Frequenzgänge von Abtastern nur "getürkt" ?

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Archibald
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 21. Mai 2010, 12:33
Hallo zusammen,

gerade habe ich die technischen Daten des neuen Topp-Abtasters von Ortofon gelesen :

MC A90
The A90 not only celebrates the past 90 years of Ortofon, first and foremost it also makes history by significantly raising the standards by which sound reproduction is measured, making it a celebration of sound itself. This impeccably crafted cartridge carries with it the culmination of decades of research in the field of analogue sound reproduction along with the worldís best engineering, materials, and manufacturing techniques. Combined with the inspiration of the very best ears and minds in contemporary analogue technology, the A90 stands as a true contender for the best moving coil pickup of all time.

Technical Data

Output voltage at 1 kHz, 5cm/sec. 270 µV
Channel balance at 1 kHz < 0,2 dB
Channel separation at 1 kHz > 28 dB
Channel separation at 15 kHz > 22 dB
Frequency range at - 3dB 10 Hz - 80 kHz
Frequency response 20 Hz - 20 kHz + / - 1 dB
Tracking ability at 315 Hz at recommended tracking force 100 µm
Compliance, dynamic, lateral 16 µm/mN
Stylus type Special polished Nude Ortofon Replicant 100 on Boron Cantilever
Stylus tip radius r/R 5/100 µm
Tracking force range 2,0-2,5 g (20-25 mN)
Tracking force, recommended 2,3 g (23 mN)
Tracking angle 23°
Internal impedance, DC resistance 4 Ohm
Recommended load impedance > 10 Ohm
Cartridge body material SLM Stainless Steel
Cartridge colour Black

*) Typical value


Irritiert hat mich der enorme Frequenzgang von 10 Hz bis 80 kHz bei - 3dB. Ich frage mich, wie hat Ortofon den mit einer Schallplatte messen können ? Zu CD4-Quadro-Zeiten wurde ein spezieller Kunststoff von JVC verwendet, damit man Platten pressen konnte, die halbwegs erträglichen Toleranzen bis kanpp an 50 kHz reichten. Dieser Kunststoff ist meines Wissens heute nicht mehr verfügbar. Mit "normalem" PVC lassen sich nur Frequenzgänge bis ca. 20 kHz realisieren. Wie also hat Ortofon diese Werte messen können ? Zumindest in der Vergangenheit war Ortofon für seine konservativen technischen Daten bekannt, die Prospektdaten waren früher immer "garantierte Mindestwerte".

Hat einer von Euch eine Ahnung, wie man solche Schallplatten herstellen kann und wenn man sie herstellen kann, warum nicht alle (oder wenigstens die besseren) aktuellen LPs so hergestellt werden ? Ich bin übrigens keine Fledermaus und kann mit meinen fast 55 Jahren mit Sicherheit keine 20kHz mehr wahrnehmen.

Ergänzen möchte ich, dass solche Daten nicht nur bei Ortofon-Systemen angegeben werden !

Gruß Archibald
Bepone
Inventar
#2 erstellt: 21. Mai 2010, 13:05
Hallo,

ich könnte mir vorstellen, dass die Systeme bei der Frequenzgangbestimmung gar keine Schallplatten abtasten, sondern mit einem mechan. Messkoppler bewegt werden.

So wird das alles wahrscheinlich auch genauer werden. Es entfällt das Schneiden der Platte (direkt oder in Folie), wo ja wieder Frequenzgangfehler über die Schneidmaschine entstehen können.

Außerdem ist der Frequenzgang dann auch noch unabhängig vom Abspielgerät, wo es ja z.B. zu Resonanzen kommen kann.


P.S. Ich bin 24 und höre Frequenzen oberhalb 17KHz nicht mehr. Bei meinem Vater ist bei 13KHz Schluss...



Gruß
Benjamin
Archibald
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 22. Mai 2010, 18:07
Hallo Benjamin,

wenn es wirklich einen solchen Messkoppler geben sollte und wenn die Systemanbieter ihre Systeme damit messen sollten, dann würde das in der Praxis bedeuten, dass die Messwerte wertlos sind, weil sie nicht unter realen Bedingungen ermittelt wurden. Von vergleichbaren Messmethoden der verschiedenen Anbieter, um wenigsten zu vergleichbaren Daten der unterschiedlichen System zu kommen, will ich hier mal schweigen .... Davon hat man vor 40 Jahren schon geträumt.

Da sind mir die Angaben, die man früher unter der Verwendung von echtem Vinyl gemacht hat, erheblich sympathischer.

Gruß Archibald
Bepone
Inventar
#4 erstellt: 22. Mai 2010, 19:07
Hallo Archibald,

es ist nur eine Vermutung von mir.

Im Übrigen würde ich diese Methode als neutraler bezeichnen, da sie eben unabhängig vom eingesetzten Plattenmaterial, unabhängig von irgendwelchen Schneidmaschinen und Wiedergabegeräten ist.
In der Praxis hat ja jeder Anwender andere Technik, die mehr oder weniger limitierend wirken kann.


Es kann ein geeichter Messkoppler eingesetzt werden, der die Nadel in genormte Schwingungen versetzt. Das Ausgangssignal vom Tonabnehmer wird aufgezeichnet.
Das alles spielt sich aber gerade nur in meiner Fantasie ab


Gruß
Benjamin
applewoi
Stammgast
#5 erstellt: 22. Mai 2010, 19:22

Bepone schrieb:

Es kann ein geeichter Messkoppler eingesetzt werden, der die Nadel in genormte Schwingungen versetzt. Das Ausgangssignal vom Tonabnehmer wird aufgezeichnet.
Das alles spielt sich aber gerade nur in meiner Fantasie ab



Keine Fantasie:

http://www.stereopla...beitrag_6642882.html


frnk
cptfrank
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 22. Mai 2010, 23:26
Ein Extrem ist das Denon DL1000A gewesen mit einem Frqgang bis 100kHz. Ich hatte dieses System einmal, und es war wirklich ganz toll, bis ich leider die Nadel mal gekillt habe. Aber ganz ehrlich, solche Daten sagen eigentlich nichts ueber den Klang aus. Uebrigens lief dieses System optimal mit 0.8p Auflagekraft was fuer die meisten Tonarme nicht darstellbar war.
Gruss
Frank
Archibald
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 23. Mai 2010, 08:34
Hallo Frank,

vom Rumpelmesskoppler der Fa. Thorens hatte ich bereits gehört, danke für den Link, der das Verfahren anschaulich beschreibt. Die Messung für das Rumpeln läßt sich, meiner Meinung nach, allerdings nicht auf das Messen von Frequenzgängen übertragen.

Gruß Archibald
Passat
Inventar
#8 erstellt: 25. Mai 2010, 12:50
Dieser Wert ist auch nur theoretischer Natur, genauso, wie bei einigen Verstärkern, deren Frequenzgang bis über 1 MHz (z.B. die von Spectral) reicht.

In der Praxis ist das nutzlos, weil es keine Quelle mit solch hohen Frequenzen gibt.

Und das gilt auch für den Frequenzgang von Tonabnehmern.
Selbst wenn der Frequenzgang tatsächlich bis 80 KHz geht und es Schallplatten mit solch hohen Frequenzen gäbe, nützt das nichts, wenn z.B. die Phonostufe oder der Verstärker oder die Lautsprecher nicht so hoch spielen kann.

Grüsse
Roman
Hörbert
Inventar
#9 erstellt: 25. Mai 2010, 13:40
Hallo!

Frequenzgangmessungen nach der Kopplermethode sind bei Tonabnehmern seit jeher üblich.

Da die wenigsten Schallplatten überhaupt verwertbare linear geschnittene Frequenzen oberhalb von 12- allenfalls 15 KHz erhalten sind solche Messmethoden die einzige halbwegs verläßliche Methode die Linearität eines Abtasters bestimmen zu können.

MFG Günther
SGibbi
Gesperrt
#10 erstellt: 25. Mai 2010, 19:54
Ja, ein kritisches Thema.

Während meiner Zeit als Ingenieurbüro habe ich stets mit angegeben, mit welcher Phonostufe und mit welchem EQ der Meßwert gültig ist. Statt Meßkopplern verwende ich Fehlpressungen von Schallplatten, oder längere Leerrillen, o.ä.

Was nützt ein geringes Rumpeln auf dem Mittelstift, wenn es am Außenrand dann rumpelt wie auf einem Polterabend ? Der Radius entscheidet mit, Am Außenrand ist die Untersetzung des Antriebs kleiner, dafür kommen die Antriebsfehler winkelverstärkt.

Eine kurze Rechnung:

Umfang = 2 Pi Radius

Außenrille nach IEC = Radius = 146,05 mm ; Umfang = 918 mm
Innenrille nach IEC = Radius = 57,5 mm ; Umfang = 361 mm

bei 33 UPM = 0,55 Umdrehungen / Sekunde

91,8 cm/s * 0,55 U/s = 50,5 cm/sec
36,1 cm/sec * 0,55 U/sec = 19,9 cm/sec

Man kommt also auf recht "normale" Abtastgeschwindigkeiten, 19 cm/sec. gab es auch bei Tonbandgeräten, oder z.B. beim Tefifon.

Mit einer klassischen Rundnadel mit 15 Mikrometern Spitzenverrundung kann man eine mechanische Welle von minimal 30 Mikrometern abtasten. Mit: (1µm = 1 * 10E-6 m)

Maximale Abtastfrequenz = Vorschubgeschwindigkeit / Wellenlänge

0,505 m/sec // 30 µm = 16,8 kHz
0,361 m/sec // 30µm = 12,0 kHz

Die von Dir benannte Nadel kommt auf


Stylus tip radius r/R 5/100 µm


5 Mikrometer Verrundung bzw. 10 Mikrometer abtastbarer Wellenlänge. Das ergibt immerhin 50,4 kHz (Außenrand) bzw. 36 kHz (Innenrand) bei 33 UPM. Die derzeit schärfsten Schliffe kommen auf ca. 2 Mikrometer.

Die eingangs offerierten 80 kHz Abtastfähigkeit erscheinen stark übertrieben. Andererseits kann man den Wert durch günstige Nachequalisierung, etwa durch Resonanzanpassung des Tonabnehmers, noch etwas verbessern. Das wiederum geht aber nur bei MM Pickups, und falls man über eine geeignete Phonostufe nebst Meßmöglichkeiten verfügt. Erstmaliges kostenloses Einmessen gehörte bei meinen Phonostufen einst zum Lieferumfang.
Archibald
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 26. Mai 2010, 19:03
Hallo SGibbi,

danke für Deine Ausführungen. Wie Du richtig darstellst, ist der seitliche Verrundungsradius entscheidend für die Höhenabtastfähigkeit. Eine "scharfe" Verrundung wie beim Ortofon MC A90 findet man übrigens bereits bei "nur" elliptischen Schliffen der 80er Jahre, z.B. das ADC XLM Mk. III mit 5 * 18 µm.

Was die Frequenzmessungen mit einem Koppler angeht, so kann ich mir zwar vorstellen, dass man damit die Mechanik des Generators messen kann, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass man auf diese Art und Weise messen kann, welche Auswirkungen der Nadelschliff auf den Frequenzgang hat. Des weiteren bildet, soweit ich weiß, die Nadel mit dem Vinyl der Rille ein schwingendes, d.h. ggf. auch ein resonierendes System, diesen Effekt kann man mit dem Koppler dann doch auch nicht messen.

Gruß Archibald
SGibbi
Gesperrt
#12 erstellt: 30. Mai 2010, 18:02

Archibald schrieb:

(...) danke für Deine Ausführungen (...) Wie Du richtig darstellst, ist der seitliche Verrundungsradius entscheidend für die Höhenabtastfähigkeit. (...) Eine "scharfe" Verrundung (...) findet man übrigens bereits bei "nur" elliptischen Schliffen der 80er Jahre, z.B. (...) mit 5 * 18 µm. (...)


Ich würde das nicht ganz so pessimistisch sehen. Viele der 80er Jahre Industriepatente laufen derzeit aus, und werden daher nicht mehr so aktiv beworben. Über einen Artikel der Schweizer "HiFi-Scene" ist zudem ein gewisser Rundnadelfetischismus entstanden.

Der noch in den 70er Jahren von Nivico patentierte Shibata Schliff (CD-4-Schliff) kam mit 2.5 zu 63 µm. Das damit bestückte Grado Signature two (MJ) erreichte (realistische) 90 Kilohertz als Datenblattwert. In 1978 kostete so ein Abtaster knappe 3.000,- Deutschmark. Als Ingenieurbüro in 2005 konnte ich Retippen auf Shibata zu einem VK von ca. 150,- anbieten. Der legendäre van den Hul I Schliff kam auf 4 mal 80 µm. Das Patent dürfte ebenfalls bald auslaufen. Für eine elliptische Shure 75 ED-T2 Nadel habe ich mitte der 80er Jahre kanpp 200,- Deutschmark gegeben, für die (originale) Ersatznadel, ohne Pickup. Heute gibt's das Zeux bei ebay als NOS bei etwas Suchen für schlappe 20,-. Bezüglich aktueller Schliffe ist JICO hier im HF mehrfach positiv erwähnt worden. Rundnadeln gab es von 25 µm (1 mil.) (ursprünglicher Mono Schliff) bis 12 µm (0.5 mil), ursprünglicher Stereo Schliff).

Ich wollte einfach etwas physikalisches zum Sinn und Unsinn in die Szene beitragen. Elliptische Schliffe sind Heute weder problematisch noch teuer.


Archibald schrieb:

(...) Des weiteren bildet, soweit ich weiß, die Nadel mit dem Vinyl der Rille ein schwingendes, d.h. ggf. auch ein resonierendes System, (...) diesen Effekt kann man mit dem Koppler dann doch auch nicht messen. (...)


Gerade für solche Messungen sind Koppler hervorragend geeignet. Der Endverbraucher hat jedoch nur wenig Einfliuß auf das verwendete Vinylmaterial.

Grob gesagt verursacht eine schärfere Nadel eine stärkere Verformung der Schallrille. Dieser Effekt wurde jedoch durch Spezialschliffe (z.B. vdH.) wieder reduziert.

Bezüglich des Schalplattenmaterials gibt es - grob gesagt - den Kompromiß zwischen hartem Material (z.B. Schellack) mit einem mehr dynamischen, aber auch mehr zu Störgeräuschen neigenden Klangbild, sowie einem etwas weicheren, dafür weniger rauschendem Material.

Die Mikrorillen debütierten ende der 40er als "RCA Red Seal", ein paar Fotos kann ich nachreichen, falls wir hier mal gutes Tages Licht für ein gutes Foto von solchen "Farbenspielen" haben. Das Material war ein relativ weicher, durchsichtiger, rot eingefärbter Kunststoff, vielleicht ein Polycarbonat oder ähnlich. Aus diesem Grund ist (bei Klappnadeln) die Mikrorillennadel rot gefärbt.

Als die Mikrorille runde 10 Jahre später Deutschland erreichte, war die Schallplatte bereits aus schwarz eingefärbrtem PVC standartisiert.

Das ebenfalls hier bereits angesprochene, spezielle CD-4 Vinyl (auch: Virgin Vinyl, jungfräuliches Vinyl) enthält nach meinen Unterlagen weniger Kohlenstoffanteil (weniger stark eingefärbt, beinahe transparent) und keinerlei Recyclingmaterial. Diese Maßnahmen dienten einem verbesserten S/N, denn mit jeder Erweiterung der Bandbreite handelt man sich ebenso ein verstärktes Rauschen ein.

Ich selbst habe vor einigen Jahren im AAA-Forum an Threads teilgenommen, welche sich mit "Virgin Vinyl" sowie "CD-4 Heute Schneiden" befassen. Die Threads sollten per Suchfunktion noch auffindbar sein, ich kann dort allerdings nichts mehr beitragen. Im wesentlichen wurde ich von dar AAA "auf Lebenszeit gesperrt". Nach einem solchen Feedback (u.a. Accountsperrung) habe ich die Sache nicht mehr weiter verfolgt.
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