Nordmende Fidelio 57 3D: Reparaturhilfe

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Rundfunkteilnehmer
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 20. Okt 2020, 19:09
Hallo zusammen,

nachdem ich mich kürzlich schon über eine sehr punktgenaue Hilfestellung bei der Reparatur eines anderen Röhrenradios freuen durfte, habe ich gerade mein nächstes Gerät auf der Werkband, bei dem ich mit mit meinem begrenzten elektronischen Wissen Hilfe gebrauchen kann.

Es handelt sich um ein "Nordmende Fidelio 57 3D". Nachdem ich bereits die einschlägigen Kondis und Elkos gewechselt habe, bleibt UKW leider weiter stumm. Da das magische Auge mit der Frequenzeinstellung deutlich ausschlägt, gehe ich davon aus, dass sich der Fehler im hinteren Teil befindet. Beim Ziehen und Neueinstecken der EABC80 ist bei voll aufgedrehter Lautstärke zwischendurch auch mal kurz ein Sender zu hören. Da ich daraufhin die Röhrenfassung in Verdacht hatte, habe ich diese bereits erneuert - leider ohne Veränderung.

Auf Basis des Schaltplans habe ich dann Messungen vorgenommen (vgl. Anhang) und hatte R41 und R42 in Verdacht - leider Fehlanzeige, die liegen bei ca 203 bzw. 205 kOhm und somit sehr nah am Sollwert. Die Spannung hinter R42 soll bei 60V liegen, liegt aber nur bei 35V - sobald ich die EABC80 ziehe, schnellt der Wert auf 206V hoch.

Der Wechsel der EABC80 hat auch keine Verbesserung gebracht, ebenso wie der Wechsel der EL84. Nun stehe ich da wieder mit meinem Latein und weiß nicht mehr, welches Teil ich am besten als nächstes prüfen/wechseln soll - und wäre entsprechend dankbar für Tipps (vorzugsweise mit der Bezeichnung aus dem Schaltplan, so dass ich das Teil eindeutig identifizieren kann).

Vielen Dank und beste Grüße, Rainer

Nordmende Fidelio 57 3D Schaltplan Messwerte
Richard3691
Neuling
#2 erstellt: 20. Okt 2020, 19:57
Dann zieht die EABC zu viel Strom. Ich würde die Gitterspannung überprüfen. Ist auf Kuzwelle Empfang möglich?
Rundfunkteilnehmer
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 20. Okt 2020, 21:19
Hallo Richard,
danke für die schnelle Antwort! Hören kann ich ja leider nicht, ob es auf KW Empfang gibt - einen deutlichen Ausschlag im magischen Auge erhalte ich m.E. nur auf UKW.
Da ich nicht weiß, an welchem Pin ich die Gitterspannung der EABC80 messen kann, gebe ich einfach mal alle Messwerte der EABC80 (gegen Gehäuse, Sockel von unten von unten gesehen, begonnen beim ersten Pin rechts neben der Aussparung, im Uhrzeigersinn:
Pin 1: -0,7V
Pin 2: -9,5V
Pin 3: -7,8V
Pin 4: -0,003V
Pin 5: 0V
Pin 6: -0,14V
Pin 7: 0V (Masse)
Pin 8: 0V
Pin 9: 33,4V
Hilft das zur Einordnung weiter?
hf500
Moderator
#4 erstellt: 20. Okt 2020, 21:59
Moin,
gemeint ist das Steuergitter der Triode in der EABC80. Seine Vorspannung wird ueber den sog. Anlaufstrom am 10M Ohm Gitterableitwiderstand gewonnen und liegt bei etwa -1,5V
Das Gitter liegt auf Pin 8 und hat hier 0V. Dafuer gibt es mehrere Ursachen:
Der Gitterableitwiderstand passt nicht. Er steckt bei Nordmende gerne in einer RC-Kombination, hier R57 und C97. Ist diese Kombination korrekt ersetzt worden?
Durch den hohen Gitterableitwiderstand ist es schwierig, die Gitterspannung korrekt zu messen. Uebliche DMM haben einen Innenwiderstand von 10M, parallel zum Ableitwiderstand erhaelt man resultierende 5M, die Gittervorspannung bricht ein. Die Vorspannung laesst sich nur mit wesentlich hochohmigeren Messgeraeten messen, die sind eher selten.
Die Spannung an der Anode deutet auf einen zu grossen Anodenstrom hin, verursacht durch eine zu kleine Gittervorspannung.
Ueberpruefen, ob die Roehre ueberhaupt eine ausreichende Gittervorspannung erzeugen kann:
Den Gitterableitwiderstand vom Gitter abtrennen und vom Gitter 0,1µF nach Masse, ersatzweise Lautstaerke auf null (Linksanschlag).
Digitalmultimeter Ri=10M an Gitter und Masse anschliessen. Es muss nach Anheizen der Roehre die "wahre" Gittervorspannung anzeigen.

Ach ja, C81 durch 0,47µF ersetzen. er siebt die Anodenspannung der NF-Triode und die kann nicht brummfrei genug sein.

73
Peter


[Beitrag von hf500 am 20. Okt 2020, 22:11 bearbeitet]
Rundfunkteilnehmer
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 20. Okt 2020, 23:36
Hallo Peter,
vielen Dank für deine Antwort - mit der ich zu meiner Freude weitergekommen bin! Tatsächlich lag der Fehler in meinem Ersatz der RC-Kombination: Diese habe ich zwar schon in einer Handvoll Nordmende-Geräte erfolgreich ersetzt, muss aber dieses Mal offenbar mit der Schirmung unbeabsichtigt einen Kurzschluss des 10-Mega-Ohm-Widerstands erzeugt haben. Ich muss zugeben, dass ich im Traum nicht darauf gekommen wäre, das erneut zu überprüfen. Vielen Dank!
Diese RC-Kombination habe ich nun noch mal erneuert und konnte auf Anhieb den so ersehnten Ton vernehmen. Am letzten Pin der EABC80 liegen nun 70V an.
C81 hatte ich gemäß der Ursprungsbestückung durch erneute 0,1uF ersetzt - ist es empfehlenswert, den entgegen dem ursprünglichen Plan durch einen höheren zu ersetzen?
Tausend Dank und viele Grüße, Rainer
hf500
Moderator
#6 erstellt: 21. Okt 2020, 16:40
Moin,
siehste ;-)
(nur mal mit jemandem drueber reden...)

C81:
Die Kondensatoren, die die Anodenspannung der NF-Stufe(n)(*) sieben, ersetze ich immer mit dem groessten Wert, der sinnvoll erscheint. Unterm Strich kommt dabei das vier- bis fuenffache heraus, manchmal auch weniger, wenn die Originalkapazitaet gross genug erscheint (dabei auch den zugehoerigen Siebwiderstand beachten).
Dieser Kondensator wurde damals nach der Massgabe des geringsten Erfordernisses dimensioniert, dazu war ein Papierkondensator fuer 500V und 100nF auch ein recht ansehnliches und damit "teures" Ding, wenn man damit auch noch ganze Serien bestuecken will. Es reichte, wenn man mit dem Brummabstand auf einen bestimmten Wert kam, so dass einem die Geraete wegen "Es brummt" nicht um die Ohren gehauen wurden.
Da die restliche Brummspannung, die hier auftritt, in der nachfolgenden Stufe weiterverstaerkt wird, kann sie nicht klein genug sein. Daher die groessere Kapazitaet, zumal man z.B. 470nF/630V guenstig bekommt (z.B. bei ATR 0,65€) und er immer noch kleiner als das damalige Original ist. Und man braucht ja auch nur wenige davon ;-)
Dieser Kondensator ist so ziemlich der einzige im Geraet, den man beliebig gross machen kann, aber irgendwann wird es sinnlos.

(*) ich unterscheide da dazwischen NF- und Endstufe. Bei den Standardschaltungen besteht die NF-Stufe meist aus der Triode in der EABC80.

73
Peter
Ingor
Inventar
#7 erstellt: 22. Okt 2020, 10:44
Und dieser kleine Kondensator ist für die Siebung des 50 Hz Brummens? Ist das nicht eher eine Kombination zur Reduzierung von hochfrequenten Einstreuungen aus den anderen Stufen?
Bertl100
Inventar
#8 erstellt: 22. Okt 2020, 11:07
Hallo zusammen,

ja, zusammen mit dem Vorwiderstand R41 von 200k ergibt das eine sehr niedrige Grenzfrequenz.
Zur Brummfreiheit solcher Geräte:
Meine Erfahrung ist, dass eine Vergrößerung dieses Cs nichts bringt. Das meiste Brummen entsteht in der Endstufe, der niemals perfekten Brummkompensation im Ausgangs-Übertrager.

Übrigens: bei diesem Gerät hatte ich schon zweimal einen defekten C59. 5000pF Styroflex. Fehlerbild war ein schwankender UKW Empfang. Schleichend schlechter werdend, und dann mit einem "Knacks" plötzlich wieder voll da.

Gruß
Bernhard
hf500
Moderator
#9 erstellt: 22. Okt 2020, 17:31
Moin,
der kleine Kondensator an der Anode der NF-Roehre soll HF-Reste kurzschliessen, die es z.B. aus dem Empfangsteil in den NF-Eingang schaffen. Fuer die Bestimmung der Grenzfrequenz ist nicht nur die Groesse des Arbeitswiderstandes, sondern auch der Innenwiderstand der Triode wichtig, der dem Arbeitswiderstand parallel liegt (Signalersatzschaltbild).

Eine Vergroesserung des Siebkondensators der NF-Stufe hat keine durchschlagende Wirkung, stimmt. Aber sie schadet in dem Fall auch nicht und es bedeutet keinen uebertriebenen finanziellen Aufwand (in der genannten Quelle ca. 20 Cent Aufpreis).

Abweichend vom ueblichen Vorgehen hat man hier bei Mende mehr in Siebmittel investiert. Die Anodenspannung des Geraetes wird nicht am Lade-, sondern erst am Siebkondensator abgenommen, R76 mit 100 Ohm ist der Siebwiderstand. Zusammen mit 50µF Siebkapazitaet ist die Wirkung nicht ueberragend, aber im Vergleich doch spuerbar. Zusaetzlicher Aufwand sind ein Widerstand 100 Ohm und ein Kondensator 50µF.

Schade, dass der Fidelio nicht zwei Jahre juenger ist. Dann haette er eine 8W-Gegentaktendstufe mit 2x EL95 und ECC83 zusaetzlich zur Triode in der EABC80...
Aufgebaut auf dem Chassis des Othello/Thannhaeuser 59, es fehlt nur eine ZF-Stufe und die Endroehren sind hier 2x EL84.

73
Peter


[Beitrag von hf500 am 22. Okt 2020, 17:39 bearbeitet]
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