Erstaunlich, erstaunlich...

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jruhe
Inventar
#1 erstellt: 05. Apr 2004, 14:24

Wer also Hörvergleiche durchführt, ohne - mit Meßgeräten - eine peinlich exakte Lautstärke und Stereobalance sicherzustellen, stellt sein Hörergebnis auf tönerne Füße. Daran ändert sich auch nichts, wenn für winzige Unterschiede kräftige Vokabeln gebraucht werden.



Da moderne Verstärker kaum mehr unterscheidbar klingen, falsch angepaßte Tonabnehmersysteme aber große Fehler verursachen, sollten vor allem Verstärker wie der Burmester und der Yamaha in die engste Wahl gezogen werden.


aus Stereoplay 9/1980 Seite 10 ff http://www.theimann.com/Analog/Yamaha_C2a/Stereoplay/

Erstaunlich, erstaunlich!

Daraus schließe ich ganz unverbindlich, dass die Ohren der Stereoplay Tester eine bemerkenswerte Evolution durchgemacht haben, denn heute hören sie Verstärker kräftig klingen, Mäuse husten und Gras wachsen

MfG
J.Ruhe


[Beitrag von jruhe am 05. Apr 2004, 14:50 bearbeitet]
Schärfer_mit_Senf
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 05. Apr 2004, 15:12
Das die Luft in den oberen Regionen immer dünner wird und mancher Aufpreis nur noch gezahlt wird, um von anderen evtl. beneidet zu werden, das war früher so, ist heute so und wird auch in Zukunft so bleiben.

Sicher spielt ausser Qualität des einzelnen Geräts auch das Zusammenspiel mit anderen Geräten eine Rolle, die sollten sich durch unangepasste Anschlusswerte nicht gegenseitig behindern.

Andererseits ist die Entwicklung heutzutage aber auch fortschrittlicher, Werkstoffe und Bauteile (auch in Boxen) sind besser, Toleranzen geringer - alles Maßnahmen, die dem Klang zuträglich sind, jedenfalls sind Verstärkerboliden damaliger Zeit heutzutage für einen Bruchteil des damaligen Preises herzustellen.

Schmunzeln muss ich allerdings bei der Aussage, daß bei Testerohren eine Evolution stattgefunden hat.
Was da alles abgelassen wird:

- das Anblasgeräusch der siebten Flöte von links,
- Shaker kamen weniger strohig,

allerdings gab es mal eine Zeit, wo STEREOPLAY selbst in der R&N Liste Verstärkerklänge mit gutem Wein getestet haben, von "blumig", "weich + schmeichelnd" und was weiß ich ist da die Rede gewesen, zu mühsam, daß jetzt herauszukramen.

Fazit: man muß heutzutage verbal und literarisch ganz harte Geschütze auffahren, um Neuerungen den Leuten schmackhaft zu machen.

Insofern verlasse ich mich auf meine eigenen Ohren und wünsche weiterhin viel Spass mit HIFI.

Gruß
Bernd
ahofer
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 05. Apr 2004, 15:43
Es ist zwar mathematisch inkorrekt, diesen Schluß zu ziehen - aber wenns dem Autor hilft, immer zu.

@Schärfer_mit_Senf: kann es sein, daß du mit den blumigen Ausdrücken in der Bestenliste die Stereo meinst?

Ich finde diese Ausdrücke übrigens meist auch da, wo sie herkommen.. interessant. Und "blumige" Weine schmecken mir oft, obwohl ich so selten Blumen verkoste, daß der Vergleichssinn mir komplett abgeht.
bukowsky
Inventar
#4 erstellt: 05. Apr 2004, 15:44


~~~

Andererseits ist die Entwicklung heutzutage aber auch fortschrittlicher, Werkstoffe und Bauteile (auch in Boxen) sind besser, Toleranzen geringer - alles Maßnahmen, die dem Klang zuträglich sind, jedenfalls sind Verstärkerboliden damaliger Zeit heutzutage für einen Bruchteil des damaligen Preises herzustellen.

~~~


da möchte ich mal wiedersprechen. Bei der Masse der Anlagen ist m. E. von technischen Neuerungen außer in Design und Komfort nicht viel zu spüren. Ganz im Gegenteil. Die Preise sind immer weiter runter gegangen, die Produkte immer weiter vereinfacht worden. Gab es mal einen ziemlich guten Standard in Deutschland für Hifi mit fast vorbildlichem Aufbau von beispielsweise Verstärkern, wurde dieser Standard auf nicht zu letzt politischen Druck hin abgesenkt, damit die "einfacheren" Geräte - zumeist aus Fernost - überhaupt eine Chance hatten, sich mit dem Hifi-Logo zu schmücken und Eingang auf den deutschen Markt zu finden.

Integrierte Bausteine z. B. - wie sie in fast allen Geräten heutzutage stecken - stellen für mich nur einen sehr begrenzten Fortschritt dar, außer halt in der Fertigung. Ein Zusammenfassen von Kondensatoren, Dioden, Widerständen mit sich gegenseitig beeinflussender Wärmeabstrahlung in einen vergossenen Kunststoffblock zu stecken, ist für mich eher ein Grund, einen Bogen um solche Geräte zu machen.

... und Lautsprecher, die immer leiser und dadurch für mich unlebendiger und flauer werden, hatten wir auch schon bessere.

Was bleibt also dem Käufer von heute? Er kauft sich schlappe Tuten und muss einen 1.000 Watt-Verstärker davor klemmen, damit es auch mal zur Sache gehen kann (wohlbemerkt nicht laut, sondern in Tiefe und Dynamik). Klar, der Verstärker schaltet dann zwar alle fünf Minuten ab, weil die integrierten Schaltungen überlastet werden ... aber das ist halt unser Fortschritt.

DB
Inventar
#5 erstellt: 05. Apr 2004, 16:18

Integrierte Bausteine z. B. - wie sie in fast allen Geräten heutzutage stecken - stellen für mich nur einen sehr begrenzten Fortschritt dar


Kann man so nicht sagen. Räumlich enge Anordnung von Halbleitern bringt eine gute thermische Kopplung, und davon leben z.B. Transistorendstufen!
Eine ganze Reihe IC aus Mittelklassegeräten sind auch in sehr hochwertigen (ich sage bewußt "hochwertig" und nicht "teuer") Teilen zu finden.
Ich würde nur bei ganz speziellen Anwendungen Schaltungen aus diskreten Halbleitern aufbauen.

MfG

DB
Schärfer_mit_Senf
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 05. Apr 2004, 16:40

Integrierte Bausteine z. B. - wie sie in fast allen Geräten heutzutage stecken - stellen für mich nur einen sehr begrenzten Fortschritt dar, außer halt in der Fertigung. Ein Zusammenfassen von Kondensatoren, Dioden, Widerständen mit sich gegenseitig beeinflussender Wärmeabstrahlung in einen vergossenen Kunststoffblock zu stecken, ist für mich eher ein Grund, einen Bogen um solche Geräte zu machen.


Das ist nur zum Teil richtig. Mit integrierten Bausteinen meine ich keine Hybridendstufen, moderne OPs (OPA 627 oder diverse von NPC) stehen meiner Meinung nach auch diskret aufgebauten Verstärkern nichts nach, obwohl eine gute aufgebaute diskrete natürlich schon die Möglichkeit geben, alle dazugehörigen Bausteine zu selektieren, insofern stimme ich dir zu.

@ ahofer

nein, es ist definitiv STEREOPLAY, habe mir die Mühe gemacht, in meinem Archiv zu wühlen, und habe die 01/1990 rausgekramt.
Hier einige Anekdoten aus der Rubrik Endstufen:

- Accuphase P 800 (klar, elegant)
- Burmester 828 (würzig)
- Burmester 850 (feurig, prickelnd)
- Carver Silver Seven (schlank, duftig)
- Jadis JA 500 (vollmundig, blumig)
- Krell KSA 250 EUR (fruchtig-vollmundig)
- SAC The >A<mplifier (trocken, leicht)
- Luxman M-05 (feines Bukett)

Muaahahaha, das ist zum Schießen, haben die was geraucht?
jazzfusion
Stammgast
#7 erstellt: 06. Apr 2004, 08:59

- Accuphase P 800 (klar, elegant)
- Burmester 828 (würzig)
- Burmester 850 (feurig, prickelnd)
- Carver Silver Seven (schlank, duftig)
- Jadis JA 500 (vollmundig, blumig)
- Krell KSA 250 EUR (fruchtig-vollmundig)
- SAC The >A<mplifier (trocken, leicht)
- Luxman M-05 (feines Bukett)

Muaahahaha, das ist zum Schießen, haben die was geraucht?


Wie würdest Du denn ein Klangbild beschreiben?
Markus_Berzborn
Gesperrt
#8 erstellt: 06. Apr 2004, 11:18


Daraus schließe ich ganz unverbindlich, dass die Ohren der Stereoplay Tester eine bemerkenswerte Evolution durchgemacht haben, denn heute hören sie Verstärker kräftig klingen, Mäuse husten und Gras wachsen


Ich schätze mal, dass da wohl kaum noch die gleichen Leute in der Redaktion sitzen wie 1980. Daher ist auch die Forderung nach einer "objektiven" Hifi-Zeitschrift Unsinn. Die ganze Angelegenheit ist zwangsläufig in höchstem Maße subjektiv. Wenn jemand keinen Unterschied zwischen zwei Verstärkern hört, ist das sein subjektiver Höreindruck, wenn jemand welche hört, ist das ebenfalls subjektiv. Den einzig konsequenten Weg geht daher image hifi: keine Punkte, keine Bestenlisten, keine Vergleichstests, sondern ein Autor testet jeweils ein Gerät über einen längeren Zeitraum, gibt seine Meinung dazu wieder und unterzeichnet das ganze mit seinem Namen. Das ist doch erheblich ehrlicher und glaubhafter als der frühere "wir"-Stil bei Audio und Stereoplay, der suggerieren sollte, dass die gesamte Redaktion zu einem "objektiven" Ergebnis gekommen ist, obwohl mit größter Wahrscheinlichkeit auch nur ein paar Individuen da verantwortlich gezeichnet haben. Umso bedenklicher, das ganze dann auch noch krampfhaft in eine Punkteliste einordnen zu wollen!


[Beitrag von Markus_Berzborn am 06. Apr 2004, 11:57 bearbeitet]
nathan_west
Gesperrt
#9 erstellt: 06. Apr 2004, 12:56
"Ehrlicher" und sinnvoller wäre es auch wenn man bei Verstärken ab einem gewissen klanglichen Grundniveaus 80% der Endwertung nur noch aus Komfort, Haptik, und langfristig angenehmer Bedienbarkeit bilden würde.
Oh, und natürlich die Ausstattung und Bedienbarkeit und Umsetzung.

Oder die Wärmeentwicklung bzw. Abführung beurteilt...

Aber der Link ist wirklich spitze...
Die Grafiken des "Rechteckverhaltens" sprechen z.B. für sich...


[Beitrag von nathan_west am 06. Apr 2004, 13:03 bearbeitet]
Markus_Berzborn
Gesperrt
#10 erstellt: 06. Apr 2004, 13:16

"Ehrlicher" und sinnvoller wäre es auch wenn man bei Verstärken ab einem gewissen klanglichen Grundniveaus 80% der Endwertung nur noch aus Komfort, Haptik, und langfristig angenehmer Bedienbarkeit bilden würde.
Oh, und natürlich die Ausstattung und Bedienbarkeit und Umsetzung.


Diese Meinung teile ich nicht. Sofern das Gerät betriebssicher ist und keine ernsthaften Mängel aufweist, sollte meines Erachtens der Klang das alleinige Beurteilungskriterium sein. Komfort, Design usw. sind nette Beigaben, die am Rande Erwähnung finden sollten, aber es kann für mein Empfinden nicht sein, dass ein klanglich schlechteres Gerät "aufgewertet" wird, weil es angenehm zu bedienen und schön anzusehen ist.

Gruß,
Markus
nathan_west
Gesperrt
#11 erstellt: 06. Apr 2004, 14:45
Joa nun, meine Meinung fusst ja auch darauf, das ich glaube das, ab einer preislich relativ früh zu erreichenden Klasse von Verstärkern keine "Mängel" im Klang mehr auszumachen sind. Die klanglichen Kritikpunkte haben ihren Ursprung dann wohl bei einer Inkompatibilität von Hersteller-Soundabstimmung und Geschmack des Testpublikums.
cr
Inventar
#12 erstellt: 06. Apr 2004, 14:58

Accuphase P 800 (klar, elegant)
- Burmester 828 (würzig)
- Burmester 850 (feurig, prickelnd)
- Carver Silver Seven (schlank, duftig)
- Jadis JA 500 (vollmundig, blumig)
- Krell KSA 250 EUR (fruchtig-vollmundig)
- SAC The >A<mplifier (trocken, leicht)
- Luxman M-05 (feines Bukett)


MM sind diese Beschreibungen wertlos. Wenn man nichts schreiben würde, ginge der Welt auch nichts verloren.
Geholfen ist mit sowas wohl keinem.
Markus_Berzborn
Gesperrt
#13 erstellt: 06. Apr 2004, 15:37

meine Meinung fusst ja auch darauf, das ich glaube das,


Eben, Deine Meinung und Dein Glaube. Eine rein subjektive Angelegenheit also. Daher sag ich ja auch, dass eine objektive Hifi-Zeitschrift prinzipiell nicht möglich ist!
allgemeinheit
Hat sich gelöscht
#14 erstellt: 07. Apr 2004, 12:04
Wieso soll eine "objektive" Zeitschrift nicht möglich sein?

- Messungen mit genauen Messverfahren geben schon Aufschluss im "Billigsegment" (z. B. Sony-STR-DE 495 in letzter AVF-Bild: 5x6 Watt(!) Dauerleistung)
- Hörtests (selbstverständlich blind) unter genauen Angaben der Versuchsbedingungen, der aufgelegten Musik etc.

Allgemein schwierig dürfte nur der vielgepriesene "Pegelabgleich" sein.
Wie soll ein solcher stattfinden, wenn sich die Gesamtschall-Frequenzgänge drastisch unterscheiden?
Man kann doch (z. B. ) eine mittenbetonte Box mit einer mittenarmen unmöglich abgleichen, da dann die mittenarme zwangsläufig überlaute Bässe und Höhen hat (wenn man z. B. die Mitten abgleicht)?!?

Einziger Weg (eines fairen Vergleichs) wäre ein Digital-Equalizer für jeden LS, der den Frequenzgang grob "glattbügelt".


[Beitrag von allgemeinheit am 07. Apr 2004, 12:05 bearbeitet]
jakob
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 07. Apr 2004, 13:45
Hi allgemeinheit,

letztendlich muß man sich den Aufwand für derartige Blindtests vor Augen halten.
Mit entsprechender Versuchsanzahl gerät man unweigerlich in das Dilemma entweder die Versuchsdauer deutlich abzukürzen oder sehr lange Zeit in Anspruch nehmen zu müssen.

Für mich z.B. wäre sicherlich eine Testzeitschrift sehr interessant, die im Stile der alten Hifi-Exklusiv überaus ausführliche Laborberichte veröffentlicht.
Für nicht ganz so technikorientierte Leser mit einiger Wahrscheinlichkeit viel verschwendeter Platz.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob Blindtests wirklich weiterhelfen oder zwingend notwendig sind. Generell darf ein Zeitschriftenartikel nicht den Kaufgrund abgeben. Man sollte die Artikel als Marktüberblick ansehen, dier nebenher auch noch einen Unterhaltungswert hat. Sofern man den Autor über die Zeit kennengelernt hat, wird man auch imstande sein können, weitere Informationen zwischen den Zeilen herauszulesen.

Alles weitere muß der eigene Hörsinn (unter Abwägung aller Randbedingungen) in Verbindung mit guter Beratung eines seriösen Händlers ergeben.
Die Entscheidung kann/darf einem eine Zeitschrift nicht abnehmen.

Gruss
mitleser
Ist häufiger hier
#16 erstellt: 08. Apr 2004, 12:22

- Accuphase P 800 (klar, elegant)
- Burmester 828 (würzig)
- Burmester 850 (feurig, prickelnd)
- Carver Silver Seven (schlank, duftig)
- Jadis JA 500 (vollmundig, blumig)
- Krell KSA 250 EUR (fruchtig-vollmundig)
- SAC The >A<mplifier (trocken, leicht)
- Luxman M-05 (feines Bukett)

Oh du meine Fresse, wie geil. Ich weiss gar nicht, wann ich das letzte mal so schallend gelacht habe. Danke.

anon123
Inventar
#17 erstellt: 08. Apr 2004, 12:51
Hallo,

zum einen schließe ich mich jazzfusions Frage an: Wie würdet Ihr denn Klang beschreiben? Zum zweiten sind das alles Adjektive, die völlig zusammenhanglos zitiert werden. Sagt also nicht viel.

Und, drittens, erinnern mich diese Adjektive an die Geschmacksbeschreibungen von Wein. Ich kenne mich ja mit Wein nicht aus -- wenn er mir schmeckt, reicht es mir. Mein Chef aber, Uniprof, hat ein paar Weinlexika geschrieben, und dort wimmelt es von ähnlichen Beschreibungen. Wenn er sich mit einem Kollegen über Wein unterhält, übrigens auch. Man kann dem verwundert gegenüberstehen, es vielleicht amüsant finden, aber "schallend lachen" würde bei Wein kaum jemand. Oder bei Whisk(e)y. Warum also bei HiFi?

Übrigens finde ich es gar nicht so ungelenk zu versuchen, den Klang mit Analogien einer den meisten bekannteren oder zumindest zugänglicheren Sinneserfahrung zu beschreiben. Das macht zumindest die Intention des Geschriebenen nachvollziehbarer.

Beste Grüße.


[Beitrag von anon123 am 08. Apr 2004, 12:56 bearbeitet]
jruhe
Inventar
#18 erstellt: 08. Apr 2004, 13:53

Und, drittens, erinnern mich diese Adjektive an die Geschmacksbeschreibungen von Wein. Ich kenne mich ja mit Wein nicht aus -- wenn er mir schmeckt, reicht es mir. Mein Chef aber, Uniprof, hat ein paar Weinlexika geschrieben, und dort wimmelt es von ähnlichen Beschreibungen. Wenn er sich mit einem Kollegen über Wein unterhält, übrigens auch. Man kann dem verwundert gegenüberstehen, es vielleicht amüsant finden, aber "schallend lachen" würde bei Wein kaum jemand. Oder bei Whisk(e)y. Warum also bei HiFi?


Ich wage mal zu behaupten, dass die Wein-Szene ebenso von Mythen, Legenden, Weisheiten, Aberglauben und Ammenmärchen durchdrungen ist wie die Hifi-Szene. Das liegt in der Natur der Sache und des Menschen. Wo objektive Maßstäbe nicht existieren bzw. nicht einfach zugänglich sind, versucht der Mensch trotzdem irgendeine Form von Gesetz oder Kontinuität zu erfinden und daraus eine "Wissenschaft" zu machen. Der menschliche Geschmacksinn und genauso schwach wie sein Hörsinn und mit ziemlicher Sicherheit gibt es weder den berühmten "Südhang-Erschmecker" noch den Kabelklanghörer. Die menschlichen Sinne arbeiten dafür einfach zu grob. Ich kann mich bspw. an einen Jahre zurückliegenden Biertest in der "Zeit" erinnern, wo keiner die getesteten Biere ansatzweise einer Marke zuordnen konnte, geschweige denn jemand sein Lieblingsbier identifizieren konnte, obwohl jeder der Probanden geschworen hat, es mit Leichtigkeit zu erschmecken. Ähnlich läuft es bei dem jährlichen Kaffeetest im Bremer Rathaus ab, wo schon des öfteren irgendein entkoffeiniertes Zeugs gewonnen hat.

Der Unterschied:

Verschiedene Weinsorten u.a. schmecken natürlich unterschiedlich. Da der Geschmackssinn gefragt ist, haben natürlich Klassifikationen wie "fruchtig", "würzig", "trocken", "lieblich" u.ä einen Sinn, denn diese Attribute spiegeln reale Geschmackserlebnisse unserer Zunge wieder. Nichtsdestotrotz beinhaltet Geschmack keinerlei Güteinformation. Die Güte eines Weines wird neben den wenigen objektiven chemischen Informationen aus dem Riesenbremorium, das Weinkenner um ihr Objekt veranstalten, irgendwie generiert, unter Vorgaukelung vermeintlicher Objektivität und irgendwelcher Gesetzmässigkeiten.

Die obigen Attribute auf den Hifi Bereich zu übertragen ist vollkommen sinnlos, da sie keinerlei Verbindung zu realen Höreneindrücken aufweisen. Mann kann weder etwas Würziges noch etwas Fruchtiges hören.
Ansonsten läuft es im Hifi Voodoo Bereich ähnlich wie oben. Nur: Während man dem Geschmack eines Weines nicht wirklich messtechnisch auf die Spur kommen kann, obwohl er vorhanden ist läuft es bei Hifi anders. Klangunterschiede kann man messtechnisch identifizieren, wenn sie vorhanden sind. Diese Tatsache verläugnen die Goldohren, die sich nichts sehnlicher wünschen, als dass wie beim Wein alles Geschmackssache und Interpretation wäre und ein Klangerlebnis möglichst niemals auf realer Existenz getestet wird. Vielen Goldohren ist daher auch gemein, dass sie sich selbst als besondere "Geniesser" bezeichnen.

MfG
J.Ruhe


[Beitrag von jruhe am 08. Apr 2004, 13:56 bearbeitet]
anon123
Inventar
#19 erstellt: 08. Apr 2004, 14:27
Na, diese Antwort werde ich mal meinem Chef zu lesen geben. Zumindest vielleicht.

Also ich finde schon, daß man Klang mit "klar", "elegant", "feurig", "prickelnd", "schlank", "trocken", "leicht" und -- wenn's die Phantasie erlaubt -- auch gerne mit "würzig", "fruchtig" oder "feines Bukett" beschreiben kann. Wieso nicht?

Wenn man dazu keinen Zugang hat, von mir aus keinen Sinn dafür, dann hat das kaum etwas mit "Mythen, Legenden, Weisheiten, Aberglauben und Ammenmärchen" zu tun. Immerhin gibt es ja keine DIN-Norm, die etwa "fruchtig" definiert. Oder vielleicht doch? Aber einen Hörer, der bei bestimmter Musik an einer bestimmten Anlage vielleicht an so etwas erinnert wird. Also schreibt er (sie) es, der (die) SchuftIn. Also, sowas ...

Heute abend geh' ich mal prickelnde Musik an meinem elegant-nüchtern-gehaltvollen Verstärker und meinen schlanken und souveränen Boxen hören. Und dazu erlaube ich mir einen rauchigen, torfigen, salzigen Insel-Malt, dessen Geschmack und Abgang u.a. stark an Seetang erinnert. Jedenfalls bilde ich mir das ein.

Geniesserische Grüße.


[Beitrag von anon123 am 08. Apr 2004, 15:02 bearbeitet]
Gorbi!
Ist häufiger hier
#20 erstellt: 08. Apr 2004, 14:52
Hallo, Leute!

"Die obigen Attribute auf den Hifi Bereich zu übertragen ist vollkommen sinnlos, da sie keinerlei Verbindung zu realen Höreneindrücken aufweisen" (Zitat) - dem muß ich zustimmen. Man könnte ja als Tester nur noch Leute einstellen, die Höreindrücke visuell wahrnehmen (ja, die gibt es). Oder man gibt den Testern immer genau die gleiche Menge Drogen. Dann erhält man vielleicht Beschreibungen wie "Grün-blauer Schleier", "Rotflammende Explosionen" oder "Schwarze, wuchtige Wolke, aus der weiße Blitze zucken". *g*

Vielleicht ist aber das beste Kriterium Geduld. Ein paar Jahre warten und dann schauen, welche Geräte immer noch teuer und gefragt sind, auch als Gebrauchte.

Ich für meinen Teil würde meinen DUAL CV 1600 gegen keinen modernen Verstärker eintauschen. Und dazu ein CS 731 Q mit gutem System - was will ich mehr?

In diesem Sinne: Audiophile Ostern!

Viele Grüße
Gorbi
anon123
Inventar
#21 erstellt: 08. Apr 2004, 15:00
Hallo Gorbi,

Dein Dual-Kram klingt bestimmt "rostig" und "verstaubt"

Nein, mal im Ernst. Als Schüler stand ich sehnsüchtig vor diesen großen Geräten von Dual. Geworden ist's damals nur eine HS-152 (mit C 1246) und ein C 939. Das Tapedeck funktioniert nicht mehr, aber die Heimanlage lebt (bis auf die LS) immer noch. Und so manchmal schmökere ich bei Ebay und frage mich "Soll ich?"

Auch Dir audiophile Ostern
jruhe
Inventar
#22 erstellt: 08. Apr 2004, 15:09

Also ich finde schon, daß man Klang mit "klar", "elegant", "feurig", "prickelnd", "schlank", "trocken", "leicht" und -- wenn's die Phantasie erlaubt -- auch gerne mit "würzig", "prickelnd", "fruchtig" oder "feines Bukett" beschreiben kann. Wieso nicht?


Eigendlich hatte ich gedacht, ich hätte das eben logisch begründet


Immerhin gibt es ja keine DIN-Norm, die etwa "fruchtig" definiert. Oder vielleicht doch?


Dazu braucht es keine DIN Norm. Jeder der keine ernsthafte Entwicklungstörung durchgemacht hat oder unter einem physischen Defekt leidet, kann Geschmäcke wie "salzig", "süss", "sauer", "bitter" etc. unterscheiden und begrifflich zuordnen. Genauso wie beim Hören "laut", "leise", "hoher Ton", "tiefer Ton" usw. Jemand der sich sein Leben lang nicht nur von Fastfood ernährt hat, wird sogar einzelne Füchte geschmacklich identifizieren können und daher auch Fruchtigkeit eindeutig zuordnen können. Und das Gute ist, dass solche Bergiffe personenunabhängig sind, in diesem Sinne also weitestgehend objektiv, somit als Berschreibungs- und Klassifizierungsbegriffe verwertbar. Bei "vollmundig" oder "süffig" wird es schon schwieriger, glaube aber dass es unter Leuten, die viel mit Geschmacksbewertung zu tun haben, auch da Einigkeit gibt. Ich weiß nicht, was sie genau bedeuten sollen, würde sie daher auch nicht verwenden.

Im Hifi/Highend Bereich sieht es ganz anders aus. Dort wird mit Begriffen, die, wie schon erwähnt, keine reale Bindung mit dem Gehörten haben, munter und nach eigenem Gusto Schindluder getrieben. Erschwerend kommt noch hinzu, dass viele Klangeindrücke einfach Einbildung sind. Jeder beschreibt, wie er gerade lustig ist. Objektivität? Fehlanzeige.
Ich bin mir sicher, dass es unter Toningenieuren/Tonmeistern/Musikern auch einige wenige Begriffe zur Klangbeschreinbung gibt, die als objektive (im obigen Sinne) Bewertungsbegriffe verwendet werden. Für den Laien sind diese aber i.A. nicht verwendbar, da sie aufgrund mangelnder Erfahrung, Gehörschulung und Ausbildung, diese nicht richtig anzuwenden wissen.

MfG
J.Ruhe
Kawa
Inventar
#23 erstellt: 08. Apr 2004, 15:30
also ich fand die Spice Girls irgendwie würzig ....
anon123
Inventar
#24 erstellt: 08. Apr 2004, 15:37
Ich fand sie fade. Vielleicht noch ein wenig süß und kebrig. Dünn könnte man auch sagen. Manchmal auch abgestanden und angenudelt. Die Musik, meine ich.

Was ist eigentlich "fetter Sound"?


[Beitrag von anon123 am 08. Apr 2004, 15:40 bearbeitet]
Kawa
Inventar
#25 erstellt: 08. Apr 2004, 15:40
fetter Sound:

Weather Girls z.B.
anon123
Inventar
#26 erstellt: 08. Apr 2004, 15:42


"Go get yourselves wet, girls". Das gleiche Lied war dann aber bei Ex-Spicebabe Dingsbums (der Name fällt mir nicht ein) echt dünn und sehnig, oder?

Barry White war dann auch fett. Oder schreibt man das "phat"?


[Beitrag von anon123 am 08. Apr 2004, 15:43 bearbeitet]
ahofer
Ist häufiger hier
#27 erstellt: 08. Apr 2004, 18:53
@anon123:

das Problem, wenn man Begriffe aus einem anderen Erfahrungsbereich zur Beschreibung heranzieht, ist die nicht-eindeutige Übertragungsfunktion: zwei Leute, die die gleichen Wein-Begriffe für HiFi verwenden, können unter "blumig" etwas komplett anderes verstehen

(Das gleiche Problem sehe ich bei dem Gemüse-Gedöns auch bei Wein, aber da mag es ja Leute geben, die zumindest untereinander die "Fachsprache" verstehen )

j.ruhe hat es ja schon beschrieben: während die meisten Menschen gleiche Erfahrungen zum Geschmack "salzig" haben (sie mögen das als etwas anderes empfinden, mögen, ablehnen, aber sie erkennen "salzig" gleichermaßen wieder), ist nicht klar, wie diese Begriffe für andere Sinnesempfindungen zugeordnet werden sollen.

Niemand (?) käme auf die Idee, ein Gemälde als "blumig" oder
"bitter" zu bezeichnen, aber für Höreindrücke sollen sie geeignet sein?

Selbstverständlich kann jeder einzelne das für sich so tun. Für sich selbst kann man aber auf derartiges auch verzichten. Solche Beschreibungen sollen ja der Kommunikation dienen. Und diese Funktion können sie imho eben nicht erfüllen
anon123
Inventar
#28 erstellt: 08. Apr 2004, 19:37
@ahofer:

Du hast schon Recht, daß das entscheidende ist, daß bei einer Kommunikation Sender (also z.B. Schreiber) und Empfänger (also z.B. Leser) über den selben oder zumindest einen ähnlichen Code (Sprache, Zeichensystem, ...) verfügen. Haben sie das, funktioniert die Kommunikation. Haben sie es nicht, funktioniert sie nicht. Das Problem mit J. Ruhe ist, daß er (wie so oft, wenn ich meinen subjektiven Eindruck anmerken darf) von Absoluten ausgeht, die es hier schlicht nicht gibt.

Bei der Übertragung von Attributen von einem Bereich in einen anderen kommt es darauf an, ob beide (Sender und Empfänger) auch in diesem anderen Bereich über den selben/ähnlichen Code verfügen, und/oder ob sie die Transponierung nachvollziehen können. Ein Hund ist z.B. bissig, wenn er bisweilen andere Hunde, Tiere, Menschen, HiFi-Geräte beißt. Satire aber ist manchmal auch bissig. Nun werden Dieter Hildebrandt oder Matthias Riechling niemanden beißen, dennoch weiß jeder, was gemeint ist. "Fetter Sound" wäre auch so ein Beispiel. Das Spiel mit unterschiedlichen Bedeutungen in verschiedenen Kontexten hat hier IMHO funktioniert. Warum? Weil der "Bedeutungstransfer" und die daraus resultierende Zweideutigkeit klar ist (man sagt auch "ausgehandelt").

Bei HiFi kann man also durchaus davon sprechen, daß eine Komponente etwa vollmundig oder blumig spielt. Gemeint wäre hier, daß sie opulent, barock spielt, und bei aller Liebe zum Detail Wärme und Seele vermittelt. Pastellener oder aquareller Klang wäre es, wenn vieles nur angedeutet wird, dafür aber vielleicht "luftiger" (auch so ein Wort), transparenter, räumlicher. Das ist keinesfalls trennscharf, und jeder von uns wird darunter (mehr oder weniger) etwas anderes verstehen. Na und? "Fachzeitschriften" im Bereich HiFi sind keine wissenschaftlichen Fachzeitschriften, bei denen es eben sehr genau auf die korrekte Verwendung der Fachtermini ankommt. Und das gelingt, z.B., bei meiner Wissenschaft "Neueste Geschichte" kaum von Autor zu Autor, von Lehrmeinung zu Lehrmeinung oder von Land zu Land. Irgend einer der vielen Historiker, die sich in diesem Bereich tummeln, hat einmal geschrieben: "This is history, not quantum physics." "Gravitational pull" ist ein klar umrissenes physikalisches Phänomen. Der selbe Begriff wird von Englisch sprechenden Politikwissenschaftlern auch verstanden, nur eben mit einer anderen Bedeutung.

Und das wäre das Problem. Autoren, die in "blumigster" (!) Sprache dies und das im Bereich HiFi beschreiben, bringen ihre Eindrücke und Wertungen zum Ausdruck. Das ist schwer genug, aber bei HiFi geht's nun einmal um Klang, also einen Eindruck, eine komplexe sensorische Wahrnehmung. Wenn dann Autor und Leser nicht über den selben oder einen ähnlichen Code verfügen, dann heißt das noch lange nicht, daß wir es mit "Mythen, Legenden, Weisheiten, Aberglauben und Ammenmärchen" zu tun haben. Vielmehr, daß Begrifflichkeiten mit Bedeutungen besetzt sind, die in unterschiedlichen Kontexten für verschiedene Individuen differierende Bedeutungen haben. Hat man diesen Code ausgehandelt, klappt's mit der Kommunikation. Nichts anderes wäre auch die klare Begriffsbestimmung z.B. bei Fachbegriffen.

Beste Grüße.
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