Pioneer SX-5580 Restauration in wenigen Stunden

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armin777
Gesperrt
#1 erstellt: 08. Jan 2009, 12:45
Hallo alle,

das liebe Forumsmitglied Till Kaufmann hat mir seinen Dachbodenfund von seinem Onkel zugeschickt, der rund 10 Jahre eingemottet war. Er hat sich nicht getraut, ihn einfach einzuschalten, weil er befürchtete, es könnte dann etwas kaputt gehen.

Der SX-5580 ist die schwarze US-Version des SX-1050 aus dem Jahr 1976. Ein echter Bolide, gar ein Monsterreceiver mit 2 mal 120 Watt Sinus an 8 Ohm, an 4 Ohm sogar 2 mal 170 Watt, nach Din gar 2 mal 185 Watt, alles Sinus (...und es gab sogar noch größere!). Immerhin bringt er 23,4 kg auf die Waage.

So sah es im Inneren aus:



und auf der anderen Seite war wohl eine Spinne eingezogen:



Aber, und das spricht für die Qualität des Receivers, er funktionierte, bis auf diverse Kleinigkeiten, auf Anhieb.
Also zunächst einmal Frontplatte herunter und ab damit in ein Bad aus Waschmittellauge. Einfach Waschmittel (flüssig) mit lauwarmen Wasser in eine 90 Liter-Mörtelwanne (gibt es in jedem Baumarkt für 6,90 Euro) und über Nacht einweichen lassen. Danach gut trocken und sauber wischen, fertig. Die Knöpfe kommen bei mir in ein Ultraschallbad mit einem leichten Sodareiniger (Marke Frosch, Vorsicht mit Beschriftungen!), dann strahlen sie wieder.

Zunächst wurde jedoch erstmal an der Technik gearbeitet,
hier die Tunerplatine:



die nackte Front:



Also erst einmal alle Schalter mit Kontakt 390 behandelt (Kontakt 390 ist schwierig erhältlich, entspricht aber weitgehend dem bewährten Teslanol Oszillin T6), weil dies rückstandsfrei und nachhaltig die Kontakte säubert. Auch wurde der Drehko geöffnet und gereinigt, damit das Kratzen beim Abstimmen verschwindet. Anschließend wurde der Oszillator wieder exakt auf die Skala einjustiert, damit die Sender mit der richtigen Frequenz empfangen werden.

Hier mal ein Blick von unten ins das geöffnete Gerät.



Alle Lampen funktionierten einwandfrei, setzen aber häufig aus. PIONEER verwendete T-10-Stecklampen in heraus nehmbaren Fassungen. Die Kontakte in den Fassungen habe ich ebenfalls mit Kontakt 390 behandelt und die Kontaktzungen nach Entfernen der Lampe zusammen gebogen, dann die Lampe wieder eingesetzt. Nun kein Aussetzen mehr. Ebenso mußte das Relais für die Lautsprecher überarbeitet werden, da die Kontakte bei kleinen Lautstärken schon keinen Ton mehr passieren ließen. Zudem kann man durch leichtes Biegen am Relais im Betrieb in den Boxen hören, ob die Relaiskontakte noch in Ordnung sind. Das Relais auslöten, Kappe abnehmen und die vergoldeten Kontakte mit Chromputzmittel (aus dem Autobereich, das billigste ist gut genug!) und einem Wattestäbchen oder einem Wildlederstäbchen putzen und polieren, bis alles wieder strahlt. Auf keinen Fall mit harten, bzw. schleifenden oder gar spanenden Methoden arbeiten, die Goldschicht darf auf keinen Fall beschädigt werden und die ist nur dünn!
Hier ist das Relais nach der Überarbeitung wieder an seinem angestammten Platz:



Interessantes Detail, der riesige Widerstand (oben links im Bild) ist eine Einschaltstrombegrenzung. Da hätte Till keine Angst haben müssen, dass etwas kaputt gehen könnte nach so langer Zeit beim ersten Einschalten. Über ein zweites Relais wird der Netzsttrom in den ersten 5 Sekunden über diesen Widerstand geleitet, der so das geordnete Laden der repektablen 22.000 µF/80 Volt-Kondensatoren ermöglicht. Da hält ein Netzschalter zeimlich ewig. Bei der Gelegenheit: der Netzschalter (ein Kippschalter) ging sehr schwer, was an verharztem Fett in der Umlenkmechanik lag, das war aber schnell beseitigt mit Kontakt 61 (was auch hervorragende mechanische Schmierfähigkeite besitzt und über gute Kriehwirkung verfügt). Nun wurden auch alle Platinen und Bleche gereingt, damit alles wieder chic aussieht.



Der Ringkerntrafo hat übrigens die Abmessungen einer großen Konservendose und wiegt einzeln über 5 kg. Nachdem auch das (amerikanische) Netzkabel gegen ein Euronetzkabel ausgetauscht wurde, konnte die Frontplatte wieder an ihren Platz, die Knöpfe wurden wieder montiert und dann sah das Ganze wieder recht ordentlich aus:



andere Seite:



Am Schluß wurde auch die üppige Endstufe, mit insgesamt acht TO-3-Transistoren (die großen Blechtypen) bestückt, neu abgeglichen, und zwar Ruhestrom und Offset. Dann noch einige Lötstellen im Netzteil nachgelötet und dann war es das auch schon. Ein wundervoller Receiver der auf dem Markt in diesem Zustand bestimmt um die 350,- Euro wert ist. Sollte man nicht unbedingt weg geben, man würde dies später garantiert bereuen.

Hier nochmal ein Gesamtbild:



Also Till, meinen herzlichsten Glückwunsch zu so einem Dachbodenfund! Ein wundervolles Stück - halte es in Ehren.

Beste Grüße
Armin


[Beitrag von armin777 am 08. Jan 2009, 18:52 bearbeitet]
zultan32
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 08. Jan 2009, 19:52
Hi Armin,
super Arbeit, ich freue mich schon den Verstärker
in Betrieb zu nehmen. Dann kann ich nächste Woche noch
die HPM-100 von meinem Onkel abholen, mal schauen
ob sie noch funktionieren. Wenn nicht, habe ja noch
meine Arcus TM 95, die sind auch nicht schlecht finde ich.
Echt genial wenn ich bedenke wie der Receiver
vorher ausgesehen hat. Ich dachte die Knöpfe währen
goldfarbig, was wohl dem starken Niktonkonsums meines Onkels zu verdanken ist

Noch was zur Geschichte des Receivers.
Mein Onkel damals Kontakt zu ein paar kanadischen Soldaten
die hier stationiert waren. Die hatten damals nen Laden wo sie direkt Sachen aus Kanada ohne Zoll Steuern etc. erwerben konnten. Über die Kanadier hat er dann seinen Pionner mit den HPM 100 für 800 DM bekommen, das war das Geld das er während seines Wehrdienstes verdient hat.

Gruß
Till
armin777
Gesperrt
#3 erstellt: 08. Jan 2009, 20:04
Hallo Till,

die Läden nannte man PX-Shops und die gab es überall, wo es Allierte gab. Dort gab es stets die US-amerikanischen oder sogar so genannte Club-Geräte (z.B. bei Kenwood), die auf alle gängigen Spannungen umschaltbar waren, zu kaufen, sehr, sehr preisgünstig.

Wenn die Soldaten zurück in ihre Heimat gingen, nahmen sie oft die sperrigen Anlagen nicht mit, sondern verkauften sie hier in Deutschland. So kamen viele US-Geräte hierher.

Breste Grüße
Armin
hf500
Moderator
#4 erstellt: 08. Jan 2009, 22:11
Moin,
nach meiner Erfahrung braucht man Gehaeuseteile nicht naechtelang einweichen zu lassen.

Ich benutze auch schon jahrelang Waschmittelloesung (um 35°C) und wasche die Teile mit einem Schwamm damit ab. Knoepfe werden einige Minuten darin "gebadet", danach abgespuelt und fertig. Madenschrauben werden vorher herausgedreht, sie bleiben in den Gewinden sonst zu lange feucht und rosten.

Als "selbsttaetiges" Waschmittel ist Vollwaschmittel ziemlich radikal, was das Loesen von Schmutz angeht, auch mit den Gehaeusen von armen Kettenrauchergeraeten kommt es prima zurecht. Bislang hatte ich nur in ganz wenigen Ausnahmen Probleme mit der Beschriftung.

73
Peter
RSV-R
Gesperrt
#5 erstellt: 08. Jan 2009, 22:50
Chicker Brummer - den hätte ich auch gerne noch zur Komplettierung der Reihe.
Fein gemacht, Armin!!
silverplatte
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 09. Jan 2009, 10:15
Hallo Armin,

ein toller Bericht von einem wirklich starken Receiver!
Zur Reinigung von Oberflächen benutze ich übrigens ein Reinigungskonzentrat von Amway. Das ist sehr ergiebig und hat bis jetzt noch jede Nikotinschicht wegbekommen . Nachteil: Vorsicht bei Beschriftungen und man muss auf eine Verkaufsparty um an das Zeugs ranzukommen .
Eine Frage habe ich aber noch: was benutzt Du zur Reinigung der Platinen und Bleche?

Viele Grüße
Henk
Siamac
Inventar
#7 erstellt: 10. Jan 2009, 11:36
Toller Bericht und tolle Arbeit Armin

Es gingen mittlerweile einige Pioneers durch Deine Hände.
Ich glaube der SX-5580 konnte mal wieder die sehr gute Qualität der Pioneer Vintage Geräte zeigen, oder
armin777
Gesperrt
#8 erstellt: 10. Jan 2009, 12:55
Hallo Siamac,

ja, Du hast Recht, es gingen mittlerweile schon Dutzende von PIONEER-Geräten durch meine Hände und langsam werde ich zu einem ausgesprochenen Fan dieser Marke - immer mehr. Wo doch meine Favoriten immer KENWOOD - ONKYO und YAMAHA waren...

Besonders die Baureihe SX-?50 hat es mir angetan, die schwarzen finde ich optisch nicht so gelungen, wie die silbernen.

Beste Grüße
Armin
Siamac
Inventar
#9 erstellt: 10. Jan 2009, 13:05
Danke, für das Statement. Mir wollte ja keiner glauben
Auch die großen SX-x80er sind noch super Geräte.
Bei der Nachfolgerserie SX-3x00 war es leider auch schon vorbei, mit der top Qualität.

Obwohl es in den 80er + 90er bei Pioneer immer wieder einzelne Top Geräte gab - aber 99% konnte man vergessen


Schön, daß der SX-5580 weitere Jahre jemanden erfreuen kann.

assiv8
Stammgast
#10 erstellt: 10. Jan 2009, 17:48
Hallo Armin,
sehr schöner Bericht und richtig gute Bilder. Du hast geschrieben : den Oszillator auf die Skala einjustiert damit die Sender mit der richtigen Frequenz empfangen werden. Kann man das selber machen? Bei meinem SX 950 ist zwischen Frequenz und Skalenanzeige ca. 1 MHz Differenz,(Sender z.B. auf 94,40 MHz, Anzeige steht auf 93,40 MHz)
Oder kann man dabei so viel verschlimmbessern das man so eine Arbeit lieber Profis überlassen soll? Das Problem ist halt immer das Gewicht dieser Geräte, der 950 hat auch gute 20 KG.Das Versenden zu dir hätte halt auch das Risiko Transportbeschädigung.
Viele Grüße,
Thomas
hf500
Moderator
#11 erstellt: 10. Jan 2009, 18:08
Moin,
theoretisch ist es schon moeglich, den Oszillator selbst zu justieren, aber bei einer so grossen Abweichung sollte zuerst sichergestellt werden, dass kein Defekt vorliegt.

Ist die Abweichung am oberen Frequenzende am groessten, kann es genuegen, nur den (die) Kapazitaetstrimmer nachzustellen.
Du hast aber schon eine grosse Abweichung unterhalb der Bandmitte, so dass genauer nachgeforscht werden muss.

73
Peter
armin777
Gesperrt
#12 erstellt: 11. Jan 2009, 12:40
Hallo Thomas,

das Prozedere dieses Abgleichs habe ich schon mal ganz ausführlich unter Tuner überholen reichlich bebildert hier im Forum eingestellt. Müßtest Du mal suchen (war schon in 2007).

Das Transportrisiko beim Versand hängt ausschließlich von der Verpackung ab. Gut verpackt gibt es kaum eine Beschädigung.
Ich mache das rund 5 bis 10 mal in der Woche.

Beste Grüße
Armin
assiv8
Stammgast
#13 erstellt: 12. Jan 2009, 20:10
Hallo Armin, über die Suche Funktion kann ich leider nichts finden. Kannst du dich erinnern unter wechem Titel oder Begriff du das damals eingestellt hast?
Viele grüße , Thomas
RSV-R
Gesperrt
#14 erstellt: 12. Jan 2009, 21:20
Gelscht
Gelöscht
#15 erstellt: 13. Jan 2009, 13:16
Tolle Arbeit Armin

Schade das sich das für meinen Nikko nicht lohnt...
assiv8
Stammgast
#16 erstellt: 13. Jan 2009, 18:36
Hallo Alois,
super, hätt ich jetzt so nicht gesucht unter Drehko.

viele Grüße, Thomas


[Beitrag von assiv8 am 13. Jan 2009, 19:43 bearbeitet]
RSV-R
Gesperrt
#17 erstellt: 13. Jan 2009, 19:23
Gerne, Thomas.
zultan32
Ist häufiger hier
#18 erstellt: 19. Jan 2009, 18:43
Hi Leute,
Hab den AMP am Samstag bekommen, komme aber erst
jetzt dazu was zu schreiben.
Dickes Lob an Armin, hat er echt super hinbekommen
Echt ein richtig geiles Teil der Verstärker,
Familienkrach ist vorprogrammiert
Werde wohl als nächstes das Projekt Lautsprecher angehen,
und diese vom Boden entkoppeln.
Gruß
Till
Siamac
Inventar
#19 erstellt: 19. Jan 2009, 19:22
Hy Till,
es freut mich, daß Du jetzt solch ein tolles Gerät hast
Ein PIONEER SX-1050 in schwarz und frisch überholt. Von sowas habe ich mit 19 nur geträumt. Ich hatte damals einen SX-450

Auch wenn es noch viele tolle andere Klassiker gibt, dieser wird wohl schwer zu toppen sein
assiv8
Stammgast
#20 erstellt: 23. Jan 2009, 17:56
Hallo Leute,
Ich hab mich heute mal dran gemacht meinen SX 950 geöffnet und probiert wie von Armin beschrieben den Tuner mit dem Skalenzeiger "syncron" zu stellen. Ich hab mir einen speziellen Schraubendreher der aus nicht leitendem Material ist gekauft, und wie Armin beschrieben hat ganz vorsichtig eingestellt. Ging sehr gut und jetzt stimmt Sender und Anzeige wieder richtig über ein.Soweit super :Eine Frage hab ich aber noch: die Signalstärke Anzeige stand früher bei einem starken Ortssender immer bei fast 5.Nun nach Reinigung und Einstellung nur noch zwischen 3 und 4. Kann man da auch noch etwas justieren oder einstellen?
Schon jetzt vielen dank für Tips und Rat,

Thomas
armin777
Gesperrt
#21 erstellt: 23. Jan 2009, 18:30
Hallo Thomas,

ja, das kann man - ist aber zu kompliziert, um das hier zu beschreiben. da müßtest Du mal einen Workshop bei mir machen, dann wäre das kein Problem. Die mache ich immer im Sommer, da kann man dann lernen, wie man Oldtimer selber herrichten kann.

Beste Grüße
Armin


[Beitrag von armin777 am 23. Jan 2009, 20:01 bearbeitet]
assiv8
Stammgast
#22 erstellt: 23. Jan 2009, 18:51
Hallo Armin,
dann sag ich erst mal vielen Dank für die Fotoanleitung, und wenn der Pio 950 dann das nächste Problem hat muss ich ihn dann doch mal zu dir schicken...

Viele Grüße, Thomas
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