Kritiker Ulrich Schreiber gestorben

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Hüb'
Moderator
#1 erstellt: 18. Jun 2007, 20:20
Hi!

Habe gestern auf WDR 3 die traurige Nachricht vernommen, dass Ulrich Schreiber gestorben ist:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Schreiber_(Autor)

Manchem von euch ist er vielleicht bekannt.

Grüße

Frank


[Beitrag von Hüb' am 18. Jun 2007, 20:21 bearbeitet]
op111
Moderator
#2 erstellt: 18. Jun 2007, 20:28
Hallo zusammen,

Ulrich Schreiber kenne ich auch noch als Mitarbeiter des WDR und der mittlerweile schon legendären Zeitschrift "HiFi-Stereophonie", die leider im Dez. 1983 eingestellt wurde.

Die Qualität seiner glänzend formulierten, fundierten, oft provokanten Artikel und Kritiken wird m.E. in aktuellen Medien selten erreicht, was am auch Wandel des Kritik-Begriffs liegen mag.

Gruß


[Beitrag von op111 am 18. Jun 2007, 20:29 bearbeitet]
Agon
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 20. Jun 2007, 16:39
Ulrich Schreiber war, neben Jürgen Kesting, der wohl kenntnisreichste, sachlichste und unbestechlichste der deutschen Musikkritiker.
Sein Lebenswerk, den "Opernführer für Fortgeschrittene" in fünf Bänden, konnte er noch vollenden.
Sein Tod hinterlässt eine riesengroße Lücke, die wahrscheinlich nie wieder gefüllt wird.
Man schaue sich die momentane deutsche Musikkritikerliga an:
- Joachim Kaiser (ein schmieriger Schleimer, der gar nicht oft genug seine persönliche Nähe zu Künstlern -v.a. Pianisten- betonen kann);
- Attila Csampai (ein technik- und klangverblödeter SACD-Fetischist, der mittlerweile offensichtlich jedwede Seriosität abgelegt hat);
- Julia Spinola (dass jemand mit einem solch unerträglichen Sprachstil in der FAZ schreiben darf, spricht für sich. Außer heißer Luft habe ich von dieser Dame noch nicht viel vernommen);
- Klaus Umbach (typisch SPIEGEL - Worthülsen, Phrasen dreschen, schleimen bis zum ertrinken - nein, danke!);

sowie viele weitere verzichtbare Schreiberlinge!

Da kann man wirklich nur hoffen, daß von Jürgen Kesting noch viele weitere lesenswerte Kritiken erscheinen werden!

Philipp


[Beitrag von Agon am 20. Jun 2007, 16:41 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#4 erstellt: 20. Jun 2007, 17:05
[OT]

Agon schrieb:
- Julia Spinola (dass jemand mit einem solch unerträglichen Sprachstil in der FAZ schreiben darf, spricht für sich. Außer heißer Luft habe ich von dieser Dame noch nicht viel vernommen)

Ich habe früher zu Studienzeiten immer eine Billigbier-Marke namens "Graf Spinola" goutiert (Kaufgrund damals - neben dem günstigen Preis - der abgefahrene Name :D)...
[/OT]
op111
Moderator
#5 erstellt: 20. Jun 2007, 17:14
Hallo zusammen,

Schreibers Schallplattenführer (Klassik/Auslese) aus 1970ern (3 aktualisierte Ausgaben 1975,77,79??) ist mir noch als verläßlicher Ratgeber in Erinnerung. (Trotz mancher blumiger Stilblüten der 68er-Szene - ist halt der Zeitgeist)
Die Premierenkritiken morgens in WDR3 hoben sich vom heute üblichen deskriptiven Geschwafel positiv ab.


[OT]
ist Eleonore Büning (ex. Zeit) nicht mehr bei der FAZ ?
[/OT]
Agon
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 20. Jun 2007, 20:53
Franz-J. schrieb:

ist Eleonore Büning (ex. Zeit) nicht mehr bei der FAZ ?


Doch, das ist Sie.
Und Sie ist ausdrücklich zu den kompetenten Kritikern zu zählen. Noch dazu verfügt Sie über immensen Sprachwitz und Schlagfertigkeit. Diese Kombination ist in der deutschen Presselandschaft ziemlich einmalig.

Philipp
op111
Moderator
#7 erstellt: 20. Jun 2007, 21:02
Frau Büning, war es glaube ich, die bereits vor Jahren in einem größeren Artikel den Wandel der Musikkritik beleuchtete.

Vom Stil, der "Beurteilung, des Differenzierens von Fakten, der Infragestellung" den Ulrich Schreiber verkörperte, fort hin zur bloßen Werkbeschreibung, im Extremfall dem "Appetizer" oder Waschzettel (wie in vielen Popmusikblättchen wahrzunehmen).
Gruß


[Beitrag von op111 am 20. Jun 2007, 21:03 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#8 erstellt: 20. Jun 2007, 23:19

Agon schrieb:
Ulrich Schreiber war, neben Jürgen Kesting, der wohl kenntnisreichste, sachlichste und unbestechlichste der deutschen Musikkritiker.
Sein Lebenswerk, den "Opernführer für Fortgeschrittene" in fünf Bänden, konnte er noch vollenden.
Sein Tod hinterlässt eine riesengroße Lücke, die wahrscheinlich nie wieder gefüllt wird.
Man schaue sich die momentane deutsche Musikkritikerliga an:
- Joachim Kaiser (ein schmieriger Schleimer, der gar nicht oft genug seine persönliche Nähe zu Künstlern -v.a. Pianisten- betonen kann);
- Attila Csampai (ein technik- und klangverblödeter SACD-Fetischist, der mittlerweile offensichtlich jedwede Seriosität abgelegt hat);


Auch ohne das ganz so böse auszudrücken, habe ich ebenfalls von diesen beiden keinen besonders kompetenten Eindruck. Vor Jahren las ich mal Kaisers recht berühmtes Buch über Beethovens Sonaten. Er lobt dort eigentlich *alle* Pianisten in blumiger Sprache, so dass man im Grunde hinterher so schlau ist wie zuvor.
Schreibers Plattenführer aus den späten 70ern begleitet mich ebenfalls seit über 10 Jahren. Leider ist er natürlich gerade was ältere Musik und HIP betrifft, ziemlich überholt.

viele Grüße

JK jr.
Zaaach
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 25. Jun 2007, 11:48
Das ist wirklich eine traurige Nachricht. Schreiber war für mich sicher einer der wichtigsten Kritiker, die meine vorstellung von Interpretation mit geprägt haben (v.a. in der Hifi-Stereophonie-Zeit...)

Seinen Opernführer finde ich schlicht phänomenal (mir fehlt nur noch der letzte Band), natürlich zum Teil sehr subjektive Darstellungen, die aber immer von einem enormen Detailwissen geprägt sind und denen jede Phrasenhaftigkeit abgeht (was gerade in diesem Feld eher die Ausnahme ist) - immerhin sehr schön, daß er dieses Riesenprojekt noch beenden konnte.
Tommy_Angel
Inventar
#10 erstellt: 25. Jun 2007, 17:14
...gegen Csampai is doch nix zu sagen...
Agon
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 25. Jun 2007, 19:42
Wenn es nur Kritiker wie Attila Csampai geben würde, könnte man die deutsche Musikkritik in die Tonne treten. Jemand wie er, der jede noch so überflüssige SACD-Neuheit in den Himmel hebt (nachzulesen in zahlreichen Fono Forum- und Stereoplay-Ausgaben) und dafür wahrscheinlich entsprechend entlohnt wird, trägt eher dazu bei, die Kritikerzunft zu delegitimieren.
Ulrich Schreiber kann man gar nicht oft genug loben. Er hat sich nie an irgendwelchen Moden oder Äusserlichkeiten orientiert. Auf Ihn ist immer Verlass gewesen. Natürlich kann man hier und da anderer Meinung sein. Aber seine Begründungen und Urteile waren immer klar und nachvollziehbar. Ich war immer froh, wenn ich von ihm Texte in Zeitungen und Zeitschriften vorfand. Sie haben mein Wissen immer bereichert und meine Intelligenz nie beleidigt; dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Leute wie Csampai, Kaiser, Spinola, Umbach und andere Cretins darf man mit ihm nicht in einem Atemzug nennen.

Philipp
Zaaach
Ist häufiger hier
#12 erstellt: 26. Jun 2007, 09:40
Hier noch der Link zu Kestings schöner Besprechung des letzten Bandes von Schreibers Opernführer: FAZ - besonders den letzten Satz find ich sehr treffend.
embe
Stammgast
#13 erstellt: 27. Jun 2007, 22:26
Hallo,
Csampai geht mir auch aufn Keks.
Selbst die 5 millionste Beethoven Aufnahme wird in den Himmel gelobt, Hauptsache SACD.
Oder bei Mahler gleiches Spiel....

Es gibt ja noch andere Schreiberlinge

Ich lese gern die Kritiken in der FF, Stereoplay, Audio, Klassik heute usw.
Wenn eine CD hie verissen wird und da gelobt, ist sie zu 100% interessant für mich
Lob von allen natürlich auch

Meist verlass ich mich auf meine eigene Meinung
wenn ich grad eine zur Hand habe....

Aber mit Schreibers Schallplattenbuch hat 1978 bei mir alles angefangen...meine Bibel
ich kannte sogar einige Bestellnummern auswendig...
meist die der fehlenden Scheiben.

Dann die ganzen Namen der Komponisten die ich noch nie vorher gehört hatte...
war das aufregend.

Hoffentlich tritt jemand gescheites in Schreibers Fussstapfen.

Gruß
embe
Tommy_Angel
Inventar
#14 erstellt: 28. Jun 2007, 11:49
jedem das Seine...
SirVival
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 01. Jul 2007, 18:18
Agon,

Menschen, die dir nichts getan haben, außer mit ihren Kritiken nicht deinem bevorzugten Sprachstil und deiner Meinung entsprochen zu haben als Cretins zu bezeichnen, geht doch wohl etwas zu weit. Von der justitiablen Verbalinjurie mal ganz abgesehen.

Gruß
s.bummer
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 14. Jul 2007, 14:48
Zurück zum Thema.
Schreiber war ein ganz Großer und entsprechend polarisierend. Ich mochte ihn.

Ich hatte seinerzeit (heute verscherbelt) alle Jahrgänge der Hifi Stereophonie von 1966 bis zum bitteren Ende.
Schreiber war damals allgegenwärtig.
Unvergessen sein Artikel in einer Ausgabe aus dem Jahr 1972(?), in der er (meiner Meinung völlig zurecht) Celibidache einen handfesten Dachschaden attestierte, ne Neurose, entstanden aus der Beschädigung bei der Neubesetzung 1954/55 in Berlin und den Nachwirkungen und ihn als das vorführte, was er meiner Meinung nach war. Ein aufgeblasener Wichtigtuer mit schwerer Neurose, der nebenbei ein guter Dirigent war.
Es ist schade, das ich diesen Artikel nicht aufbewahren konnte, Schreiber entlarvte die gesamte Klangphänomenolgie des Herrn Celi als Humbug, Scharlatanerie.
Ein Meisterstück des Journalismus.
Damals nämlich durften noch "vollkommen bekloppte" Neurotiker als Dirigenten frei umherlaufen. (Karajan, Klemperer, Bernstein, Kleiber und vor allem Celi) Heute werden dieselben als ..... (bitte einen Begriff einsetzen) gefeiert, unter anderem von einem klebrigen Kritiker des fono forums, aber Kritikern selbst läßt man den "bekloppten Neurotiker" nur ungern durchgehen (Ausnahme Reich Ranitzki).

Schreiber war da anders.

Ja, ich gebe zu, meine teilweisen Aversionen gegen Bernstein wurden von Schreiber geschult, er machte mich auf Lennnies speziellen Stil ausmerksam und seit Schreiber bin ich auch gegen Sibelius meist gefeit.
Aber seine Philippiken gegen Scheisskoffski und andere mochte ich weniger. Er war eben polarisierend. Und von DS wußte er nicht viel damals.

Tja, die Zeit vergeht und Leute wie Ulrich Schreiber werden immer weniger. Die heutige Mediengesellschaft verlangt nach Rezensenten, die auch einen Blick fürs Glamoröse entwickeln, kurz, um es mit Eckhard Henscheid zu sagen, es wird "tendenziell der letzte Scheißdreck".
Insofern kaufe ich ne Rolle TESA Film und leime die "Schallplatten Klassik" Ausgabe von 1977 erneut zusammen.

Gruß S.


[Beitrag von s.bummer am 14. Jul 2007, 14:51 bearbeitet]
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