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Haben Blindtests eine Aussagekraft für HiFi Produkte?

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Onemore
Inventar
#55 erstellt: 14. Aug 2006, 19:39

kptools schrieb:

Aber warum fällt es Vielen so schwer sich dieses einzugestehen? Es ändert doch nichts am Hobby.



Ich wage die Behauptung, dass es sich eindeutig um ein anderes Hobby handelt. Der Zwang an allem möglichen auch ohne Kenntnis der Sachlage herumzuwursteln ist scheinbar bei vielen sehr ausgeprägt. Anfangs begnügt man sich noch mit einfachen Dingen wie dem ganzen Kabelsalat, später wird man dann mutiger und öffnet sich auch den noch abstruseren Dingen. Einzig wichtig dabei ist nur, dass man mit möglichst wenig Werkzeug auskommt. Also Stöpseln, Unterstellen, Drüberstellen, Herumsprühen und ähnliches werden gerne angenommen.

Musikhören wird dabei zur Nebensache, da es immer gilt der Feinauflösung auf die Spur zu kommen. Was immer das auch sein möge.


Gruss Bernd
sheckley666
Stammgast
#56 erstellt: 14. Aug 2006, 20:02
Ich denke, es könnte durchaus aufschlussreich sein, mehr über die Bedeutung des Gehörs in der Entwicklungsgeschichte des Menschen zu wissen. Ich (als Laie) stelle mir das ungefähr so vor:

Das Gehör als nicht abschaltbares, schnell reagierendes, ungerichtet auf die Ferne arbeitendes System hat eine wichtige Aufgabe als Frühwarnsystem. Die anderen Sinne sind dafür weniger geeignet. Das Auge arbeitet nicht in allen Richtungen, und manchmal gar nicht. Der Geruchssinn ist langsam. Der Tastsinn funktioniert nur auf die Nähe. Ergo: Das Ohr muss den Frühwarner spielen.

Was folgt daraus?

1.) Das Gehör muss eintreffende Signale schnell verarbeiten. Wer den Unterschied zwischen "Blätterrascheln im Wind" und "Blätterrascheln im Wind plus anschleichendes Raubtier" erkennen will, hat in der Regel nicht mehrere Wochen Einhörungszeit.

2.) Das Gehör muss ohne die anderen Sinne funktionieren, gerade dann wird es gebraucht.

3.) Das Gehör wird im Zweifel einen Unterschied erkennen, wo keiner ist, als umgekehrt. Wenn sich ein anderer Mensch von hinten nähert, und Zweifel bestehen, ob das Trittschallmuster zum eigenen Bruder passt, der dreht lieber einmal öfter den Kopf, um sich zu vergewissern, als einmal zu wenig.

Grüße, Frank
superfranz
Gesperrt
#57 erstellt: 14. Aug 2006, 20:05

Onemore schrieb:

kptools schrieb:

Aber warum fällt es Vielen so schwer sich dieses einzugestehen? Es ändert doch nichts am Hobby.



Ich wage die Behauptung, dass es sich eindeutig um ein anderes Hobby handelt. Der Zwang an allem möglichen auch ohne Kenntnis der Sachlage herumzuwursteln ist scheinbar bei vielen sehr ausgeprägt. Anfangs begnügt man sich noch mit einfachen Dingen wie dem ganzen Kabelsalat, später wird man dann mutiger und öffnet sich auch den noch abstruseren Dingen. Einzig wichtig dabei ist nur, dass man mit möglichst wenig Werkzeug auskommt. Also Stöpseln, Unterstellen, Drüberstellen, Herumsprühen und ähnliches werden gerne angenommen.

Musikhören wird dabei zur Nebensache, da es immer gilt der Feinauflösung auf die Spur zu kommen. Was immer das auch sein möge.


Gruss Bernd



...wer HiFi versteht , der schenkt " sich " High - End !!!

Ansonsten " leider " nichts neues an der Front .


franzl
ukw
Inventar
#58 erstellt: 14. Aug 2006, 20:20

sheckley666 schrieb:

Das Gehör als nicht abschaltbares, schnell reagierendes, ungerichtet auf die Ferne arbeitendes System hat eine wichtige Aufgabe als Frühwarnsystem. Die anderen Sinne sind dafür weniger geeignet. Das Auge arbeitet nicht in allen Richtungen, und manchmal gar nicht. Der Geruchssinn ist langsam. Der Tastsinn funktioniert nur auf die Nähe. Ergo: Das Ohr muss den Frühwarner spielen.

Was folgt daraus?

1.) Das Gehör muss eintreffende Signale schnell verarbeiten. Wer den Unterschied zwischen "Blätterrascheln im Wind" und "Blätterrascheln im Wind plus anschleichendes Raubtier" erkennen will, hat in der Regel nicht mehrere Wochen Einhörungszeit.

...


Vergiss es - ohne eine umfassende Schulung Deiner Sinne wirst Du nicht mal eine Viertelstunde überleben, Bleichgesicht.
Vertraue den Worten eines alten Indianers
reidi-right
Stammgast
#59 erstellt: 14. Aug 2006, 20:21

sheckley666 schrieb:
Das Auge arbeitet nicht in allen Richtungen, und manchmal gar nicht.


Deswegen haben wir die Tomaten ja auf den Ohren. Nicht auf den Augen


sheckley666 schrieb:
Ergo: Das Ohr muss den Frühwarner spielen.


Das Ohr d.h. das Trommelfell (wer's noch noch nicht wusste) ist so empfindlich, dass die Bewegung um ein Zehntel des Druchmessers eines (!!!) Wasserstoffatoms als Geräusch wahrgenommen werden kann.

Diese Erkenntnis ist kein Voodoo, sondern schlichtes Forschungsergebnis.
sheckley666
Stammgast
#60 erstellt: 14. Aug 2006, 20:33

ukw schrieb:

sheckley666 schrieb:

Das Gehör als nicht abschaltbares, schnell reagierendes, ungerichtet auf die Ferne arbeitendes System hat eine wichtige Aufgabe als Frühwarnsystem. Die anderen Sinne sind dafür weniger geeignet. Das Auge arbeitet nicht in allen Richtungen, und manchmal gar nicht. Der Geruchssinn ist langsam. Der Tastsinn funktioniert nur auf die Nähe. Ergo: Das Ohr muss den Frühwarner spielen. Was folgt daraus? 1.) Das Gehör muss eintreffende Signale schnell verarbeiten. Wer den Unterschied zwischen "Blätterrascheln im Wind" und "Blätterrascheln im Wind plus anschleichendes Raubtier" erkennen will, hat in der Regel nicht mehrere Wochen Einhörungszeit.
...


Vergiss es - ohne eine umfassende Schulung Deiner Sinne wirst Du nicht mal eine Viertelstunde überleben, Bleichgesicht.
Vertraue den Worten eines alten Indianers


Pshaw!

Als ich damals am Klondike meine erste Million scheffelte, da habe ich am Knistern meiner in der Luft gefrierenden Spucke die aktuelle Lufttemperatur auf ein hundertstel Grad genau herausgehört

Hugh!
superfranz
Gesperrt
#62 erstellt: 14. Aug 2006, 20:53

sheckley666 schrieb:

ukw schrieb:

sheckley666 schrieb:

Das Gehör als nicht abschaltbares, schnell reagierendes, ungerichtet auf die Ferne arbeitendes System hat eine wichtige Aufgabe als Frühwarnsystem. Die anderen Sinne sind dafür weniger geeignet. Das Auge arbeitet nicht in allen Richtungen, und manchmal gar nicht. Der Geruchssinn ist langsam. Der Tastsinn funktioniert nur auf die Nähe. Ergo: Das Ohr muss den Frühwarner spielen. Was folgt daraus? 1.) Das Gehör muss eintreffende Signale schnell verarbeiten. Wer den Unterschied zwischen "Blätterrascheln im Wind" und "Blätterrascheln im Wind plus anschleichendes Raubtier" erkennen will, hat in der Regel nicht mehrere Wochen Einhörungszeit.
...


Vergiss es - ohne eine umfassende Schulung Deiner Sinne wirst Du nicht mal eine Viertelstunde überleben, Bleichgesicht.
Vertraue den Worten eines alten Indianers


Pshaw!

Als ich damals am Klondike meine erste Million scheffelte, da habe ich am Knistern meiner in der Luft gefrierenden Spucke die aktuelle Lufttemperatur auf ein hundertstel Grad genau herausgehört

Hugh!



...hättest halt damals besser einen verruchten Saloon mit viel miesem Whisky und schmuddeligen " leichten " Mädchen eröffnen sollen .

franzl
kptools
Hat sich gelöscht
#63 erstellt: 14. Aug 2006, 21:01
Hallo,

Back To Topic! Alles weitere in dieser Richtung fliegt raus !

Grüsse aus OWL

kp
Kobe8
Inventar
#64 erstellt: 14. Aug 2006, 23:53

Hyperlink schrieb:
Etwas "blind testen" ist aber noch etwas anderes als ein Blindtest. Es fehlen (mir) nämlich bei AV-Bild die Infos darüber wie die statistische Auswertung stattfindet und die Sicherheit vor Manipulationsversuchen bereits bei Aufstellung der zu testenden Komponenten und die Ausschaltung anderer verzerrender Einflüsse.


Gude!

Es scheint mir, als wird der Begriff 'Blindtest' in letzter Zeit auch in den 'Fachzeitschriften' mehr und mehr verwendet. Wenn ich aber bedenke, wie diese Presse in den Jahren davor mit den Grundlagen ihres 'Fachs' umgegangen ist, stößt es mir doch eher sauer auf - Naja, vielleicht ist's ja doch ein Wandel zum 'Guten'.

Gruß Kobe
Gene_Frenkle
Inventar
#65 erstellt: 15. Aug 2006, 10:54
Es kommt zwar etwas spät, aber ich muss noch einmal auf die Wein-Blindverkostung eingehen. Diese hat garnichts mit Blindtests zu tun, um die es bei Hörtests geht. Jeder gesunde Mensch schmeckt blind den Unterschied zwischen verschiedenen Weinen, die meißten sogar zwischen verschiedenen Wassersorten. Allein eine absolute Bestimmung eines Weins gelingt sehr wenigen (also welcher Wein ist welcher).
Bei einem Hörblindtest, wie ich ihn für richtig erachte geht es darum, ob überhaupt Unterschiede vorhanden sind. Bei (geeigneten) Kabeln z.B. ist dies im Gegensatz zu Weinen noch niemandem gelungen.
Die Entscheidung welches Produkt besser gefällt trifft man dann allerdings nicht im Blindtest. Wenn Kabel keinen klanglichen Unterschied machen, sie einigermassen robust sind und ich sie unauffällig verlegen kann würde ich das billigere nehmen.
Das heisst übrigens nicht, dass man sich beim Hörtest unverblindet nicht auch Zeit nehmen kann um die gefundenen Ergebnisse dann im Blindtest zu verifizieren/falsifizieren (bei Kabeln aufgrund der vielen Tests anderer wohl nicht mehr nötig).
Es wird oft von Voodooisten gesagt, dass man seiner Wahrnehmung trauen soll. Ich finde nur wer so vorgeht traut wirklich seiner Wahrnehmung.
Vorteil der ganzen Sache ist, dass man sich mit wenig Geld eine besser klingende Anlage zusammenstellen kann als mancher High-Ender, der aus Angst vor elektr. Verunreinigung en, Schwingungen, ungeordneten Luftmolekülen etc. garnicht mehr zum ruhigen Musikgenuss findet.
Insofern betreibt der von mir beschriebene High-Ender (bei weitem nicht alle sind aber so) ein anderes Hobby als der Musikfreund, der sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse beruhen kann.
Der eine optimiert, der andere hört.
UweM
Moderator
#66 erstellt: 15. Aug 2006, 11:07

Grumbler schrieb:

Mit "schnell" meine ich "öfter als alle 2 Wochen".
Alles klar?
Beschäftige Dich doch lieber mit der Aussage.


Bei den letzten Tests gab es keine Zeitvorgabe. Die Testpersonen konnten jeweils selbst bestimmen, wie lange oder wie oft sie eine Musikpassage hören bis sie sicher waren, eine Aussage treffen zu können.
Nur leider hat sich diese Sicherheit als sehr trügerisch herausgestellt.

Grüße,

uwe
spendormania
Hat sich gelöscht
#67 erstellt: 15. Aug 2006, 11:32
@ Uwe:

waren andere Personen im Raum oder Publikum anwesend? Dann ist das Testergebnis schon hinfällig, leider.

Gruß!
Sieveking_Sound
Stammgast
#68 erstellt: 15. Aug 2006, 12:01
Bevor der Thread jetzt völlig in Diskussionen von Einzelfällen abgleitet und die erbetenen Sachlichkeit völlig abhanden kommt, hier mal wieder eine Zusammenfassung:

Es sind sich alle Diskutanten darüber einig, dass es unter den typischen Wohnraumbedingungen nicht möglich ist, einen wissenschaftlich korrekten Blindtest durchzuführen.

Es herscht Einigkeit darüber, dass Kaufentscheidungen (selbst unter den befürwortern von Blindtests) nicht allein aufgrund solcher Tests fallen, sondern dass zahllose andere Einflüsse eine wichtige Rolle spielen.

Offenbar tendieren Probanden in (nicht wissenschaftlich korrekten) Blindtests dazu stets dasjenige herauszuhören, was getestet werden sollen. Also spielt Suggestion hier weiterhin eine Rolle.

Zurück zur ursprünglichen Frage nach der Aussagekraft von Blindtests zur Bewertung von HiFi Komponenten: Kennt denn jemand einen "korrekten" Blindtest, bei dem Probanden in der Lage waren statistisch eindeutig unterschiede zwischen verschiedenen Markenkomponenten wahrzunehmen?

Falls ja: Was für Komponenten wurden verwendet und getestet?
Falls nein: Wäre es sinnvoll einen solchen Test mit klanglich als sehr unterschiedlich beschriebenen Komponenten durchzuführen um beurteilen zu können, ob Musikhörer diese Unterschiede auch verblindet noch erkennen können?

Jan Sieveking
pelmazo
Hat sich gelöscht
#69 erstellt: 15. Aug 2006, 12:12

Grumbler schrieb:
Geschmackstest mit neutralisiertem Geruchssinn ist nicht sinnvoll. Der Geruchssinn bestimmt auch den Geschmack. Das kann man nicht trennen. Die Zunge bietet nur eine grobe Klassifizierung, den eigentlichen Geschmack bestimmt der Geruchssinn.


Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen muß man auch zuerst Fälle untersuchen, in denen der Geruchssinn ausgeschaltet ist, wie sollte man sonst die Unterscheidung treffen? Ich stimme Dir zu das man für eine Beurteilung wie etwas schmeckt auf den den Geruchssinn nicht verzichten kann. Eben drum schrieb ich daß es darauf ankommt was man überhaupt herausfinden will, und welche Arten von Wahrnehmung man demzufolge ausschalten muß.

Dein Weinbeispiel ist aus diesem Grund untauglich, denn die optischen Eindrücke sind ausdrücklich und offen Teil der Beurteilungskriterien, und auf sie zu verzichten bringt selbstverständlich eine Änderung der Unterscheidungsfähigkeit bzw. Erkennungsfähigkeit.

Bei Hörtests wird das geleugnet, obwohl alle Tests die ich kenne das Gegenteil zeigen.


Mit "schnell" meine ich "öfter als alle 2 Wochen".
Alles klar?
Beschäftige Dich doch lieber mit der Aussage.


Durch eine solche Vorbedingung wird jeder Test praktisch undurchführbar. Für eine nennenswerte statistische Signifikanz müßtest Du wohl mindestens 10 Durchläufe machen, und wenn dazu nötig ist daß Du jeden der zwei Prüflinge jeweils mindestens einmal am Stück für zwei Wochen anhörst, dann überschreitet die Testdauer ein Jahr.

Wenn so etwas im Ernst nötig sein sollte um gewisse Unterschiede festzustellen, dann würde ich sagen daß man auf diese Unterschiede getrost pfeifen kann. Mit dem was hier im Forum oder in Publikumszeitschriften gemeinhin so kolportiert wird hat das nichts mehr zu tun.

Und zu Deiner Aussage:


Es kann auch bedeuten, dass das Gehirn nicht in der Lage ist sich im schnellen Wechsel zwischen Geräte ein Urteil zu bilden da es keine Möglichkeit hat, das Gehörte geeignet abzuspeichern und zu klassifizieren.

Da dem Gehirn nicht bekannt ist, welches Gerät gerade gehört wird, muss es nach jedem Wechsel/Nicht-Wechsel das Gehörte als neu/unbekannt betrachten und so findet kein Lernprozess auf das jeweilige Gerät statt.
Vielleicht passiert dann sogar das Gegenteil, es bildet sich ein Klasifizierungsautomatismus aus, der nur die gleichen Eigenschaften beide verglichenen Geräte integriert und die Unterschiede ignoriert. Im Ergebnis klingen dann beide Geräte gleich. Das könnte auch der Grund sein, warum Blindtests im allgemeinen als anstrengender wahrgenommen werden.

Etwas so funktioniert das Gehirn nunmal.


Nein, so funktioniert das Gehirn nicht. Du dichtest Dir das selbst zusammen. Je direkter man zwei ähnliche Dinge nebeneinander stellt, desto größere Chancen hat man, den Unterschied zu bemerken. Egal ob Du zwei Bilder miteinander vergleichen sollst oder zwei Töne, zwei Geschmäcker oder zwei Gerüche, immer wird die Unterscheidungsfähigkeit dadurch maximiert daß das man sie unmittelbar miteinander vergleichen kann.

Nur wenn Du das Vergleichsmuster nicht im direkten Zugriff, sondern bloß im Gedächtnis hast ist es nötig, sich den Eindruck langfristig einzuprägen. Das ist es was es so schwierig macht, Weine wiederzuerkennen, die man früher einmal getrunken hat. Oder Stimmen am Telefon, die man früher gehört hat, oder Farben, die man früher gesehen hat.

Blindtests werden nicht erst seit gestern gemacht. Anstatt hier wild rumzuspekulieren was alles an Blindtests schlecht sein könnte wäre es sinnvoller, sich mal anzusehen was man denn schon über Blindtests weiß. Es ist nämlich durchaus bekannt wie man Blindtests so organisiert daß möglichst große Empfindlichkeit dabei herauskommt, und alle Anzeichen die ich kenne deuten klar darauf hin daß die direkte zeitnahe Vergleichbarkeit eine wesentliche Voraussetzung für hohe Empfindlichkeit ist. Leute die in Langzeittests ihr Heil suchen sind nach allem was ich sagen kann auf dem falschen Dampfer.

Wobei ich gleich dazusage: Angesichts des nahezu vollständigen Desinteresses, das die meisten Subjektivisten für existierendes Blindtest-Know-How haben, halte ich die Diskussion über Langzeittests nicht für einen Versuch, Blindtests zu verbessern, sondern ich denke damit sollen letztlich nur Blindtests mit an der Oberfläche vernünftig erscheinenden Argumenten diskreditiert und letztlich verunmöglicht werden. Gesucht ist das Killerargument gegen den Blindtest, nicht seine Verbesserung.
Grumbler
Inventar
#70 erstellt: 15. Aug 2006, 12:16

UweM schrieb:

Bei den letzten Tests gab es keine Zeitvorgabe. Die Testpersonen konnten jeweils selbst bestimmen, wie lange oder wie oft sie eine Musikpassage hören bis sie sicher waren, eine Aussage treffen zu können.
Nur leider hat sich diese Sicherheit als sehr trügerisch herausgestellt.

Das widerspricht meiner These ja nicht. Schade, dass alle schon am ersten Satz verenden

Grüße,
Grumbler
pelmazo
Hat sich gelöscht
#71 erstellt: 15. Aug 2006, 12:37

Sieveking_Sound schrieb:
Es sind sich alle Diskutanten darüber einig, dass es unter den typischen Wohnraumbedingungen nicht möglich ist, einen wissenschaftlich korrekten Blindtest durchzuführen.


Nein, so stimmt das nicht. Wohnraumbedingungen als solche sind kein Hindernis für einen korrekten Blindtest. Das Hindernis wird eher sein wie man die Verblindung bewerkstelligt, ohne daß dadurch die Pausen zwischen den Prüflingen zu lang werden. Den Meisten wird darüberhinaus der zeitliche Aufwand zu hoch sein.


Es herscht Einigkeit darüber, dass Kaufentscheidungen (selbst unter den befürwortern von Blindtests) nicht allein aufgrund solcher Tests fallen, sondern dass zahllose andere Einflüsse eine wichtige Rolle spielen.


Ja, darüber herrscht offenbar Einigkeit. Ich verstehe bloß den Zusatz in Klammer nicht, denn ich habe bisher im Gegenteil den Eindruck gehabt daß die Blindtestgegner eher als die Befürworter behauptet haben, bei der Kaufentscheidung sich nur von klanglichen Gesichtspunkten leiten zu lassen - was in etlichen Fällen von den Blindtestbefürwortern bezweifelt wurde.


Offenbar tendieren Probanden in (nicht wissenschaftlich korrekten) Blindtests dazu stets dasjenige herauszuhören, was getestet werden sollen. Also spielt Suggestion hier weiterhin eine Rolle.


Das verstehe ich nicht. Wenn die Suggestion weiterhin eine Rolle spielt war der Test nicht wirklich blind. Wenn er blind war ist die Suggestion ausgeschaltet. Was meinst Du also?


Zurück zur ursprünglichen Frage nach der Aussagekraft von Blindtests zur Bewertung von HiFi Komponenten: Kennt denn jemand einen "korrekten" Blindtest, bei dem Probanden in der Lage waren statistisch eindeutig unterschiede zwischen verschiedenen Markenkomponenten wahrzunehmen?


Das gibt es durchaus, und zwar in erster Linie für Lautsprecher, seltener auch für andere Komponenten. Ich erinnere mich an eine groß angelegte Testserie mit Lautsprechern die Sean Olive um 2000 herum im JAES vorgestellt hat, und an Anselm Goertz' Studie über Verstärker, die Links müßte ich bei Bedarf mal heraussuchen.


Falls nein: Wäre es sinnvoll einen solchen Test mit klanglich als sehr unterschiedlich beschriebenen Komponenten durchzuführen um beurteilen zu können, ob Musikhörer diese Unterschiede auch verblindet noch erkennen können?


Die Unterscheidungsfähigkeiten von Testhörern kann man relativ einfach mittels geeignetem Testmaterial auf CD oder Festplatte testen. Der Player Foobar2000 bietet zu diesem Zweck einen ABX-Testmodus, der so etwas sehr vereinfacht, und solche Übungen auch einfach zuhause ohne Helfer ermöglicht. Einen "großen" Test zu organisieren lohnt nur wenn sich die Leute darauf vorbereitet haben, und die Fragestellung und die Testdetails klar festgelegt sind. Ein wenig vorbereitende Beschäftigung mit den relevanten wissenschaftlichen Erkenntnissen kann auch nicht schaden.
kceenav
Stammgast
#72 erstellt: 15. Aug 2006, 13:05

pelmazo schrieb:
Das ist es was es so schwierig macht, Weine wiederzuerkennen, die man früher einmal getrunken hat. Oder Stimmen am Telefon, die man früher gehört hat, (...)

Ich stolpere gerade über diese Deine Aussage und komme ins Nachdenken ...

Haben wir mit der menschlichen Stimme nicht im Grunde ein gutes Beispiel dafür, dass es sehr wohl möglich ist, ein bestimmtes MUSTER, im Wesentlichen klanglichen Charakters, langzeitig zu speichern und somit bemerkenswert differenziert und exakt (bekannte) Menschen wiederzuerkennen?

Wie siehst Du das?


Grüße

Bernd
Gene_Frenkle
Inventar
#73 erstellt: 15. Aug 2006, 13:13
Das kann man sogar im Blindtest beweisen.
Grumbler
Inventar
#74 erstellt: 15. Aug 2006, 13:19

pelmazo schrieb:

stimme Dir zu das man für eine Beurteilung wie etwas schmeckt auf den den Geruchssinn nicht verzichten kann.
Eben drum schrieb ich daß es darauf ankommt was man überhaupt herausfinden will, und welche Arten von Wahrnehmung man demzufolge ausschalten muß.
...
Dein Weinbeispiel ist aus diesem Grund untauglich, denn die optischen Eindrücke sind ausdrücklich und offen Teil

Okay, was die Zunge und was der Riechnerv wahrnimmt, ist ja bekannt. Ein Weinbeispiel hatte ich gar nicht.



Durch eine solche Vorbedingung wird jeder Test praktisch undurchführbar. Für eine nennenswerte statistische Signifikanz müßtest Du wohl mindestens 10 Durchläufe machen, und wenn dazu nötig ist daß Du jeden der zwei Prüflinge jeweils mindestens einmal am Stück für zwei Wochen anhörst, dann überschreitet die Testdauer ein Jahr.

Also wäre die Antwort auf die Frage im Topic "nein".
Ich meine, darum ging es doch.




Grumbler schrieb:

gehört wird, muss es nach jedem Wechsel/Nicht-Wechsel das Gehörte als neu/unbekannt betrachten und so findet kein Lernprozess auf das jeweilige Gerät statt.


Nein, so funktioniert das Gehirn nicht. Du dichtest Dir das selbst zusammen. Je direkter man zwei ähnliche Dinge nebeneinander stellt, desto größere Chancen hat man, den Unterschied zu bemerken.

Und das "dichtest Du Dir zusammen". So ist das mit Thesen.



Nur wenn Du das Vergleichsmuster nicht im direkten Zugriff, sondern bloß im Gedächtnis hast ist es nötig, sich den Eindruck langfristig einzuprägen. Das ist es was es so schwierig macht, Weine wiederzuerkennen, die man früher einmal getrunken hat. Oder Stimmen am Telefon, die man früher gehört hat, oder Farben, die man früher gesehen hat.

Oder als visuell-orientierter Mensch braucht man eben den visuellen Input zur Durchführung der Klassifizierung.



Subjektivisten für existierendes Blindtest-Know-How haben, halte ich die Diskussion über Langzeittests nicht für einen Versuch, Blindtests zu verbessern, sondern ich denke damit sollen letztlich nur Blindtests mit an der Oberfläche vernünftig erscheinenden Argumenten diskreditiert und letztlich verunmöglicht werden. Gesucht ist das Killerargument gegen den Blindtest, nicht seine Verbesserung.


Ich sehe mich selbst nicht als Subjektivisten (ist natürlich eine rein subjektiver Einschätzung) ...

Wie auch immer.
Meine These könnte das Killerargument gegen Blindtests in besagtem Zusammenhang sein oder - wie von Dir - als Versuch der Diskreditierung gesehen werden.
Was aber nicht meine Intention war.

Grüße,
Grumbler
pelmazo
Hat sich gelöscht
#75 erstellt: 15. Aug 2006, 13:36

kceenav schrieb:
Haben wir mit der menschlichen Stimme nicht im Grunde ein gutes Beispiel dafür, dass es sehr wohl möglich ist, ein bestimmtes MUSTER, im Wesentlichen klanglichen Charakters, langzeitig zu speichern und somit bemerkenswert differenziert und exakt (bekannte) Menschen wiederzuerkennen?


Ja, das kann man schon. Ich kenne das auch von mir selber. Was ich mir gut merken kann ist nicht ein wie auch immer gearteter "Gesamtklang", sondern ganz bestimmte charakteristische Effekte. Die kann man sich auch langfristig merken und wiedererkennen. Sie wiederzuerkennen braucht dann aber keine 2 Wochen, sondern das geht ziemlich spontan. Das ist genau die Spezialität des Gehirns: Die Mustererkennung. Ein eingeprägtes Muster kann ziemlich schnell herausgefiltert werden. Das Einprägen kann lange dauern, das Erkennen geht schnell.

Das Training, das bei Blindtests die Unterscheidungsfähigkeit verbessert, ist in der Hauptsache ein Lernen charakteristischer "Defekte", die es wiederzuentdecken gilt. Beispiel MP3 und Konsorten: Hier gibt es große und weitreichende praktische Erfahrung mit Blindtests, gerade beim Detektieren geringster Unterschiede. Das Hörtraining umfaßt hier das Lernen charakteristischer Klangverfärbungen, die aus dem Codiervorgang resultieren. Jahrelange Erfahrung hat hier einen Katalog von "problematischen" Klängen und ihren charakteristischen Verfärbungen hervorgebracht. Beim Hörtraining kann man sich darauf besonders konzentrieren.
reidi-right
Stammgast
#76 erstellt: 15. Aug 2006, 13:45
Zum einen technisch gesehen wäre es eine Diplomarbeitsmäßige Aufgabe, den aktuellen, globalen Stand der Highend-Blindtestdiskussion festzustellen.

In einem anderen Forumsthread, wo es um die XRCD-SACD-CD Qualitäten ging:
http://www.hifi-foru...1123&back=&sort=&z=1

hatte ich auch auf diese interessante Arbeit verwiesen:
http://www.hfm-detmo...dsdpcm/xdslindex.htm

Zum anderen naturwissenschaftlich gesehen gibt es zum Hörvermögen des Homo sapiens bzw. Cro-Magnon-Menschen sicher auch viel zu sagen. Da kommen wir aber ohne Heranziehung der Geisteswissenschaft leider nicht aus, wenn hier Äußerungen fallen wie diese von kceenav:

"Haben wir mit der menschlichen Stimme nicht im Grunde ein gutes Beispiel dafür, dass es sehr wohl möglich ist, ein bestimmtes MUSTER, im Wesentlichen klanglichen Charakters, langzeitig zu speichern und somit bemerkenswert differenziert und exakt (bekannte) Menschen wiederzuerkennen?"

Die Frage ist gut gestellt und eine Teilantwort liefere ich heute noch, falls nichts dazwischen kommt; habe nämlich Urlaub, aber man weiss ja nie
pelmazo
Hat sich gelöscht
#77 erstellt: 15. Aug 2006, 13:49

Grumbler schrieb:
Okay, was die Zunge und was der Riechnerv wahrnimmt, ist ja bekannt. Ein Weinbeispiel hatte ich gar nicht.


Stimmt, es war von TrottWar. Vielleicht sollte ich nicht in einem Beitrag auf zwei Leute antworten, das bringt mich scheints selber durcheinander.


Also wäre die Antwort auf die Frage im Topic "nein".
Ich meine, darum ging es doch.


Wenn dieser Langzeittest die einzig erfolgversprechende Testmethode wäre dann müßte die Antwort tatsächlich nein heißen. Da aber keineswegs klar ist ob Langzeittests überhaupt irgendeine Verbesserung gegenüber den Kurzzeittests bringen, und aus den von mir angeführten Argumenten eher das Gegenteil zu erwarten ist, verläuft das Argument im Sande.


Und das "dichtest Du Dir zusammen". So ist das mit Thesen.


Nein, das ist nicht nur meine eigene Dichtung, das sagen praktisch alle, die solche Tests professionell durchführen. Ich weise nicht umsonst immer wieder darauf hin daß man sich vor solchen Aussagen vielleicht auch einmal mit den Ergebnissen der einschlägigen Forschung auseinandersetzen sollte.


Oder als visuell-orientierter Mensch braucht man eben den visuellen Input zur Durchführung der Klassifizierung.


Da sind wir uns ja einig. Zur Durchführung der Klassifizierung von Kabeln zum Beispiel scheint der visuelle Input entscheidend zu sein.
pelmazo
Hat sich gelöscht
#79 erstellt: 15. Aug 2006, 14:11
Aha, ich bin also nicht der Einzige der in diesem Zusammenhang schon an einen Bullshit-Generator gedacht hat.


[Beitrag von pelmazo am 15. Aug 2006, 14:12 bearbeitet]
hal-9.000
Inventar
#81 erstellt: 15. Aug 2006, 15:33
Was mich immer nur wundert ist, dass man solch irre Blindtestbedingungen einfordert nur um ausgerechnet dann das hören zu wollen, was sehend jeder Blinde hören sollte ;).

Alle nichtverblindeten Äußerungen, die oft die Runde machten:
* meine Frau in der Küche ...
* habe im Nachbarzimmer gehört, das was nicht stimmt ...
* meine Freunde kamen zu Besuch und boah ey ...
* die üblichen Vorhänge ...
* die breiten Bühnen ...
* die Tiefen- und Höhenstaffelung ...
* der furz- und staubtrockene Bass ...
blabla
sprechen da eine andere Sprache. Sowas hört man auch gestresst mit verbundenen Augen nach der Arbeit egal wann und wo.
Mir scheint es so(offensichtlich sehen es andere ähnlich), als ob da was konstruiert werden soll, was sowieso nicht durchfürbar ist.
Aber in den Stereoworkshops hört mans immer sofort und da wird gebauchpinselt und gelobhuddelt, dass man vor Lachen fast die Zeitung fallen lässt.
Jungs das kann doch nicht euer Ernst sein ...

Zur Frage: Ja, aber ich mach ganz selten welche - ist mir den Aufwand nicht wert. Bin auch so (ohne Blindtests) auf die Ergebnisse gekommen, die andere anzweifeln - z.B. kein Unterschied bei Kabeln an meiner Anlage.


[Beitrag von hal-9.000 am 15. Aug 2006, 15:44 bearbeitet]
kalia
Inventar
#84 erstellt: 15. Aug 2006, 16:04
Hallo Hal-9000

Die Übertreibungen sollte man imho einfach mal rauslassen, oder vielleicht mal selber beobachten wie die Wahrnehmung einem da teilweise einen Streich spielt was Einschätzung von Grössenordnungen anbetrifft.
Die findet man ja auch nicht nur bei Zubehör, auch bei Lautsprechern, und auch im täglichen (hififreien ;)) Leben
Das ist menschlich und hat natürlich nichts mit Objektivität zu tun, aber ich schätze jeden hat schon mal eine objektive Kleinigkeit an den subjektiven Rande der Verzweiflung gebracht

Gruss
Lia
hal-9.000
Inventar
#86 erstellt: 15. Aug 2006, 16:20
@lia und hohesZiel:

objektive Kleinigkeit an den subjektiven Rande der Verzweiflung

... das berühmte Fass, welches überläuft aber sowas hat erklär- und nachvollziehbare Hintergründe - oder? genau das fehlt IMHO aber bei der hier so strittigen Thematik.

Man 'ne blöde Frage - diese ist ernst gemeint und ist in keinster Weise dahingehend zu interpretieren - ich mache mich ggfs. über "Randgruppen" lustig:

Wären nicht gerade wirklich Blinde auch ideale Testpersonen? Da kann man sich zum einen den Verblindungsaufwand sparen und im Allgemeinen wird denen ja ein sensibleres, feineres Gehör (Schärfung der übrigen Sinne) nachgesagt ...


[Beitrag von hal-9.000 am 15. Aug 2006, 16:23 bearbeitet]
kalia
Inventar
#88 erstellt: 15. Aug 2006, 16:42
Hallo Hohes Ziel

Freut mich, dass mein Beitrag für Dich eine humoristische Einlage darstellt

Möglich, dass Du mich nicht recht verstanden hast ?

Man kann sich über Übertreibungen oder über das Thema an sich unterhalten, das sind imho zwei unterschiedliche Dinge.
Krallt man sich daran, dass die Übertreibungen widerlegt sind, so habe ich keinen Einwand.

Hallo Hal-9.000

Es ist eine Frage, was man sich von einem BT erwartet.Ich denke, im Normalfall gehts dabei ja darum auch eine Entscheidung für sich selber zu finden. Bei mir selber weiss ich, dass ich in Testsituationen schon anders wahrnehme, als beim entspannten Hören, da macht blind oder unverblindet nicht den grossen Unterschied, sondern eher meine Art der Aufmerksamkeit (jaja, ich weiss Ausrede ;))und da gehts jetzt nicht um Kabel sondern allgemein

Ob nun ein Blinder oder irgendwer etwas wahrnimmt, sagt ja nichts darüber aus, ob ich es auch wahrnehmen würde.
Für Diskussionszwecke hätte es zugegeben womöglich Nährwert
Sieveking_Sound
Stammgast
#89 erstellt: 15. Aug 2006, 17:03
STOP!
Dieser Thread ist auf dem Weg durch die Standardfloskeln und Argumente, die in diesem Forum schon zur Genüge durchgekaut wurden, zu versumpfen.

Wie ich in meinem Eröffnugnspost schrieb, finde ich da sehr unterhaltsam, aber wenig zweckdienlich. Es bringt uns nicht weiter, wenn wir bekannte Argumente von neuem Austauschen. Dazu gibt es schon genug Threads, die alle nicht dazu gefürht haben, dieses Thema ad acta zu legen.

Es wurde in diesem Thread darauf hingewiesen, dass es Blindtests mit Lautsprechern gäbe. Ist hierbei die Fragestellung, welcher Lautsprecher einem selbst am besten gefällt, oder ob man eindeutig A und B auseinander halten kann?

Und ganz wichtig: Wenn auch geschulte Probanden unterschiede zwischen HiFi Komponenten nicht eindeutig zuordnen können, heisst dies dann, dass es keine hörbaren Unterschiede gibt, oder heisst es, dass diese unter Bedingungen des Blindtests nicht wahrgenommen werden?

Letztendlich ist es diese Frage, an der sich viele erzürnen.

Jan Sieveking


[Beitrag von Sieveking_Sound am 15. Aug 2006, 17:04 bearbeitet]
spendormania
Hat sich gelöscht
#90 erstellt: 15. Aug 2006, 17:18

Und ganz wichtig: Wenn auch geschulte Probanden unterschiede zwischen HiFi Komponenten nicht eindeutig zuordnen können, heisst dies dann, dass es keine hörbaren Unterschiede gibt, oder heisst es, dass diese unter Bedingungen des Blindtests nicht wahrgenommen werden?


Wenn in einem (echten!) Doppelblindtest keiner von 10 Probanden Unterschiede eindeutig zuordnen kann, gibt es keine hörbaren Unterschiede.

Sobald jedoch nur ein Teilnehmer herausfällt und Unterschiede eindeutig und statistisch nachweisbar zuordnet, stellt sich nicht dir Frage, ob dies am Test an sich liegt, sondern ob a) unterschiedliche Hörschwellen oder b) antrainierte Hörfähigkeiten für das Ergebnis verantwortlich sind.

Gruß!
UweM
Moderator
#91 erstellt: 15. Aug 2006, 17:25

spendormania schrieb:
@ Uwe:

waren andere Personen im Raum oder Publikum anwesend? Dann ist das Testergebnis schon hinfällig, leider.

Gruß!


Nein, nur die Testperson und der Moderator / Protokollführer. Irgendwie muss man ja auch sicher stellen, dass nicht nachgesehen wird, welches Kabel gerade eingestöpselt ist

Grüße,

uwe


[Beitrag von UweM am 15. Aug 2006, 21:37 bearbeitet]
hal-9.000
Inventar
#92 erstellt: 15. Aug 2006, 17:28

lia schrieb:
Es ist eine Frage, was man sich von einem BT erwartet.Ich denke, im Normalfall gehts dabei ja darum auch eine Entscheidung für sich selber zu finden.

Sehe ich auch so. Grundsätzlich sollten m.E. überhaupt erstmal Unterschiede zu hören sein, bevor man dann für sich feststellt, was einem mehr zusagt.

lia schrieb:
Bei mir selber weiss ich, dass ich in Testsituationen schon anders wahrnehme, als beim entspannten Hören, da macht blind oder unverblindet nicht den grossen Unterschied, sondern eher meine Art der Aufmerksamkeit (jaja, ich weiss Ausrede ;))und da gehts jetzt nicht um Kabel sondern allgemein

In privaten Testsituationen höre ich nicht anders wie sonst auch, den Stress macht man sich m.E. nur selbst. Ich versuche nicht krampfhaft Unterschiede zu hören - entweder ich höre sie oder nicht ... das Ganze ein paar Mal zu unterschiedlichen Zeiten, mit unterschiedlicher Musik und mein Urteil steht fest.

Vielleicht nimmt z.B. auch im privaten BT die Erwartungshaltung und der somit selbsterzeugte Stress mit dem Preis der Geräte zu. Man braucht möglicherweise Rechtfertigungsgründe seiner besseren Hälfte ggü. es sei denn man braucht nicht aufs Geld achten.
Oder man ist so perfektionistisch veranlagt, dass einem alles nicht gut genug ist, dann findet man aber nie eine Lösung (der beste Kunde;))

lia schrieb:
Ob nun ein Blinder oder irgendwer etwas wahrnimmt, sagt ja nichts darüber aus, ob ich es auch wahrnehmen würde.
Für Diskussionszwecke hätte es zugegeben womöglich Nährwert ;)

So war das nicht gemeint, nur wäre diese Testperson nicht optisch zu beeindrucken und der Aufwand wäre im Verhältnis gering. Diese ist von Natur aus auf den Klang fixiert. Das das nicht zwangsläufig Deinen Eindrücken entspricht ist, sehe ich da nicht als Problem.

Sieveking_Sound schrieb:
Wenn auch geschulte Probanden unterschiede zwischen HiFi Komponenten nicht eindeutig zuordnen können, heisst dies dann, dass es keine hörbaren Unterschiede gibt, oder heisst es, dass diese unter Bedingungen des Blindtests nicht wahrgenommen werden?

Meine Meinung: In dieser Zusammenstellung (Geräte, Raum ...) gibt es keine hörbaren Unterschiede. Logisch, sonst wären sie ja hörbar ...

Wie anfällig man auf die Ansicht der Testobjekte ist und damit dann eine entsprechende Erwartungshaltung aufbaut, zeigen ja die "Faketests". Ein gutes Beispiel wie sinnlos es ist, einem Blindtest seine Berechtigung absprechen zu wollen.


[Beitrag von hal-9.000 am 15. Aug 2006, 17:40 bearbeitet]
pelmazo
Hat sich gelöscht
#93 erstellt: 15. Aug 2006, 17:39

Sieveking_Sound schrieb:
Es wurde in diesem Thread darauf hingewiesen, dass es Blindtests mit Lautsprechern gäbe. Ist hierbei die Fragestellung, welcher Lautsprecher einem selbst am besten gefällt, oder ob man eindeutig A und B auseinander halten kann?


Sowohl als auch, je nach Test.

Hier z.B. das Abstract des Artikel von Sean Olive, erschienen im JAES Vol. 51 No. 9 (Sept. 2003):


Sean Olive schrieb:
Listening tests on four different loudspeakers were conducted over the course of 18 months using 36 different groups of listeners. The groups included 256 untrained listeners whose occupations fell into one of four categories: audio retailer, marketing and sales, professional audio reviewer, and college student. The loudspeaker preferences and performance of these listeners were compared to those of a panel of 12 trained listeners. Significant differences in performance, expressed in terms of the magnitude of the loudspeaker F statistic FL, were found among the different categories of listeners. The trained listeners were the most discriminating and reliable listeners, with mean FL values 3–27 times higher than the other four listener categories. Performance differences aside, loudspeaker preferences were generally consistent across all categories of listeners, providing evidence that the preferences of trained listeners can be safely extrapolated to a larger population. The highest rated loudspeakers had the flattest measured frequency response maintained uniformly off axis. Effects and interactions between training, programs, and loudspeakers are discussed.



Sieveking_Sound schrieb:
Und ganz wichtig: Wenn auch geschulte Probanden unterschiede zwischen HiFi Komponenten nicht eindeutig zuordnen können, heisst dies dann, dass es keine hörbaren Unterschiede gibt, oder heisst es, dass diese unter Bedingungen des Blindtests nicht wahrgenommen werden?


Um das zu entscheiden bräuchte man eine andere Testmethode, die diese Frage entscheiden kann. Eine bessere Testmethode als der Blindtest ist aber bisher nicht bekannt geworden. Eine Testmethode, die die Frage offen läßt ob ein gehörter Unterschied real oder eingebildet war ist jedenfalls dafür untauglich.

Der Streitfall ensteht ja dadurch daß die KKH's von der unzweifelhaft vorhandenen Realität des Kabelklangs (um beim klassischen Beispiel zu bleiben) ausgehen, und ein Scheitern eines Blindtests daher dem Blindtest selbst anlasten. Damit legen sie aber das, was erst gefunden werden soll, schon vorher zugrunde.

Es entsteht so die Frage was aus einem mißlungenen Blindtest eigentlich zu folgern ist. Rein aus logischen Überlegungen ergibt sich schon folgendes:
o Die Nichtexistenz eines Phänomens kann so nicht bewiesen werden. Ein gescheiterter Blindtest beweist damit nichts.
o Die Existenz kann dagegen nachgewiesen werden, wenngleich dadurch noch nichts über die Ursache gesagt werden kann. Es kann aber die Voraussetzung für eine sinnvolle Ursachenforschung darstellen.

Aus dieser Erkenntnis heraus müßten die Subjektivisten eigentlich die größeren Blindtestbefürworter sein, denn dem Anti-Voodooisten nützt er im Grunde nichts und ist eine Sisyphos-Arbeit.

Wenn man aber verschiedene Erkenntnisse zusammen nimmt entsteht so etwas wie ein Bild, das auch vorläufige Schlußfolgerungen mit einer großen Zuverlässigkeit zuläßt:
o Die Erfahrungen aus den diversen bisher durchgeführten Blindtests, die alle in die gleiche Richtung zeigen
o Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Blindtests, und wie man sie möglichst empfindlich und möglichst korrekt macht
o Die Erfahrung, wie leicht sich der Mensch (auch der KKH) durch vorgetäuschte Tests zu falschen Bewertungen verleiten läßt (siehe sog. Fake-Tests)
o Die Erfahrung wie kraß die Selbsteinschätzung der Probanden bei Blindtests von ihrer tatsächlichen Leistung abweicht
o Die Übereinstimmung der Blindtestergebnisse mit dem was aufgrund der etablierten wissenschaftlichen bzw. technischen Erkenntnisse zu erwarten wäre

Aus all dem wird zwar kein Beweis, es sind allesamt Indizien, aber in der Summe sind sie erdrückend.
UweM
Moderator
#94 erstellt: 15. Aug 2006, 17:40

kceenav schrieb:

Haben wir mit der menschlichen Stimme nicht im Grunde ein gutes Beispiel dafür, dass es sehr wohl möglich ist, ein bestimmtes MUSTER, im Wesentlichen klanglichen Charakters, langzeitig zu speichern und somit bemerkenswert differenziert und exakt (bekannte) Menschen wiederzuerkennen?


Ich denke, der Vergleich hakt an einer entscheidenden Stelle: Während man beim Vergleich von HiFi-Komponenten ausschließlich auf den Klang an sich achten kann bzw. muss, d.h. tonale Unterschiede, Verzerrungen etc. (Pegelgleichheit mal vorausgesetzt) kommen bei einer menschlichen Stimme, die man "blind" am Telefon wiedererkennt noch völlig andere Dinge hinzu: Eigenheiten der Ausprache, eventuell auch des Dialektes, bestimmte Redewendungen, personentypische Art, Pausen zu machen, zu lispeln, zu nuscheln etc.

Da kann man nicht ohne weiteres behaupten, man habe die "Stimme" erkannt. Das wäre ja dann so, als würde man behaupten, man könne zwei rote Taschentücher an der Farbe unterscheiden, wenn das eine Rot gestreift und das andere rot kariert ist.

Grüße,

Uwe


[Beitrag von UweM am 15. Aug 2006, 17:48 bearbeitet]
UweM
Moderator
#95 erstellt: 15. Aug 2006, 17:56

Sieveking_Sound schrieb:

Es wurde in diesem Thread darauf hingewiesen, dass es Blindtests mit Lautsprechern gäbe. Ist hierbei die Fragestellung, welcher Lautsprecher einem selbst am besten gefällt, oder ob man eindeutig A und B auseinander halten kann?


hallo,

Die Besser/schlechter - Wertung ist der schwierigere, aber auch subjektivere Schritt. Wenn ich dazu in der Lage bin, ist "klingt A anders als B" bereits beinhaltet.

Zumindest bei den bisherigen Kabeltests ist es so gewesen, dass einige Teilnehmer sehr wohl vor dem Test behaupteten, präzise die Unterschiede nennen zu können und damit auch eine besser/schlechter- Wertung abgaben.
Im Test selbst wurde nur das einfachere "klingt A anders als B" geprüft. Da bisher erfolglos, war die Frage was besser klinge, hier bislang irrelevant.

Grüße,

Uwe
kalia
Inventar
#98 erstellt: 15. Aug 2006, 20:02

hal-9.000 schrieb:

In privaten Testsituationen höre ich nicht anders wie sonst auch, den Stress macht man sich m.E. nur selbst. Ich versuche nicht krampfhaft Unterschiede zu hören - entweder ich höre sie oder nicht ... das Ganze ein paar Mal zu unterschiedlichen Zeiten, mit unterschiedlicher Musik und mein Urteil steht fest.


Ich schon
In Testsituationen fokusiere ich gern mal Details, wodurch ich andere weniger bis gar nicht mehr wahrnehme. Das mache ich normalerweise beim entspannten Hören nicht. Das hat auch nicht wirklich mit Stress im herkömmlichen Sinne zu tun, sicherlich aber damit, dass ich zu schnell Eindrücke für mich formulieren möchte. Dann zerfällt die Musik in Töne, schlecht zu beschreiben (ich sprech grad von Lautsprechertests, also durchaus unzweifelhafte Unterschiede vorhanden).
Ich höre übrigens für gewöhnlich fast ausschliesslich alleine Musik, schon da weicht ein Hörtest von meiner gewohnten Hörsituation ab
Ein BT ist alleine, wenn man mal mp3 ausnimmt, wohl eher schwierig durchführbar.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass das eine Frage des Trainings, Gewöhnung an die abweichenden Bedingungen, ist.
Da ich persönlich so häufig hier aber nichts austausche,ich auch nicht soviel wirklich private Zeit hab, bin ich da sicher nicht in Übung.


hal-9.000 schrieb:

Vielleicht nimmt z.B. auch im privaten BT die Erwartungshaltung und der somit selbsterzeugte Stress mit dem Preis der Geräte zu. Man braucht möglicherweise Rechtfertigungsgründe seiner besseren Hälfte ggü. es sei denn man braucht nicht aufs Geld achten.

Möglich, aber mE überbewertet
Eine Rechtfertigung vor der besseren Hälfte muss zumindest ich mir nicht zurechtlegen, dem reicht es, wenn ich sage, es ist es mir wert
(Die optische Akzeptanz habe ich zugegeben in den letzten Jahren zeitweise ein wenig überstrapeziert, das ist aber ein anderes Thema ;))


So war das nicht gemeint, nur wäre diese Testperson nicht optisch zu beeindrucken und der Aufwand wäre im Verhältnis gering. Diese ist von Natur aus auf den Klang fixiert. Das das nicht zwangsläufig Deinen Eindrücken entspricht ist, sehe ich da nicht als Problem.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich selbst da so optisch fixiert bin, einem neuen, wertig und schön aussehenden Gerät grundsätzlich mehr zutraue...
Das spielt sicher oft eine Rolle, aber imho nicht die Einzige

Gruss
Lia
MusikGurke
Hat sich gelöscht
#99 erstellt: 16. Aug 2006, 07:38

Das gibt es durchaus, und zwar in erster Linie für Lautsprecher, seltener auch für andere Komponenten. Ich erinnere mich an eine groß angelegte Testserie mit Lautsprechern die Sean Olive um 2000 herum im JAES vorgestellt hat, und an Anselm Goertz' Studie über Verstärker, die Links müßte ich bei Bedarf mal heraussuchen.


meinst du das hier?

http://www.anselmgoe...ungen_dt/Cavis99.PDF
pelmazo
Hat sich gelöscht
#100 erstellt: 16. Aug 2006, 10:11
Nein, das hier.
kptools
Hat sich gelöscht
#101 erstellt: 16. Aug 2006, 11:46
Hallo,

dem kann ich aus eigener Erfahrung nur voll zustimmen!

Grüsse aus OWL

kp
spendormania
Hat sich gelöscht
#102 erstellt: 16. Aug 2006, 12:33
Habe bei meinem aktuellen Projekt einen Yamaha RX 600 (Pianocraft Receiver) mit einem Rotel RA 1060 verglichen - im normalen Pegelbereich keine nennenswerten Unterschiede hörbar.

Allerdings beginnt der Kleine zu klirren (vor allem K3), wenns zu laut für ihn wird.

Gruß!
Jazzy
Inventar
#103 erstellt: 16. Aug 2006, 17:34
@sieveking: wenn gut hörende Profis im Blindtest keine Unterschiede hören,ist es irrelevant,ob es keine gibt,oder sie nicht in der Lage waren.Denn was hat es für Konsequenzen?Doch nur theoretische.Praktisch kann ich aber evtl. Geld sparen.Wer das nicht muss,kann ja trotzdem das fette Gerät kaufen.Ich habe mal vereinfachte Blindtests mit DA-Wandlern gemacht.Habe da sehr geringe Unterschiede gehört,und mich dann entschlossen,meinen alten zu behalten.Weil das Geld halt knapp war.Wäre ich reich,hätte ich bestimmt trotzdem zugeschlagen.Ich plädiere im HiFi-Bereich da für einen gewissen Pragmatismus.
Übrigens: jemand,der sich mit Recording beschäftigt/auskennt,kann Hörtests oft besser bewältigen.Der kennt halt seine Pappenheimer:Mics,Kompressor,Deesser,Ducker,EQ,Faltungshall etc. und natürlich die Instrumente.


[Beitrag von Jazzy am 16. Aug 2006, 17:38 bearbeitet]
MusikGurke
Hat sich gelöscht
#104 erstellt: 16. Aug 2006, 18:17

Nein, das hier.


der untere teil von meinem link sieht ähnlich aus... aber scheinen doch unterschiedliche sachen zu sein. nacher mal reinlesen
reidi-right
Stammgast
#105 erstellt: 18. Aug 2006, 17:38
(Da der Thread irgendwie ins Stocken geraten ist, poste ich hier jetzt doch einen Beitrag, den ich eigentlich wieder zurückgezogen hatte) Zwei Fragestellungen gehen für mich aus dem Bisherigen hervor:

Was bedeutet die besondere Leistungsfähigkeit des menschliche Hörvermögens für Stimmenerkennung in Bezug auf eine Durchführung von Hifi-Blindtests zum Qualitätsvergleich von elektronischen und elektromechanischen Hifi-Komponenten?

Sind diese besondere Fähigkeiten des menschlichen Hörvermögens eine Art Tatsache, die die Ausgangsfrage dieses Threads mit den von Jan Sieveking vorgestellten Schlussalternativen 1) und 2) entscheiden kann?

Vorbemerkung zur Standortbestimmung und Relativierung:

Wir befinden uns in einem "voodoo"-Teil eines deutschsprachigen Internet-Forum zum Thema Hifi, das von einer Gruppe von gut bis sehr gut über dieses Gebiet informierten Personen gehobener sozialer Herkunft und mit häufig akademischer Ausbildung freiwillig genutzt wird. Die Ausgangsfragestellung spielt an auf "Produkte" im kapitalistischen Verwertungsprozess und deren Qualitätsmerkmale, die sowohl hersteller - als auch konsumentenseitig bestimmt werden. Ein Vergleich zur Autoindustrie: Uns allen ist einschägig bekannt , dass es in dieser Branche zu 90% nicht darum geht, grosse Mengen Menschen oder Material effizient von A nach B zu transportieren. Wie das geht, können wir in Indien oder China bestaunen.

So unterliegt auch der "Hifi-Sektor" diesem Muster. D.h. die sozialen, sozialpsychologischen, kulturellen Aspekte überwiegen in derartigen Fragestellungen bei weitem. Eine historische Parallele: Im ausgehenden 19 Jh. wurde die bürgerliche Gesellschaft stark in Diskussionsräume gezogen, die auf dem Boden des Verschwindenden Christentums gewachsen bzw. gewuchert waren. Der Mesmerismus, der die Existenz eines "animalischen Magnetismus im Lebensfludium" behauptete ist ein gutes Beispiel. Lesungen, Sitzungen, Prozeduren mit heilendem Charakter wurden massenhaft durchgeführt bei denen sich Koryphäen unterschiedlichster Coleur hervortaten. Verschiedene Metalle wurden eingesetzt, denen verschiedene Heilwirkungen zugeschrieben wurden.

Wer sich damit eingehender beschäftigt, wird erstaunt sein, auf welchem wissenschaftlich hohen Niveau hier damals wie heute diskutiert wurde bzw. wird. Die Antriebsfedern, Fragestellungen (!) und Praktiken sind immer die gleichen wobei nur Inhalte verschoben werden, da nur stringent im kapitalistischen Betrieb funktionierende Systeme heute zulässig sind. Platt gesagt: ein "Hifi-Guru" ist keine sektiererisch-religiöse Schande der Familie, sondern fungiert als "Experte" und wird gerne, speziell für Kaufentscheidungen befragt.

Der Wunder-Blindtest soll jetzt wie eine Offenbarung darlegen können, was Produkte des Konzerns A von denen des Konzerns B oder der Bastlerstube C unterscheidet. Dazu ist fast jedes Mittel recht, um zwischen den verfeindeten Zeitschriften-, Diskussionsforen-, Hersteller-, Konsumenten-Gruppen die Stimmung anzuheizen. Die Elite, die sich im eigenen Jargon als "Highend" abgehoben hat sucht mit dem ultimativen Blindtest nach einer Art Gral, an dem sich Spreu vom Weizen auf einer "rein technischen Ebene" trennt. Das tatsächlich exzellente weil instinktgetragene und schulbare menschliche Hörvermögen dient als Vehikel, als Hebel um eine weitere Schraubendrehung am Authentizitätsrad des quasiheilenden Klangerlebnisses durchführen zu können und wir alle hier verfolgen gierig diesen Ablauf um uns als Elite in Szene zu setzen. Oder um geschäftlich davon zu profitieren? Oder um dem Homo ludens in uns die freie Zeit zu vertreiben? - Die Zusammensetzungsdebatte zum Blindtest-Auditorium ist deswegen polarisierend, weil hier die Elite sich als anwesend (teilnehmend) unter Laien outen muss.

Zurück zur Ausgangsfragestellung:

Biologisch evolutionistisch gesehen ist das -neuronale- Hörvermögen mit ca. 340.000 unterscheidbaren Einzeltönen und besonderer Musterprägungsfähigkeit für den menschlichen Stimm(frequenz)bereich in der Lage, uns einen "Wunder"-Blindtesthörer zu liefern. Er würde dann innerhalb der Highend gemeinde global herumgereicht, um Dinge bspw. zum Kabelklang zu verkünden, die anderen Sterblichen auf immer verschlossen bleiben. - Woraus folgt, dass unserere Ausgangsalternative 1) oder 2) nur tendenziell entscheidbar ist: Blindtests bleiben nach 2) eine Quelle ständiger Motivation ("geeignete Prozedur"). Ein behaupteter oder faktischer wissenschaftlicher Formalismus generiert hier Legitimation.

Prognose: Die pharmaspezifische Placebo-Methode hat auch keine Homöopathie oder Naturheilmedizin zum Verschwinden gebracht bzw. die Schulmedizin grundlegend verändert.
mosley2
Stammgast
#106 erstellt: 18. Aug 2006, 18:27
oder kurz gesagt:

in der hifiszene hat es sich im letzten jahrzehnt ergeben, dass die herstellerseite dem konsumenten kabel angedreht hat, von denen behauptet wurde, dass sie besser klingen. mit hilfe des wohlbekannten suggestiveffekts sowie diversem pseudowissenschaftlichem gebrabbel hat diese kundenverarschung auch stellenweise ganz gut geklappt, wie man an diesem forum sieht.

nicht zuletzt dank dem internet sind solche zweifelhaften "erfolge" aber zum glück nicht zwingend von dauer und so kommt so langsam der schwindel ans tageslicht - die situation hat sich also insoweit geändert, dass jetzt nur noch allerhand verbales herumrudern stattfindet in dem versuch, zu übertünchen, dass weltweit niemand diese behaupteten unterschiede in überwachten vergleichstests auch tatsächlich hört. des kaisers neue kleider.

der vergleich mit autos ist unzulässig - in einer S-klasse sitze ich bequemer als in einer ente, sie ist schneller, leiser, und sie hilft mittelbegabten autofahrern wie mir beim einparken, ein schickes navi ist auch mit drin - deutlich mehr und greifbarere unterschiede als bei kabeln, die gerade mal anders aussehen und in den seltenen fällen eines tatsächlichen klangunterschieds schlechter weil weiter vom original entfernt klingen :-)

ich finde da auch das lebensqualität und geniesserargument ganz schön zweifelhaft, handelt es sich doch um ein produkt, dass man meist versteckt an der wand entlang verlegt oder hinterm rack verschwinden lässt.
Onemore
Inventar
#107 erstellt: 18. Aug 2006, 18:31

reidi-right schrieb:
...
Wer sich damit eingehender beschäftigt, wird erstaunt sein, auf welchem wissenschaftlich hohen Niveau hier damals wie heute diskutiert wurde bzw. wird. Die Antriebsfedern, Fragestellungen (!) und Praktiken sind immer die gleichen wobei nur Inhalte verschoben werden, da nur stringent im kapitalistischen Betrieb funktionierende Systeme heute zulässig sind. Platt gesagt: ein "Hifi-Guru" ist keine sektiererisch-religiöse Schande der Familie, sondern fungiert als "Experte" und wird gerne, speziell für Kaufentscheidungen befragt. ...


Ich hoffe du gehst damit konform, dass eine Wissenschaft ohne Nachweis der Richtigkeit einer Behauptung keine Wissenschaft ist, sondern eher ein Schwätzerclub, um die Verbindung zur Hifi - Welt wieder herzustellen. In diesem Sinne kann auch ein in aller Regel selbsternannter "Hifi - Guru" nichts weiter als ein Techniksektierer sein, der auf den Nachweis seiner Behauptungen keinen Wert legt, oder die Möglichkeit eines Nachweises sogar grundsätzlich ablehnt.

Andererseits ist es vollkommen Wurst, wer wie wo was hört. Eine korrekte stereofone Wiedergabe in einem Raum ist eigentlich eine einfache Sache, aber schwierig in der Umsetzung. Die üblichen Voodooanwendungen erleichtern zwar den Geldbeutel, erreichen aber nachweislich keine Wirkung im Sinne einer tatsächlich korrekteren Wiedergabe.


Gruss Bernd
Jazzy
Inventar
#108 erstellt: 18. Aug 2006, 20:00
Hi!
Komisch ist ja auch,das die HiEnder,die Riesenunterschiede zwischen Kabeln hören und Tweaks benutzen,sich beharrlich dagegen wehren,technische Zusammenhänge/Raumakustik oder auch nur einmal die Aufnahmeseite einer CD/LP zu betrachten.Da sagen sie dann: das muss ich ja nicht wissen.Komisch.
gangster1234
Inventar
#109 erstellt: 18. Aug 2006, 20:19

Sieveking_Sound schrieb:


1. Die im A/B Vergleich wahrgenommenen Unterschiede beruhen auf Autosuggestion. Es existieren keine klanglich signifikanten Unterschiede zwischen denjenigen Produkten, die im Blindtest nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit identifiziert werden können.

2. Der Blindtest ist keine geeignete Prozedur um Unterschiede zwischen verschiedenen HiFi Produkten aufzuzeigen, da auch zuvor als signifikant identifizierte Unterschiede nicht mehr eindeutig zu verifizieren sind.


Jan Sieveking


Punkt 1 ist richtig.

Nur so sind die Ergebnisse der stattgefundenen Fake-Tests zu erklären, in denen ausgiebig Kabel sehend umgesteckt wurden, und die Probanden die vorher ausgegebenen und bekannten Klangeigenschaften der Kabel sehend klar heraushören und zuordnen konnten !

Zu erklären in der Kenntnis des gemeinen Umstands, dass während stundenlangem Umstecken und stundenlangem korrekten Heraushören der riesige Unterschiede in Wahrheit stets eine unsichtbar hinter einem Vorhang befindliche Anlage die LS bediente, die stundenlang unverändert blieb und nicht angerührt wurde, und die Umsteckaktionen vollkommen wirkungslos war, weil die zu sehende Anlage, an der umgesteckt wurde, garnicht spielte ?

Punkt 2 ist falsch.

Er entlarvt sich als weiterer Versuch, ein geeignetes Mittel ( den Blindtest ) zur Überprüfung von Zubehör, das technisch nicht in der Lage ist, die versprochenen Wirkung hörbar nachvollziehbar zu erzeugen, zu diskreditieren. Wobei nicht immer sichergestellt ist, dass das Bewußtsein der technischen Wirkungslosigkeit dem Verkäufer selber auch innewohnt.

Psychisch ist Zubehör definitiv nicht wirkungslos, das zeigen die gemeinen Fake-Tests.

gruß gangster
reidi-right
Stammgast
#110 erstellt: 18. Aug 2006, 23:59

Onemore schrieb:
Ich hoffe du gehst damit konform, dass eine Wissenschaft ohne Nachweis der Richtigkeit einer Behauptung keine Wissenschaft ist


Einerseits ja, habe Erkenntnistheorie studiert. Anderseits bitte zu bedenken: Th.S. Kuhn hat schon in den 70ern des 20sten Jahrhunderts herausgefunden, dass wissenschaftlicher Fortschritt nicht zwingend auf "richtigeren" Theorien beruht, sondern in der Regel durch junge Forscherzirkel, die bisherige Dogmeninhaber vom Thron stossen möchten, getrieben ist und fortgeschrieben wird.
mosley2
Stammgast
#111 erstellt: 19. Aug 2006, 01:52

reidi-right schrieb:

Einerseits ja, habe Erkenntnistheorie studiert. Anderseits bitte zu bedenken: Th.S. Kuhn hat schon in den 70ern des 20sten Jahrhunderts herausgefunden, dass wissenschaftlicher Fortschritt nicht zwingend auf "richtigeren" Theorien beruht, sondern in der Regel durch junge Forscherzirkel, die bisherige Dogmeninhaber vom Thron stossen möchten, getrieben ist und fortgeschrieben wird.



nur drehts sichs hier nicht um junge ambitionierte forscherzirkel sondern schnöde bauernfängerei, guerilliamarketing und bewusst dahergefaselter pseudowissenschaft. von ernsthaft betriebener wissenschaft keine spur. kleiner unterschied, nicht wahr?
Hyperlink
Inventar
#112 erstellt: 19. Aug 2006, 16:17

gangster1234 schrieb:
Psychisch ist Zubehör definitiv nicht wirkungslos, das zeigen die gemeinen Fake-Tests.


Jupp,

und gehört wird das "was auf den Tisch kommt" und empfunden/rezipiert/wahrgenommen wird vermutlich 1:1 das was ein Moderator/Verkäufer/Händler/Freund vorträgt und vorkaut.
reidi-right
Stammgast
#113 erstellt: 21. Aug 2006, 00:32

mosley2 schrieb:
bauernfängerei, guerilliamarketing und bewusst dahergefaselter pseudowissenschaft. von ernsthaft betriebener wissenschaft keine spur. kleiner unterschied, nicht wahr?


"Aber andererseits - sind alle Übergänge fliessend .." (Die Sterne)
mosley2
Stammgast
#114 erstellt: 21. Aug 2006, 02:55
au ja, lass uns alles in grund und boden relativieren, da macht man wenigstens nichts falsch ;-)

nee lass ma...
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