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Ihr werdet alle Amok laufen

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a'ndY
Inventar
#151 erstellt: 20. Dez 2006, 01:25

Observer01 schrieb:
Nein, daß ist nicht ganz richtig ;). Ich habe seine Taktik durchschaut, bin aber nicht darauf reingefallen. Oder habe ich irgendwo unangemessen reagiert?

Was man mir evtl. ankreiden könnte, ist mein Gerechtigskeitsinn bzw. mein Unvermögen mich zurückzuhalten, wenn Schwarz/Weiß proklamiert wird.


Genau das war das Problem Sunzi sagt: "Wenn dein Feind ein cholerisches Temperament hat, provoziere ihn" Gut, das war jetzt nicht das exakte Zitat (will jetzt nicht im Buch nachlesen), aber der Sinn stimmt.

Gerechtigkeitssinn habe ich auch, ist mir sogar sehr wichtig (erkennt man evtl. in manchem meiner Posts der letzten 7 Seiten ), aber gerade da ist es wichtig neutral zu sein und ALLE Parteien gerecht zu behandeln. Du hast ja gesehen, Hr. Miehling ist fest überzeugt dass er recht hat, das bestätigst du ihm wenn du dich ungeschickt ausdrückst. So nebenbei lehren Hagakure und Bushido dass man seinen Feind ehren soll...

Was aber noch viel wichtiger ist (viel mir ein wie ich grade am Klo war ): Kämpfe nur Schlachten von denen du sicher bist dass du sie gewinnst (Sunzi, sinngemäß)! Und diese Schlacht kannst du nicht gewinnen, Hr. Miehling ist quasi unbesiegbar. Der Feind hat seine Burg (seine Thesen) befestigt, und weicht nicht von ihr ab. Ein Frontalangriff bringt daher gar nichts, du müsstest seine Festung untergraben (indem du beweist dass seine Thesen falsch sind). So könntest du ihn besiegen, allerdings wäre es kein richtiger Sieg, weil dein Feind seine Niederlage nicht einsehen wird (Hr. Miehling wird immer darauf beharren dass seine Thesen korrekt sind).

So, genug für heute, ich bin dann mal im Bett... *schnarch*


[Beitrag von a'ndY am 20. Dez 2006, 01:38 bearbeitet]
Dr._Klaus_Miehling
Schaut ab und zu mal vorbei
#152 erstellt: 20. Dez 2006, 01:33
zu Heinrich:

„Musik HAT eben auch eine „dunkle" Seite. JEDE Musik. Wie wär's denn mit solchen Klassikern wie Beethovens „Pathetique" ?Oder Mozarts Requiem?"

Man muß zwischen einer dunklen, wie Sie es nennen, und einer bösen/aggressiven Seite unterscheiden. Beethovens „Pathetique" ist Interpretationssache, was den geistigen Inhalt betrifft. Klanglich läßt sich reine Klaviermusik (selbst wenn es sich um Jazz handelt) mit typischer Gewaltmusik nicht vergleichen. Ein Requiem ist eine Totenmesse. Hier wird allenfalls indirekt (im „Dies Irae") von Gewalt gesungen, aber da geht es ja den Sündern an den Kragen, und Gott hat das Gewaltmonopol (das wir ja auch im Staate brauchen): Der Kontext ist wichtig! Und wiederum gilt: Mozarts Musik läßt sich klanglich nicht mit Gewaltmusik vergleichen. Gewaltmusik definiert sich über ihren Klang, das steht ja schon im Interview. Außerdem schrieb ich bereits in diesem Forum:

„Klassische Musik stellt Aggression dar (wenn überhaupt), Gewaltmusik ist selbst aggressiv."

Ist das deutlich? Klassische Musik kann Aggression mit Mitteln der Kunst symbolisieren, aber Gewaltmusik ist quasi die klanggewordene Aggression selbst.

„Und wie steht's mit moderner E-Musik? Ligeti, Stockhausen, Varese? Wie allgemein um Mikrotonalität?"

Kommt darauf an. In meinem Buch gibt es einen Exkurs zur avantgardistischen E-Musik, die man durchaus in vielen Fällen als Gewaltmusik bezeichnen kann; aber auf einer anderen Ebene als bei „U"-Gewaltmusik. Avantgardistische Gewaltmusik ist zwar für viele Menschen unangenehm zu hören, aber hier fehlen gesicherte Belege, daß sie einen moralisch negativen Einfluß ausübt (das könnte sie ohnehin nur auf die wenigen, die sie gerne hören). Da nun diese Musik von kaum jemandem freiwillig gehört wird und man sie normalerweise auch niemandem aufzwingt (außer den Mitgliedern der Orchester, die sie spielen), sehe ich darin kein so großes Problem.

„Ich würde mir wünschen, Hr. Dr. Miehling wäre auch auf meine durchaus ernst gemeinte Frage bezüglich Musik/Rhythmik aus anderen Kulturkreisen eingegangen."

Ihre beleidigende Äußerung, die dieser Frage im Text vorangegangen war, hat mich nicht gerade zur Antwort motiviert. Außerdem hatte und habe ich keine Antwort darauf. Ich kenne diese Musik zu wenig, und bei uns spielt sie im Vergleich zur (afro)amerikanisch-europäischen Gewaltmusik soweit ich sehe kaum eine Rolle.
Daß ich mich bei den vielen Antworten, die ich in diesem Forum geschrieben habe „um einen fachlichen Diskurs drücken" würde, meinen Sie wohl nicht im Ernst! Außerdem schienen Sie mit Ihrer Stellungnahme, nie etwas „dämlicheres" als meine Thesen gehört zu haben, an einem fachlichen Diskurs selber nicht interessiert zu sein.

zum in diesem Forum mehrfach zitierten Spruch:

„Hat man sich erst mal für eine „Religion" entschieden,
dann können die Haare gar nicht lang genug sein,
an denen die Argumente herbeigezogen werden"

Fragt sich, was hier die Religion darstellt. Ich habe die Qual der Wahl aus vielen Zitaten. Hier nur eines, von Lee Ranaldo (Sonic Youth): „Für junge Menschen ist der Rock eine Art Religionsersatz und befriedigt in gewissem Sinne dieselben Bedürfnisse. [...] Wir sind weniger am aktuellsten Disco-Hit interessiert als an der augenblicklichen religiösen Kraft, die in dieser Ausdrucksform steckt. Deswegen glauben wir daran und machen weiter, weil wir überzeugt sind, daß die Musik, wenn sie richtig gespielt wird, eine Art religiöses Ritual sein kann. [...] Die Rockmusik, die wir mögen, ist jene, die so roh, vital, unmittelbar und intensiv ist [...], daß sie einem ein religiöses Erlebnis ermöglicht oder etwas, das man damit vergleichen kann." (Ammann, S. 416ff)

an Anbeck:

„wenn jemand auf einmal Geld besitzt der vorher aus der Bronx kam der meint vielleicht doch das er sich jetzt mit Geld , Berühmtheit usw. alles erlauben könnte. So wie er sich vorher dort rumschlagen musste und ums Überleben kämpfen musste hat das alles Auswirkungen auf die Einstellung. Er verliert an Hemmschwelle."

Nach dem 2. Weltkrieg waren bei uns sehr viele Menschen in so einer Situation, ohne sich so zu entwickeln.

„Und was die blöden Sprüche der Musiker angeht finde ich hat auch was mit Aufmerksamkeit, Schlagzeilen usw. zu tun."

Da haben Sie schon recht, aber erstens: Warum machen ausgerechnet Gewaltmusiker so gerne SOLCHE Schlagzeilen? Und zweitens: Welche Beweggründe auch immer: Die Kinder und Jugendlichen finden das „cool" und richten sich danach.

nochmal an Heinrich:

„Zum Beispiel die Briefe Mozarts, die ja bekanntlich deftiger ausfallen können"

Im Gegensatz zur Selbstdarstellung vieler Gewaltmusiker waren diese Briefe ja eigentlich nicht zur Veröffentlichung gedacht! Außerdem hatte Mozart jedenfalls keine kriminelle Vergangenheit oder Gegenwart zur Schau zu stellen.

an Observer01

„Getarnt wird das ganze mit seinen wissentschaftlichen Ausführungen, die eigentlich überhaubt keine Aussagekraft haben, da solche Studien immer vereinfachen und Randgebiete nicht miteinbeziehen. Denn das Leben kann man nicht empirisch erfassen."
Wer so etwas schreibt, den kann man mit nichts von seinen vorgefaßten Meinungen abbringen. Oder wie würden die wissenschaftlichen und empirischen Untersuchungen auszusehen haben, die Sie überzeugen können?
Observer01
Inventar
#153 erstellt: 20. Dez 2006, 01:40
@Hr. Miehling

nun ja, ich arbeite in einem Bereich, in dem ich hin und wieder die praktische Seite von der Erhebung von Studien mitbekomme, und was ich da teilweise schon erlebt habe, bzw. wie dort versucht wird bestimmte Gruppen noch in das Raster reinzubekommen, ist schon grenzwertig.
Mehr darf ich dazu nicht sagen.
Schade, daß sie nicht auf andere Aspekte meiner Argumentationen eingehen. Übrigens bin ich gar nicht so festgefahren in meiner Meinung, wie sie das vielleicht denken: erst lesen, dann denken, dann schreiben...

Gruß
Andreas
a'ndY
Inventar
#154 erstellt: 20. Dez 2006, 01:48
Zuerst möchte ich mich bedanken, dass Sie sich immer noch Zeit nehmen sich hier mit uns auseinanderzusetzen, obwohl Ihnen einige Leute hier derbe auf die Zehen gestiegen sind


Dr._Klaus_Miehling schrieb:


„Und was die blöden Sprüche der Musiker angeht finde ich hat auch was mit Aufmerksamkeit, Schlagzeilen usw. zu tun."

Da haben Sie schon recht, aber erstens: Warum machen ausgerechnet Gewaltmusiker so gerne SOLCHE Schlagzeilen? Und zweitens: Welche Beweggründe auch immer: Die Kinder und Jugendlichen finden das „cool" und richten sich danach.


Hier muss man abgrenzen, es sind fast nur Rapper bzw. HipHoper und Rocker die in den Schlagzeilen aufgrund von Gewalt oder Drogen auf sich aufmerksam machen, nicht pauschal alle "Gewaltmusiker". Von den anderen hört man eigentlich fast überhaupt nichts... warum "Gewaltmusiker" das teilweise tun: Um auch weiterhin bei den Kidds angesagt zu sein, die finden das ja cool, wenn ihre Idole wegen Drogenmissbrauch oder Gewalttaten ins Gefängnis kommen, was offenbar ein Mangel in der Erziehung sein muss... Anders kann ich mir das nicht erklären.


[Beitrag von a'ndY am 20. Dez 2006, 01:49 bearbeitet]
Observer01
Inventar
#155 erstellt: 20. Dez 2006, 01:58
@Hr. Miehling

ich bin ihnen noch eine Antwort schuldig:
es gibt keine wissentschaftliche Studie im sozialen Bereich, die mich überzeugen könnte.
Überzeugen könnten sie mich nur mit ihren eigenen Vorstellungen und Erfahrungen.

Gruß
Andreas


[Beitrag von Observer01 am 20. Dez 2006, 07:43 bearbeitet]
serian
Stammgast
#156 erstellt: 20. Dez 2006, 02:06
respekt an dr. miehling; dass er sich immernoch den antworten stellt und meinung bezihet

nochmals: HIP HOP ist KEINE musik! rap ist die musik.
oder heisst der beatles-stil: flowerpower?
Dr._Klaus_Miehling
Schaut ab und zu mal vorbei
#157 erstellt: 20. Dez 2006, 02:12
an Bonehunter22

„Hier muss man abgrenzen, es sind fast nur Rapper bzw. HipHoper und Rocker die in den Schlagzeilen aufgrund von Gewalt oder Drogen auf sich aufmerksam machen, nicht pauschal alle „Gewaltmusiker" .Von den anderen hört man eigentlich fast überhaupt nichts..."

Das mag zur Zeit so sein. In meinem Buch finden Sie aber Beispiele aus allen möglichen Gewaltmusikrichtungen; auch Jazz, Blues, Pop, Techno ... Gut, körperliche Gewalt spielt beim Techno keine so große Rolle; zumindest aus den Niederlanden wurde aber darüber berichtet.

„warum „Gewaltmusiker" das teilweise tun: Um auch weiterhin bei den Kidds angesagt zu sein, die finden das ja cool, wenn ihre Idole wegen Drogenmissbrauch oder Gewalttaten ins Gefängnis kommen, was offenbar ein Mangel in der Erziehung sein muss... Anders kann ich mir das nicht erklären."

Ich mir schon: Es ist die suggestive und aggressive Wirkung der Musik. Sicher, eine „Anlage" muß bei den Kindern und Jugendlichen schon da sein. Aber Gewaltmusik aktiviert sie. Warum nehmen sie sich denn ausgerechnet kriminelle Gewaltmusiker zum Vorbild, und nicht irgendwelche anderen Kriminellen?
Gute Nacht!
savra
Ist häufiger hier
#158 erstellt: 20. Dez 2006, 03:03

Observer01 schrieb:
haben sie schon mal Ambient-Musik von zB. Brian Eno gehört

Ah, nein! Ich kann diesen Namen nicht mehr hören. Bei jedem dritten Thema, in jedem dritten Strang wird mindestens einmal Brian Eno erwähnt.
Observer01
Inventar
#159 erstellt: 20. Dez 2006, 03:06

Bonehunter22 schrieb:

Observer01 schrieb:
Nein, daß ist nicht ganz richtig ;). Ich habe seine Taktik durchschaut, bin aber nicht darauf reingefallen. Oder habe ich irgendwo unangemessen reagiert?

Was man mir evtl. ankreiden könnte, ist mein Gerechtigskeitsinn bzw. mein Unvermögen mich zurückzuhalten, wenn Schwarz/Weiß proklamiert wird.


Genau das war das Problem Sunzi sagt: "Wenn dein Feind ein cholerisches Temperament hat, provoziere ihn" Gut, das war jetzt nicht das exakte Zitat (will jetzt nicht im Buch nachlesen), aber der Sinn stimmt.

Gerechtigkeitssinn habe ich auch, ist mir sogar sehr wichtig (erkennt man evtl. in manchem meiner Posts der letzten 7 Seiten ), aber gerade da ist es wichtig neutral zu sein und ALLE Parteien gerecht zu behandeln. Du hast ja gesehen, Hr. Miehling ist fest überzeugt dass er recht hat, das bestätigst du ihm wenn du dich ungeschickt ausdrückst. So nebenbei lehren Hagakure und Bushido dass man seinen Feind ehren soll...

Was aber noch viel wichtiger ist (viel mir ein wie ich grade am Klo war ): Kämpfe nur Schlachten von denen du sicher bist dass du sie gewinnst (Sunzi, sinngemäß)! Und diese Schlacht kannst du nicht gewinnen, Hr. Miehling ist quasi unbesiegbar. Der Feind hat seine Burg (seine Thesen) befestigt, und weicht nicht von ihr ab. Ein Frontalangriff bringt daher gar nichts, du müsstest seine Festung untergraben (indem du beweist dass seine Thesen falsch sind). So könntest du ihn besiegen, allerdings wäre es kein richtiger Sieg, weil dein Feind seine Niederlage nicht einsehen wird (Hr. Miehling wird immer darauf beharren dass seine Thesen korrekt sind).

So, genug für heute, ich bin dann mal im Bett... *schnarch*



ach, mir geht es gar nicht so sehr um das Gewinnnen einer Schlacht. Mir ist auch klar, daß man bei Hr. Miehling nicht viel machen kann, es sei denn man fängt selber an jahrelang zu recherchieren um dann ein Buch zu schreiben, mit dem Titel: "Trance, oder die positive, heilende Kraft der hypnotischen, repetitiven Rhythmen."
Ich betrachte Hr. Miehling auch nicht unbedingt als Feind, da ich zum Teil mit seinen Thesen übereinstimme.
Was mich stört, ist diese Ausschließlichkeit, mit der er seine These vertritt. Ich unterstelle ihm, daß er selber noch nie irgendeine Grenzerfahrung gemacht hat, und noch nie richtig bewusst andere Musik gehört hat, und auch gar nicht das Zeug dazu hat, sich auf eine andere Erfahrung einzulassen.
Gruß
Andreas


[Beitrag von Observer01 am 20. Dez 2006, 04:13 bearbeitet]
Observer01
Inventar
#160 erstellt: 20. Dez 2006, 03:08

savra schrieb:

Observer01 schrieb:
haben sie schon mal Ambient-Musik von zB. Brian Eno gehört

Ah, nein! Ich kann diesen Namen nicht mehr hören. Bei jedem dritten Thema, in jedem dritten Strang wird mindestens einmal Brian Eno erwähnt.


na, jetzt übertreib mal nicht...
Ist doch seine Musik teilweise representativ für auch Gewaltfreiheit in der U-Musik.

Gruß
Andreas

P.S: hast du dir denn inzwischen mal etwas von ihm angehört?

http://www.hifi-foru...read=1912&postID=6#6

Gruß


[Beitrag von Observer01 am 20. Dez 2006, 07:21 bearbeitet]
bunch
Hat sich gelöscht
#161 erstellt: 20. Dez 2006, 06:11
observer schrieb:
Was mich stört, ist diese Ausschließlichkeit, mit der er seine These vertritt.


Richtig, da sehe ich genauso.

Dazu kommt, dass
- Musik immer ein sehr emotionales Thema ist
- Hr.Miehling seine Beispiele aus der E-Musik gerne differenziert, gegensätzliche Beispiele aus der U-Musik hingegen scheinbar gerne über einen Kamm schert
- Herr Miehling Erkenntnisse aus Soziologie, Psychologie, Pädagogik etc. entweder ignoriert oder zerredet
- Hr.M. Beobachtungen und Erkenntnisse aus weit auseinanderliegenden Zeiträumen und Kulturkreisen zum Vergleich heranzieht, ohne die enormen gesellschaftlichen Umwälzungen der vergangenen 100 Jahre zu berücksichtigen

Das macht eine sachliche Auseinandersetzung mit diesem Thema sehr schwer. Wenn Herr Miehling dann seine Beobachtungen und Schlüsse nicht auch noch als absolute und nicht diskutierbare Fakten darstellen würde, wären auch viele Reaktionen weniger heftig ausgefallen.
Observer01
Inventar
#162 erstellt: 20. Dez 2006, 07:10

bunch schrieb:

- Hr.M. Beobachtungen und Erkenntnisse aus weit auseinanderliegenden Zeiträumen und Kulturkreisen zum Vergleich heranzieht, ohne die enormen gesellschaftlichen Umwälzungen der vergangenen 100 Jahre zu berücksichtigen


ein sehr wichtiger Punkt, wie ich finde. Wollte ich auch noch irgendwann und irgendwie mit einbauen...

Gruß
Andreas
Mr._Lovegrove
Inventar
#163 erstellt: 20. Dez 2006, 09:45

Dr._Klaus_Miehling schrieb:
zu Heinrich:
Man muß zwischen einer dunklen, wie Sie es nennen, und einer bösen/aggressiven Seite unterscheiden. Beethovens „Pathetique" ist Interpretationssache, was den geistigen Inhalt betrifft. Klanglich läßt sich reine Klaviermusik (selbst wenn es sich um Jazz handelt) mit typischer Gewaltmusik nicht vergleichen. Ein Requiem ist eine Totenmesse. Hier wird allenfalls indirekt (im „Dies Irae") von Gewalt gesungen, aber da geht es ja den Sündern an den Kragen, und Gott hat das Gewaltmonopol (das wir ja auch im Staate brauchen)

Irgendwie habe ich den Eindruck, daß Sie ÜBERHAUPT NICHT wahrhaben wollen, daß auch Ihre heilige Kuh Agressionen aufbereiten kann!
Außerdem möchte ich mal die These einbringen, daß viele schlechte Opernaufführungen serwohlö zu Aggressionsausbrüchen unter dem Publikum führen. Oder wie würden Sie dauerhafte Buh- Rufe in hoher Lautstärker bezeichnen? Dieses Publikum nimmt danach zwar nicht die halbe Stadt auseinander, wie es bei dem ein oder andeen Rockkonzert passiert ist, aber dennoch ist ein gewisses innerliches Gewaltpotential nicht von der Hand zu weisen, wenn das Ensemble schlecht war o.Ä.. Auch solche Reaktionen sind direkt auf die Musik und vorallem ihre Aufführungspraxis zurückzuführen.
Und wenn Sie schon Gewalt bei musikalischen Veranstaltungen ansprechen, so ist diese Gewalt meist ein Resultat aus der Energie der Massen und meinetwegen auch der Aufführungspraxis mancher Musiker.
Ich möchte Ihnen da aber mal nur eines von abermillionen Gegenbeispielen nennen:
Ich war vo ein paar Jahren auf einem Open Air Festival (Gräfenheinichen) der Böhsen Onkelz, einer der vom Feuilleton meistgehassten Musikgruppen in Deutschland. Dort waren ca. 20.000 Menschen, die aus der sozialen Mittel. bis teilweise Unterschicht kamen. Einige waren auch betrunken und einige sahen gewaltpotent aus. ABER:
Es war eines der friedlichsten Konzerte, die man sich vorstellen kann. Es wurde gefeiert, getanzt, gepogt, und gesoffen, aber geprügelt wurde nicht! DENN:
Die Band hielt die Meute an den Zügeln! Die Leute waren nicht da, um durch die Musik Gewalt zu verbreiten sondern sie warne WEGEN der Lieder da und wegen ihrer Idole, die ihnen das Leben durch die Lieder versüßen. Die Diskussion um diese Band will ich gar nicht neu entfachen und die Mitglieder der Gruppe waren früher selbst enorm gewaltbereit, aber dieser Abend war so friedlich und gewaltfrei, daß war erstaunlich.
Schönen Tach noch....


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 20. Dez 2006, 10:02 bearbeitet]
Heinrich
Inventar
#164 erstellt: 20. Dez 2006, 10:35
Hallo,




Die Mehrzahl der Erwachsenen und sogar neun von zehn Kindern und Jugendlichen favorisieren
die sogenannte populäre oder Unterhaltungsmusik. Ich möchte für diese Musik in Analogie
zum Begriff „Gewaltvideo(spiel)” den Begriff „Gewaltmusik” einführen, da sie von Parametern
bestimmt wird, die Gewalt akustisch symbolisieren und ausdrücken. Das sind vor allem:
• Überbetonung des Rhythmus (durchgehendes Schlagzeug bzw. Schlagzeugcomputer)
• verzerrte, ins geräuschhafte gleitende Klänge (meist elektronisch, aber auch auf natürlichem
Wege erzeugt)
• unsaubere Intonation, „Verschleifen” von Tonhöhen
• Übermaß an synkopierten Rhythmen und gegen den Takt gesetzten Betonungen („off-beat”)
• aggressiver Gesang
• für ein gesundes Ohr unangenehme bzw. gehörgefährdende Lautstärke
Diese Parameter müssen nicht notwendigerweise gleichzeitig auftreten, und es versteht sich von
selbst, daß der Gewaltcharakter je nach ihrer Anzahl und Gewichtung schwächer oder stärker
sein kann.



Fragen:
1.) Ab wann ist der Rhythmus "überbetont"?
2.) Wann sind verzerrte Klänge als künstlerisches Mittel "erlaubt", wann würden Sie diese als zu verbietende "Gewaltmusik" einordnen?
3.) unsaubere Intonation vs. Mikrotonalität?
4.) Synkopen als Stilmittel der "Gewaltmusik" => wie stehen Sie zur Folklore Osteuropas, in denen synkopierte Takte ein wesentliches Stilelement sind?
5.) Ab wann ordnen Sie Gesang als "aggressiv" ein? Giibt es in der klassischen Musik Analogien? Welche?
6.) Lautstärke: Wo setzen Sie die Gesundheitsgefährdung an, ab welcher Lautstärke beginnt für sie eine "Gewaltverstärkung" der Musik? Auf welche medizinischen Untersuchungen und Richtlinien stützen Sie sich?

Sie verwechseln Ursache und Wirkung - und dies kann jeder nachvollziehen, denn zu allen wesentlichen Fragen (zum Beispiel der Wirkung in anderen Kulturkreisen) haben Sie keine Antwort.



Klassische Musik stellt Aggression dar (wenn überhaupt), Gewaltmusik ist selbst aggressiv."

Ist das deutlich? Klassische Musik kann Aggression mit Mitteln der Kunst symbolisieren, aber Gewaltmusik ist quasi die klanggewordene Aggression selbst.



Das ist deutlich - und zeigt deutlich Ihre mangelnden musikwissenschaftlichen und musikgeschichtlichen Kenntnisse.

Suchen Sie doch einmal in der Literatur nach den großen Aufführungsskandalen der Musikgeschichte. Sie werden durchaus feststellen, daß die von Ihnen gemachten Vorwürfe nicht neu sind. Und ebenfalls feststellen, daß selbst der übermäßige Einsatz von Dominantseptakkorden als aggressiv empfunden wurde... Nun würde aber hoffentlich niemand auf die Idee kommen, die Kriege dieser Zeit in Zusammenhang mit Dominantseptakkorden zu bringen...


Gruss aus Wien,

Heinrich
Anbeck
Inventar
#165 erstellt: 20. Dez 2006, 10:44
Guten Morgen

Irgendwie habe ich den Eindruck, daß Sie ÜBERHAUPT NICHT wahrhaben wollen, daß auch Ihre heilige Kuh Agressionen aufbereiten kann!
Außerdem möchte ich mal die These einbringen, daß viele schlechte Opernaufführungen serwohlö zu Aggressionsausbrüchen unter dem Publikum führen. Oder wie würden Sie dauerhafte Buh- Rufe in hoher Lautstärker bezeichnen? Dieses Publikum nimmt danach zwar nicht die halbe Stadt auseinander, wie es bei dem ein oder andeen Rockkonzert passiert ist, aber dennoch ist ein gewisses innerliches Gewaltpotential nicht von der Hand zu weisen, wenn das Ensemble schlecht war o.Ä.. Auch solche Reaktionen sind direkt auf die Musik und vorallem ihre Aufführungspraxis zurückzuführen.
Und wenn Sie schon Gewalt bei musikalischen Veranstaltungen ansprechen, so ist diese Gewalt meist ein Resultat aus der Energie der Massen und meinetwegen auch der Aufführungspraxis mancher Musiker.
Ich möchte Ihnen da aber mal nur eines von abermillionen Gegenbeispielen nennen:
Ich war vo ein paar Jahren auf einem Open Air Festival (Gräfenheinichen) der Böhsen Onkelz, einer der vom Feuilleton meistgehassten Musikgruppen in Deutschland. Dort waren ca. 20.000 Menschen, die aus der sozialen Mittel. bis teilweise Unterschicht kamen. Einige waren auch betrunken und einige sahen gewaltpotent aus. ABER:
Es war eines der friedlichsten Konzerte, die man sich vorstellen kann. Es wurde gefeiert, getanzt, gepogt, und gesoffen, aber geprügelt wurde nicht! DENN:
Die Band hielt die Meute an den Zügeln! Die Leute waren nicht da, um durch die Musik Gewalt zu verbreiten sondern sie warne WEGEN der Lieder da und wegen ihrer Idole, die ihnen das Leben durch die Lieder versüßen. Die Diskussion um diese Band will ich gar nicht neu entfachen und die Mitglieder der Gruppe waren früher selbst enorm gewaltbereit, aber dieser Abend war so friedlich und gewaltfrei, daß war erstaunlich.
Schönen Tach noch....

Dazu möchte ich auch noch ein Beispiel nennen als ich, jetzt weiß ich nicht mehr genau welche Jahre es waren aber so Anfang der 90er, 2mal Rock am Ring besucht habe, so friedliche Rocker war mir bis dato unbekannt, alle waren friedlich als ob jeder sich kennen würde, viele waren da die nicht mal eine Karte hatten und sich nur vor dem Konzert aufgehalten haben um nur dabei zu sein. Alle waren eins, alle feierten zusammen. Das dort auch Alkohol und Drogen konsumiert worden sind bleibt ausser frage, dennoch kam es auch laut Medien nicht zu Ausschreitungen. Und Leute ihr könnt euch nicht vorstellen was da los war. Unbeschreiblich, friedlich und es war sogar eine Art von Harmonie in der Luft. Aber das waren auch Aufführungen wo sich keiner hätte beschweren können. Einzigartig!
Man sieht aber auch daran es geht auch anders und ich reden hier von einer Menschenmasse von ein paar hundert Tausend mit den Leuten die drum herum waren ging die Masse besimmt an die Million.
Anbeck
Inventar
#166 erstellt: 20. Dez 2006, 10:47
möchte noch hinzufügen das Rock am Ring 3 Tage geht!
savra
Ist häufiger hier
#167 erstellt: 20. Dez 2006, 12:49

Observer01 schrieb:
na, jetzt übertreib mal nicht...
Ist doch seine Musik teilweise representativ für auch Gewaltfreiheit in der U-Musik. :)

Das ist sie zwar, aber es gibt so viele Ambientkünstler – ich höre sehr viel Ambient und ambientähnliche Musik –, daß es auf mich jedesmal befremdlich wirkt, wird Eno als erster und oft einziger von ihnen genannt.


P.S: hast du dir denn inzwischen mal etwas von ihm angehört?

Ich kannte zuvor nur eines seiner früheren Ambientwerke, was an der Fülle der Musik lag, die man in diesem Genre findet, so daß es wenig Bedarf gab, zu den Anfängen zurückzukehren. Inzwischen habe ich mir aber weitere angehört, und die waren genau das, was ich suchte.


[Beitrag von savra am 20. Dez 2006, 12:49 bearbeitet]
a'ndY
Inventar
#168 erstellt: 20. Dez 2006, 15:36

Observer01 schrieb:

ach, mir geht es gar nicht so sehr um das Gewinnnen einer Schlacht. Mir ist auch klar, daß man bei Hr. Miehling nicht viel machen kann, es sei denn man fängt selber an jahrelang zu recherchieren um dann ein Buch zu schreiben, mit dem Titel: "Trance, oder die positive, heilende Kraft der hypnotischen, repetitiven Rhythmen." ;)


Ja, schreib bitte mal dieses Buch, würde mich interessieren


Observer01 schrieb:

Ich betrachte Hr. Miehling auch nicht unbedingt als Feind, da ich zum Teil mit seinen Thesen übereinstimme.
Was mich stört, ist diese Ausschließlichkeit, mit der er seine These vertritt.


Nun, er ist natürlich auch für mich nicht was ich unter Feind verstehe, aber im Buch wird der Konfrontationspartner eben als Feind bezeichnet... das darf man dann nicht so genau nehmen, man kann die Weisheiten in diesen Bücher ja auch bei Geschäftsmeetings etc. anwenden, und da ist man ja meist unter Freunden

An fast alle hier: Merk ihr nicht dass ihr Hrn. Miehling mit euren (nicht immer neutral ausgedrückten) Aussagen unterstützt???


Dr._Klaus_Miehling schrieb:
an Bonehunter22

„Hier muss man abgrenzen, es sind fast nur Rapper bzw. HipHoper und Rocker die in den Schlagzeilen aufgrund von Gewalt oder Drogen auf sich aufmerksam machen, nicht pauschal alle „Gewaltmusiker" .Von den anderen hört man eigentlich fast überhaupt nichts..."

Das mag zur Zeit so sein. In meinem Buch finden Sie aber Beispiele aus allen möglichen Gewaltmusikrichtungen; auch Jazz, Blues, Pop, Techno ... Gut, körperliche Gewalt spielt beim Techno keine so große Rolle; zumindest aus den Niederlanden wurde aber darüber berichtet.


Achtung, hier muss unterschieden werden, nämlich zwischen Techno und Trance! Techno finde ich persönlich auch deutlich aggressiver, und wenn man dann zu den extrem Richtungen (Gabber, Hardcore, Speedcore, Schranz bzw. Hardtechno, ...) kommt kann ich bestätigen dass diese Musik Aggressionspotential hat - nicht gerade wenig. Klar kanns auch bei Trance Events hier und da einen Ausfaller geben, aber ich hoffe dass das eher selten der Fall ist. Mir ist eigentlich gar keiner bekannt.
savra
Ist häufiger hier
#169 erstellt: 20. Dez 2006, 17:15

Bonehunter22 schrieb:
An fast alle hier: Merk ihr nicht dass ihr Hrn. Miehling mit euren (nicht immer neutral ausgedrückten) Aussagen unterstützt???

Was ist daran Unterstützung, ist man gegen seine Ansicht, ist dies mit Nachdruck und Schärfe? Wenn ich schreibe, er hätte sich in fanatischer Weise in eine Ansicht verrannt und den Sinn für die Realität aus den Augen verloren, dann ist dies tatsächlich meine Meinung zu seiner Ansicht. Damit Dr. Miehling diese Aussage als Bestätigung dient, müßte er diese erstens als Aggressivität verstehen, oder vielmehr als das Ausleben von Aggressivität; zweitens müßte er annehmen, daß ich Gewaltmusik höre, also von Aggressivität auf Gewaltmusik schließen, um den Schluß dann umzukehren, damit er sich in seiner Ansicht bestätigt sehen könne, daß Gewaltmusik aggressiv mache. Bei Aussagen anderer Forenmitglieder sehe ich es genauso.
Mir ist es ehrlich gesagt egal, ob er tatsächliche solche Schlüsse zieht und ob er sich bestätigt fühlt, würde es mich doch ebenfalls darin bestätigen, daß viele Schlüsse oberflächlich und undifferenziert sind, andere Möglichkeiten der Erklärung links liegengelassen werden, kurz: daß sich in eine Meinung verrannt wurde.

Mein Problem mit Dr. Miehlings Ansicht ist nicht, daß ich sie nicht teile, sondern daß ich sie nicht ansatzweise nachvollziehen kann. Sie ist für mich realitätsfern, zusammengesponnen, steht nicht einmal auf wackeligen Füßen, denn selbst die scheinen zu fehlen. Seine Meinung, für ihn wissenschaftlich belegt und damit vermutlich eher Faktum, ist allerdings ausgefallen, abgefahren und provokant; und für ausgefallenes, abgefahrenes und provokantes habe ich etwas übrig. Schade, daß sie mit Scheuklappen und Tunnelblick verteidigt, ihr Rang des Unumstößlichen nicht aufgegeben und nicht zu einer provokanten These geschmälert wird. Stattdessen wird gar ein Verbot gefordert, und zwar ein extrem weitreichendes. Was vorsichtig formuliert werden sollte, artet in einem Extremum aus, und eine energische und emotionelle Entgegnung darauf für mich daher nichts unverständliches. Wenn Dr. Miehling sich dadurch bestätigt sieht ... bitte, meinetwegen.
a'ndY
Inventar
#170 erstellt: 20. Dez 2006, 18:01

savra schrieb:

Bonehunter22 schrieb:
An fast alle hier: Merk ihr nicht dass ihr Hrn. Miehling mit euren (nicht immer neutral ausgedrückten) Aussagen unterstützt???

Was ist daran Unterstützung, ist man gegen seine Ansicht, ist dies mit Nachdruck und Schärfe?


Wie du im restl. Absatz gesagt hast, er geht davon aus, dass der großteil der Leute hier Gewaltmusikhörer sind, und mit deinen teilweise aggressiven Kommentaren bestätigst du ihm seine Ansicht... Aber ist ja jetzt auch egal, es geht ja hier um etwas Wichtigeres
MisterT42
Ist häufiger hier
#171 erstellt: 20. Dez 2006, 18:30
Sehr erstaunlich das man ihnen Herr Miehling hier so ein Interesse entgegenkommen läßt.
Jemand der in seiner Forschung so primitiv ist und Musik
als Ursache für Gewalt an den Haaren herbeischleift kann man eigentlich garnicht ernstnehmen.
Das Thema Gewalt ist ja wohl zu vielschichtig als das es mit so einfachem Schwarz/Weiß Denken zu lösen wäre.
Alleine die Ursachen von Gewalt auf Rockkonzerten in der Musik statt im übermäßigen Alkohol und Drogenmissbrauch zu sehen ist weltfremd.
Aber Fantatiker wird es wohl immer wieder geben die sich über etwas ereifern was sie selbst nicht verstehen und auch nicht verstehen wollen.
Möge sich ihr Horizont in Zukunft noch um einiges erweitern.
Das es Musik gibt die aggressiv macht und welche die beruhigt bestreitet hier wohl keiner. Aber allgemein alles außer Klassik als Gewalt fördernd anzusehen ist wohl die einfache Ansicht eines Kleingeistes.
Ich hoffe sie werden in Zukunft die Vielschichtigkeit des Lebens noch besser kennen lernen um zu verstehen das man es sich nicht so einfach machen kann.
Dipak
Inventar
#172 erstellt: 20. Dez 2006, 18:35
zum lesen des aufsatzes bin ich leider noch nicht gekommen, werde dies aber noch nachholen.

eine kleine beobachtung aus dem alltag:

vor ein paar tagen kam am tv (keine ahnung welcher sender, glaube SF) ein klassikkonzert. da ich gerne zwischendurch mal etwas klassik höre, verweilte ich eine weile auf dem sender..

der knabenchor der zuerst kam war ja ganz ok und auch die musik des orchesters durchaus hörbar, dann kam aber zuerst ein sänger und dann noch eine sängerin.
wieso bitte müssen die immer so gepresst, deprimiert wirkend singen
da wird mit den worten das fest der liebe und freude besungen und die stimme klingt so als sei jemand umgekommen.. dazu kommt dann noch so ein genial tiefgründiger titel mit irgendwas von blühenden rosen

da ging das dann ganz schnell. ich weiss jetzt nicht ob mich die musik eher depressiv oder aggressiv gemacht hat..
auf alle fälle hat diese klassik meiner gemütslage absolut nicht gut getan, da fällt mir kaum was ein, was mich in kürzerer zeit schlimmer beeinflussen könnte!

aus der geschilderten erfahrung kann jeder seine eigenen schlüsse ziehen, aber meines erachtens geht sie nicht wirklich mit der diskutierten these einher..

gruss viktor
Anbeck
Inventar
#173 erstellt: 20. Dez 2006, 18:46
Dr. Miehling schrieb


zu Anbeck


„wenn jemand auf einmal Geld besitzt der vorher aus der Bronx kam der meint vielleicht doch das er sich jetzt mit Geld , Berühmtheit usw. alles erlauben könnte. So wie er sich vorher dort rumschlagen musste und ums Überleben kämpfen musste hat das alles Auswirkungen auf die Einstellung. Er verliert an Hemmschwelle."


Nach dem 2. Weltkrieg waren bei uns sehr viele Menschen in so einer Situation, ohne sich so zu entwickeln.


„Und was die blöden Sprüche der Musiker angeht finde ich hat auch was mit Aufmerksamkeit, Schlagzeilen usw. zu tun."


Da haben Sie schon recht, aber erstens: Warum machen ausgerechnet Gewaltmusiker so gerne SOLCHE Schlagzeilen? Und zweitens: Welche Beweggründe auch immer: Die Kinder und Jugendlichen finden das „cool" und richten sich danach.


Zu 1:Nach dem 2. Weltkrieg hatte wohl erstmal jeder mit sich selber zu tun und es gab keine Freizeit und daher blieb auch keine Zeit für großartige Gewalt. Die meisten hatten nach dem Krieg nicht mal ein Radio. Es wurde versucht Deutschland wieder aufzubauen.

Zu 2:weil es zu ihrem Image zählt
zu zweitens: Klar habe ich ja auch schon erwähnt das Kinder das nachahmen weil in dem und dem Stück das auch gesagt/gesungen wurde und damit meinen sie sie dürften es jetzt auch groß rumposaunen. Ende vom Lied Pöpeleien, erinnern Sie sich?


[Beitrag von Anbeck am 20. Dez 2006, 18:47 bearbeitet]
Dipak
Inventar
#174 erstellt: 20. Dez 2006, 18:56

Anbeck schrieb:



Dr. Miehling schrieb:
zu Anbeck


„wenn jemand auf einmal Geld besitzt der vorher aus der Bronx kam der meint vielleicht doch das er sich jetzt mit Geld , Berühmtheit usw. alles erlauben könnte. So wie er sich vorher dort rumschlagen musste und ums Überleben kämpfen musste hat das alles Auswirkungen auf die Einstellung. Er verliert an Hemmschwelle."


Nach dem 2. Weltkrieg waren bei uns sehr viele Menschen in so einer Situation, ohne sich so zu entwickeln.


Zu 1:Nach dem 2. Weltkrieg hatte wohl erstmal jeder mit sich selber zu tun und es gab keine Freizeit und daher blieb auch keine Zeit für großartige Gewalt. Die meisten hatten nach dem Krieg nicht mal ein Radio. Es wurde versucht Deutschland wieder aufzubauen.

da hat andy recht. diese situationen kann man absolut nicht vergleichen, das ist nunmal wirklich nicht dasselbe..
Anbeck
Inventar
#175 erstellt: 20. Dez 2006, 19:40
MisterT42 schrieb

Das Thema Gewalt ist ja wohl zu vielschichtig als das es mit so einfachem Schwarz/Weiß Denken zu lösen wäre.


Das es Musik gibt die aggressiv macht und welche die beruhigt bestreitet hier wohl keiner


Aber allgemein alles außer Klassik als Gewalt fördernd anzusehen ist wohl die einfache Ansicht eines Kleingeistes.

Das unterschreibe ich sofort!
Dr._Klaus_Miehling
Schaut ab und zu mal vorbei
#176 erstellt: 20. Dez 2006, 21:56
an observer01 (ist ein Nachtrag, wie ich jetzt sehe):

„Überzeugen könnten sie mich nur mit ihren eigenen Vorstellungen und Erfahrungen."

Ich habe den Eindruck, mir wird immer wieder, und sei es indirekt, vorgeworfen, daß ich meine Thesen aufgrund persönlicher Abneigung gegen Gewaltmusik entwickelt hätte, und daß sie nicht wissenschaftlich fundiert seien. In der Tat sind persönliche Erfahrungen immer begrenzt; deshalb lege ich viel Wert darauf, daß es hier nicht nur um persönliche Erfahrungen geht.

an Andreas:

„Ich unterstelle ihm, daß er selber noch nie irgendeine Grenzerfahrung gemacht hat, und noch nie richtig bewusst andere Musik gehört hat, und auch gar nicht das Zeug dazu hat, sich auf eine andere Erfahrung einzulassen"

Ich weiß nicht, was Sie unter „Grenzerfahrung" verstehen. Als Kind war ich - wie wohl fast alle Kinder - ziemlich indifferent gegenüber U-Musik, die wir z.B. neben klassischer Musik auch im Schulchor gesungen haben. Die „ganz harten" Sachen gab es damals freilich noch kaum in den mir zugänglichen Medien.

an bunch:

„ Hr.Miehling seine Beispiele aus der E-Musik gerne differenziert, gegensätzliche Beispiele aus der U-Musik hingegen scheinbar gerne über einen Kamm schert"

Ich glaube, ich habe fast keine oder gar keine Beispiele aus der E-Musik gebracht, sondern nur auf entsprechende Fragen geantwortet. Bei Gewaltmusik geht es mir mehr um das Gemeinsame als um das Trennende. In meinem Buch habe ich soweit möglich immer deutlich gemacht, welche Musikrichtung die jeweils zitierten Interpreten vertreten, und auch sonst habe ich immer wieder einmal einzelne Musikstile gesondert betrachtet, schon um mehr Übersichtlichkeit hineinzubringen. Aber im Prinzip wirken die verschiedenen Gewaltmusikstile gleich, auch wenn die Schwerpunkte jeweils etwas anders sind (so sind es beim Techno vor allem die Drogen, beim Rap mehr die Gewalt etc.), und auch wenn das Maß der Aggressivität unterschiedlich ist.

„- Hr.M. Beobachtungen und Erkenntnisse aus weit auseinanderliegenden Zeiträumen und Kulturkreisen zum Vergleich heranzieht, ohne die enormen gesellschaftlichen Umwälzungen der vergangenen 100 Jahre zu berücksichtigen"

Diese Vergleiche sind in diesem Forum doch von anderen gezogen worden!?! Ich beschränke mich fast ausschließlich auf Gewaltmusik (afro)amerikanisch-europäischer Prägung und auf den entsprechenden Kulturkreis. Indem ich dabei aber die letzten 100 Jahre (oder etwas mehr) berücksichtige, möchte ich ja gerade zeigen, daß die Wirkung aggressiver musikalischer Parameter ziemlich unabhängig von Ort und Zeit ist.

„Wenn Herr Miehling dann seine Beobachtungen und Schlüsse nicht auch noch als absolute und nicht diskutierbare Fakten darstellen würde, wären auch viele Reaktionen weniger heftig ausgefallen"

Ich habe mich, wie Sie sehen, einer Diskussion nicht verweigert, und im Detail gibt es natürlich noch vieles zu erforschen. Im Grundsatz bin ich freilich von meinen Thesen überzeugt; und da ist es nur ehrlich, das auch zu sagen. In meinem Aufsatz „Musik und Gewalt - Gewaltmusik" von 2002 auf hausarbeiten.de (das ist nicht derjenige, der hier zu lesen ist), bin ich vorsichtiger in meinen Formulierungen gewesen, da ich noch am Anfang meiner Recherchen stand.

zu Anbeck:

„Außerdem möchte ich mal die These einbringen, daß viele schlechte Opernaufführungen serwohlö zu Aggressionsausbrüchen unter dem Publikum führen. Oder wie würden Sie dauerhafte Buh- Rufe in hoher Lautstärker bezeichnen? Dieses Publikum nimmt danach zwar nicht die halbe Stadt auseinander, wie es bei dem ein oder andeen Rockkonzert passiert ist, aber dennoch ist ein gewisses innerliches Gewaltpotential nicht von der Hand zu weisen, wenn das Ensemble schlecht war o.Ä.. Auch solche Reaktionen sind direkt auf die Musik und vorallem ihre Aufführungspraxis zurückzuführen."

1. Solche „Aggressionsausbrüche" (wie nennen Sie dann das, was auf manchen Gewaltmusikkonzerten abgeht?) scheinen sehr selten zu sein. Ich weiß, daß es sie gibt, aber ich kann mich persönlich an kein solches Konzert erinnern.
2. Buhrufe bei Opernaufführungen betreffen praktisch immer die Inszenierung oder das Bühnenbild / die Kostüme, eben NICHT die Musik.
3. Buhrufe bei anderen Konzerten kommen praktisch nur bei avantgardistischer E-Musik vor, die auch eine Art von Gewaltmusik ist.
4. Wenn überhaupt jemals Buhrufe bei konventioneller klassischer Musik vorkommen, dann resultieren sie nicht aus einer Aggressivität der Musik, sondern aus einer schlechten Leistung der Interpreten.

an Bonehunter 22

„aber im Buch wird der Konfrontationspartner eben als Feind bezeichnet"

Ich will jetzt nicht alle Dateien, aus denen das Buch besteht, nach dem Wort „Feind" durchsuchen; aber steht das da wirklich?

zu MisterT42:

„Alleine die Ursachen von Gewalt auf Rockkonzerten in der Musik statt im übermäßigen Alkohol und Drogenmissbrauch zu sehen ist weltfremd."

Alle drei sind Ursachen für Gewalt! Aber warum werden denn auf Gewaltmusikkonzerten so viele Drogen und so viel Alkohol konsumiert? Die Drogen haben sich doch erst über die entsprechenden Gewaltmusikszenen auch in der Bevölkerung - und zwar v.a. bei den Hörern dieser Musikrichtungen - verbreitet!

„Aber Fantatiker wird es wohl immer wieder geben"

Ja, nicht umsonst spricht man bei den Anhängern von Gewaltmusik von „Fans" ...

zu Anbeck:

„Die meisten hatten nach dem Krieg nicht mal ein Radio."

Ist das jetzt nicht ein Indiz für den Einfluß von Gewaltmusik, der eben kurz nach dem Krieg noch kaum wirksam war?

„weil es zu ihrem Image zählt"

Ja, eben, warum ist ein kriminelles Image mit HipHop/Rap verknüpft? Da muß doch eine Verwandtschaft bestehen!
Heinrich
Inventar
#177 erstellt: 20. Dez 2006, 22:06
Hallo Herr Dr. Miehling,

da Sie doch allen Antworten - die Antworten an mich stehen noch aus. Und ich behaupte mal ganz frech, genau das wären die, anhand derer Sie ihre Kompetenz beweisen könnten - wahlweise ich Ihnen Ihre Inkompetenz (oder zumindest eine viel zu oberflächliche und eben NICHT wissenschaftliche Betrachtungsweise).


Gruss aus Wien,

Heinrich
chilman
Inventar
#178 erstellt: 20. Dez 2006, 22:16
hmm ich wollte mich eigentlich nich mehr dazu äussern, 1. weils nix bringt, 2. sowohl ich, als auch herr m. auf der eigenen meinung beharren...
aber mich würde mal interessieren, was denn ganz konkret ihrer auffassung nach gewaltfreie musik ist, also konkrete komponisten, müssen ja nicht alle sein, wenn das "geschäftgeheimnis" ist, aber nur ma nen paar beispiele...
ich sass am montag übrigens in einem konzert mit u.a. einem stück von ligeti, die alte frau vor mir konnte sich nicht mehr einkriegen "das is doch keine musik", ich musste irgendwie spontan an diese diskussion hier denken...
und im vorfeld hab ichs auch gewissermassen als aggression empfunden immer wieder von oben bis unten gemustert zu werden, nur weil ich nich dem stereotyp des konzertbesuchers entspreche (lange haare, jeans, pullover, wohlgemerkt NICHT ungepflegt, sondern einfach anders).
meiner meinung nach spiegelt ernsthafte musik (wo ich jetzt auch z.t. (!) auch rockmusik&co dazu zähle) immer die ganze bandbreite der menschlichen gefühle wider, also wohl auch hass und aggression, wenn man das nicht will muss man wohl mutantenstadel kucken, wo die protagonisten ihre eigene heuchelei nicht ertragen und hinter der bühne ne line koks ziehen oder sich umbringen..
das erinnert mich wiederum an donny darko, als der die lehrerin anmacht, ich glaub ich hab heut meinen assoziations-tag:D
Observer01
Inventar
#179 erstellt: 20. Dez 2006, 23:11

savra schrieb:

Observer01 schrieb:
na, jetzt übertreib mal nicht...
Ist doch seine Musik teilweise representativ für auch Gewaltfreiheit in der U-Musik. :)

Das ist sie zwar, aber es gibt so viele Ambientkünstler – ich höre sehr viel Ambient und ambientähnliche Musik –, daß es auf mich jedesmal befremdlich wirkt, wird Eno als erster und oft einziger von ihnen genannt.


P.S: hast du dir denn inzwischen mal etwas von ihm angehört?

Ich kannte zuvor nur eines seiner früheren Ambientwerke, was an der Fülle der Musik lag, die man in diesem Genre findet, so daß es wenig Bedarf gab, zu den Anfängen zurückzukehren. Inzwischen habe ich mir aber weitere angehört, und die waren genau das, was ich suchte.


Hallo,

Eno ist einfach eine feste Größe, was man von anderen Musikern, die Ambient produzieren nicht unbedingt behaupten könnte. Da gibt es doch sehr viele "Eintagsfliegen" was alleine schon durch die Art der Produktion der Musik ( überwiegend am Computer hergestellt) begründet ist.
Enos Produktionstechniken waren damals eine ganz andere, was der Musik (Raum-Klang-Installationen trifft es eher) eine ganz andere Tiefe gibt, an die heutige "Anreihungen von Klangflächen" nicht rankommen. Ich meine das nicht negativ, denn selbst Eno hat behauptet, daß im Prinzip jeder Musik zuhause machen kann, mit den geeigneten Mitteln, die es ja heute zu erschwinglichen Preisen gibt. Obwohl Eno, so viel mir bekannt ist, heute wieder von der Aussage etwas abrückt, was ja auch sein neues Album unterstreicht, auf dem er zB. wieder singt, und die überwiegend am Computer produziert wurde.

Aber Eno hat ja noch ganz viele andere Sachen gemacht.

Gruß
Andreas
Anbeck
Inventar
#180 erstellt: 20. Dez 2006, 23:23
zu Anbeck:


„Außerdem möchte ich mal die These einbringen, daß viele schlechte Opernaufführungen serwohlö zu Aggressionsausbrüchen unter dem Publikum führen. Oder wie würden Sie dauerhafte Buh- Rufe in hoher Lautstärker bezeichnen? Dieses Publikum nimmt danach zwar nicht die halbe Stadt auseinander, wie es bei dem ein oder andeen Rockkonzert passiert ist, aber dennoch ist ein gewisses innerliches Gewaltpotential nicht von der Hand zu weisen, wenn das Ensemble schlecht war o.Ä.. Auch solche Reaktionen sind direkt auf die Musik und vorallem ihre Aufführungspraxis zurückzuführen."

Das habe ich nie gesagt, das stammt nicht von mir!


Ist das jetzt nicht ein Indiz für den Einfluß von Gewaltmusik, der eben kurz nach dem Krieg noch kaum wirksam war?

Nein weil die Menschen dort andere Sachen im Kopf hatten. Das hört sich ja fast so an als wollten Sie in dieser Zeit zurückkehren wo Hunger und Elend an der Tagesordnung war nur um die Gewalt unter Kontrolle zu bringen woher man nicht mal weiß wo die Ursachen darin liegen (wobei dies schon gar nicht in Gewaltmusik zu suchen sind), das ist mir zu oberflächig



Ja, eben, warum ist ein kriminelles Image mit HipHop/Rap verknüpft? Da muß doch eine Verwandtschaft bestehen!

ich sprach vom Image als Musiker nicht von dem eines Gewaltäters.


Alle drei sind Ursachen für Gewalt! Aber warum werden denn auf Gewaltmusikkonzerten so viele Drogen und so viel Alkohol konsumiert? Die Drogen haben sich doch erst über die entsprechenden Gewaltmusikszenen auch in der Bevölkerung - und zwar v.a. bei den Hörern dieser Musikrichtungen - verbreitet!

Darüber kann es keine Studie geben das ist absoluter quatsch!
Wer sagt den das dort die Hauptgruppe liegt von Leuten die Drogen und Alkohol konsumieren!
Das liegt eher an falschen Freunden als an einem Rockkonzert, die meisten berauschen sich schon vorher um auf dem Konzert schon auf dem Level zu sein. Ebenso ist es so das die meisten sich die Drogen und Alkohol schon mitbringen und sind nicht in der Annahme "das es dort schon jemand geben wird der uns was verkauft", dort hingehen. Wohin gehen Ihre Gedanken und woher beziehen sie so einen Blödsinn von Information. Und glauben Sie mir da weiß ich ganz genau wovon ich spreche! Ich möchte jetzt nicht von der wirklichen Wahrheit anfangen darum möchte ich ein Buch erwähnen was der Wahrheit enspricht wie es wirklich in unserer Geselschaft aussieht. Haben Sie das Buch gelesen Wir Kinder vom Bahnhof Zoo?
dann wird es Zeit! Dort wurden auch Drogen vor der Disco verkauft aber die Umstände waren nicht die Musik die sie dahin geführt hat sondern weil sich dort die Dealer aufgehalten haben! Das war ein Sammelpunkt weil die Polizei ein Schlußstrich am Bahnhof gezogen hat...
aber was soll ich Ihnen von der Realität erzählen, da sehe ich jetzt keinen Sinn mehr drin!
Also Herr Dr. Miehling das haut dem Fass dem Boden aus!
Daran sehe ich das Sie von der Realität absolut nicht den Hauch einer Ahnung haben was wirklich abgeht!
Denn das hat 100% nichts mit der Musik zu tun!!
Observer01
Inventar
#181 erstellt: 20. Dez 2006, 23:47
Hallo Hr. Miehling,

ich versuche mal zu erklären, wie ich an E-Musik gekommen bin.
Denn genau da ist auch schon mein Problem. Genau diese strenge Einteilung in E und U-Musik und die Überheblichkeit meiner Musiklehrer damals in Richtung: nur die E-Musik ist die "richtige" Musik, hat mir diese Form der Musik lange Zeit verleidet.
Erst über Umwege, und zwar des sogenannten Progressiv-Rock (ich weiß nicht ob sie dieses Genre kennen, klassische Vertreter sind zB. Genesis, King Crimson, Yes), habe ich mich getraut mir auch mal Bach, usw. anzuhören, und auch dort für mich etwas rauszuziehen. Allerdings gehe ich immer mit einem Gefühl der "Minderwertigkeit" zum CD-Regal, und ich muß immer erst dieses Gefühl überwinden, wenn ich E-Musik hören möchte.
Von daher macht es mir keine so große Freude diese Musik zu hören, obwohl ich sie sehr wohl verstehe und sie mir im Prinzip auch gefällt.

Gruß
Andreas


[Beitrag von Observer01 am 21. Dez 2006, 07:54 bearbeitet]
a'ndY
Inventar
#182 erstellt: 20. Dez 2006, 23:55

Dr._Klaus_Miehling schrieb:

an bunch:

Aber im Prinzip wirken die verschiedenen Gewaltmusikstile gleich, auch wenn die Schwerpunkte jeweils etwas anders sind (so sind es beim Techno vor allem die Drogen, beim Rap mehr die Gewalt etc.), und auch wenn das Maß der Aggressivität unterschiedlich ist.


Das mit den Drogen und Techno muss ich leider bestätigen, aber es beschränkt sich nicht nur auf Techno, es sind eigentlich alle Genre der EDM (Electronic Dance Music, Techno, Trance, House, Hardstyle, Dance, ...) betroffen, wenn auch unterschiedlich stark. Allerdings waren bis jetzt alle Leute die ich kennenlernte und die unter chemischen Drogen standen nicht wirklich aggressiv, auf jeden Fall deutlich weniger als alkoholisierte... sie waren eher in einem Rauschzustand, haben nichts mehr mitbekommen was um sie herum geschieht. Aber sicher gibts auch da dann genug die dann eine Schlägerei anfangen, traurig


Dr._Klaus_Miehling schrieb:

an Bonehunter 22

„aber im Buch wird der Konfrontationspartner eben als Feind bezeichnet"

Ich will jetzt nicht alle Dateien, aus denen das Buch besteht, nach dem Wort „Feind" durchsuchen; aber steht das da wirklich?


Die Kunst des Krieges wurde ca. im Jahre 500 v.Chr. geschrieben, und Sie wissen sicher was in China zu der Zeit los war... Krieg, es gab jede Menge kleiner Dynastien, jeder kämpfte um die Vorherrschaft! Und das Buch ist - wie der Name schon sagt - ein Buch in dem es ausschließlich um die strategische Kriegsführung geht. Es wird daher ausschließlich das Wort Feind verwendet.


[Beitrag von a'ndY am 20. Dez 2006, 23:58 bearbeitet]
Observer01
Inventar
#183 erstellt: 21. Dez 2006, 00:15

Dr._Klaus_Miehling schrieb:
an observer01 (ist ein Nachtrag, wie ich jetzt sehe):

„Überzeugen könnten sie mich nur mit ihren eigenen Vorstellungen und Erfahrungen."

Ich habe den Eindruck, mir wird immer wieder, und sei es indirekt, vorgeworfen, daß ich meine Thesen aufgrund persönlicher Abneigung gegen Gewaltmusik entwickelt hätte, und daß sie nicht wissenschaftlich fundiert seien. In der Tat sind persönliche Erfahrungen immer begrenzt; deshalb lege ich viel Wert darauf, daß es hier nicht nur um persönliche Erfahrungen geht.

an Andreas:

„Ich unterstelle ihm, daß er selber noch nie irgendeine Grenzerfahrung gemacht hat, und noch nie richtig bewusst andere Musik gehört hat, und auch gar nicht das Zeug dazu hat, sich auf eine andere Erfahrung einzulassen"

Ich weiß nicht, was Sie unter „Grenzerfahrung" verstehen. Als Kind war ich - wie wohl fast alle Kinder - ziemlich indifferent gegenüber U-Musik, die wir z.B. neben klassischer Musik auch im Schulchor gesungen haben. Die „ganz harten" Sachen gab es damals freilich noch kaum in den mir zugänglichen Medien.



Ihre Thesen sind doch wissentschaftlich begründet, und genau das ist doch das Problem, daß ich den Eindruck habe, sie verstecken sich hinter den ganzen Zahlen und Fakten.
Musik ist doch eine Individuelle Erfahrung. Jemand der ein Musikstück gut findet, findet ein Anderer langweilig oder eben aggressiv. Das nennt man Geschmack.
Tatsächlich möchte ich sie aus diesem "Elfenbeinturm" ihrer Wissenschaft herausholen, denn erst dann wird diese Diskussion zu etwas führen, wenn sie ihre eigenen Erfahrungen mit Musik schildern, und auch ihre Erfahrung mit "Gewaltmusik".
Machen wir es doch mal an einem Beispiel fest. Reden wir über John Coltrane und seine Musik, und wo sie da Gewaltmusik drin sehen, und ich schreibe ihnen, was ich beim hören empfinde.
Coltrane hat Drogen genommen. Haben sie schon mal Musik unter Drogen gehört? Ich schon, und ich weiß wie es ist. Ich bin gegen Drogen. Habe auch viele Jahre keine mehr genommen (war auch nichts richtig hartes darunter). Aber ich weiß wie es ist. Ich habe diese Grenzerfahrung unter anderem gemacht. Sie auch?

Gruß
Andreas


[Beitrag von Observer01 am 21. Dez 2006, 08:14 bearbeitet]
bunch
Hat sich gelöscht
#184 erstellt: 21. Dez 2006, 00:17
savra schrieb
[Mein Problem mit Dr. Miehlings Ansicht ist nicht, daß ich sie nicht teile, sondern daß ich sie nicht ansatzweise nachvollziehen kann. Sie ist für mich realitätsfern, zusammengesponnen, steht nicht einmal auf wackeligen Füßen, denn selbst die scheinen zu fehlen. Seine Meinung, für ihn wissenschaftlich belegt und damit vermutlich eher Faktum, ist allerdings ausgefallen, abgefahren und provokant; und für ausgefallenes, abgefahrenes und provokantes habe ich etwas übrig. Schade, daß sie mit Scheuklappen und Tunnelblick verteidigt, ihr Rang des Unumstößlichen nicht aufgegeben und nicht zu einer provokanten These geschmälert wird. Stattdessen wird gar ein Verbot gefordert, und zwar ein extrem weitreichendes. Was vorsichtig formuliert werden sollte, artet in einem Extremum aus, und eine energische und emotionelle Entgegnung darauf für mich daher nichts unverständliches. Wenn Dr. Miehling sich dadurch bestätigt sieht ... bitte, meinetwegen.


Genau. Wunderbar auf den Punkt gebracht!

EDIT Hüb': HF-Code gefixt.


[Beitrag von Hüb' am 23. Dez 2006, 20:26 bearbeitet]
Observer01
Inventar
#186 erstellt: 21. Dez 2006, 00:45

Bonehunter22 schrieb:

An fast alle hier: Merk ihr nicht dass ihr Hrn. Miehling mit euren (nicht immer neutral ausgedrückten) Aussagen unterstützt???


Wieso? Nur weil ein paar hier sauer sind? Man muß da schon unterscheiden zwischen reiner Aggression und Wut, was zwar ein ähnliches Gefühl ist, aber auf einer anderen (höheren) Ebene einzuordnen ist.

Gruß
Andreas
Dipak
Inventar
#187 erstellt: 21. Dez 2006, 01:13

Ja, eben, warum ist ein kriminelles Image mit HipHop/Rap verknüpft? Da muß doch eine Verwandtschaft bestehen!

hier muss ich entschieden protestieren!

diese assoziation trifft nur auf ein sub-genre zu; den gangsta-rap

zugegeben, dieser ist in letzter zeit leider absolut dominierend. die gewaltdarstellungen und auch das in den texten vermittelte frauenbild finde ich absolut daneben und sehr bedenklich

es gibt aber auch andere stile, auf die das nicht zutrifft, als beispiele möchte ich hier mal freundeskreis oder blumentopf nennen. letztere erzählen noch wirklich geschichten, oft mit einer netten prise ironie, aber keinesfalls gewalt- oder aggressions-fördernd

gruss viktor
Dr._Klaus_Miehling
Schaut ab und zu mal vorbei
#188 erstellt: 21. Dez 2006, 01:54

an Heinrich:
„da Sie doch allen Antworten - die Antworten an mich stehen noch aus"

Tatsächlich hatte ich Ihre letzte Nachricht übersehen; hier die Antworten:

„1.) Ab wann ist der Rhythmus „überbetont"?"

Steht dabei: „durchgehendes Schlagzeug bzw. Schlagzeugcomputer"

„2.) Wann sind verzerrte Klänge als künstlerisches Mittel „erlaubt", wann würden Sie diese als zu verbietende „Gewaltmusik" einordnen?"

Sie erwarten von mir Entscheidungen in Grenzfällen, die ich mir nicht anmaße zu treffen. Ich habe bewußt exakte Grenzziehungen unterlassen. Dazu wären weitere Untersuchungen erforderlich.

„3.) unsaubere Intonation vs. Mikrotonalität?"

Das ist im Buch genauer erklärt: Unsaubere Intonation, d.h. im Rahmen des jeweiligen Tonsystems.

"4.) Synkopen als Stilmittel der „Gewaltmusik" => wie stehen Sie zur Folklore Osteuropas, in denen synkopierte Takte ein wesentliches Stilelement sind?"

Diese Musik kenne ich zu wenig, um das zu beurteilen.

„5.) Ab wann ordnen Sie Gesang als „aggressiv" ein? Giibt es in der klassischen Musik Analogien? Welche?"

In der klassischen Musik kenne ich keine Analogie. Gegenfrage: Ab wann ordnen Sie Sprache (nicht den Inhalt, den Ausdruck) als aggressiv ein? Sie sehen, das kann man in Worten nicht ausdrücken. Aber jeder Mensch kann hören, wenn jemand aggressiv spricht - oder singt.

„6.) Lautstärke: Wo setzen Sie die Gesundheitsgefährdung an, ab welcher Lautstärke beginnt für sie eine „Gewaltverstärkung" der Musik? Auf welche medizinischen Untersuchungen und Richtlinien stützen Sie sich?"

Es kommt auf verschiedenes an: Auf die Lautstärkespitzen, auf die Durchschnittslautstärke, auf die Dauer der Lautstärkespitzen wie auch der Gesamtbeschallung. Um Gehörschäden zu vermeiden, dürfen die wöchentlichen (!) Einwirkungszeiten nicht mehr als zwei Stunden für 100, 10 – 15 Minuten für 110, und gut eine Minute für 120 dB(A) betragen. Bei Dauerbeschallung sollte man sich nicht länger als 45 Minuten in einer Umgebung von 100 dB(A) aufhalten. (vgl. Felix Zimmermann: Die Pop-Musik und ihre Hintergründe; in: Erziehungskunst 1988/10, 669-680, dort S. 676f). Das ist eine anthroposophische Quelle; aber ich habe vergleichbare Angaben auch in anderer Literatur gesehen. Zu den gewaltmusikbedingten Hörschäden gibt es sehr viele Untersuchungen, von denen einige im Buch zitiert sind.

„Sie verwechseln Ursache und Wirkung - und dies kann jeder nachvollziehen, denn zu allen wesentlichen Fragen (zum Beispiel der Wirkung in anderen Kulturkreisen) haben Sie keine Antwort."

Sie wollen mir einen Strick daraus drehen, daß ich mich auf den mir vertrauten Kulturkreis beschränkt habe? Niemand kann alles kennen und wissen oder sich um die Probleme der ganzen Welt kümmern. Kehren wir erst einmal vor der eigenen Türe! Die anderen „wesentlichen" Fragen habe ich jetzt wohl beantwortet.

zu chilman:

„aber mich würde mal interessieren, was denn ganz konkret ihrer auffassung nach gewaltfreie musik ist, also konkrete komponisten,"

Praktisch alles, was man sonst E-Musik nennt, mit Ausnahme der avantgardistischen neuen Musik. Es ist also müßig, irgendwelche Komponisten zu nennen.

„und im vorfeld hab ichs auch gewissermassen als aggression empfunden immer wieder von oben bis unten gemustert zu werden, nur weil ich nich dem stereotyp des konzertbesuchers entspreche"

Immerhin durften Sie rein. Bei Diskotheken gibt's einen Türsteher, der mich wahrscheinlich gar nicht erst reinließe, wenn ich denn wollte ... Gibt es nicht auch in Gewaltmusikszenen einen „Dresscode"?

„meiner meinung nach spiegelt ernsthafte musik (wo ich jetzt auch z.t. (!) auch rockmusik&co dazu zähle) immer die ganze bandbreite der menschlichen gefühle wider"

Da kann ich nur auf das verweisen, was ich bereits sagte:
„Klassische Musik stellt Aggression dar (wenn überhaupt), Gewaltmusik ist selbst aggressiv."
Ein E-Musiker, etwa ein Sänger, der in einer Arie Aggression darstellen muß, kann nicht selbst aggressiv sein. Ein Gewaltmusiker dagegen drückt seine eigene Aggression aus. Das wird ja auch unter dem Begriff „Authentizität" gehandelt. Dee Snyder (Twisted Sister) sagte auf die Frage, wie er sich für ein Konzert vorbereite: „I think about things I hate." (Rolling Stone, 22. 11. 1984)
savra
Ist häufiger hier
#189 erstellt: 21. Dez 2006, 02:35

Dr._Klaus_Miehling schrieb:

„Aber Fantatiker wird es wohl immer wieder geben"

Ja, nicht umsonst spricht man bei den Anhängern von Gewaltmusik von „Fans" ...

Da liegt dann wohl ein Falschverständnis vor. Der Fanatiker heißt im Englischen Fanatic oder Zealot, das englische Wort Fan hingegen bedeutet Bewunderer oder Anhänger.


Aber im Prinzip wirken die verschiedenen Gewaltmusikstile gleich, auch wenn die Schwerpunkte jeweils etwas anders sind

Wieviel Aggressivität wohnt einer Menschenmenge inne, die ausgelassen und vergnügt mit Spaß und guter Laune zu Musik tanzt oder lachend konversiert? Wieviel Aggressivität staut sich bei mir an, schlummere ich friedlich zu Click'n'Cuts ein? Wie aggressiv ist ein Publikum, das einem Jazz-Spieler auf der Bühne zujubelt und sich am Abend von ihm unterhalten läßt? Wie aggressiv ist ein Produzent vor seiner Elektronik, der an seinen Geräten schraubt, schaltet und waltet, nur auf die eine Sache, die Klangerzeugung, konzentriert, mit Spaß und Interesse bei der Sache ist?

Sollte das Kochen verboten werden, kann man sich fragen, wenn man die Hausfrau mit dem Hammer auf das Fleisch oder Eischaum schlagen sieht. Beim Klassikkonzert sollte auch das Publik nicht im Takt Beifall klatschen dürfen, könnte dies eine Welle der Aggressivität auslösen. Bücher sollten wir nicht vergessen – ganz wichtig. Schreibt der Autor über Gewalt, über Taten und Verbrechen, dann beschäftigt er sich in Gedanken damit, schmiedet Pläne und heckt Gemeinheiten aus, die ihn natürlich beeinflussen – nicht nur ihn, auch seine Leser. Folglich sollten wir Bücher verbieten. Auch Tischtennis ist kritisch, bedenkt man, daß man einen Ball Richtung Gegner schießt, ähnlich wie man eine Gewehrkugel auf das Ziel abfeuert. Beim Samba gar wirkt Sport und Musik doppelt auf den Tänzer. Alarmstufe Rot!


Dee Snyder (Twisted Sister) sagte auf die Frage, wie er sich für ein Konzert vorbereite: „I think about things I hate." (Rolling Stone, 22. 11. 1984)

Er ist also nicht aggressiv, und der Musik wohnt die Gewalt nicht inne, sondern muß mit solchen Tricks in die Musik gebracht werden!?

Ich hasse übrigens alte Bananen, weil sie mir dann zu weich sind, aber Aggressionen löst das nun nicht gerade in mir aus.


Das ist eine anthroposophische Quelle; aber ich habe vergleichbare Angaben auch in anderer Literatur gesehen. Zu den gewaltmusikbedingten Hörschäden gibt es sehr viele Untersuchungen, von denen einige im Buch zitiert sind.

Auf meiner damaligen Schule gab es einen Musiklehrer, der klassische Musik liebte, von ihr aber über die vielen Jahrzehnte leider einen schweren Tinitus verpaßt bekam. Was schließen wir daraus? (Ich nichts.)


[Beitrag von savra am 21. Dez 2006, 02:43 bearbeitet]
bunch
Hat sich gelöscht
#190 erstellt: 21. Dez 2006, 02:50
„ Hr.Miehling seine Beispiele aus der E-Musik gerne differenziert, gegensätzliche Beispiele aus der U-Musik hingegen scheinbar gerne über einen Kamm schert"


Ich glaube, ich habe fast keine oder gar keine Beispiele aus der E-Musik gebracht, sondern nur auf entsprechende Fragen geantwortet.

Bei Gewaltmusik geht es mir mehr um das Gemeinsame als um das Trennende.



Also doch Verallgemeinerung… Oder bedeutet das, Sie bewerten die Situation doch nur unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Vorlieben? Ich dachte, es geht Ihnen um eine wissenschaftliche Betrachtung? Dann müssen Sie auch gewissenhaft die Faktoren prüfenen, die Ihre Thesen möglicherweise in Frage stellen.


In meinem Buch habe ich soweit möglich immer deutlich gemacht, welche Musikrichtung die jeweils zitierten Interpreten vertreten, und auch sonst habe ich immer wieder einmal einzelne Musikstile gesondert betrachtet, schon um mehr Übersichtlichkeit hineinzubringen. Aber im Prinzip wirken die verschiedenen Gewaltmusikstile gleich, auch wenn die Schwerpunkte jeweils etwas anders sind (so sind es beim Techno vor allem die Drogen, beim Rap mehr die Gewalt etc.), und auch wenn das Maß der Aggressivität unterschiedlich ist.


Ich zögere, hierzu etwas zu sagen (weil es eigentlich sattsam bekannt ist). Es gibt wohl kaum ein Gebiet der Forschung, zu dem es mehr Untersuchungen und Veröffentlichungen gibt, als das des Zusammenhanges von Drogen, Kriminalität, Bildungsstand und sozialer Status.
Dieser Themenkomplex ist außerdem immer wieder Gegenstand öffentlicher Diskussionen, an denen man schon als normaler Medienkonsument nicht vorbeikommt. Pardon - aber Sie wirken auf mich so, als würde Sie nicht interessieren, was Ihre Kollegen (Kriminologen, Soziologen, Pädagogen etc.) dazu festgestellt haben. Warum?

„- Hr.M. Beobachtungen und Erkenntnisse aus weit auseinanderliegenden Zeiträumen und Kulturkreisen zum Vergleich heranzieht, ohne die enormen gesellschaftlichen Umwälzungen der vergangenen 100 Jahre zu berücksichtigen"


Diese Vergleiche sind in diesem Forum doch von anderen gezogen worden!?! Ich beschränke mich fast ausschließlich auf Gewaltmusik (afro)amerikanisch-europäischer Prägung und auf den entsprechenden Kulturkreis. Indem ich dabei aber die letzten 100 Jahre (oder etwas mehr) berücksichtige, möchte ich ja gerade zeigen, daß die Wirkung aggressiver musikalischer Parameter ziemlich unabhängig von Ort und Zeit ist.


Die Wirkung o.g. Parameter mag unter Laborbedingungen unabhängig von Ort und Zeit sein. Aber gewiß nicht im überaus komplexen sozialen, räumlichen und zeitlichen Gefüge, in dem sich der Mensch bewegt.
Indem Sie die letzten 100 Jahre berücksichtigen, finden Sie auch für Ihre Thesen genügend „Beweise“. Wie weit wären Sie denn noch zurückgegangen, wenn Sie im 20. Jahrhundert keine verwendbaren Beispiele gefunden hätten?


„Wenn Herr Miehling dann seine Beobachtungen und Schlüsse nicht auch noch als absolute und nicht diskutierbare Fakten darstellen würde, wären auch viele Reaktionen weniger heftig ausgefallen"


Ich habe mich, wie Sie sehen, einer Diskussion nicht verweigert, und im Detail gibt es natürlich noch vieles zu erforschen. Im Grundsatz bin ich freilich von meinen Thesen überzeugt; und da ist es nur ehrlich, das auch zu sagen. In meinem Aufsatz „Musik und Gewalt - Gewaltmusik" von 2002 auf hausarbeiten.de (das ist nicht derjenige, der hier zu lesen ist), bin ich vorsichtiger in meinen Formulierungen gewesen, da ich noch am Anfang meiner Recherchen stand.


Ich rechne Ihnen tatsächlich hoch an, das Sie sich stellen. Aber…
Merken Sie es wirklich nicht?

Sie stehen immer noch am Anfang.


savra
Ist häufiger hier
#191 erstellt: 21. Dez 2006, 02:59

Observer01 schrieb:
Eno ist einfach eine feste Größe, was man von anderen Musikern, die Ambient produzieren nicht unbedingt behaupten könnte. Da gibt es doch sehr viele "Eintagsfliegen" was alleine schon durch die Art der Produktion der Musik ( überwiegend am Computer hergestellt) begründet ist.
Enos Produktionstechniken waren damals eine ganz andere, was der Musik (Raum-Klang-Installationen trifft es eher) eine ganz andere Tiefe gibt, an die heutige "Anreihungen von Klangflächen" nicht rankommen.

Ich bezweifele ja nicht, daß Eno eine feste Größe ist, habe inzwischen ja auch selbst einiges von ihm gehört, aber Ambient ist eine so breite und vielfältige Musikart, daß mir die Fixierung auf Eno, wie sie in vielen Erwähnung anklingt, zu beschränkend ist, die Vielfalt nicht wiederspiegelt und oft den Eindruck vermittelt, als gäbe es nur Eno oder sei Eno der einzige, der solche Musik machen könnte.
Observer01
Inventar
#192 erstellt: 21. Dez 2006, 03:37

savra schrieb:

Observer01 schrieb:
Eno ist einfach eine feste Größe, was man von anderen Musikern, die Ambient produzieren nicht unbedingt behaupten könnte. Da gibt es doch sehr viele "Eintagsfliegen" was alleine schon durch die Art der Produktion der Musik ( überwiegend am Computer hergestellt) begründet ist.
Enos Produktionstechniken waren damals eine ganz andere, was der Musik (Raum-Klang-Installationen trifft es eher) eine ganz andere Tiefe gibt, an die heutige "Anreihungen von Klangflächen" nicht rankommen.

Ich bezweifele ja nicht, daß Eno eine feste Größe ist, habe inzwischen ja auch selbst einiges von ihm gehört, aber Ambient ist eine so breite und vielfältige Musikart, daß mir die Fixierung auf Eno, wie sie in vielen Erwähnung anklingt, zu beschränkend ist, die Vielfalt nicht wiederspiegelt und oft den Eindruck vermittelt, als gäbe es nur Eno oder sei Eno der einzige, der solche Musik machen könnte.


Na ja, er hat es halt "erfunden" (wenn man das so sagen kann). Ich dachte mir, daß wenn ich diese Musikrichtung als Beweis "Antiagressiver U-Musik" hier reinbringe, sollte da auch ein Name aus diesem Genre vertreten sein, den man schon mal irgendwo gehört hat. Und sei es als Produzent oder Ex-Mitglied von Roxy-Musik.
Eno steht für mich aber nicht nur für Ambient, sondern auch für eine gewisse Form von "Kunst-Rock/Pop" und für eine mir persönlich sehr naheliegende Art Musik zu hören.
Außerdem habe ich mich gar nicht so sehr auf Eno fixiert, sondern ihn als Beispiel genommen:
haben sie schon mal Ambient-Musik von zB. Brian Eno gehört?
meine Worte...
Gruß
Andreas


[Beitrag von Observer01 am 21. Dez 2006, 07:42 bearbeitet]
Heinrich
Inventar
#193 erstellt: 21. Dez 2006, 11:59
Hallo,

1.) Frage: Ab wann ist der Rhythmus „überbetont"?

Antwort: Steht dabei: „durchgehendes Schlagzeug bzw. Schlagzeugcomputer"

Gegenfrage: Dann gilt dies Ihrer fundierten, wissenschaftlichen Meinung nach für JEDES Schlagzeug (da es, wie Sie an anderer Stelle ja bereits geschrieben haben, "geschlagen" wird). Wie steht es aber mit den unterschiedlichen Spieltechniken von Schlagzeug und Percussion? Wie mit Percussion allgemein? Wie mit perkussiver Rhythmik (z.B. rhythmischen Händeklatschen)? Oder dem Vibraphon? Noch schlimmer: Man spricht ja auch vom "Anschlag" beim Klaviespiel und kann Gitarrensaiten (auch in der Klassik) "reissen". Soll man nun auch das Klavier und die Gitarre präventiv verbieten?


2.) Frage: Wann sind verzerrte Klänge als künstlerisches Mittel "erlaubt", wann würden Sie diese als zu verbietende "Gewaltmusik" einordnen?"

Antwort: Sie erwarten von mir Entscheidungen in Grenzfällen, die ich mir nicht anmaße zu treffen. Ich habe bewußt exakte Grenzziehungen unterlassen. Dazu wären weitere Untersuchungen erforderlich.

Gegenfrage: Sie glauben aber, dies mit weiteren Untersuchungen ausreichend beantworten zu können?


3.) Frage: Unsaubere Intonation vs. Mikrotonalität?

Antwort: Das ist im Buch genauer erklärt: Unsaubere Intonation, d.h. im Rahmen des jeweiligen Tonsystems.

Gegenfrage: Sobald also aus Mangel an technischem Können unsauber intoniert wird, steigert dies die Aggression. Mikrotonalität ist ja aber eine Art "komponierte" unsaubere Intonation. Warum diese also NICHT aggressionsfördernd? Würde sie die Aggression fördern, wenn der Hörer nicht zwischen komponierter Mikrotonalität und unsauberer Intonation unterscheiden kann? Wenn ja, würde sie dann dieselbe Aggression/dasselbe Mass an Aggression auslösen?


4.) Frage: Synkopen als Stilmittel der „Gewaltmusik" => wie stehen Sie zur Folklore Osteuropas, in denen synkopierte Takte ein wesentliches Stilelement sind?

Antwort: Diese Musik kenne ich zu wenig, um das zu beurteilen.

Gegenfrage: Ich hoffe, doch. Schließlich haben sich ja auch viele klassische Komponisten mit dieser Folklore (oder genauer: mit dieser Rhythmik) beschäftigt...
Andere Frage: Welche klassischen Werke/Komponisten/Eposchen erklären Sie dann für unbedenklich?


5.) Frage: Ab wann ordnen Sie Gesang als "aggressiv" ein? Gibt es in der klassischen Musik Analogien? Welche?"

Gegenfrage: In der klassischen Musik kenne ich keine Analogie. Ab wann ordnen Sie Sprache (nicht den Inhalt, den Ausdruck) als aggressiv ein? Sie sehen, das kann man in Worten nicht ausdrücken. Aber jeder Mensch kann hören, wenn jemand aggressiv spricht - oder singt.

Gegenfrage: Da Sie ja ein Verbot von "Gewaltmusik" anregen, ist es allerdings zwingend notwendig, diesen nachvollziehbar zu beschreiben. Jeder Mensch empfindet Musik und Sprache anders - ich bin bis dato nicht auf die Idee gekommen, ein Schlagzeug grundsätzlich als aggressionsfördernd zu sehen. Wie wollen Sie also einen NACHVOLLZIEHBAREN Katalog erstellen, mit dessen Hilfe dann ein Verbot und die damit einhergehenden Grenzfälle entschieden werden können?


6.) Frage: Lautstärke: Wo setzen Sie die Gesundheitsgefährdung an, ab welcher Lautstärke beginnt für sie eine "Gewaltverstärkung" der Musik? Auf welche medizinischen Untersuchungen und Richtlinien stützen Sie sich?

Antwort: Es kommt auf verschiedenes an: Auf die Lautstärkespitzen, auf die Durchschnittslautstärke, auf die Dauer der Lautstärkespitzen wie auch der Gesamtbeschallung. Um Gehörschäden zu vermeiden, dürfen die wöchentlichen (!) Einwirkungszeiten nicht mehr als zwei Stunden für 100, 10 – 15 Minuten für 110, und gut eine Minute für 120 dB(A) betragen. Bei Dauerbeschallung sollte man sich nicht länger als 45 Minuten in einer Umgebung von 100 dB(A) aufhalten. (vgl. Felix Zimmermann: Die Pop-Musik und ihre Hintergründe; in: Erziehungskunst 1988/10, 669-680, dort S. 676f). Das ist eine anthroposophische Quelle; aber ich habe vergleichbare Angaben auch in anderer Literatur gesehen. Zu den gewaltmusikbedingten Hörschäden gibt es sehr viele Untersuchungen, von denen einige im Buch zitiert sind.

Ergänzende Antwort: Die von Ihnen angegebenen Grenzen wurden in den umzusetzenden Empfehlungen der EU-Richtlinien nach UNTEN revidiert. Dies betrifft insbesondere Lärmbelastung am Arbeitsplatz und Umgebungslärm.

Trotzdem nochmals die KERNfrage:

Ab welcher Lautstärke beginnt für Sie eine "Gewaltverstärkung" der Musik?



Die anderen „wesentlichen" Fragen habe ich jetzt wohl beantwortet.



Siehe oben: Nein.



Gruss aus Wien,

Heinrich
op111
Moderator
#194 erstellt: 21. Dez 2006, 13:47
Hallo zusammen,

Heinrich schrieb:
da Sie doch allen Antworten - die Antworten an mich stehen noch aus. Und ich behaupte mal ganz frech, genau das wären die, anhand derer Sie ihre Kompetenz beweisen könnten - wahlweise ich Ihnen Ihre Inkompetenz (oder zumindest eine viel zu oberflächliche und eben NICHT wissenschaftliche Betrachtungsweise).

die Antworten auf Heinrichs konkrete Fragen erwarte ich auch; bestimmt auch die anderen, an einer ernsthaften Auseinandersetzung interessierten Diskussionsteilnehmer.

Gruß
Anbeck
Inventar
#195 erstellt: 21. Dez 2006, 14:01
Kreisler_jun.
Inventar
#196 erstellt: 21. Dez 2006, 14:11
Ich finde außerordentlich bezeichnend (wirklich lustig ist es eigentlich nicht), wie hier fast durchgehend in einem Atemzug Herrn Miehling wissenschaftliche Nachlässigkeit vorgeworfen wird, aber fast alle "Gegenargumente" einzig auf der Beteuerung beruhen, dass man selbst und viele seiner Freunde doch seit Jahren Musiktyp X höre, aber weder straffällig noch drogensüchtig usw. geworden sei, wenn sie sich nicht sogar auf bloße Entrüstung beschränken. Sehr viel wahrscheinlicher als dass Miehlings These der Aufarbeitung jungendlicher Traumata dient, also in erster Linie persönlich motiviert ist, ist doch wohl, dass diese entrüstet vorgebrachten Angriffe persönlich motiviert sind. Weil nämlich "nicht sein kann, was nicht sein darf"....
Natürlich verallgemeinern solche Studien, das liegt in der Methode der Sozialwissenschaftne und Psychologie. Wenn man damit nicht einverstanden ist, muß man jegliche Erforschung von Systemen, die komplexer sind als die der Chemie ablehnen.

Die häufig gebrachte alternative (monokausale) Erklärung, dass Gewalt in der Gesellschaft einzig oder hauptsächlich auf materielle oder soziale Ungelichheit zurückzuführen sei, ist auch ähnlich dürftig wie Miehlings These (nur langweiliger, weil altbekannt). Selbstverständlich spielen solche Ungleichheiten eine Rolle. Aber ebenso klar ist der Befund, dass es keine einfache Korrelation zwischen der Ungleichheit in einer Gesellschaft und den Gewaltverbrechen gibt (was an internationalen Statistiken leicht zu belegen ist, oder an einem Blick auf die extremen Ungleichheiten im 19. Jhd.). Es kommt auf zig andere Faktoren an.
Die meisten der Argumente hier contra Miehling sind also noch viel schlechter als die von ihm vorgebrachten.
Man fragt sich, welche Art von Studien akzeptiert würden, damit zugestanden würde, dass gewisse Musik schädliche Auswirkungen auf Kinder u. Jugendliche haben könnte und fühlt sich an gewisse Strategien der Tabakindustrie erinnert. Es dürfte doch kein Zweifel bestehen, dass die Lobby der Unterhaltungsindustrie stärker ist als die paar versprengten Bildungsbürger, die sich evtl. von Miehling repräsentiert sehen könnten.

Aber auch mir scheinen viele der methodischen Einwände berechtigt. Wenn Sie, Herr Miehling, einräumen, dass es verglichen mit etwa Videokonsum etc. sehr wenige soziolog. und psychol. Studien zu den Wirkungen von Populärmusik gibt, sollte allein das nicht zur Vorsicht vor eiligen Schlüssen aus diesem eher spärlichen Material mahnen?
Lässt sich aus dem häufigen Drogengebrauch in Künstlermilieu tatsächlich so viel zur Musik ableiten? Drogen und Kunst gehören seit langer Zeit zusammen, spätestens seit dem 19. Jhd. auch in der klass. Musik und besonders Literatur (Alkohol, Opium und dessen Derivate usw.).
Ebenso bezweifle ich einen tatsächlichen Anstieg der Gewaltkriminalität aufgrund von Musik. Es ist zum einen so, dass gewisse Kriminalitätsformen steigen, wenn mehr Menschen dicht in urbanen Zentren (oder gar Ghettos) zusammenleben, das ist im 20. Jhd. verstärkt gegenüber früheren Zeiten der Fall. Zum andern ist heute viel mehr justitiabel oder wird zur Anzeige gebracht als früher. Häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder oder Kirmesprügeleien wurden vor 100 kaum juristisch verfolgt. Die Anzahl von Drogendelikten hängt klarerweise empfindlich von der Rigidität der entsprechenden Gesetzgebung und der Härte der Verfolgung ab.
Schließlich kann man, wie schon gesagt wurde, die Delinquenten nicht von ihrem übrigen Milieu trennen und die Ursache für die Delinquenz in der Musik sehen. Natürlich gehört sie dazu und mag als Verstärker oder Katalysator für Gewalt wirken, aber de Gewalt ist dennoch schon vorher da.
Alle diese angeblichen Korrelationen scheinen mit nicht ausreichend zu sein, nichtmusikalische Wirkfaktoren auszuschließen. Ebenso könnte man behaupten, dass das Ernähren von Fast Food eher gewaltätig macht als das Speisen in Michelin-besternten Restaurants (was wiederum eine Neigung zu Steuer- udn Finazndelikten hervorruft)...

Schließlich erhebt sich die Frage der Kunstfreiheit. Auf die berüchtigte Stelle aus Platons Staat, in der nur die tugendförderliche Musik, nicht die verweichlichende (Wehrkraftzersetzung!) akzeptiert wird, wurde bereits angespielt. Ein "war on music" analog dem unseligen, nur zur Verschlechterung der Verhältnisse führenden "war on drugs" dürfte wohl kein probates Mittel sein.

Ich bin selbst auch dafür, empirische Studien auf diesem Gebiet durchzuführen und zu verbessern, denn die Grundthese halte ich, wenn auch überzogen dargestellt, nicht für von vornherein absurd. Das Problem ist die Komplexität der Verhältnisse und die immer begrenzte Aussagekraft solcher Untersuchungen. Und alles was die unerträgliche, verdummende Unterhaltungsindustrie in die Schranken weist, findet meine Zustimmung.
Aber man sollte grundlegende Freiheitsrechte, sowohl der Musikschaffenden wie der Hörer nicht vorschnell paternalistisch einschränken. Schwerwiegender noch, sehe auch ich den schon genannten "Sündenbockeinwand": Gewalt hat komplexe gesellschaftliche Ursachen, die werden nicht abgestellt, wenn man die Musik, auch wenn sie nicht bloß ein Symptom sein sollte, bekämpft. Wenn der brave Schwarze zweimal die Woche im Kirchenchor singt und gesetzestreu bleibt, sein Nachbar aber mit Rap vollends in Drogen und Kriminalität absinkt, so sind diese Verhältnisse anzuklagen und zu ändern; es hilft nichts, den Kirchensänger zu loben und Rap zu verbieten.

viele Grüße

JK jr.


[Beitrag von Kreisler_jun. am 21. Dez 2006, 14:15 bearbeitet]
op111
Moderator
#197 erstellt: 21. Dez 2006, 16:02
Hallo zusammen,

zunächst einmal eine allgemeine Bemerkung vorweg:
Wir befinden uns hier im für alle Berufs- und Bevölkerungsgruppen offenen allgemeinen Musikforum und nicht in einer geschlossenen Gruppe von Musiksoziologen und -philosophen.
Infolge dessen lautet das zugegeben etwas reißerische Thema dieses Threads
"Ihr werdet alle Amok laufen".
Das ist sicherlich emotionaler als
"dialektische Metakritik methodischer Aspekte polemischer Sozialstudien" o.ä .
Es ist also nur zu verständlich, dass einige Diskussionsteilnehmer emotional beteiligt sind und dies berechtigterweise auch so äußern.


Kreisler_JR schrieb:
wie hier fast durchgehend in einem Atemzug Herrn Miehling wissenschaftliche Nachlässigkeit vorgeworfen wird, wie aber fast alle "Gegenargumente" einzig auf der Beteuerung, dass man selbst und viele seiner Freunde doch seit Jahren Musiktyp X höre, aber weder straffällig noch drogensüchtig usw. geworden sei, wenn sie sich nicht sogar auf bloße Entrüstung beschränken.

@Kreisler_JR: Das kann ich in dieser pauschalen Verkürzung so nicht bestätigt finden. Es gibt sowohl emotionale als auch sachliche Statements. Nach Durchsicht des Threads ist es in meiner Wahrnehmung vielmehr so, dass die Äußerungen des "Dr._Klaus_Miehling" einige erhebliche sachliche Fragen hervorgerufen haben, die aber zur Beurteilung und Verständnis seiner Thesen relevant sind (s. u.a. #193), deren Beantwortung bisher nicht erfolgte.

Im Übrigen empfinde ich es nicht als verwunderlich, wenn eine Buchveröffentlichung mit einem dermaßen polarisierenden Titel auch entsprechende Reaktionen hervorruft. Zumal wenn der Autor sich in den vorliegenden Kommentaren so einseitig, unklar und diffus äußert, wird das wohl bei jedem kritischen Menschen Fragen aufwerfen.


Kreisler_JR schrieb:
Alle diese angeblichen Korrelationen scheinen mit nicht ausreichend zu sein, nichtmusikalische Wirkfaktoren auszuschließen. Ebenso könnte man behaupten, dass das Ernähren von Fast Food eher gewaltätig macht als das Speisen in Michelin-besternten Restaurants (was wiederum eine Neigung zu Steuer- udn Finazndelikten hervorruft)...

Korrelationen gibt es mehr als Kakerlaken im Abwassersystem, "Fahrer mit Hosenträgern fahren besser", "mit sauberen Gläsern klappt's auch mit dem Nachbarn" etc.

Es erscheint mir allerdings etwas naiv anzunehmen, daß derartige, im Gewande der Wissenschaftlichkeit daherkommende empirisch-/statistische Studien immer absolut ungefährlich sind und völlig folgenlos bleiben.
Die Hosenträgergeschichte ist offensichtlich eine reine Lachnummer, aber
ich denke da z.B. an einige Beispiele aus der Vergangenheit.
Die zugrunde liegenden Thesen belächeln wir heute als grotesken Unfug, für die Opfer wurden sie zur grausamen Qual.
z.B. die craniologischen Studien des S.G. Morton der im 19.Jhd in den USA anhand der Schädelform & -größe die Minderwertigkeit der Sklaven und Indianer "nachwies". Dieses Gespenst wurde im Ablauf der Geschichte mehrfach bis in die erste Hälfte des 20 Jhd. wiederbelebt.
Da wäre noch die Kriminalanthropologie, mit der man versucht(e), aufgrund körperlicher Merkmale bestimmte Gruppen gesellschaftlich zu diskriminieren.
Nun geht es also um Musikgeschmack ...

Nachdenkliche Grüße


[Beitrag von op111 am 21. Dez 2006, 16:32 bearbeitet]
Schili
Hat sich gelöscht
#198 erstellt: 21. Dez 2006, 18:02
Kreisler jr. schrieb:


Die Anzahl von Drogendelikten hängt klarerweise empfindlich von der Rigidität der entsprechenden Gesetzgebung und der Härte der Verfolgung ab.


Das ist schlicht falsch. Die Juresprudenz bzw. die Rigidität der Strafverfolgung hat noch zu keiner Zeit zu einer Abnahme von Gewaltverbrechen und speziell zur Verringerung der Drogenkriminalität geführt.

Würde man dieser These folgen, so wäre ein z.T. die Todesstrafe verhängender Staat, wie z.B. die USA, frei von Kapitalverbrechen, die z.B. aus der Drogenkriminalität herrühren. Das Gegenteil ist tatsächlich der Fall.

Auch in China, Thailand und Vietnam droht per Gesetz für den Handel mit BTM die Todesstrafe. Trotzdem sind diese Länder der Dreh- und Angelpunkt (zusammen mit einigen südamerikanischen Ländern)des internationalen Drogenhandel.

Ich frage daher: was ist noch "klarerweise", was bei näherer Betrachtung vielleicht nicht unbedingt klar - oder sogar falsch ist ?

Ich kann eine Irrlehre oder falsche Annahme in noch so kluge Wörter verpacken. Sie bleibt trotzdem falsch.

Gruß, Schili
Anbeck
Inventar
#199 erstellt: 21. Dez 2006, 18:07
auch in Indonesien gibts dafür die Todesstrafe
Kreisler_jun.
Inventar
#200 erstellt: 21. Dez 2006, 18:37

Schili schrieb:
Kreisler jr. schrieb:


Die Anzahl von Drogendelikten hängt klarerweise empfindlich von der Rigidität der entsprechenden Gesetzgebung und der Härte der Verfolgung ab.


Das ist schlicht falsch. Die Juresprudenz bzw. die Rigidität der Strafverfolgung hat noch zu keiner Zeit zu einer Abnahme von Gewaltverbrechen und speziell zur Verringerung der Drogenkriminalität geführt.

Würde man dieser These folgen, so wäre ein z.T. die Todesstrafe verhängender Staat, wie z.B. die USA, frei von Kapitalverbrechen, die z.B. aus der Drogenkriminalität herrühren. Das Gegenteil ist tatsächlich der Fall.

Ich frage daher: was ist noch "klarerweise", was bei näherer Betrachtung vielleicht nicht unbedingt klar - oder sogar falsch ist ?


Du hast mich völlig falsch verstanden: Wo gibt es mehr Verurteilte wegen Drogendelikten, in den Niederlanden oder den USA? In den USA, es gäbe dort aber auch mehr Verurteilte, wenn sich die Menschen exakt gleich verhalten würden, weil in dem einen Staat Dinge unter Strafe stehen, die im anderen straffrei ist. Deswegen ist die Zahl von "Delikten" kein Anzeichen für echte Kriminalität. (Wichtig ist das z.B bei Ausländerkriminalität. Um hier ein realistisches Bild im Vergleich zur restlichen Bevölkerung zu erhalten, darf man keine Delikte mitzählen, die per def. nur von Ausländern begangen werden könne, wie fehlende Aufenthaltserlaubnis)
Ich dachte, dass sei aus dem anderen Bsp. klargeworden: Vor hundert Jahren wurde bei einer Kirmesprügelei ein Eimer Wasser über die Kontrahenten gekippt und fertig, heute gibts eine Anzeige wg. Körperverletzung. Schon taucht ein Gewaltdelikt mehr in der Statistik auf, ohne dass tatsächlich mehr Gewalt herrschen würde. Ich meinte also, dass härtere Gesetzgebung und enforcement zu mehr Delikten führen, ohne dass sich notwendigerweise wirklich etwas geändert hat.
Würde ab nächsten ersten in D die Alkoholprohibition eingeführt, gäbe es plötzlich sehr viel mehr Rechtsverstöße, da kaum alle Leute sofort bereit wären, auf Alkohol zu verzichten, würde Cannabis legalisiert, gäbe es bei gleichem Verhalten der Kiffer sofort viel weniger Rechtsverstöße.

@Franz.-J.: Ich bin ganz Deiner Meinung, dass Studien im Namen der Wissenschaft auch mißbraucht werden können. Das spricht aber nicht dagegen sie überhaupt erstmal zu machen. Denn allein am Beispiel des Rauchens/Mitrauchens kann man doch deutlich sehen, dass es ebenso gefährlich sein kann, auf Studien zu verzichten oder eben nicht danach zu handeln, weil eine mächtige Lobby dagegenhält (deren Macht man gerade mal wieder am zögerlichen Rauchverbot sieht).
Oder wieviele Medikamente u.ä. wurden und werden immer noch auf den Markt gebracht, ohne angemesse Langzeiterfahrung (konnte jemand 1960 abschätzen, wie sich ständige Hormongaben durch die Pille langfristig auf die Gesundheit usw. auswirken?)

Ich sehe schon die Gefahr der Gängelung und der Einschränkung von Freiheiten. Ebenso aber die Gefahr von Denk-, und Forschungsverboten, weil "nicht sein kann, was nicht sein darf".

Miehling nennt dutzende von Studien. Auch wenn die seine weitreichenden Schlüsse nicht zulassen, so scheinen "harmlosere" Folgen wie Hörschäden, Konzentrationdefizite usw. doch bedenklich genug, um ein bißchen mehr Sensibilität zu erwarten. Es geht ja u.a. um Kinder dun Jugendliche und die Maßnahmen, die Miehling, wenn ich recht verstehe vorschlägt, gehen eher in die Richtung von Regelungen wie wir sei heute bzgl. Rauchen treffen, nicht wie bei Heroin.

viele Grüße

JK jr
GlobalPlayer
Stammgast
#201 erstellt: 21. Dez 2006, 18:43

Schili schrieb:
Kreisler jr. schrieb:


Die Anzahl von Drogendelikten hängt klarerweise empfindlich von der Rigidität der entsprechenden Gesetzgebung und der Härte der Verfolgung ab.


Das ist schlicht falsch. Die Juresprudenz bzw. die Rigidität der Strafverfolgung hat noch zu keiner Zeit zu einer Abnahme von Gewaltverbrechen und speziell zur Verringerung der Drogenkriminalität geführt.

Würde man dieser These folgen, so wäre ein z.T. die Todesstrafe verhängender Staat, wie z.B. die USA, frei von Kapitalverbrechen, die z.B. aus der Drogenkriminalität herrühren. Das Gegenteil ist tatsächlich der Fall.

Auch in China, Thailand und Vietnam droht per Gesetz für den Handel mit BTM die Todesstrafe. Trotzdem sind diese Länder der Dreh- und Angelpunkt (zusammen mit einigen südamerikanischen Ländern)des internationalen Drogenhandel.

Ich frage daher: was ist noch "klarerweise", was bei näherer Betrachtung vielleicht nicht unbedingt klar - oder sogar falsch ist ?

Ich kann eine Irrlehre oder falsche Annahme in noch so kluge Wörter verpacken. Sie bleibt trotzdem falsch.

Gruß, Schili :prost


Hallo,
man/frau kann das auch genau anders rum sehen:
je weniger rigide Gesetzgebung und je weniger Verfolgung desto logischerweise weniger Delikte.
mfG

edit: uuppss, ich war zu spät/langsam


[Beitrag von GlobalPlayer am 21. Dez 2006, 18:44 bearbeitet]
Schili
Hat sich gelöscht
#202 erstellt: 21. Dez 2006, 19:07
@ Kreisler Jr.:

OK. So kann ich deiner Argumentation folgen...


Vor hundert Jahren wurde bei einer Kirmesprügelei ein Eimer Wasser über die Kontrahenten gekippt und fertig, heute gibts eine Anzeige wg. Körperverletzung. Schon taucht ein Gewaltdelikt mehr in der Statistik auf, ohne dass tatsächlich mehr Gewalt herrschen würde. Ich meinte also, dass härtere Gesetzgebung und enforcement zu mehr Delikten führen, ohne dass sich notwendigerweise wirklich etwas geändert hat.


Hängt jedoch wohl nicht mit der Gesetzgebung, sondern wohl eher mit einem gesellschaftlichen Phänomen zusammen: "Man" klagt gerne. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: rechtlich handelt es sich weiterhin um ein reines Antragsdelikt, welches dem Wortlaut folgend nur auf ausdrücklichen Wunsch des Geschädigten, im Gegensatz zum Offizialdelikt, verfolgt wird. Heisst: In der Statistik taucht das Delikt nur auf, wenn der Geschädigte das wünscht. Tut er das nicht, sind wir auch heute noch beim "Wasserkübel".


(Wichtig ist das z.B bei Ausländerkriminalität. Um hier ein realistisches Bild im Vergleich zur restlichen Bevölkerung zu erhalten, darf man keine Delikte mitzählen, die per def. nur von Ausländern begangen werden könne, wie fehlende Aufenthaltserlaubnis)


Sogar sehr wichtig. Soweit mir bekannt, verzichtet das LKA Nordrhein Westfalen in seiner Statistik mtlw.auf die Verwertung von Straftaten, die Ausländer nur aufgrund ihres ausländerrechtlichen Status begehen können.

Gruß, Schili
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