Verständnisfrage bzgl. Bassreflex

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airman1965
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 23. Jan 2014, 20:57
Hallo!

Ich hätte da mal eine Verständnisfrage:

Ich habe mir im Keller eine "Zweitanlage" mit zwei billig übernommenen Magnat Quantum 607 aufgestellt. Die haben etwas zum Dröhnen geneigt; das habe ich abgestellt, indem ich bei beiden Boxen von den je zwei gleichgroßen Bassreflexrohren das untere mit Schaumstoff dicht gemacht habe. Jetzt möchte ich gerne verstehen, was das genau bewirkt: Verändert das die Abstimmfrequenz so, wie wenn ich ein einzelnes Rohr teilweise verschließe?

Gruß
Harald
jd17
Inventar
#2 erstellt: 24. Jan 2014, 11:48
Man sollte eigentlich nicht nur ein Rohr verschließen, wenn der Lautsprecher oder Subwoofer dafür nicht ausgelegt ist.
Entweder du betreibst den Lautsprecher als BR, oder du verschließt beide Rohre und betreibst ihn als CB (closed box).

Wenn der Hersteller eine "Teilverschließung" nicht vorsieht bzw. nicht berechnet hat, bedeutet das ja, dass du die berechnete Bassreflexöffnung halbierst - das passt somit nicht zur Auslegung.
Das Problem ist, dass sich bei dieser Halbierung die Abstimmfrequenz verschiebt.
Das kann gut gehen, kann aber auch schädlich für die/den Basstreiber sein.

Hast du denn schonmal versucht, wie es klingt wenn alle Öffnungen verschlossen sind?


Edit: Sorry, habe jetzt erst gesehen, dass du ja nach der genauen Verschiebung der Abstimmfrequenz fragst...
Ja, meines Wissens ist der Effekt der gleiche, wie eine Halbverschließung bei Lautsprechern mit nur einer BR-Öffnung, allerdings ist das natürlich viel schwerer zu realisieren.


[Beitrag von jd17 am 24. Jan 2014, 11:55 bearbeitet]
airman1965
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 24. Jan 2014, 12:53
Hallo!

Danke erstmal. Deine Antwort klingt jetzt aber so, als sei es riskanter, nur ein Rohr zu schließen, als beide Rohre zu schließen. Woran liegt das?

Außerdem fällt mir noch eine Frage ein: Wie verhält sich der Frequenzgang unterhalb der Abstimmfrequenz bei einer "halb geschlossenen" Box? Fällt der genauso steil ab wie vorher oder flacher?

Gruß
Harald
jd17
Inventar
#4 erstellt: 24. Jan 2014, 13:21

airman1965 (Beitrag #3) schrieb:
Deine Antwort klingt jetzt aber so, als sei es riskanter, nur ein Rohr zu schließen, als beide Rohre zu schließen. Woran liegt das?

Genau.
Habe ich doch geschrieben:

jd17 (Beitrag #2) schrieb:
Wenn der Hersteller eine "Teilverschließung" nicht vorsieht bzw. nicht berechnet hat, bedeutet das ja, dass du die berechnete Bassreflexöffnung halbierst - das passt somit nicht zur Auslegung.
Das Problem ist, dass sich bei dieser Halbierung die Abstimmfrequenz verschiebt.
Das kann gut gehen, kann aber auch schädlich für die/den Basstreiber sein.

Es hängt also davon ab, wie genau sich die Abstimmfrequenz verschiebt und was dann mit dem/den Basstreiber(n) passiert...

Man kann das alles berechnen.


Außerdem fällt mir noch eine Frage ein: Wie verhält sich der Frequenzgang unterhalb der Abstimmfrequenz bei einer "halb geschlossenen" Box? Fällt der genauso steil ab wie vorher oder flacher?

Bassreflex bleibt Bassreflex, meines Wissens also genauso mit 24dB/Okatve.
ehemals_Mwf
Inventar
#5 erstellt: 24. Jan 2014, 14:56
Hi,
airman1965 (Beitrag #3) schrieb:
... Antwort klingt jetzt aber so, als sei es riskanter, nur ein Rohr zu schließen, als beide Rohre zu schließen...

Sorry, aber die Ausführungen von jd17 sind nicht zutreffend.

Deine Annahme ist richtig,
wenn ganz verschlossen kein Problem (das ist die Regel (*)), dann halb geschlossen erst recht nicht.
Wenn von 2 gleichen Kanälen einer geschlossen wird, sinkt die BR-Abstimmfrequenz um Faktor 1/Wurzel2 =~0.71.
Der LS spielt tiefer, aber im Breich der originalen Abstimmfrequenz mit geringerem Pegel.
Es gibt einen nahtlosen Übergang zwischen BR und CB.

lG,
Michael

----------------------
(*) = Ausnahmen:
-- PA-Betrieb (wg. Kühlung)
-- spezielle (seltene, aufwendige) Konstruktionen, wo mit passiven, genau auf das akustische Alignment abgestimmten Saugkreisen der Oberbass gezügelt wird...


[Beitrag von ehemals_Mwf am 24. Jan 2014, 16:43 bearbeitet]
jd17
Inventar
#6 erstellt: 24. Jan 2014, 15:57

Mwf (Beitrag #5) schrieb:
wenn ganz verschlossen kein Problem (das ist die Regel (*)), dann halb geschlossen erst recht nicht.

OK, dann habe ich etwas gelernt.
Ich dachte, dass teilweises Verschließen zu Problemen mit den Treibern führen kann.

Das heißt aber doch, nach Verschiebung der Frequenz habe ich immernoch 24dB/Oktave Abfall oder?
ehemals_Mwf
Inventar
#7 erstellt: 24. Jan 2014, 16:52

jd17 (Beitrag #6) schrieb:
...Das heißt aber doch, nach Verschiebung der Frequenz habe ich immernoch 24dB/Oktave Abfall oder?

Ja.
Aber dieser Bereich verschiebt sich immer weiter ins Subsonische, während ein sanfter Abfall darüber den Höreindruck dominiert.
Auch die geschlossene Box wird
-- in diesem Fall, d.h. ein abgestimmtes BR-System nachträglich verschließen --
überdämpft sein, d.h. zunächst sanft abfallen um erst unterhalb fc auf 12 dB/oct. überzugehen.
Giustolisi
Inventar
#8 erstellt: 26. Jan 2014, 02:25

Ich dachte, dass teilweises Verschließen zu Problemen mit den Treibern führen kann.

Unterhalb der Abstimmfrequenz steigt der Hub stark an. Bei sehr tief abgestimmten Boxen hat man auch recht viel Hub zwischen der Abstimmfrequenz und der Resonanzfrequenz des geschlossenen Volumens. In der Simulation ist das schön als Durchhänger beim Maxiamalpegel zu sehen. Da das Hubproblem unterhalb der Abstimmfrequenz aber größer ist, spielt das nur eine Rolle, wenn man einen passenden Subsonic hat. Ich kann das bei bedarf morgen mal simulieren.

Ein Rohr zu verschließen halbiert die Fläche und senkt die Abstimmfrequenz. Ersteres kann problematisch werden, da der Lautsprecher eher zu Strömungsgeräuschen neigt. Mit Letzterem kann man gezielt in die Abstimmung eingreifen. Der Bass wird tiefer, fällt bis zur unteren Grenzfrequenz flach ab und erst ab dort geht es mit 24dB/Okt. in den Keller.
ehemals_Mwf
Inventar
#9 erstellt: 26. Jan 2014, 03:46

Giustolisi (Beitrag #8) schrieb:
...Ein Rohr zu verschließen halbiert die Fläche und senkt die Abstimmfrequenz. Ersteres kann problematisch werden, da der Lautsprecher eher zu Strömungsgeräuschen neigt...

Das trifft übrigens nicht zu!
-- das Schnellemaximum bleibt ungefähr gleich, da tiefere Frequenzen = langsamer und niedrigeres Q...
...das gilt natürlich nur für konstante Einspeisung, d.h. ohne EQ (um den Pegel wieder auf den vorherigen SPL anzuheben),
aber genau dieser Fall interessiert hier ja, simulier das mal
Giustolisi
Inventar
#10 erstellt: 26. Jan 2014, 08:35

Das trifft übrigens nicht zu!

Genau, der Rohrdurchmesser hat keinen Einfluss auf die Abstimmfrequenz. Hauptsache es ist ein Loch in der Box, dann passts schon irgendwie

Ich habe mal eine Simulation mit dem Visaton BG20 gemacht. 70 Liter Volumen, 10cm Rohrlänge. Grau ist 25cm² Querschnitt, Schwarz 50cm²

bg20 spl
bg20 disp

Man sieht sehr schön, dass sich die graue und schwarze SPL Kurve bei 24Hz kreuzen, der Output ist also gleich. Da kommt akustisch nicht viel rum, aber es muss die gleiche Luftmenge in der gleichen Zeit durch das Rohr. Bei geringerem Querschnitt bedeutet das eine größere Neigung zu Strömungsgeräuschen. Deswegen schrieb ich auch, dass da nur eine Rolle spielt, wenn man keinen passenden Subsonic hat. Im Übertragungsbereich liefert die Variante mit kleinerem Rohrquerschnitt weniger Pegel, es muss also weniger Luft durch.

Zuletzt habe ich noch eine Simulation zum Frequenzgang gemacht.
Die graue Linie stellt den Frequenzgang dar, die schwarz-rote Linie stellt den maximalen Pegel dar. in den roten Bereichen geht dem treiber der Hub aus bevor die elektrische Belastbarkeit erreicht ist, in den schwarzen bereichen ist die elektrische Belastbarkeit der limitierende Faktor. Die oberei ist die mit 50cm², die Untere 25cm².

max spl 50
max spl 25
Man sieht sehr schön, die die rote Senke beim Maximalpegel mit sinkender Abstimmfrequenz tiefer wird. sehr schön zu sehen ist auch, dass ganz unten die graue Kurve über der roten Kurve liegt. Das bedeutet nichts anderes, als dass beim Kreuzungspunkt schon ein Watt reicht, um den Treiber voll auszulenken. Dass der Hub unterhalb der Abstimmfrequenz außer Kontrolle gerät ist ein generelles Problem von Bassreflex Lautsprechern. Da hilft nur ein passender Subsonic Filter.


[Beitrag von Giustolisi am 26. Jan 2014, 09:06 bearbeitet]
ehemals_Mwf
Inventar
#11 erstellt: 26. Jan 2014, 14:40

Giustolisi (Beitrag #10) schrieb:
...Genau, der Rohrdurchmesser hat keinen Einfluss auf die Abstimmfrequenz. Hauptsache es ist ein Loch in der Box, dann passts schon irgendwie ;)...

Nun krieg dich mal ein,

du zeigst eben nicht, was ich meine:
(Wechsel-)Geschwindigkeit ("Schnelle"), aka nicht Auslenkung (Displacement), als Ursache für Strömungsgeräusche,

a) im gehörmäßig dominanten Bereich (nicht Subsonic)
b) bei gleichem Input (nicht Maximalpegel)

Genau dieser Fall tritt ein, wenn 1 von 2 gleichen BR-Öffnungen verschlossen werden.
Es kommt weniger raus (= gewünschter Effekt), es schnüffelt aber auch nicht stärker


[Beitrag von ehemals_Mwf am 26. Jan 2014, 14:42 bearbeitet]
Giustolisi
Inventar
#12 erstellt: 26. Jan 2014, 15:01

du zeigst eben nicht, was ich meine:
(Wechsel-)Geschwindigkeit ("Schnelle"), aka nicht Auslenkung (Displacement), als Ursache für Strömungsgeräusche,

Die Simulation zeigt auch den Schallanteil aus dem Reflexrohr ohne den Anteil, der vom Treiber direkt abgestrahlt wird. Wenn der bei der gleichen Frequenz gleich laut ist, führt das beim dünneren Rohr zu einer höheren Geschwindigkeit der Luft im Rohr
ehemals_Mwf
Inventar
#13 erstellt: 26. Jan 2014, 15:29

Giustolisi (Beitrag #12) schrieb:
... Wenn der bei der gleichen Frequenz gleich laut ist, führt das beim dünneren Rohr zu einer höheren Geschwindigkeit der Luft im Rohr

Ja,
in deinem Beispiel unterhalb ca. 38 Hz,
also wichtig für Subwoofer-Effekt Anwendungen (keine Frage),
aber
eher nebensächlich bei breit-bandigem Musikeinsatz -- hier Stereoanlage mit "Magnat Quantum 607".

Die Spitzengeschwindigkeit bei halbierter Öffnungsfläche ist sogar etwas geringer im Bereich 80 - 40 Hz (wg. niedrigerem Q),
musikalisch IMHO der Bass.

------------------
EDIT:
Originaltext geändert
...nach ruhigem, langen Spaziergang im eiskalten SH...


[Beitrag von ehemals_Mwf am 26. Jan 2014, 16:58 bearbeitet]
jd17
Inventar
#14 erstellt: 26. Jan 2014, 17:58
Falls hier jemand Interesse daran hat...

...da mich das Thema sehr interessiert und schon seit längerem beschäftigt, habe ich direkt mal alle Varianten durchgemessen.
Allerdings habe ich am Hörplatz gemessen, damit ich auch einen praktischen Nutzen an den Messungen habe. Daher hat man natürlich volle Raumeinflüsse.

Meine Lautsprecher sind bezüglich BR etwas exotisch konstuiert (3 Öffnungen), allerdings zeigen die Messungen, dass die obere Öffnung quasi keinen Belang hat, ich glaube sogar, dass das Gehäuse dazwischen getrennt ist (bin aber nicht sicher).

So sieht das ganze bei mir für den rechten Lautsprecher aus, Legende ist darunter. Gemessen wurde von 15Hz bis 350Hz:

r br cb test

(Geht am besten auf "Bild herunterladen", damit ihr alles erkennen könnt.)


Ich denke, die Unterschiede zwischen BR, CB und 1/2 BR sind im Bassabfall trotz Raumeinflüssen recht gut zu sehen.
Giustolisi
Inventar
#15 erstellt: 26. Jan 2014, 21:39

Ja,
in deinem Beispiel unterhalb ca. 38 Hz,
also wichtig für Subwoofer-Effekt Anwendungen (keine Frage),

Die Frequenzen liegen unterhalb des Übertragungsbereichs, ohne Subsonic betrifft das aber jeden Bassreflex Lautsprecher.
ehemals_Mwf
Inventar
#16 erstellt: 27. Jan 2014, 02:35

Giustolisi (Beitrag #15) schrieb:
...Die Frequenzen liegen unterhalb des Übertragungsbereichs, ohne Subsonic betrifft das aber jeden Bassreflex Lautsprecher.

Nur, wenn solch tiefe Frequenzen auch mit höchstem Pegel auftreten, was mit gemastertem Musikprogramm eher nicht der Fall ist.

Ansonsten -- d.h. PA- und .1 LFE-Anwendung -- bin ich doch ganz deiner Meinung, sowohl was die Nützlichkeit von Subsonicfiltern angeht,
als auch die Notwendigkeit ausreichend großer BR-Öffnungen .
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