Oszilloskope

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pelmazo
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#1 erstellt: 17. Sep 2011, 20:31
Nach dem Lötkolben und dem Handmultimeter ist ein Oszilloskop oftmals das wichtigste Instrument, das sich ein Selbstbauer im Audiobereich anschafft. Da im Forum immer wieder gefragt wird, welches Oszi man sich anschaffen soll, dachte ich mir, man könnte die wiederkehrende Thematik mal hier kanalisieren.

1. Was ist ein Oszi?

Ein Oszi ist ein Instrument, mit dem man elektrische Signale visualisieren kann. Der Name "Oszilloskop" bedeutet salopp formuliert: "Ding zum Anschauen von Schwingungen". ;-)

Da es bei der Audioelektronik um zeitlich veränderliche Signale geht, kommt man mit einem Multimeter nicht besonders weit, das für das Messen von statischen Signalen gemacht ist. Das Oszilloskop ist zwar weniger genau als halbwegs vernünftige Multimeter, aber bietet durch die Darstellung auf einem Bildschirm wesentlich bessere Voraussetzungen für das Messen veränderlicher Signale. Es ist daher auch komplizierter, größer und teurer als Multimeter. Man kommt bei Arbeiten an Audioelektronik aber ziemlich schnell an einen Punkt wo's ohne ein Oszi nicht mehr recht weitergeht.

Oszis gibt's als Analog-Gerät, als Digitalgerät, als kombiniertes Analog-/Digital-Gerät, als Programm zur Benutzung mit einer Soundkarte am PC, oder als USB-Kistchen zum Anschluß an einen PC, und noch Spezialformen für Spezialanwendungen. Der Preisbereich erstreckt sich von Null (PC-Software) bis über 100000 Euro (ja, sechsstellig!), und die Breite des Angebots macht es für den Anfänger sehr unübersichtlich. Die Varianten haben alle ihre Berechtigung, aber nicht unbedingt für den Audiobereich. Aber schon die unterschiedlichen Anforderungen und Ansprüche bei Audio führen bei längerer Beschäftigung fast unweigerlich dazu, daß man irgendwann mehr als ein Oszi in seinem "Privatlabor" hat.

Hier soll's aber um Einsteiger gehen, die vor der Anschaffung ihres ersten Gerätes stehen, denn die Erfahreneren werden meine Belehrungen hier kaum nötig haben und selber herausfinden können was sie brauchen.

2. Analogoszi oder Digitaloszi?

Kommt darauf an was man machen will. Ich gehe mal davon aus daß die meisten Leute, die sich mit Audiobasteleien beschäftigen, an Analogschaltungen interessiert sind, also z.B. Lautsprecher mit ihren Weichen, Verstärker oder auch Vorverstärker. Das sind Anwendungen, bei denen die Frequenzen ziemlich niedrig sind, die aber u.U. recht große Empfindlichkeit und/oder Rauscharmut brauchen.

Für solche Anwendungen ist immer noch ein Analogoszi das probate Mittel. Es gibt zwar günstige Digitaloszis, aber die haben so ihre Nachteile, die man womöglich erst bei der Arbeit bemerkt. Der größte Vorteil der Digitaloszis ist die Möglichkeit, einmalige Vorkommnisse aufzuzeichnen und darzustellen. Also ihre Speicherfähigkeit. Das können die wenigsten Analoggeräte. In der Regel kann man bei Digitaloszis das gespeicherte Signal auch ausdrucken oder in eine Datei ablegen, was für die Dokumentation ganz praktisch ist, weil es einem erspart, den Bildschirm abzufotografieren.

Analogoszis haben demgegenüber aber einige andere Punkte auf der Positiv-Liste, die man sich unbedingt überlegen sollte. Sie bieten z.B. meist die bessere Darstellung, mit weniger Rauschen und besserer Auflösung. Man kann das schwer beschreiben, man muß es erleben, es ist einfach etwas völlig anderes. Digitaloszis, die es von der Qualität der Darstellung mit Analoggeräten aufnehmen können, sind für Bastler noch immer unerschwinglich.

Analoggeräte reagieren auch sofort auf die Bedienung. Digitalgeräte selbst namhafter Hersteller sind da oft erstaunlich träge. So träge daß es ernsthaft nerven kann. Zudem ist die Bedienung eines Analogoszis immer noch deutlich intuitiver als die von Digitalgeräten. Als Anfänger ist es auf jeden Fall zu empfehlen, sich erst einmal an einem übersichtlichen Analoggerät die ersten Erfahrungen zu holen, bevor man sich auf die komplexeren Digitalgeräte stürzt. Es wäre nicht überraschend wenn man auch nach Jahren zuerst und bevorzugt zum Analoggerät greift, es sei denn man hat ein Problem wo das Digitalgerät seine Vorteile ausspielen kann. Auch wenn das Analoggerät auf den ersten Blick mehr Knöpfe haben sollte, als ein einfaches Digitalgerät, sollte man sich nicht davon täuschen lassen, denn weniger Knöpfe heißt hier in der Regel kompliziertere Bedienung über Menüs und Tastenkombinationen.

Ein Beispiel aus der Wikipedia:

Dieses Digitaloszi der Einsteigerklasse ist wie das ältere Analogoszilloskop vom wohl international führenden Hersteller Tektronix. Beides sind keine Spielzeuge und durchaus repräsentativ für ihre Gattung.

Das Bedienfeld des Digitaloszis sieht etwas aufgeräumter aus, aber bei genauerer Betrachtung sieht man, daß viele Einstellungen bloß über Menütasten erreichbar sind. Vieles, was beim Analogoszi einen Handgriff braucht, braucht damit beim Digitaloszi mindestens zwei, und kann auch meist nicht "blind" bedient werden.

Gemeinsam ist den beiden Geräten, daß es zwei Kanäle gibt. Die Bandbreite des Digitalgerätes liegt mit 60 MHz unter der des Analoggerätes mit 100 MHz, aber das ist beides für Analog-Audio bequem ausreichend.

3. Welche Bandbreite?

Was beim Verstärker die Watt, das sind beim Oszi die MHz. Wenn man sonst keine Ahnung hat, dann orientiert man sich an dieser Zahl, und mehr ist natürlich besser.

Wirklich?

Natürlich nicht. Eine Faustregel besagt, daß man zur vernünftigen Darstellung eines Signals auf dem Oszibildschirm eine Bandbreite braucht, die dreimal höher ist als die höchste Signalfrequenz. Besser fünfmal.

Das macht ein 100 MHz Oszilloskop tauglich für Signale bis hin zu etwa 20-30 MHz. Das ist tausend mal höher als die hörbaren Frequenzen, folglich wäre das für Audio der totale Overkill.

Der Overkill hat Nachteile: Je größer die Bandbreite, desto mehr Rauschen. Rauschen macht den Strich breiter. Wer die Bandbeite nicht braucht, der kriegt durch Beschränkung auf weniger MHz die schärfere Darstellung auf dem Schirm.

Auf der anderen Seite gibt's auch bei Audio Fälle, in denen man die MHz brauchen kann. Manchmal schwingen Schaltungen hochfrequent, und wenn die Frequenz der Schwingungen deutlich höher ist als die Bandbreite des Oszis, dann werden sie viel schwächer dargestellt als sie sind, und man kann nicht drauf triggern.

Für Audio, und gerade für Anfänger, ist daher ein Analogoszi mit einer Bandbreite zwischen 10 und 100 MHz die richtige Wahl. Zweistrahlgeräte dieser Kategorie gibt's auf dem Gebrauchtmarkt viele für wenig Geld, so daß man kaum in die Versuchung kommt sich so etwas neu anzuschaffen. Wenn man ein Gerät am oberen Ende dieser Bandbreitenskala erwischt, dann finde ich ein Feature sinnvoll, das die Bandbreite auf 20 MHz oder weniger begrenzen kann. Das gibt's bei manchen Geräten, und ist zur "Beruhigung" des Strahls ganz nett. Das Tek 465 auf dem Bild kann das. (Hausaufgabe: Rausfinden welcher Knopf dafür zuständig ist)

4. Neu oder gebraucht?

Die meisten Neugeräte sind heutzutage Digitalgeräte. Die Platzhirsche unter den Oszilloskopherstellern haben die Produktion von Analogoszis längst eingestellt. In Deutschland hält Hameg noch die Flagge hoch, und aus Fernost gibt's natürlich auch noch diverse Modelle.

Die Anschaffung neuer Analogoszis kann schon noch Sinn machen, aber der Gebrauchtmarkt gibt für wenig Geld Geräte her, die erheblich besser gebaut sind, und für die man die Serviceunterlagen problemlos bekommt. Damit werden sie im Ernstfall reparierbar, was man von neueren Geräten oft nicht sagen kann. Bei Analogoszis plädiere ich daher für anständige Gebrauchtgeräte. Für Anfänger ist das noch dazu die Möglichkeit, für unter 100 Euro ein voll profitaugliches Gerät zu bekommen, bei dem man keinen Nervenzusammenbruch zu bekommen braucht wenn man es mal geschafft haben sollte, es zu beschädigen.

Bei der Gebrauchtbeschaffung kann man sich an Gebrauchtgerätehändler, oder Flohmärkte, oder an Online-Versteigerer halten. Bei Ersteren bezahlt man oft mehr, hat aber dann auch ein Gerät das höchstwahrscheinlich funktioniert. Bei den anderen beiden Quellen kann man durchaus eine Gurke abbekommen. Das läßt sich oft nicht beurteilen bevor man das Ding auf dem Tisch hat. Das ist vielleicht kein Problem für einen versierten Bastler, der schon eine gewisse Ausrüstung und Erfahrung hat. Für den Anfänger stellt eine Reparatur eines Oszis meist eine unüberwindliche Hürde dar. Oft braucht man dazu nämlich ein funktionierendes Oszi, was einer der Gründe dafür ist warum man über kurz oder lang zwei Geräte wird haben wollen.

Aus diesem Grund sollte man vor dem Kauf eines Gebrauchtgerätes auch klären, ob man an die Serviceunterlagen drankommt. Manchmal kauft man die gleich mit, öfter aber muß man separat danach forschen. Könnte sein daß es PDF-Dateien im Internet gibt, oder man muß auf die Suche nach gedruckten Unterlagen gehen. Da können nochmal einige Euros draufgehen. Sollte man dennoch tun. Wenn es für ein Gerät keine Unterlagen zu finden gibt, dann wird eine Reparatur im Ernstfall um Größenordnungen schwieriger und ist oft nur noch von sehr erfahrenen Leuten zu schaffen, wenn überhaupt. Zum Glück gibt's im Netz diverse Diskussionsgruppen über alte Meßtechnik, bei denen Hilfe zu kriegen ist.

Wer sein erstes gebrauchtes Oszi kauft, sollte daher vor dem Kauf überlegen, wie viel Risiko des Nichtfunktionierens er eingehen will, und was er zu tun gedenkt wenn sich herausstellt daß das Teil nicht einwandfrei funktioniert. Das muß keineswegs offensichtlich sein. Es gibt oft Fehler, die sich bloß in einzelnen Meßbereichen zeigen, oder bloß manchmal auftreten.

Nach dem Kauf ist es daher anzuraten, das Gerät mal durch alle Einstellungen durchzuschalten und zu sehen ob es plausible Anzeigen liefert. Analogoszis haben viele mechanische Schalter, und die können im Alter klapprig und unsicher werden. Wenn das Gerät lange unbenutzt stand, dann tut auch Korrosion seine Wirkung und bewirkt Wackelkontakte.

Auf der anderen Seite: Es gibt kaum eine bessere Art, etwas über seine Meßgeräte (und über Elektronik generell) zu lernen, als sie zu reparieren. ;-)

Digitaloszis selbst zu reparieren ist übrigens in vielen Fällen ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen. Wenn da was kaputtgeht ist es oft ein unbeschaffbares Spezialteil, in das man nicht hineingucken kann und es nicht reparieren kann. Auch brauchbare Serviceunterlagen mit Schaltplan sind rar. Ein Gebrauchtgerät, für das der Hersteller keinen Service mehr anbietet, ist damit praktisch zum Wegwerfgerät geworden. Und wenn er noch Service anbietet, dann oft zu einem unattraktiven Preis.

Mein Rat wäre, sich als Anfänger zuerst ein günstiges Analogoszi zu holen, und damit zu arbeiten und zu üben. Wenn man dann so weit ist ein zweites Oszi zu wollen, dann weiß man in der Regel wesentlich besser was man warum zu brauchen meint, und oft wird das Zweitgerät dann ein Digitaloszi. Das Analoggerät wird dadurch aber bestimmt nicht überflüssig.

5. Features, Features...

Was braucht man denn so in einem Analogoszi für Audio?

Zuerst: Oszis mit nur einem Kanal gibt's nur wenige, und ich würde mir so eins auch nicht kaufen. Zwei Kanäle sind auf jeden Fall zu praktisch als daß man darauf verzichten wollte. Da die Röhre bei Analogoszis bloß einen Strahl hat, werden die Kanäle wechselweise bedient. Dafür gibt's die Betriebsarten "Alt" und "Chop". So gut wie jedes Zweikanal-Oszi hat das. Eine Hausaufgabe für den stolzen Neubesitzer ist, herauszufinden was zwischen diesen zwei Betriebsarten eigentlich der Unterschied ist.

Es gibt auch Oszis mit 4 Kanälen, und in seltenen Fällen sogar mehr. Nicht unpraktisch, aber auch teurer. Für "mein erstes Oszilloskop" nicht unbedingt nötig. Eine Variante sind die echten Zweistrahloszis. Deren Röhre hat zwei getrennte Strahlen, die gleichzeitig arbeiten können. Also kein "Alt" oder "Chop" nötig. Sind aber seltene Spezialgeräte für besondere Fälle.

Zwei Zeitbasen findet man auch öfter in einem Gerät. Die einfacheren Geräte haben nur eine. Für den Anfang reicht eine. Man kann damit bestimmt mehr als 90% der Fälle erschlagen denen man als Anfänger begegnet. Zwei Zeitbasen erlauben mehr Freiheit beim Untersuchen des Zeitbezugs zweier Signale, was mehr in der Digitaltechnik interessiert als bei Analog-Audio.

Die Vertikal-Empfindlichkeit interessiert da schon etwas mehr. Auf der einen Seite will man an Netzteilen rummessen können, und dazu sollte man bei Verwendung eines 10:1-Tastkopfes schon auch mal 200V auf den Schirm kriegen. Auf der anderen Seite spielt sich Audio oft auch im Millivolt-Bereich ab, und es ist durchaus nicht egal ob man bis 5mV/div herunter kommt oder bis 1mV/div.

Überhaupt die Nomenklatur: Die Angabe "/div" bedeutet (engl. "Division"), daß der Wert für einen Teilstrich auf dem Schirm gilt. Die Teilstriche sind das auf dem Schirm sichtbare Gitter. Es ist meist 8x10 Felder groß. Bei 5 mV/div Vertikalempfindlichkeit entspricht die ganze Schirmhöhe also einer Spannungsdifferenz von 40 mV. Bei Verwendung eines 10:1-Tastkopfes ergibt das 400 mV.

Der 10:1-Tastkopf ist übrigens das was man im Normalfall nehmen sollte. Er erlaubt die volle Ausnutzung der Bandbreite, und er belastet den Prüfling nur minimal. Er muß aber auf den Oszilloskop-Eingang abgeglichen werden, wofür man den "Calibrator" braucht. Der liefert in der Regel ein Rechtecksignal mit 1 kHz, und wenn das schön rechteckig aussieht ist der Tastkopf richtig justiert. Ausprobieren! Es hat sich schon mancher Meßknecht gewundert was er so mißt, wo er bloß den Abgleich des Tastkopfes vergessen hat.

Ein 1:1-Tastkopf ist bloß in Ausnahmefällen sinnvoll. Die bessere Empfindlichkeit erkauft man sich durch eingeschränkte Bandbreite und stärkere Belastung des Prüflings. Doku lesen und verstehen, und bewußt die richtige Wahl treffen!

Es gibt auch Tastköpfe mit 100:1 oder noch höher. Das ist für hohe Spannungen, die dann auch die Tendenz haben gefährlich zu sein. Wer an Röhren herumbastelt braucht sowas vielleicht. Aber aufpassen damit!

Apropos, wieder eine Hausaufgabe: Nachlesen was der Oszilloskop-Eingang so für Charakteristika hat. Wieviel Spannung darf man da draufbraten? Wie sieht's mit Impedanzen aus? Wie ändert sich das mit einem Tastkopf? Was ist der Unterschied zwischen DC und AC? Und wozu ist GND?

Wo waren wir? Achja, Features. Das Triggern ist noch ein interessantes Thema. Triggern bedeutet, zu kontrollieren wann der Strahl zu malen anfängt. Der Strahl wandert von links nach rechts, was man bei entsprechend langsamer Einstellung der Zeitbasis gut sehen kann. Das Triggern bestimmt wann er anfängt. Er läuft dann einmal nach rechts ("sweep") und wartet dann links wieder auf den nächsten Trigger.

Das ist jedenfalls das Verhalten wenn die Betriebsart "Norm" gewählt ist. In der Betriebsart "Auto" ist es genauso, außer daß nicht lange gewartet wird falls der Trigger ausbleibt. Bleibt er lange genug aus, dann geht der "Sweep" trotzdem los. So sieht man auch ohne Signal eine waagrechte Linie.

"Auto" ist daher meist praktischer als "Norm", außer wenn das Gerät bei "Auto" zu früh die Geduld verliert und lieber länger warten sollte.

Das Umgekehrte gibt's in Form eines "Trigger Holdoff" manchmal ebenfalls. Das ist eine einstellbare Totzeit bevor das Gerät das nächste Mal getriggert werden kann. Braucht man bei Audio aber eher selten.

Wichtiger ist, woher das Triggersignal kommt. Man hat meist mindestens folgende Möglichkeiten:

  • Einer der Kanäle liefert selbst den Trigger. Das dürfte der häufigste Fall sein. Damit kriegt man ein periodisches Signal auf dem Schirm am ehesten ruhig.

  • Das Triggersignal wird an einem extra Eingang eingespeist. Das kann ganz praktisch sein wenn man in seinem Meßaufbau eine gut geeignete Triggerquelle hat, und kann in diesem Fall oft einen dritten Kanal einsparen, jedenfalls dann wenn man das Triggersignal nicht unbedingt sehen will.

  • Oft gibt's auch noch die Möglichkeit, sich vom Netzsinus triggern zu lassen ("Line"). Ich halte das bei Audio für ein unbedingt nötiges Feature, denn man wird es oft mit Problemen zu tun haben, die mit der Netzfrequenz zusammen hängen. Die lassen sich am besten auf den Schirm kriegen wenn man auf den Netzsinus triggert.

    In allen Fällen kann man die Flanke wählen auf die man triggert (steigend/fallend) und den Spannungspegel bei dem die Erkennung zuschlägt. Oft kann man auch noch Filter zuschalten, die besser kontrollieren helfen wann getriggert wird und wann nicht, was insbesondere hilft wenn die Signale weniger "schön" sind. Das lernt man am besten durch Ausprobieren im realen Fall.

    Auch nützlich ist ein X/Y-Betrieb, bei dem die Zeitbasis ausgeschaltet ist, und einer der Kanäle stattdessen die Horizontalablenkung übernimmt. Mit zwei Sinusoszillatoren kann man so schöne Lissajous-Figuren malen und seine Familienmitglieder beeindrucken. Ok, das ist noch nicht unbedingt praktisch. Aber es kann auch zur Darstellung von Phasenbeziehungen und von Frequenzbeziehungen dienen. Eine unterschätzte Betriebsart, die vielfältiger ist als man meint, wenn auch etwas schwieriger zu interpretieren.

    6. Sonst noch Tips und Kommentare?

    Jede Menge.

    Zu den Kassetten-Geräten: Tektronix, aber in gewissem Ausmaß auch andere Hersteller, haben Geräte gebaut, die modular konstruiert sind. Das heißt für die Zeitbasen und für die Vertikalverstärker gibt's diverse Wahlmöglichkeiten in Form von Einschubkassetten. Das kann einerseits praktisch sein, weil man sich so gewissermaßen ein Wunschoszilloskop zusammenstellen kann, und weil es auch Kassetten für Sonderanwendungen gibt, die durch normale Geräte nicht abgedeckt werden. Andererseits wird das Gerät dadurch aber auch größer und teurer. Zudem sind solche Boliden häufig mit lärmenden Gebläsen ausgestattet, so daß einem nach einer Weile der Schädel brummt wenn man daneben sitzt.

    Die Tektronix-Serie 7000 ist ein prominentes Beispiel. Ausstattungsmäßig bleibt da kaum ein Wunsch unerfüllt, und die Featureliste ist lang. Angenehm ist es aber trotzdem nicht unbedingt, damit zu arbeiten. Für den Neuling ist das eher nix.

    Das Kassetten-System hat Tektronix schon viel früher erfunden, als die Oszis noch mit Röhren gebaut wurden. Das war in den 50er und 60er Jahren. Für die Tektronix-Firma eine goldene Zeit, die Produkte aus dieser Zeit (Serie 500) sind legendär, und letztlich der Grund für die Marktführerschaft dieser Firma. Es sind aber auch schwere und große Teile, die zwar gut reparierbar und fast unkaputtbar sind, und zudem noch als Laborheizung taugen, aber aus dem gleichen Grund wie oben nicht für Neulinge geeignet sind.

    Für Neulinge ist das kompakte, tragbare "Serviceoszilloskop" der wesentlich besser geeignete Typ. Am besten wenn es keinen Lüfter hat, oder höchstens einen leisen. Wenn man es direkt vor seiner Nase auch angeschaltet lassen kann ohne daß es einem auf die Nerven geht.

    Dann die Tastköpfe. Billige NoName-Tastköpfe sind oftmals zu billig. Wackelige Schalterchen zwischen 10:1 und 1:1 führen dazu daß man weder das Eine noch das Andere gewählt hat. Oder man kriegt gleich einen internen Wackelkontakt zwischen Tastkopf und Kabel. Die Konstruktionen sind oft windiger als man denkt. Wer billig kauft, kauft hier oft zweimal.

    Ein Tastkopf, der "nur" 10:1 kann, ist durchaus keine schlechte Idee. Er vermeidet einige der Fehlerquellen und ist nie falsch eingestellt. Trotzdem Abgleich nicht vergessen!

    Ein Oszi ist nicht wirklich dazu geeignet, Verzerrungen in Audioschaltungen zu messen. Manche Verzerrungen müssen schon recht deutlich werden bevor sie auf dem Oszilloskopbild auffallen. Verzerrungen korrekt zu messen braucht ganz anderes Gerät, nämlich Klirrfaktor-Meßgeräte. Das Oszilloskop bildet aber im Zusammenhang mit denen ein ganz sinnvolles Zusatzgerät. Wer ernsthaft Audio bastelt, der wird sich nach dem Oszilloskop alsbald auch ein Klirrfaktor-Meßgerät besorgen.

    Soundkarten und die entsprechende Software auf dem PC sind kein brauchbarer Oszi-Ersatz. Die Bandbreite ist zu beschränkt dafür. Außerhalb des Audiobereiches sieht man praktisch nichts. Zudem fehlt jeder Komfort bei der Einstellung der Eingangsempfindlichkeit, der Triggerung, und man ist zudem auf AC-Kopplung beschränkt.

    Sehr gut ist dagegen bei Soundkarten die kontinuierliche Langzeitaufzeichnung auf Datei. Damit kann auch ein Digitaloszi nicht mithalten. Für bestimmte Anwendungen hat daher die Soundkarte ihre Berechtigung. Man sollte halt nichts von ihr erwarten wofür sie nicht gemacht ist.

    Die USB-Oszikistchen sind auch nicht das Gelbe vom Ei. Die ganze Bedienung geschieht ja am PC, und das ist nicht unbedingt das was man zwischen Lötkolben und Labornetzgerät über die Schaltung gebeugt, mit einer Hand bedienen will. Auch da gibt's sicher Anwendungen, bei denen das ok ist, aber für den normalen Heimlaborbetrieb wollte ich's nicht haben.

    Vorsicht bei Digitaloszis: Die leiden unter "Aliasing", also dem Entstehen von Spiegelfrequenzen durch Unterabtastung. Das ist kein "Bug", sondern ein prinzipbedingter Effekt, der einem schon einmal ein Signal vorgaukelt, das gar nicht real ist. Einer der Gründe warum bei Digitaloszis das Hirn mehr gebraucht wird als bei Analogoszis.

    Bei Digitaloszis sollte man auch nicht zu viel von solchen Features erwarten wie FFT bzw. Spektraldarstellungen. Um damit was anfangen zu können sollte man Fensterfunktionen verstehen, bzw. die Theorie hinter der FFT. Zudem tasten die Oszis bloß mit 8 oder 10 bit ab, was einen ziemlich bescheidenen Dynamikumfang ergibt, der bei Audio nirgendwohin reicht. Ein Schätzeisen vielleicht, mehr nicht.

    Vorsicht: Die Eingänge der Oszis sind bis auf wenige Ausnahmen auf Masse bezogen, und die Masse ist über den Schukostecker mit der Schutzerde verbunden. Das hat schon manch Einen Mist messen lassen, und es kann bei Audio sehr wohl dazu führen daß man sich über die Tastkopf-Verbindung ein Störsignal in die Schaltung einkoppelt. Die korrekte Behandlung der Masseverbindungen beim Messen kann einen öfter mal ins Grübeln bringen, und es gibt Situationen bei denen man zu verschärften Mitteln greifen muß, wie z.B. zu differentiellen Vorverstärkern, zu Isolationsverstärkern, oder zu Trenntrafos. Die Schutzleiterverbindung aufzutrennen ist dagegen keine ratsame Maßnahme, wenn man sich nicht frühzeitig ins Jenseits befördern will. Hirn einschalten ist hier definitiv gefragt, an die "Line"-Triggerung sei erinnert, und der Bau von Differenzverstärkern könnte eine (willkommene?) Herausforderung für den Selbstbauer sein.

    Je höher die zu messenden Frequenzen werden, und je steiler die Flanken, desto mehr Probleme macht die Kontaktierung des Tastkopfes. Schon eine kleinere Schleife, die aus einer Krokodilklemme plus Schwänzchen für die Masse am Tastkopf, und aus dem Tastkopf selbst gebildet wird, hat ausreichend Induktivität um die gemessenen Signale bei zwei- oder dreistelligen MHz zu verbiegen. Wer das tatsächliche Signal sehen will muß die Masse so nahe als möglich am Tastkopf kontaktieren. Auch das ist ein Grund um bei der Bandbreite bescheiden zu bleiben. 400 MHz Bandbreite sind bei einem Oszi nicht so problemlos "auf die Straße" zu bringen, sprich per Tastkopf abzutasten. Sollte man als Anfänger die Finger von lassen.


    Für mehr und für andere Meinungen ist hiermit die Diskussion eröffnet.


    (Edit: Smilies deaktiviert)


  • [Beitrag von pelmazo am 18. Sep 2011, 22:36 bearbeitet]
    HinzKunz
    Inventar
    #2 erstellt: 19. Sep 2011, 00:13
    Hallo,

    ich hab Mal was über DSOs zusammen geschrieben:

    Ein digitales Speicheroszilloskop (DSO) funktioniert nach einem vollkommen anderen Prinzip, als die herkömmlichen analogen Oszilloskope. Daher müssen hier zusätzliche Parameter beachtet werden. Wie von pelmazo bereits geschrieben, ist für den Neuling nicht zuletzt aus diesem Grund ein solides Analogoszilloskop die bessere Wahl.
    Auch bei einem DSO ist die analoge -3dB-Bandbreite einer der bestimmenden Parameter, hinzu kommt aber noch die sample-Rate, die vertikale Auflösung und die Speichertiefe.

    Unter Sample-Rate versteht man die Häufigkeit der Abtastung. Um Signale gut beurteilen zu können, sollten etwa 10 Abtastungen pro Signalperiode erfolgen, die Abtastrate muss demnach 10 Mal so hoch sein, wie die Frequenz des beobachteten Signals.
    Hier ist der erste Punkt, bei dem viele Hersteller „schummeln“, es gibt Echtzeit-Abtastung (realtime) und „Schummel“-Abtastung (aequivalent-time, repetitive, und ähnliche Namen).

    Bei der Echtzeit-Abtastung passiert das, was zu erwarten ist: Alle Bruchteile des Signalverlaufs wird der entsprechende Wert abgetastet und gespeichert. Aus diesen Punkten kann man das Signal wieder sichtbar machen. Hier muss natürlich bei hohen Frequenzen entsprechend oft pro Sekunde abgetastet werden. Sollte Die Signalfrequenz die halbe Abtastrate übersteigen, so kommt es zu Aliasing und die Ergebnisse sind Unbrauchbar.

    Es gibt manche Hersteller, die ein bisschen Etikettenschwindel betreiben. Mein Extremfall war ein DSO bis 500 Mhz, das lediglich 10 Millionen Abstastungen pro Sekunde, also ein Fünfzigstel der groß auf der Front aufgedruckten Bandbreite, vornahm.

    Hierzu wird eine „Äquivalentzeit-Abtastung“ betrieben, die im Grunde genommen dem Prinzip alter Sampling-Scopes aus der Frühzeit der Oszilloskope folgt und das Abtastheorem bewusst verletzt:
    Es wird ein Punkt auf dem Signal abgetastet und gespeichert, dann eine Periode gewartet und der nächste Punkt abgetastet, wieder gewartet und so weiter bis eine Signalperiode komplett im Speicher des DSO und kann auf dem Bildschirm ausgegeben werden. In Wahrheit sind es aber z.B. 10 Punkte aus 10 Perioden des Signals. Wenn man ein rein periodisches Signal hat (z.B. eine Rechteckantwort), so funktioniert das recht gut. Sobald aber innerhalb dieses Abtastvorgangs eine Änderung des Signals auftritt, kommt nur noch Blödsinn raus.

    Sowas ist nur in der Hochfrequenztechnik interessant, für NF immer nur Echtzeit-Abtastung!

    Der weitere, wichtige Faktor ist die Vertikale Auflösung. Ein abgetastetes Signal muss quantisiert werden, also in Daten umgewandelt werden. Die meisten handelsüblichen DSOs quantisieren mit 8 Bit, das bedeutet das Signal wird in maximal 256 Stufen dargestellt. Dies kann bei der Beurteilung das Signals auf der Schirm bereits als Treppe sichtbar sein. Zum Vergleich, die Audio-CD ist mit 16 Bit also 65536 Stufen quantisiert. Neben dem sichtbaren Stufenmuster birgt eine geringe vertikale Auflösung ein weiteres Problem, der Dynamikbereich wird verringert. Die Audio-CD hat mit 16 Bit eine Dynamik von 96dB. Ein 8 Bit-DSO lediglich 48dB. Insbesondere wenn man die gewonnenen Daten weiter verarbeiten möchte (z.B. die Oftmals angepriesene FFT) ist das viel zu wenig, damit misst man nichtmal den Klirrfaktor eines Röhrenverstärkers.
    Es gibt DSOs mit höheren vertikalen Auflösungen, diese sind allerdings eher selten und eher im teureren Bereich.

    Der letzte wichtige Punkt ist die Speichertiefe. Hier kommt die große Stunde der DSOs. Da sämtliche Messdaten digital vorliegen können sie nicht nur auf dem Bildschirm ausgegeben werden, sondern auch in einen RAM eingespeichert werden. Da der Speicher meist viel größer ist, als auf dem Bildschirm dargestellt kann man in der Zeit vor und zurück „scrollen“. Das ist Praktisch und wichtig, wenn man sich z.B. Digitalsignale angucken möchte oder vereinzelt auftretende Knackser sucht. Prinzipiell gilt hier: Je mehr, desto besser.

    Auch kann man diese Daten relativ einfach auf den PC bekommen, diese liegen ja bereits vor und müssen nur über eine Schnittstelle (GPIB, RS232, USB) kopiert werden.
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