern, sonst gibt es einen "thermal runaway" und T113/T313 u. ggf. T111/T311 sterben. Es müssten m.E. also PTC-Typen mit R(25°) von ca. 2,2 kOhm sein.

Grundig schreibt dazu: NK2, TK3500
Ich habe zu dieser Bezeichnung nichts finden können. TK könnte vielleicht Telefunken heissen? NK2...? Steht NK für negativen Temperaturkoeffizient? Dann wären es doch NTC's...aber das dürfte nicht sein! Wenn beim NTC die Temperatur hoch geht, geht der Widerstand runter, dann steuert T111/T311 höher durch und überlastet sich und am Ende auch T113/T313.


[Beitrag von oldiefan1 am 20. Mai 2020, 23:50 bearbeitet]
krausmichael
Schaut ab und zu mal vorbei
#31 erstellt: 21. Mai 2020, 15:47
Hallo Reinhard,

Vielen Dank für die super ausführliche Antwort und die ausgiebige Hilfe!

Ja, C176 und C376 haben beide den – Pool an der Masse, dann ist da bei mir ein Druckfehler im Plan. Ich habe das auch nachgemessen. Bei mir liegen allerdings 14,3 V an den + Poolen an.

Ich habe die Spannungsfestigkeit beachtet und bin auch soweit es platztechnisch möglich war höher gegangen. (alle Elkos haben entweder 63V, oder 100V Spannungsfestigkeit) Die einzigen Ausnahmen sind die Tantals mit 35V und C158 bzw. C358, da habe ich aktuell 16V verbaut, aber das werde ich schnellst möglich beheben.

Ich habe leider noch ein weiters Problem ausgemacht… Ich habe das in meinem ersten Beitrag nicht beschrieben, weil ich dachte es war irrelevant. Aber nachdem ich die Elkos getauscht hatte, bin ich zu unserem Elektronikfachmarkt (Gotron) gegangen um die Widerstände zu kaufen und habe denen erzählt, dass ich versuche einen Verstärker zu reparieren. Ein Mitarbeiter hat mir angeboten sich den mal anzuschauen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte der Verstärker nur das Problem mit dem sporadisch aussetzenden linken Kanal. Als ich den Verstärker wiedergeholt habe, meinten sie, dass sie auf Anhieb nichts erkennen konnten.
Gestern vor der Arbeit bin ich beim Elektronikfachmarkt vorbeigefahren und habe gefragt was und wie sie denn getestet haben. Der Mitarbeiter hat mir gesagt, dass er gemerkt hat, dass T113 und T313 sehr warm werden und hat deshalb kurzzeitig BD138 Transistoren für die beiden installiert, um zu sehen, ob ein leistungsstärkerer Transistor eben weniger Hitzeprobleme hat… Das Problem des sporadisch aussetzenden Kanals war nicht behoben aber dafür lief der Verstärker für knapp 40 Minuten mit zwei BD138 als Ausgangstransistoren… Beim abholen hatten die mir wieder meine originalen BC638 eingebaut, deshalb habe ich das nicht bemerkt und auch nicht weiter nachgefragt…

Hier ist der Link zu diesem Datenblatt des Transistors: https://www.tme.eu/D...016STU-Fairchild.pdf
Kann das den möglichen Schaden in meinem Vorverstärker erklären?

Ich habe aktuell für T111/T311 BC550C, für T112/T312 BC550C und für T113/T313 BC638 drinnen, die ich bei Reichelt online bestellt habe. Sollte ich die besser gegen leistungsstärkere tauschen, sobald das zugrundeliegende Problem behoben ist? Außerdem habe ich gestern alle Widerstände berechnet und nachgemessen und konnte soweit keine Fehler auf dem Board feststellen.

Ich habe auch Fotos von der Ober- und Unterseite mit dabei, aber wie Du Dir sicher vorstellen kannst hat das Board erhebliche Hitzeschäden abbekommen, sowohl vom Löten, als auch von der Überhitzung der Transistoren/Ausgangswiderstände… Sollte sich das Problem in dem Verstärker finden, möchte ich das Board tauschen. Momentan habe ich die Probleme notdürftig gerichtet.

Wäre es hilfreich, dass ich sobald ich Zeit habe noch einmal alle Spannungen Nachmessen und in meinem Plan einzeichnen und dann auch als Bild hochlade?

Ich habe übrigens Physik im Bachelor studiert, daher meine Grundkenntnisse in Elektrodynamik und dann zu Biochemie gewechselt und mache gerade meinen PhD in Gent in Belgien. Deswegen ist es leider auch nicht möglich, dass ich vorbeikomme… Sollte sich das Problem aber nicht finden, würde ich sehr gerne wenn möglich vorbeikommen sobald es wieder geht. Leider hängt das für mich von den Richtlinien der Universität ab und die verbieten Reisen außerhalb Belgiens aktuell bis zum Ende des Akademischen Jahres (Ende September).

Ich möchte mich noch einmal ganz herzlichst für die Hilfe bedanken und wünsche Dir einen schönen Feiertag!
Michael

Austausch aller Widerstände, Transistoren und Kerkos im entsprechenden Bereich 14.5.2020
Austausch aller Widerstände, Transistoren und Kerkos im entsprechenden Bereich 14.5.2020

Bereich der Ausgangstransistoren 21.5.2020
Bereich der Ausgangstransistoren 21.5.2020

Board Rückseite 21.5.2020
Board Rückseite 21.5.2020

Boardrückseite während des Austausches der Widerstände, Transistoren und Kerkos 14.5.2020
Boardrückseite während des Austausches der Widerstände, Transistoren und Kerkos 14.5.2020

Das Board wie es heute aussieht (21.5.2020)
Das Board wie es heute aussieht (21.5.2020)

Das Board wie es jetzt ist, ohne Ausgangswiderstände 15.5.2020
Das Board wie es jetzt ist, ohne Ausgangswiderstände 15.5.2020


[Beitrag von krausmichael am 21. Mai 2020, 15:53 bearbeitet]
Rabia_sorda
Inventar
#32 erstellt: 21. Mai 2020, 22:43
Hat es einen Grund, weshalb du Würth-Elkos verwendet hast?
Ich "würth" die niemals verwenden, denn ich kenne den eigentlichen Hersteller nicht und daher sind sie mir schon etwas suspekt
Tatsächlich habe ich aber auch noch nie etwas Schlechtes von ihnen gehört.
krausmichael
Schaut ab und zu mal vorbei
#33 erstellt: 21. Mai 2020, 23:49
Hi, ich habe die hauptsächlich verwendet, weil ich hier wenig Alternativen kaufen konnte wenn ich Kondensatoren wollte die mehr als 85°C aushalten und ich nicht auf die Lieferung warten wollte. Darüberhinaus waren im Fall von C907 (der ganz große) die Maße etwas besser. Beim Vergleich der Datenblätter sind sie genauso gut wie andere, viele Kondensatoren von denen sind angeblich bis 125°C betriebsfähig und die generelle Lebensdauer soll sehr gut sein. Außerdem habe ich auch nach einiger Recherche nichts schlechtes über die Marke gefunden. Aber es ist auch das erste Mal, dass ich die verwende.
oldiefan1
Inventar
#34 erstellt: 22. Mai 2020, 03:08
Hallo Michael,

C176 und C376:
ok, also kein Handlungsbedarf. Es liegen etwas mehr Volt als im Schaltplan an, weil die Netzspannung heute eher an 240V statt 220V ist. Deine 10% mehr (14,3V statt 13,2V sind unkritisch.

Mit der höheren Spannungsfestigkeit der verbauten Elkos bist Du auf der sicheren Seite. Auch bei Halbleiterdefekt sind sie damit nicht gefährdet. C158 und C358 würde ich sicherheitshalber auf höhere Spannungsfestigkeit von 63V noch aufrüsten.

Durch reinen Austausch der BC638 durch BD138 kann kein Schaden entstanden sein, wenn der Techniker dabei nicht dabei noch etwas anderes vermasselt hat, was er Dir aber wahrscheinlich nicht unbedingt erzählen würde, sollte dabe etwas schief gelaufen sein. Durch den Fremdeingriff hast Du die Kontrolle darüber, was wirklich genau mit dem Gerät gemacht wurde, verloren.

T111/T311 BC550C, für T112/T312 BC550C sind richtig.
Für BC638 kannst Du auch Transistoren einbauen, die Wärme besser dissipieren: BD518 oder BD520, oder BD440. Auf ggf andere Pin-Anschlussfolge achten. BD138 geht zwar auch, aber BD440 wäre m.E. demgegenüber die bessere Alternative, da noch höher belastbar.

Ziemlich Bauchschmerzen habe ich bei den "vermasselten" Lötstellen. Ich vermute Du hast ungeeignetes Lot und/oder ungeeignetes Lötwerkzeug/Löttemperatur, Entlöttechnik, da mehrere Leiterbahnen und Lötösen ganz weggebrannt sind. Ausserdem Verschmutzung durch Lötspratzer und Lötfett. Aber ich kann auf den Fotos optisch nicht erkennen, ob die vorgesehenen Verbindungen trotzdem elektrisch i.O. sind und keine versehentlichen unerwünschten Lotbrücken durch Spratzer oder Lötfehler vorhanden sind. An den Schäden ist jetzt sowieso nichts mehr zu ändern. Da das Board beidseitig Leiterbahnen hat, ist das ausmessen / prüfen zeitaufwendig, solltest Du aber so vollständig wie möglich im Bereich der Ausgangsstufen machen, um sicherzugehen, dass die Verbindungen alle in Ordnung sind.

Tip:
Nicht bleifrei löten, kein zusätzliches "Lötfett" benutzen. Dann werden die Lötstellen gut, das Lot verläuft gut, Leiterbahnen werden geschont, da mit niedrigerer Temperatur (ent-)lötbar. Bleifreies Lot verlangt zu hohe Löttemperatur, die das Board im MXV100 nicht verträgt. Zur Entlötung bei diesen Platinen immer nur gute frische Entlötlitze verwenden. Bleifreies Lot kann mit Entlötlitze bei für dieses Board akzeptabler Temperatur nur dann entfernt werden, wenn zur Erniedrigung der Schmelztemperatur vorher der Lötstelle bleihaltiges Lot zugeführt wurde.
Die Platine würde ich mit Zahnbürste reinigen/abbürsten, damit die Lotspratzer entfernt werden. Davon hast Du reichlich, die machen ggf. leicht unerwünschten Schluss, wo man es nicht erwartet. Gründlichere Reinigung geht mit Isopropanol und Zahnbürste, anschliessend mit lötfähigem Platinenüberzugslack neu versiegeln und unter Lupe kontrollieren.

Wenn die elektrischen Verbindungen/Lötstellen soweit alle geprüft und ok sind, würde ich jetzt an Deiner Stelle nochmal alle vier BC550C in den Ausgangsstufen erneuern und dabei auch die beiden BC638 durch BD440 sowie C163 und C363 durch neue Elkos 10µF/63V ersetzen. Alle Teile in einem Gang zusammen erneuern, bevor überhaupt wieder eingeschaltet wird. Dann müsste eigentlich das Problem behoben sein.


Gruß
Reinhard


[Beitrag von oldiefan1 am 22. Mai 2020, 04:34 bearbeitet]
krausmichael
Schaut ab und zu mal vorbei
#35 erstellt: 23. Mai 2020, 13:15
Hallo Reinhard,

Vielen Dank für die vielen hilfreichen Hinweise und Tipps. Ich hatte mir schon sorgen über die erhöhte Spannung gemacht, aber wir haben hier tatsächlich 238 V Netzspannung und es ist auch gut zu wissen, dass die BD138 an sich keine Probleme darstellen, hoffentlich ist da nichts weiter passiert...

Zum Löten bin ich vor einiger Zeit tatsächlich auf bleifreies Zinn umgestiegen, aber das werde ich ab jetzt für diese Anlage nicht mehr verwenden. Daran hatte ich überhaupt nicht gedacht… Jedes Mal, wenn Ich an der Platine arbeite prüfe ich alle Kontaktstellen und Leiterbahnen mehrfach nach bevor ich die Anlage anschalte. Es dauert Ewigkeiten bis alles durchgeprüft ist, aber ich möchte auf keinen Fall einen Fehler riskieren.

Mein Lötkolben kann auf das Grad genau eingestellt werden, welche Temperatur ist den für die Platine zu empfehlen? Mein bleihaltiges Zinn ist Sn60 Pb38 Cu2?

Ich habe schon alle Teile bestellt, die BD440, die BC550C, die C163/C363 und die C158/C358. Es wird wahrscheinlich bis zu 2 Wochen dauern, bis ich die Teile geliefert bekomme. Ich konnte alles nur bei Reichelt bekommen und die Lieferzeit nach Belgien sind etwas länger als normal.

Dieses Wochenende werde ich die Platine mit Isoprop und Zahnbürste reinigen und dann mit Lötlack versiegeln. Ich habe nur den Lack SK10 von Kontakt zu Hause, sollte ich da besser einen anderen Lack nehmen?

Ich komme mir langsam vor wie eine kaputte Schallplatte, wenn ich mich bedanke, aber deine Tipps sind wirklich hilfreich und ich habe auch einiges gelernt, also nocheinmal herzlichen Dank! Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende.

Grüße,
Michael
oldiefan1
Inventar
#36 erstellt: 23. Mai 2020, 18:53
Hallo Michael,

SK 10 ist richtig als Schutzlack.
Sn60Pb38Cu2 ist perfekt (notfalls geht auch Sn60Pb40). Hat man vorher die Lötstelle bleifrei gelötet, muss das bleifreie Lot vor Neulöten mit bleihaltigem Lot vollständig entfernt werden. Andernfalls sinkt die Erweichungstemperatur der Mischung aus bleifrei- und bleihaltigem lot zu stark ab. Man macht sich das aber vorteilhaft zunutze, wenn man bleifreie Lötstellen bei möglichst niedriger Temperatur schonen entlöten will, indem man der bleifreien Lötstelle vorher bleihaltiges Lot zuführt und so den Schmelzpunkt erniedrigt. Hatte ich oben schon erwähnt. Ohne diesen Trick kann es sonst mühsam sein, mit Entlötlitze bleifreie Lötstellen zu entlöten - oder man zerstört Leiterbahnen und Lötösen.

Löttemperatur mit bleihaltigem Lot ca. 280°C. Die Temperatur kann vom Lötkolben abhängen, ausprobieren. Das Lot von von der Rolle soll augenblicklich schmelzen, wenn es dem Lötkolben an der Lötstelle zugeführt wird. Beim Entlöten soll die Lötstelle sich beim Kontakt mit der Lötkolbenspitze in etwa 1 Sekunde verflüssigen. Die Löttemperatur ist richtig, wenn das Löten etwa 1-2s dauert und das Entlöten kein längeres "Herumbraten" erfordert, sondern auch zügig erfolgt. Wenn Du zum Entlöten Entlötlitze nimmst, brauchst Du höhere Temperatur. Auch wenn Lötstellen an grösseren Massebahnen/-Flächen entlötet werden sollen, braucht man höhere Temperatur. Eine Zahlenangabe ist nicht sehr aussagefähig, wiegesagt, bei Elektronik - Bleilot nehme ich 260°-320°C, grössere Masseflächen und Entlötlitze 340-360°C.

Gruß
Reinhard
Bertl100
Inventar
#37 erstellt: 25. Mai 2020, 09:19
Hallo zusammen,

noch ein Hinweis zu der Lötkolbentemperatur.
Man stellt ja (leider) nicht die Temperatur der Lötspitze ein, sondern die des Temperaturfühlers, der aber weiter "hinten" sitzt. Die Heizung des Lötkolbens sitzt noch weiter hinten.

Das heißt, es gibt beim Lötvorgang, wo ja Wärme von der Spitze abfließt, eine Differenz zwischen der Spitzentemperatur und dem Fühler. Diese hängt stark vom Lötkolben ab.
Das ist statisch.
Hinzu kommt, dass es eine Zeit lang dauert, bis die Wärme von der Heizung nachkommt.

Das erklärt das von Reinhard empfohlene Vorgehen.
Ich drehe bei meinem Lötkolben (wegen dieser Zeitverzögerung des Wärmenachschubs) sogar immer unmittelbar (einige Sekunden) vor dem Löten großer Masseflächen die Temperatur hoch, damit die Wärme schon mal zu "fließen" anfängt.

Gruß
Bernhard
krausmichael
Schaut ab und zu mal vorbei
#38 erstellt: 25. Mai 2020, 15:26
Hallo Reinhard, hallo Bernhard,

Die Platine ist nun sauber und ich muss nur noch auf die Ersatzteile warten. Sobald die ankommen und eingebaut sind werde ich hier natürlich sofort Bericht erstatten.

Vielen Dank für die Tipps zum Löten, die werden mir sicherlich Helfen!

Ich wünsche Euch einen schönen Tag,
Michael
krausmichael
Schaut ab und zu mal vorbei
#39 erstellt: 16. Jun 2020, 17:56
Hallo Reinhard,

Ich habe letztes Wochenede alle Ersatzteile erhalten und eingebaut. Anschließend habe ich mit größter Sorgfalt (Zahnbürste und Isoprop) das Board nocheinmal gereinigt und alle Knotakte auf beiden Seiten durchgetestet und dann versiegelt.

Nach etwa 3,5 Stunden Betrieb ist mir allerdings wieder T111 kaputt gegangen. Dieses Mal habe ich nur T111 ausgetauscht und dann mit meinem Heißluftlötgerät exakt 70°C eingestellt und R207 während des Betriebs aufgewärmt. Nach ca 10 Minuten war T111 wieder kaputt. Gestern habe ich dann T111 erneut getauscht und dann R207 mit Luftkühlung (140 mm PC Lüfter zusammen mit einem Trichter um einen guten Luftstrom zu erzeugen) gekühlt, nach 6,5 Stunden Betrieb habe ich die Kühlung ausgeschaltet und wieder auf 70 grad aufgewärmt. Nach 10 Minuten erwährmen war T111 wieder kaputt. Ich vermute also, dass sich R207 und R407 während des Betriebes aufwärmen und deren Temperaturveränderlichkeit nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert. Oder könnte es ein anderes Problem geben?

Und welche Widerstände müsste ich denn nehmen um die auszutauschen? Laut Schaltplan würde ich denken, dass es NTCs sein sollten. Grundig beschreibt diese mit NK2, TK3500. Aber wie Reinhard erläutert sollten es PTCs sein:


NTC's verringern ihren Widerstand beim Warmwerden. Das darf hier nicht sein, R207 und R407 müssten ihren Widerstand beim Warmwerden vergrössern, sonst gibt es einen "thermal runaway" und T113/T313 u. ggf. T111/T311 sterben. Es müssten m.E. also PTC-Typen mit R(25°) von ca. 2,2 kOhm sein.


Ist es vielleicht ein VDR? Falls jemand weiß welche Widerstände ich brauche um R207/407 zu ersetzten, könnte dieser bitte einen Link posten?

Vielen Dank für die Hilfe und ich wünsch noch einen schönen Abend!
Michael


[Beitrag von krausmichael am 16. Jun 2020, 18:33 bearbeitet]
oldiefan1
Inventar
#40 erstellt: 16. Jun 2020, 23:54
Hallo Michael,

Bei hoher Temperatur sinkt der Widerstand von R207 (2,2 kOhm bei 25°C) und der Strom über R205 und R207 nimmt damit zu. Das geht bei Dir aber so weit, dass offenbar die zulässige Obergrenze für T111 (bei BC550C sind das lt. Datenblatt 100 mA max) überschritten wird. Das wundert mich aber sehr, da doch R208 (150 kOhm) den Strom durch T111 so sehr begrenzt, dass T111 eigentlich in dieser Schaltungsumgebung gar nicht überlastet werden kann. Hast Du mal R208 nachgemessen?

Lt. Schaltplan ist R207 ein NTC (NTC = Heissleiter) mit Nennwiderstand 2,2 kOhm bei 25°C und einem Temperaturkoeffizienten von B= 3500 K.
Der heute erhältliche ähnliche Typ ist dieser:
EPCOS B57891M222K 2K2 2.2K Ohm (ebay Art.-Nr. 271899491501)

In der Schaltungssimulation ist erkennbar, dass mit sinkendem Widerstand R207 (bei Temperaturerhöhung), die Verstärkung der Endstufe erheblich ansteigen kann, bis ins Clipping. Deshalb meine Bemerkung zu PTC. Aber, wie gesagt, nach grundig Schema ist es der genannte NTC.

Dieser NTC geht nach Datenblatt von 2,2 kOhm bei 25°C auf ca. 450 Ohm bei 70°C.

Gruß
Reinhard
Bertl100
Inventar
#41 erstellt: 17. Jun 2020, 11:25
Hallo zusammen,

also T111 kann auch nach meiner Meinung nicht von selbst sterben.

Daher eine (etwas wüste) Theorie:
Bei Erwärmung von R207 ändert sich zunehmend der Arbeitspunkt der gesamten Endstufe.
Irgendwann wird ein Zustand erreicht, in dem "irgendetwas" passiert.
Ich danke da an einen thermischen Fehler eines Bauteils, z.B. T113. Ich habe jetzt vergessen, ob der schon getauscht wurde. Es kann aber auch irgendein anderes Bauteil sein.
Während dieser thermische Fehler auftritt, kommt es in der ganzen Endstufe transient zu Vorgängen, die T111 zerstören.

Gruß
Bernhard
oldiefan1
Inventar
#42 erstellt: 17. Jun 2020, 20:17
Hallo Michael, Bernhard,

hier die Simulation dieses Schaltungsteils (Endstufe) mit dem 2,2kOhm NTC bei Temperaturerhöhung von 25°C auf 75°C.

Mit 11 mV Eingangsamplitude (Sinus 1 kHz) erhalte ich bei 25°C am Ausgang (für Last 47kOhm) eine Ausgangsspannung von 1V(rms) = 1,4 V Amplitude.
Wie schon zuvor geschrieben, geht bei 75°C der NTC Widerstand auf ungefähr 450 Ohm runter. Damit steigt die Ausgangsspannung am Verstärkerausgang auf nahezu das Dreifache (auf 3,2 Vrms = 4,5V Amplitude). Das hatte ich mit "thermal run away" gemeint.

Meines Erachtens kann DAS aber nicht Sinn und Zweck des NTC sein! Denn die Ausgangsspannung muss unabhängig von der Temperatur konstant sein und die anderen Bauteile haben keinen so extremen gegenläufigen Temperaturgang. Die Kompensation des NTC ist demnach gar nicht für solche hohe Temperatur (70°C) vorgesehen, sondern für kleine Kompensation bei Erwärmung auf allenfalls 30-40°C.

Hier die Simulation für den Temperaturbereich 25°C bis 75°C in 10°C-Schritten grün = 25°C):

LTSpice Simulation NTC 2,2k 25 bis 75C Ausgangsspannung an 47k Last

LTSpice Simulation NTC 2,2k 25 bis 75C Ausgangsspannung an 47k Last_


Wenn in der Schaltung etwas "heiss" wird, ist m.E. das bereits ein Symptom für einen schon bestehenden Defekt. Infolge der fehlerhaft zu hohen Temperatur aufgrund dieses Defekts kommt es dann durch die entsprechende Erwärmung des NTC zum weiteren Ausfall der ganzen Endstufe, da damit dann die Verstärkung "hochfährt", wie in der Simulation erkennbar.

Die Simulation macht verständlich, wieso die Schaltung bei Temperaturerhöhung auf 70°C zerstört wird. M.E. muss zunächst die Ursache für die hohe Temperatur gesucht und beseitigt werden.

Alternativ könnte man losgelöst von allen diesen Überlegungen statt des 2,2 kOhm NTC versuchsweise einfach einen regulären 2,2 kOhm Widerstand einbauen. Immer unter der Voraussetzung, R208 hat tatsächlich 150 kOhm und alle anderen Bauteile sind auch geprüft und in Ordnung. Ich habe immer im Hinterkopf, dass beim Ausfall von T111 auch noch mehr defekt ist.

Gruß
Reinhard


[Beitrag von oldiefan1 am 17. Jun 2020, 21:12 bearbeitet]
Bertl100
Inventar
#43 erstellt: 18. Jun 2020, 13:05
Hallo zusammen,

in der Simulation fehlt meines Erachtens die "Über-Alles-Gegenkopplung". Über R215 und C163 wird ja das Ausgangssignal an den Fußpunkt der Klangregler geführt.
Das dürfte die Gesamtverstärkung deutlich reduzieren, aber auch den Einfluß des NTC auf die AC-Verstärkung vermindern.

Gruß
Bernhard
oldiefan1
Inventar
#44 erstellt: 18. Jun 2020, 17:22
Hallo Bernhard, Michael,

Bernhard hat natürlich vollkommen recht!
Das kommt davon, mann soll eben keine "Abkürzungen nehmen", wie ich das gemacht hatte, um den Klangregel-Klimbim einzusparen. Die Klangregelung liegt in der Gegenkopplung - man kann sie nicht weglassen. Das ist schnell korrigiert. Aber was Gutes hat mein erster "unvollkommener" Anlauf doch: Er demonstriert, was passiert, wenn eine Unterbrechung in der Gegenkopplung vorliegt - und da liegt wahrscheinlich der Hund begraben.

Ich habe die Simulation jetzt um die wichtige Gegenkopplung über das Klangregelnetzwerk ergänzt. Bernhards Aussage findet sich bestätigt. Ich benötige am Eingang der Klangregelstufe jetzt 0,8V Amplitude für 1 Vrms (1,4V Amplitude) am Endstufenausgang an 47 kOhm Last. UND... das Wichtige: Die Amplitudenabhängigkeit von der NTC Temperatur ist zwischen 25°C und 75°C nur noch MINIMAL. So passt das!

MXV 100 Klangregel und Endstufe_Schaltung

MXV 100 Klangregel und Endstufe_NTC Simulation



DAS führt auf einen neuen Verdacht, was die Fehlerursache sein könnte:
Wenn bei Michael, wie in meiner ersten Simulation ohne Gegenkopplung, ein Fehler/Unterbrechung in der Gegenkopplung bzw. in der Klangregelstufe vorliegt, hätte das wie in der Simulation den gleichen dramatischen Temperatureffekt. Aufheizen mit dem Fön würde zum Aufschwingen der Amplitude bis zur Zerstörung der Endstufe führen. Bei ordnungsgemäss verbundener Gegenkopplung/Klangregelstufe tritt das nicht ein! Ausserdem ist bei fehlender Gegenkopplung die Verstärkung zu hoch....und deshalb wird die Endstufe zu warm. Da kann man Bauteile tauschen, wie man will...Der Fehler liegt bei einer Unterbrechung auf der Platine, bzw. fehlerhaftem Lötloch oder fehlerhafter Durchkontaktierung zwischen den beiden Leiterbahnebenen. Das macht nun plötzlich alles Sinn, erklärt die Beobachtungen von Michael.

Michael, die Prüfung der Verbindung, angefangen am Kollektor von T113, über R215, C163 und alle Widerstände und Kondensatoren im Klangregelnetzwerk, sowie deren ordnungsgemässe Verbindungen wäre wichtig. Von Bauteile-Anschlusspin zu Bauteile-PIN messen, so erkennt man Defekte auch innerhalb der Lötstellen. Manchmal hat eine Lötöse keine richtigen Kontakt mehr. Man sieht das mit dem Auge nicht. Besonders bei Leiterplatten, die auf beiden Seiten Leiterbahnen haben, machen Durchkontaktierungen gerne Probleme. Der Zustand Deiner Leiterplatte war ja in dieser Hinsicht "arg gebeutelt". Das könnte erklären, warum Bauteile-Erneuerung keine Verbesserung gebracht hat. Auch die Lötstellen an den Bass- und Höhenreglern an der Platine prüfen. Da darf es keinen Wackler oder eine gerissene/grbrochene Lötstelle geben!

Gruß
Reinhard


[Beitrag von oldiefan1 am 18. Jun 2020, 21:12 bearbeitet]
oldiefan1
Inventar
#45 erstellt: 18. Jun 2020, 18:14
Hallo Michael,

die besonders kritischen Verbindungen der Gegenkopplung habe ich hier in rot hervorgehoben. Dort darf es keine Leiterbahnunterbrechung zwischen den Bauteilen und an den Bauteil-Lötstellen geben, sonst "geht die Endstufe bei Erwärmung durch" (wie in der ersten Simulation ohne Gegenkopplung)..

kritische Verbindungen der Gegenkopplung


Eine kritsche Durchkontaktierung (Übergang von der oberen auf die untere Leiterbahnebene liegt unter dem Kondensator C152 (habe ich mit rotem Punkt markiert), dort geht leicht der Kontakt verloren. Ebenfalls kritisch sind die Lötanschlüsse an den Klangregelpotis zu sehen. Sie liegen ebenfalls im Strompfad der Gegenkopplung.

Die Leiterbahnverbindungen auf der Bestückungsseite habe ich blau markiert, die auf der Lötseite rot.

kritische Verbindungen der Gegenkopplung Leiterplatte

Auf dem zugehörigen Foto dieses Leiterplattenbereichs fällt auf, dass die Lötösen am Kondensator C163 abgerissen sind. Daher kann die Verlötung von C163 auf der anderen Seite der Leiterplatte zu den dort liegenden Leiterbahnenden fehlerhaft sein und dadurch hier eine Unterbrechung verursachen. Bitte prüfe insbesonders, ob vom + Pol-Beinchen des Elko C163 auf der Bestückungsseite zum Drahtanschluss am Widerstand R215 Durchgang besteht. Und auch, ob vom - Polbeinchen des Elko C163 auf der Bestückungsseite zum Drahtanschluss am R202 Durchgang besteht

Ausserdem habe ich noch Lötstellen markiert, die schlecht aussehen (nicht in kosmetischem Sinne, sondern die lektrisch sog. "kalte Lötstellen" sein könnten) und/oder wo es nach dem Foto scheint, dass Lotspritzer versehentlich Kontakt zu benachbarten Leiterbahnen machen können.

kritische Verbindungen der Gegenkopplung Leiterplatte_aktuell

Gruß
Reinhard


[Beitrag von oldiefan1 am 18. Jun 2020, 20:55 bearbeitet]
Bertl100
Inventar
#46 erstellt: 19. Jun 2020, 07:22
Hallo Reinhard,

ok. Also kompensiert der NTC wohl den DC Arbeitspunkt.
Trotzdem verändert er ja aber die Open Loop Verstärkung der Stufe gewaltig.
Könnte es vielleicht trotzdem damit zusammenhängen?
Vielleicht schwingt das ganze Gebilde dann?

Gruß
Bernhard


[Beitrag von Bertl100 am 19. Jun 2020, 07:25 bearbeitet]
oldiefan1
Inventar
#47 erstellt: 19. Jun 2020, 16:30
Hallo Bernhard, Michael,

Ja, die Wirkung des NTC ist damit geklärt. Und es ist wirklich ein NTC mit 2,2 kOhm und B= ca. 3500 K (man kann auch bis B= 4000 K nehmen, ist nicht kritisch). Meine früheren Zweifel sind ausgeräumt.


Schwingneigung
Schwingen ist möglich. Aber die Simulation gibt dafür kein starkes Argument.
In der Simulation baut sich beim Erwärmen des NTC auf 75 °C zwar ein leichter Buckel im Amplitudengang bei 700 kHz auf. Die Phasenverschiebung ist da aber erst 45°. Das ist ja noch keine hinreichende Phasendrehung für eine sich selbst aufrechterhaltende Schwingung. Erst eine deutlich stärkere Amplitudenüberhöhung, zusammen mit einer Phasenverschiebung von wenigstens >90° deutet nach meiner bisherigen Erfahrung auf zu erwartende Schwingneigung.

Ich habe inzwischen recht viele Verstärker Vor- und Endstufen simuliert und mit Messungen verglichen und aufgrund dessen traue ich diesem Simulationsergebnis.

Simulation (LTSpice) für Amplituden- und Phasenfrequenzgang mit NTC Temperatur (25°C bis 75°C in 10°-Schritten) als Parameter:
25°C = grün

Frequenz Phase Endstufenausgang


Unterbrechung in der Gegenkopplung
Wenn ich die Gegenkopplung unterbreche (z.B an C163) steigt die Verstärkung im Bereich 100 Hz bis 10 kHz um 37 dB (das ist ein Faktor von 70) bei 25°C und um 47 dB (entspricht Faktor 220) bei 75°C an. Das würde die Endstufe nicht lange überleben, da sich steigende Verstärkung und damit auch steigende Temperatur gegenseitig bis ins Clipping und zum Exitus beschleunigen. Allerdings sollten dann T112 und T113 bevorzugt sterben, nicht T111. Das gilt aber nur, wenn die Endstufe vollständig bestückt ist.

Wenn aber, wie Michael es praktiziert hat, R217 und R218 entfernt worden sind, wird der Arbeitspunkt von T111 stark verändert. Es liegen dann 47V DC (statt zuvor 12,4V mit eingebauten R217, R218) am Kollektor von T111 (und 0V an dessen Emitter), also UCE = 47V was für diesen Transistor nicht mehr zulässig ist. Deshalb kann T111 sterben. T113 wird überleben, da dessen Kollektorwiderstände R217 und R218 ja entfernt sind. T112 wird unter diesen Bedingungen auch nichts passieren, da Kollektor und Emitter auf praktisch gleichem Potential sind.

Meine Hypothese/Folgerung zusammengefasst:
1. Es besteht eine Unterbrechung in der Gegenkopplung, vermutlich verursacht durch einen Defekt einer Lötstelle oder Durchkontaktierung auf der Leiterplatte. Insbesondere die Durchkontaktierung unter C152 ist anfällig, sowie die beschädigten Lötanschlüsse von C163. Die Unterbrechung könnte aber auch an anderer Stelle sein (entlang der farblich markierten Leiterbahnen, oben für einen Kanal eingezeichnet). Diese Unterbrechung verursacht eine wesentlich erhöhte (open-loop) Verstärkung, was zu einer Überlastung des Endtransistors T113 (T313), ihr Aufheizen und Ausfall führt. Durch das dabei entstehende Ansteigen der Temperatur des NTC und der dadurch anwachsenden Verstärkung wird dieser Vorgang selbstbeschleunigend.

2. Die beiden Widerstände R217 und R218 (und entsprechende Widerstände im Nachbarkanal) wurden daraufhin vorübergehend entfernt, damit die Transistoren T113 (T313) nicht mehr heisslaufen und nicht mehr defekt werden können. Allerdings fällt danach T111 aus, auch nach wiederholter neuer Bestückung. Dieser Ausfall von T111, den wir bei fehlerfreier und vollständiger Schaltung für ungefährdet hielten, ist unter diesen Umständen aber plausibel, da sich der Arbeitspunkt von T111 nach Entfernen von R217 und R218 stark verschiebt und die Spannung zwischen Kollektor und Emitter von T111 auf unzulässig hohe 47V ansteigt (Simulation). Bei zusätzlichem Aufheizen (mit Fön) stirbt dann T111. Neubestückung des Kanals mit neuen, intakten Bauteilen wird, wie beobachtet, den Defekt nicht beheben können.

3. Vorgehen
- Vorrangig sollte die vermutete Unterbrechung in der Gegenkopplung beseitigt werden (Leiterplatte / Lötstellen / Durchkontaktierungen) oder definitiv durch Messen des Durchangs von Bauteil-Pin zu Bauteil-Pin längs der Gegenkopplungs-Leiterbahnen ausgeschlossen werden können.
- T111 ist zu ersetzen
- Die Endstufe sollte auch nach Beseitigung des Fehlers nicht ohne R217 und R218 in Betrieb genommen werden, da sonst T111 ausserhalb der für ihn zulässigen maximalen UCE (45V) betrieben wird.


Gruß
Reinhard


[Beitrag von oldiefan1 am 19. Jun 2020, 19:43 bearbeitet]
Bertl100
Inventar
#48 erstellt: 20. Jun 2020, 09:30
Hallo Reinhard,

langsam wird es so richtig interessant! :-)

Gruß
Bernhard
krausmichael
Schaut ab und zu mal vorbei
#49 erstellt: 20. Jun 2020, 11:10
Hallo Reinhard, hallo Bernhard,

Vielen Dank für die super ausführliche Fehleranalyse, das ist wirklich beeindruckend!

Es tut mir leid, dass ich nicht mehr ganz so schnell antworte, wir versuchen momentan an der Arbeit zur Normalität zurückzukehren, aber das lässt mir leider wenig Zeit um mich um den Vorverstärker zu kümmern.

Zu den ganzen hilfreichen Bemerkungen, R208 hatte ich bereits gegen einen 150kOhm 0,6 W Metallfilmwiderstand getauscht und diesen habe ich auch nachgemessen und er ist in Ordnung.

Zu der letzten Simulation, ich habe die Vorstufe niemals ohne R217/R417, oder R218/R418 betrieben, die waren im Betrieb immer eingebaut. Der Grund für das Foto ohne diese Widerstände ist, dass ich die darunterliegenden Komponenten zeigen wollte, weil diese sonst von deren Kühlkörpern verdeckt gewesen wären.

Aber die Simulation mit und ohne Gegenkopplung sind sehr interessant und die beschriebenen Auswirkungen passen wirklich exakt zu meinen Problemen.

Wenn ich aber die Kontakte prüfe achte ich darauf, dass ich immer vom Pin des Bauteils zu einer Lötstelle messe und dann noch vom Pin bis zur nächsten Lötstelle im Schaltplan. Die rot eingekreisten Lötstellen haben mir im Durchgangsprüfer keine Probleme gezeigt und ich habe sie gerade noch einmal nachgemessen. Aber ich vermute, dass ich da was übersehen habe...

Als nächstes werde ich jetzt T111 tauschen, das Board danach noch einmal reinigen und dann sehr sorgfältig alle Kontakte mehrfach nachmessen und die Lötstellen mit der Lupe untersuchen, besonders die gekennzeichneten für die Gegenkopplung. Ich hoffe, dass ich damit das Problem finde.

Ich werde hier natürlich sofort berichten, sobald ich damit fertig bin. Es wird aber wahrscheinlich ein paar Tage dauern, dieses Wochenende gehe ich mit meiner Freundin wandern, wir starten in einer Stunde und kommen Sonntag Abend zurück.

Ich wünsche Euch ein schönes Wochende und ich bin wirklich sehr dankbar und froh um die ganze Hilfe!
Viele Grüße,
Michael

Ich habe auch noch ein Bild von dem problematischen Bereich der Rückseite.
IMG_20200620_101859
oldiefan1
Inventar
#50 erstellt: 20. Jun 2020, 19:12
Hallo Michael,

Lass Dir Zeit, kein Druck. Wir helfen gerne.
Nimm mir bitte nicht übel, wenn ich nachfolgend den Finger in eine Wunde lege. Aber dort könnte sich das Problem verstecken, befürchte ich.

Du schreibst;
"Wenn ich aber die Kontakte prüfe achte ich darauf, dass ich immer vom Pin des Bauteils zu einer Lötstelle messe und dann noch vom Pin bis zur nächsten Lötstelle im Schaltplan."

Damit übersiehst Du Unterbrechungen innerhalb einer Lötstelle, d.h. fehlender elektrischer Kontakt vom Bauteilepin zur umgebenden Lötstelle. So etwas ist häufig, besonders bei schlechter Verlötung, wie auf Deinen Fotos (sog. "kalte Lötstellen"). Deshalb hatte ich geraten, von Bauteilpin zu Bauteilpin zu messen und nicht von Bauteilpin zu Lötstelle oder von Lötstelle zu Lötstelle. Ich kann das nur nochmal dringend anraten.

Du hast massive Lötdefekte auf der Platine. Ich habe sie durch Pfeile markiert.


Im nachfolgenden Foto:

oben rechts und links: Lotspritzer zwischen Leiterbahnen
darunter: Drahtbrücke sehr nah an oder berührt Lötstelle
blaue Pfeile: Lötösen abgerissen. Lötkontakt ist auf Bestückungsseite nachzuprüfen
unten Mitte: gerissene Lötstelle
unten rechts: mangelhafte Lötstelle
ganz unten links: sehr mangelhafte Lötstelle

Lötdefekte_1



und weiter im untenstehenden Foto:

ganz oben Mitte: gerissene Lötstelle
oben links: zwei sehr mangelhafte Lötstellen
unten rechts: zwei gerissene Lötstellen
blaue Pfeile: Lötösen abgerissen. Lötkontakt ist auf Bestückungsseite nachzuprüfen

Lötdefekte_2



Sieh Dir die Lötstellen von T111 genau an (Lupe). Die sind nicht in Ordnung. Auch R204 und R207 sind nicht ordentlich verlötet. Man sieht einen Spalt zwischen Bauteilpin und Lot. Die Pins sind nicht ordentlich vom Lot benetzt/gebunden.

Lötdefekte_3


Die Lötstelle von C162 ist gerissen.

Lötdefekte_4


...usw.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Du trotzdem Durchgang/Kontakt messen kannst. Aber wenn die Bauteile und die Platine warm werden, verlierst Du den Kontakt in so schlechten Verlötungen, weil sich die Platine und Lötstellen leicht ausdehnen. Die Lötstellen müssen einwandfrei ausgeführt sein. Dort ist bei Dir auf der Platine ein Problem.


Michael, ich vermute, Du verwendest vielleicht ungeeignetes, zu hoch schmelzendes Lot (bleifrei?) oder zu niedrige Löttemperatur oder beides. Deine Lötstellen glänzen oft nicht und das Lot ist häufig nicht sauber verlaufen. Ausserdem habe ich Lötfett auf Deinem Tisch gesehen. Das hat beim Löten hier nichts zu suchen!



Gruß
Reinhard


[Beitrag von oldiefan1 am 20. Jun 2020, 20:44 bearbeitet]
hf500
Moderator
#51 erstellt: 21. Jun 2020, 12:02
Moin,
Loetfett ist was fuer Dachrinnen und hat in Elektronik nichts zu suchen.
Dieser Hinweis ist mindestens 60 Jahre alt ;-)

Diese Platinen sollte man nur mit Zinn-Bleilot loeten, der Loetkolben muss "warm" sein, damit man damit in kuerzester Zeit fertig ist. Fuer mich hat sich mal wieder die Standardtemperatur meines Weller TCP von 370°C als geeignet herausgestellt. Mit niedrigeren Temperaturen muss man zu lange auf der Loetstelle herumbraten, was diese Platinen nicht gut vertragen. Argerlich ist die Neigung der Platinen, zu "Kochen", es bilden sich Blasen in der Loetstelle. Loetkolben kaelter stellen, hilft nichts, dann muss man, wie gesagt, laenger anwaermen und hat nichts gewonnen.

73
Peter
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