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Aufbau einer audiophilen Klassiksammlung

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Autor
Beitrag
HansFehr
Inventar
#867 erstellt: 23. Nov 2010, 17:31
Hugo Wolf - Streichquartett d-Moll, Italienische Serenade G-Dur.

Von Naxos.

2010 ist ja auch ein Hugo Wolf-Jahr.


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Kings.Singer
Inventar
#868 erstellt: 24. Nov 2010, 00:25

arnaoutchot schrieb:
Cooler Tipp, Widor # 5 & 6, kommt in die Tüte ... Danke.


Wenn mir kurz ein Querverweis gestattet ist: Hier handelt es sich noch um das Cochereau "Orgel-Setup", vor der Renovierung und teilweisen Umgestaltung der Orgel. Kein Wunder, dass hier die "rollenden Bässe" so ins Ohr springen (wohl ebenso wie die beißenden Höhen der Chamaden). Zu empfehlen wären aus dieser Reihe auch die "Pieces de Fantasie" von L. Vierne:

jpc.de

Audiophil sind die Aufnahmen allemal. Bei mir bleibt aber stets die Frage zurück, ob man die Stücke wirklich so spielen muss. Gut, Latry hat bei der vorhandenen Infrastruktur eingeschränkte Möglichkeiten. Aber ein "Carillon de Westminster" zum Beispiel habe ich als unglaubliches edles und feines Stück im Kopf, das von der großen Kunst solcher Meister wie Vierne und Widor zeugt. In der vorliegenden Aufnahme hört es sich aber eher so an, als ob Latry mit der Orgel in den Krieg ziehen wolle und mit diesem Stück seine Gegner verschrecken wolle.

Was perfekt auf Cochereau und seine Improvisationen zugeschnitten war (daran liegt IMO kein Zweifel), funktioniert als interpretierendes Instrument leider nur eingeschränkt.
Aber wer auf Bombast steht, ist mit den Latry Aufnahmen von BNL auf der 'alten Cochereau-Orgel' genau richtig.

Und ab und an macht es auch Spaß: Sehr, sehr positiv herausheben möchte ich z.B. die Toccata in b-moll (op. 53, 2), die hier GENIAL wiedergegeben wird!

Grüße,
Alexander.


P.S. Ich kann dem Thread leider nicht mehr regelmäßig folgen, aber ich werde sicherlich noch etliche Nachträge haben, sobald ihr hier "ans Ende" gekommen seid!


[Beitrag von Kings.Singer am 24. Nov 2010, 00:28 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#869 erstellt: 24. Nov 2010, 01:48
Ich möchte noch einmal unter dem Buchstaben eine Lanze für die englischen Komponisten des 17. Jahrhunderts brechen:

amazon.de

Leider gibt es die CD nur noch als Download, vielleicht ist sie aber dennoch antiquarisch zu erhalten.

Die Interpretation ist fein, ganz NAXOS-untypisch nicht auf schnell mal eine Gesamtaufnahme getrimmt und die Aufnahmen überzeugen auch klanglich!


[Beitrag von flutedevoix am 24. Nov 2010, 01:58 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#870 erstellt: 24. Nov 2010, 01:55
Dann sollten wir unter dem Buchstaben noch dem Musikland Dänemark unsere Reverenz erweisen:

amazon.de

Weise ist ein feinsinniger Komponist am Übergang von der Klassik zur Romantik. Deutlich von Haydn und Beethoven beeinflußt läßt er zumindest in seiner Sinfonik auch frühromantische Tendenzen erkennen. Er war vermutlich der erste (jedenfalls mir bekannte) Komponist des großen goldenen Zeitalters der dänischen Musik.

Die Aufnahmen der Sinfonie ist auf zeitgenössischem Instrumentarium mitreißend eingespielt. Wer lieber oratorische Musik mag, ist mit folgender Einspielung gut bedient:

amazon.de


[Beitrag von flutedevoix am 24. Nov 2010, 01:57 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#871 erstellt: 24. Nov 2010, 11:48
@ Alexander: Danke für fachkundigen Hinweise. Ich denke, wir gehen bald in die zweite Runde, da ist dann Gelegenheit für Nachträge.

@ Johannes, danke für die Ergänzungen. Beide Namen habe ich zugegeben noch nie gehört. Ich dachte Naxos streicht keine Aufnahmen aus dem Katalog ? Erstaunlich ...
Schneewitchen
Inventar
#872 erstellt: 25. Nov 2010, 02:20
amazon.de

Diese Aufnahme der 4.und 5.Orgelsinfonie von Widor wurde von Odile Pierre (Schülerin von Dupre´und Durufle´) 2009 hervorragend eingespielt.Immerhin war sie da schon 77 Jahre alt,aber offenbar noch im Vollbesitz ihrer Kräfte.Widor selbst hatte ja noch mit 88 Jahren sein eigenes Werk auf Tonträger gebannt.
Das besondere dieser CD von 2010 ist die Aufnahmetechnik im Vergleich zu den ebenfalls hervorragenden Einspielungen von Latry und Preston.
Insbesonders bei Preston hat man den Eindruck,die Orgel würde vor einem im Wohnzimmer stehen,so direkt und glasklar ist der Klang.
Pierres Aufnahme erscheint dagegen etwas mulmig im Klang und manches Detail geht dadurch unter.Aber dafür scheint die Orgel nicht im Wohnzimmer zu stehen sondern dort,wo sie hingehört,nämlich in einer Kirche.Man hört die Orgelsinfonie so,wie man sie als Zuhörer in der Kirche hören würde,mit natürlichem Hall und entsprechenem Abstand.
Und die Toccata der 5.Sinfonie hat so druckvolle Bässe wie man sie auf keiner anderen Aufnahme hören kann.
Kings.Singer
Inventar
#873 erstellt: 25. Nov 2010, 09:31
Hi.

Also haben wir von Widor #5 nun eine Aufnahme, die genial aufgenommen ist, aber interpretatorisch kritisierbar ist. Und eine Aufnahme die interpretatorisch genial ist, aber aufnahmetechnisch kritisierbar ist.

Ich möchte zwar nicht für noch mehr Verwirrung sorgen, aber wir sollten vielleicht auch noch eine Aufnahme ins Rennen schicken, die da "in der Mitte" liegt:

jpc.de


Ben van Oosten auf MDG. Gespielt auf der Cavaille-Coll in St. Ouen, Rouen. So viel ich weiß ein Spätwerk des ursprünglichen Cavaille-Coll Orgelbaus und heute noch ziemlich unmanipuliert erhalten (im Gegensatz zu Notre Dame, Paris zum Beispiel). Ben van Oosten legt für meinen Geschmack eine der besten Interpretationen vor.

Und noch ein Hinweis: Die 5te ist vor allem durch ihre Toccata berühmt geworden. Widor selbst beklagte sie würde fast immer viel zu schnell gespielt. Deswegen lohnt es sich unbedingt in seine eigene Interpretation (1932) hineinzuhören!

Die Entdeckung der Langsamkeit: http://www.youtube.com/watch?v=J8vz1D_L_OE - Da geht einem ein Licht auf. Kein Showstück, sondern ein unglaublich edles und diffiziles!

Am überzeugendsten hat es übrigens später meiner Meinung nach Pierre Cochereau umgesetzt (den ich vorher noch für seine Interpretationen gescholten habe). Es gibt eine Aufnahme aus den 50ern, bevor er begann seine Klangästhetik auf die Orgel in Notre Dame zu übertragen und sie so dadurch grundlegend zu verändern. Man hört also noch größtenteils originalen Cavaille-Coll Klang, sicherlich aber auf einer derzeit schon stark renovierungsbedürftigen Orgel (der Schlussakkord stimmt nicht so ganz )! Die Aufnahme gibt es auch im YouTube.

Auch hier: Man höre, man staune! http://www.youtube.com/watch?v=_Xe3hnhtI5k - Man werfe seine Hörgewohnheiten über Bord!


Viele Grüße,
Alexander.


[Beitrag von Kings.Singer am 25. Nov 2010, 09:39 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#874 erstellt: 26. Nov 2010, 16:42
Was haben wir noch zu "W" ? Es können gerne auch schon Tipps zu "X" und "Y" gegeben werden, da habe ich nichts.
Joachim49
Inventar
#875 erstellt: 27. Nov 2010, 00:56
jpc.de
Da ich in Belgien wohne, fühle ich mich fast verpflichtet wenigsten eine Ysaye CD hier zu empfehlen.
arnaoutchot
Moderator
#876 erstellt: 27. Nov 2010, 11:14

Joachim49 schrieb:
Da ich in Belgien wohne, fühle ich mich fast verpflichtet wenigsten eine Ysaye CD hier zu empfehlen.


Danke für diese patriotische Empfehlung


Ein "W" und zwei "Y" hab ich sogar auch noch gefunden.

Adrian Willaert stammte ebenfalls aus dem heutigen Belgien und sollte wenigstens kurz erwähnt werden, immerhin war er einer der wichtigsten Komponisten der Renaissance und Mitbegründer der venezianischen Schule und des Madrigals (Lehrer u.a. von de Rore und Gabrieli). Seine "Missa Christus Resurgens" ist sicherlich eine der bedeutendensten Renaissance-Messen. Die Naxos-CD mit Jeremy Summerly und der Oxford Camerata ist klanglich einwandfrei.

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Xiaogang Ye ist einer der führenden zeitgenössischen chinesischen Komponisten (*1955), der westliche Formen mit chinesischen Einflüssen verbindet. Die CD mit seinem Pipa Concerto, das Violinkonzert "The Last Paradise" oder die Symphonie "Horizon" für Sopran, Bariton und Orchester geben einen guten Eindruck. Gewarnt sei allerdings vor Erwartungen an zu gefällige oder gar folkloristische Formen, Ye ist eher progressiv veranlagt. Die Ersteinspielungen der Werke auf wergo aus 2001 und 2002 mit dem RSO Saarbrücken sind klanglich tadellos.

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Von China nach Japan: Takashi Yosimatsu (*1953) ist ein japanischer Komponist, der sich (erstaunlicherweise) von der progressiven Rockmusik kommend der klassischen Musik zugewandt hat. Nach einer atonalen Phase komponiert er seit den 80er Jahren in einem neoromantischen Stil und schrieb u.a. verschiedene Instrumentalkonzerte und "Atom Hearts Club" Suiten für Streichorchester, die den Beatles und Pink Floyd gewidmet sind. Ich habe eine schöne Denon-Mastersound-Aufnahme seiner Soloklavierstücke "Pleiades Dances (Bücher 1 - 5)" von Kyoko Tabe. Die Stücke erinnern mich sehr an Satie, ein bisschen New-Age-Romantik à la George Winston ist auch erkennbar. Angenehm zu hören. Die Musik ist übrigens bei weitem nicht so weichgezeichnet wie das Cover !

pleiades
Joachim49
Inventar
#877 erstellt: 27. Nov 2010, 23:43
Kann vielleicht jemand etwas aus eigener Hörerfahrung zu Xenakis empfehlen?
J
5th_element
Stammgast
#878 erstellt: 28. Nov 2010, 02:16
Ich glaube wir haben Herrn Walton vergessen. Oder ?

Viel beitragen kann ich nicht, außer dem Violinkonzert, welches ich hier zusammen mit dem Sibelius Violinkonzert auf SACD empfehlen kann:

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Allerdings muß man dafür schon in der Stimmung sein. Eindeutig nicht so leicht in's Ohr gehend, wie die Violinkonzerte von Beethoven, Tschaikowsky oder Mendelssohn. Live konnte ich es sehen/hören, mit Daniel Gaede an der Violine und da kommt dann der technische Anspruch dieses Werkes richtig rüber.

Gruß,
Stefan
Martin2
Inventar
#879 erstellt: 28. Nov 2010, 03:38
Mit Walton werde ich nicht warm. Ich habe drei CDs von ihm. Zwei Naxos und eine Decca. Vom Bratschenkonzert habe ich sogar zwei verschiedene Interpretationen. Ich mag es trotzdem nicht. So wenig wie etwa die 2. Sinfonie. Auch Facade mochte ich nicht sonderlich. So bleibt als Empfehlung für mich nur die erste Sinfonie, die ich in dieser Aufnahme habe:

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Das Cover wird aus welchen Gründen auch immer nicht angezeigt. Na ja, egal. Es ist die Danielaufnahme auf Naxos.


[Beitrag von Martin2 am 28. Nov 2010, 03:42 bearbeitet]
Szellfan
Hat sich gelöscht
#880 erstellt: 28. Nov 2010, 09:15
Hallo zusammen,
nochmal "W", nochmal Benelux.Wassenaer Goodman
Wassenaer Koopman
Völlig egal, ob man die Stücke als Pergolesi hört oder als Wassenaer, einfach sehr schöne Barockmusik.
Licht im Klang und ich kann mich nie entscheiden, welche der beiden Aufnahmen mir lieber ist. Koopman vielleicht sensibler, zierlicher, mit dem für ihn typischen, etwas vorlauten Cembalo. Goodman etwas farbiger, auch durch den Einsatz einer Laute im Basso, Freude machen beide.
Herzliche Grüße, Mike
arnaoutchot
Moderator
#881 erstellt: 28. Nov 2010, 19:57
@ 5th Element: Den Walton hab ich nicht vergessen, ich schrieb bereits, dass ich da nichts habe, Belshazzar's Feast hatte ich mal auf DVD-Audio, hat mir aber nicht gefallen.

@ Szellfan: Die Wassenaer-Koopman-Aufnahme hatte ich schon empfohlen. Gut, doppelt genannt hält besser.
WolfgangZ
Inventar
#882 erstellt: 28. Nov 2010, 20:38
amazon.de

Diese Aufnahme der ersten Sinfonie, des vielleicht ansprechendsten Werks von Walton, kann ich klanglich wie interpretatorisch empfehlen.

Die Konzerte gefallen mir schon auch; da hätte ich aber bezüglich der audiophilen Qualität der Einspielungen, die ich besitze, gewisse Bedenken.

Wolfgang
Kings.Singer
Inventar
#883 erstellt: 29. Nov 2010, 09:31
Hi.

Noch ein Name, zu dem ich etwas beitragen kann. Waltons Belshazzars Feast gehört zu den kompromisslosesten Kompositionen, die ich kenne. Entweder es springt einen an oder es stößt einen ab. Ich habe es selbst schon gesungen und kann die Werkstruktur sowie die eingearbeiteten Effekte recht gut nachvollziehen (ebenso die zugrunde liegende Geschichte). Mein Urteil: Genial!

Aus audiophiler Sicht wäre sicher die von Michael schon genannte DVD-Audio (DSS 4.0) unter Previn (EMI) die Referenz. Aber hier muss man deutliche(!) interpretatorische Abstriche machen. Die Aufnahme aus den 70ern kann leider mit aktuelleren nicht mehr mithalten. Und Previn hat sich nun auch nicht gerade als Spezialist für Walton profiliert.

Gerade wurde Slatkin mit der ersten Symphonie empfohlen. Im Falle von Belshazzars Feast hat Slatkin auch die Referenzeinspielung schlechthin vorgelegt:

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Für die Aufnahme gilt, was Wolfgang (teleton) wohl als "richtig zupackend" beschreiben würde. Slatkin setzt die Anweisungen der Partitur ohne wenn und aber um. Besonders hevorheben möchte ich an dieser Stelle erneut den Chor: Hier wird beste Chorkultur präsentiert. Vibratoarmer Gesang, der eine bestmögliche Durchhörbarkeit der Stimmführung gewährleistet. Dazu präsentiert sich die Aufnahme in bestem Digitalklang (1989/90). Die Gran Cassa wird sehr druckvoll eingefangen.

Slatkin hat genau das richtige Händchen für Walton! Leider ist die Aufnahme nicht mehr in Produktion aber aus dem Amazon bisweilen noch günstig zu bekommen (z.B. aus dem britischen). Ansonsten wäre noch Paul Daniel eine Erwähnung wert - die Naxoseinspielung fällt im direkten Vergleich gegenüber Slatkin aber noch leicht ab.

Waltons eigene Aufnahme(n) sind audiophil leider nicht zu verwerten. Ich kenne die auf EMI - sie zeugt davon, dass Walton rasante Tempi bevorzugte, die der Chor auf dieser Aufnahme leider teils nicht richtig mitgehen konnte. Slatkin und der Chor bilden dagegen eine echte interpretatorische Symbiose.


Viele Grüße,
Alexander.
arnaoutchot
Moderator
#884 erstellt: 05. Dez 2010, 01:14

Joachim49 schrieb:
Kann vielleicht jemand etwas aus eigener Hörerfahrung zu Xenakis empfehlen?
J


Scheint keiner dabei zu sein. Ich kann es auch nicht, ausser von ein paar verstreuten Percussion-Stücken kenne ich den Mann nicht.

Also schlage ich vor, es zu Ende zu bringen ...

Jan Dismas Zelenka wurde als "tschechischer Vivaldi" bezeichnet, und sein Werk zeigt auch starke Gemeinsamkeiten mit Johann Sebastian Bach auf, in der Tat kannten sich die beiden und wertschätzten ihr Werk gegenseitig. Er wurde erst spät wiederentdeckt und auch heute noch dürfte die Aufarbeitung seines Werkes bei weitem nicht dessen Bedeutung entsprechen. Seine Triosonaten sind sowohl interpretatorisch wie klanglich herausragend aufgenommen von dem "Dream Team" Holliger-Bourgue-Zehetmair-Thunemann-Stoll-Rubin- Jaccottet auf ECM 1999. Erwähnenswert auch noch einige Orchesterwerke vom Collegium 1704 Prag auf Supraphon 1995 oder das Requiem in c-moll von J.E. Dähler auf Claves 1985. Die Triosonaten überstrahlen für mich an Eleganz und Virtuosität aber alles andere bei weitem.

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Zuletzt von den Klassikern von meiner Seite noch Alexander von Zemlinsky. Die Orchesterfantasie "Die Seejungfrau" kombiniert mit dem Fragment der 2. Symphonie auf einer Chandos SACD aus 2003 ist pathetisch-breite Spätromantik, auf Anhieb fand ich es etwas diffus, aber ich habe mich noch nicht vertieft damit beschäftigt.

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Schliesslich noch zwei letzte Empfehlungen. Der eine ursprünglich ein Rockmusiker, der schon in den relativ frühen Jahren ein Interesse an der zeitgenössischen Moderne hatte: Frank Zappa. Stellvertretend genannt seine von Pierre Boulez dirigierten Werke oder eine sein vom Ensemble Modern aufgeführtes Spätwerk "The Yellow Shark". Ich denke, die Genialität von Zappa lässt sich selbst heute nur schwer erfassen. Ähnliche Wege beschreitet John Zorn, der aus der Jazz-Avantgarde kommend heute ebenfalls zu den zeitgenössischen Komponisten gezählt werden kann. zB seine Umarbeitung seiner Stücke für die Band "Masada" für ein Kammerensemble beweisen das.

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ok, ich glaube das war's von meiner Seite. Nach über zwei Jahren Laufzeit bin ich mit meinen Empfehlungen am Ende. Wer diesen Thread verfolgt, der hat - denke ich - einige ganz brauchbare Empfehlungen erhalten, ob alles nun audiophil im engsten Sinne des Wortes ist, haben wir ja mehrfach diskutiert. Ich danke auf jeden Fall von meiner Seite allen Mitschreibern und Lesern für ihre Beiträge. b. Für mich hat sich die Mühe gelohnt, ich bin durch den Thread auf einige gute Sachen aufmerksam geworden, die ich so vermutlich nie gefunden hätte

Gerne können wir den Thread demnächst für Nachträge öffnen. Wir können das auch weiterhin in einer alphabetischen Struktur tun, der "Jazz Thread" hat allerdings gezeigt, dass die Resonanz nach dem ersten Durchlauf nur noch schwach war. Ich setzte da dann auf Eure Unterstützung !!!

Bis denne, wünsche allersiets einen schönen zweiten Advent.
Grüße Michael
Szellfan
Hat sich gelöscht
#885 erstellt: 05. Dez 2010, 15:06
...wenn man über Zelenka schreibt, sollte man dessen Sechs letzte Messen unbedingt erwähnen.
Sie liegen in hervorragenden Einspielungen vor, als Auswahl hier wenigstens zwei davon:
Zelenka Bernius
Zelenka Luks
wobei die Aufnahme mit Vaclav Luks vielleicht noch intensiver als die des etwas kühleren Bernius.
Die Triosonaten betreffend, möchte ich hier nochmal erinnern an die Aufnahmen mit Zefiro.
Die spielen mit historischen Instrumenten und ich persönlich finde sie eindeutig gelungener als die Holliger- Aufnahme.
Sowohl aufnahmetechnisch, denn sie klingen wärmer und perfekt im Raum gestaffelt, als auch interpretatorisch, denn sie gehen dem Affektgehalt dieser Musik feinsinniger nach.
Zelenka Zefiro

Ebenfalls hörenswert die Einspielungen mit Paul Dombrecht und seinem Ensemble Il Fondamento. Es gibt eine CD mit Orchesterwerken und eine mit Geistlicher Musik.
Und wer Interesse hat, unspielbare Hornpartien zu hören, der solle zur Gesamtaufnahme der Orchesterwerke mit Jürgen Sonnentheil greifen, erschienen bei CPO.
Klanglich nicht optimal eingefangen und in der Interpretation scheint es, mußte man, besonders bei der Tempowahl, doch Rücksichten nehmen auf die Hornisten.
Dennoch ist es sehr hörenswerte Musik, sicher beeinflußt von Vivaldi, aber Zelenka geht doch eigene Wege.
Herzliche Grüße, Mike
Kreisler_jun.
Inventar
#886 erstellt: 05. Dez 2010, 18:33
Die Triosonaten mit Zefiro sind leider anscheinend z. Zt. nur zu absurden Preisen gebraucht zu kriegen. Eine Alternative, die ich mir vor einigen Jahren angeschafft habe (da Zefiro schon damals teuer war), ist die Aufnahme mit Dombrecht, Ponseele und Ebbinge:

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jpc.de jpc.de


Wer nicht die inzwischen sehr preiswerte Gesamtaufnahme der Orchesterwerke bei cpo kaufen will, ist mit der Auswahl unter Dombrecht oder vom Freiburger Barockorchester (mit zwei Stücken vom Dresdner Kollegen Pisendel) sicher gut bedient. Ohne dass ich die mal direkt verglichen hätte, habe ich sie auch klanglich in guter Erinnerung.

Eine CD mit geistlicher Musik habe ich zwar auch, aber da habe ich kaum eine Erinnerung dran, vermutlich nur einmal gehört.

Zelenkas Stil hat allerdings mit Vivaldi m.E. nicht viel gemeinsam. Er hat einen sehr viel dichteren Stil; die Triosonaten sind außergewöhnlich kontrapunktisch gearbeitet. Dazu kommt die Betonung der Bläser, die fast überall auch in den Orchesterstücken wichtige und hochvirtuose Passagen haben.

Bei Zemlinsky würde ich auf jeden Fall mal empfehlen, die "Lyrische Sinfonie" anzuhören. Von der Meerjungfrau ist bei mir auch nicht viel hängengeblieben, aber dieses Werk, das Mahlers Lied v.d. Erde etwas ähnelt, finde ich sehr beeindruckend. (Ebenso die Oper "Eine florentinische Tragödie", die ich aber nur mal live gesehen habe.) Die Streichquartette (es gibt 4) kenne ich bisher auch noch nicht gut genug; das erste ist ein eher heiteres Stück in der Brahms-Nachfolge, das zweite ein expressionistisches durchkomponiertes Werk, nicht unähnlich Schönbergs erstem Quartett.

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viele Grüße

JK jr.
Joachim49
Inventar
#887 erstellt: 06. Dez 2010, 16:03
Zemlinskys Klarinettentrio op 3 klingt noch ganz nach Brahms. Sehr schön ist die Aufnahme mit Walter Boeykens (cl), Roel Dieltens (cl) und Robert Groslot (pia), die bei der französischen Harmonia Mundi erschienen ist.
(Kein link bei jpc)
arnaoutchot
Moderator
#888 erstellt: 17. Dez 2010, 17:19
Hier auch noch allen Lesern und Schreibern die besten Wünsche für ein schönes Weihnachtsfest und ein glückliches und gesundes Neues Jahr von mir
d075

Ich schlage vor, dass wir diesen Thread ab sofort für Nachträge öffnen. Auch wenn mir bei den Nachträgen ebenfalls ein alphabetisches Vorgehen gefallen würde, hat die Erfahrung in anderen Threads gezeigt, dass das mangels Resonanz schwierig durchzuhalten ist. Ich stelle es also hier zur Diskussion, ob wie weiterhin nach dem Alphabet vorgehen wollen, oder ob wir Nachträge nehmen wie sie kommen.

Viele Grüße Michael


[Beitrag von arnaoutchot am 17. Dez 2010, 17:20 bearbeitet]
Szellfan
Hat sich gelöscht
#889 erstellt: 17. Dez 2010, 19:51
Hallo Michael,
auch Dir schon jetzt ein schönes Weihnachtsfest!
Und allen.
Aus dem völlig zugeschneiten Sonneberg.

Das hat mich häufig abgehalten, zu schreiben, denn ich bin viel zu spät eingestiegen, um nicht aus dem Rahmen des Alphabetischen zu fallen.
Und so beginne ich auch nicht mit A wie aber, sondern mit W wie Wünsche.

Für's Neue Jahr-obwohl ich sicher vorher noch schreiben werde.
Herzliche Grüße, Mike


[Beitrag von Szellfan am 17. Dez 2010, 19:52 bearbeitet]
op111
Moderator
#890 erstellt: 17. Dez 2010, 20:14
Hallo Michael,

die besten Wünsche für ein schönes Weihnachtsfest und
ein glückliches und gesundes Neues Jahr
auch von mir.

Viele Grüße
Franz
arnaoutchot
Moderator
#891 erstellt: 28. Dez 2010, 14:37
Hallo zusammen,

ich schlage vor, wir machen hier mal weiter und versuchen bis auf weiteres, die Nachträge weiterhin in alphabetischer Form zu bringen. Mal sehen, ob sich das bewährt, wenn genügend Resonanz und Beteiligungsbereitschaft herrscht, sollte das klappen.

Ich stosse den Ball mal an. Zurück zu "A".

Ich habe irgendwo im Verlauf des Threads schon mal Kalevi Aho empfohlen. Ein interessanter zeitgenössischer Komponist aus Finnland, der Instrumentalkonzerte in ausgefallenen Besetzungen und grossorchestrale Symphonien schreibt. Herausragend ist die - wie gesagt, meines Wissens schon mal genannte - Symphony No. 12 "Luosto" (2003). Sie wurde für eine Aufführung in einem arktischen Amphitheater an den Hängen des Berges Luosto in Lappland geschrieben, setzt zwei Orchester, zwei Vokalsolisten, Blechbläser und Schlagzeuger ein, die in verschiedener Entfernung zueinander und zum Dirigenten und um das Publikum herum postiert sind. Dank Mehrkanal-SACD kann nun auch der Hörer im Wohnzimmer an diesen klanglichen Effekten teilhaben ...

Noch etwas extremer sind die Konzerte für Tuba und Kontrafagott, diese Instrumente werden nicht gerade mit Literatur überschüttet. Leider finde ich - wie so oft bei zeitgenössischer Musik - die Konzerte inhaltlich etwas ziellos. Gefälliger ist das Klarinettenkonzert aus 2005, das Martin Fröst gekoppelt mit demjenigen von Carl Nielsen unter Osmo Vänskä aufgenommen hat. Es wurde in der Fachpresse auch inhaltlich sehr gelobt ( ‘intensely lyrical, thematically memorable, and beautifully scored’ (Classics Today.com), ‘a deeply moving master-piece’ (Fono Forum), and ‘a chef-d'oevre of our time!’ (Classica-Répertoire)).

Alle der genannten Platten erschienen auf BIS, die Symphonie und das Klarinettenkonzert auf SACD.

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Was habt ihr noch zu "A" ?


[Beitrag von arnaoutchot am 28. Dez 2010, 14:49 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#892 erstellt: 28. Dez 2010, 15:53
jpc.de

jpc.de

Nachtragenswert sind auf jeden Fall die Streichquartette Arriagas. Die Aufnahme des wenig bekannten aber guten Casalsquartetts dürfte auch hohen Ansprüchen genügen, aufnahmetechnisch und interpretatorisch.

Die Qualität der Aufnahmen der Symphonien Hugo Alfvens (urspünglich BIS, jetzt Brilliant) wurde von Grammophone als 'neue Massstäbe setzend' gerühmt. Ob das auch für die kompositorische Qualität gilt???
Joachim
arnaoutchot
Moderator
#893 erstellt: 28. Dez 2010, 16:14
Die Alfven-Symphonien habe ich auch, habe mich aber noch nicht tiefer damit beschäftigt. Was ich bisher gehört habe, war aber schöne Musik. Danke für den Tipp.
Frank1970
Stammgast
#894 erstellt: 28. Dez 2010, 19:09
Hallo zusammen,

arnaoutchot schrieb:
Was habt ihr noch zu "A" ?

"A" ist auch etwas kurz gekommen beim ersten Durchlauf und es wurde sich schnell auf das "fette" "B" gestürzt!

Also noch ein paar zu "A":
jpc.de jpc.de
Atterbergs und Arnolds Sinfonien sind beides lohnenswerte Entdeckungen!

jpc.de

Adams Violinkonzert ist eines meiner liebsten überhaupt!
Audiophile Opern von Adams gibt es bestimmt auch noch - nur kenne ich da gar keine Aufnahmen...

Was ich auch gerne noch nennen würde, wäre "Iberia" von Albeniz. Hier ist meine liebste Aufnahme (Rena Kyriakou) jedoch leider bei weitem nicht audiophil. Vielleicht Hamelin? Kenne ich jedoch nicht...

Viele Grüße
Frank
arnaoutchot
Moderator
#895 erstellt: 28. Dez 2010, 19:58

Frank1970 schrieb:
"A" ist auch etwas kurz gekommen beim ersten Durchlauf und es wurde sich schnell auf das "fette" "B" gestürzt!


Hallo Frank, naja, das "A" war damals ein Testlauf, ob der Thread überhaupt von Interesse sein würde. Vielleicht ging es da ein bisschen schnell ...


Frank1970 schrieb:
Was ich auch gerne noch nennen würde, wäre "Iberia" von Albeniz. Hier ist meine liebste Aufnahme (Rena Kyriakou) jedoch leider bei weitem nicht audiophil. Vielleicht Hamelin? Kenne ich jedoch nicht...


Den Atterberg hatte ich - zu meiner Ehrenrettung - schon genannt. Auch bei Albéniz/Iberia hatte ich schon die SACD mit Hervé Billaut erwähnt ... Diese hat nun Konkurrenz bekommen. Zum einen die Linn-Aufnahme mit Artur Pizarro von 2010 und die Aufnahme von Yoram Ish-Hurwitz auf Turtle (beide sind Mehrkanal-SACDs). Während Pizarro schon alleine von Geburt auf der iberischen Halbinsel (Portugal) und musikalischer Früherziehung in den Werken Albéniz verwurzelt ist, hat sich der in den Niederlanden lebende Israeli Ish-Hurwitz lange bei Aufenthalten in Spanien mit dem Hintergrund dieses vermutlich wichtigsten Klavierzyklus der spanischen Musik des 19. Jahrhunderts beschäftigt. Auch wenn Pizarro sehr gelobt wurde (siehe unten Ausschnitt aus der Kritik "The Absolute Sound") und keinesfalls schlecht ist, finde ich den packenderen Zugriff und die absolut atemberaubend realitätsnahe Aufnahme des Steinway des Israeli noch einen Tick besser. Die Ish-Hurwitz-Aufnahmen habe ich übrigens bei jpc z Zt im Angebot gesehen, ich kann sie wärmstens empfehlen, unter klanglichen Gesichtspunkten sind sie meine erste Wahl ... und: Ja, ich habe den als Referenz geltenden 1973er Zyklus von Alicia de Larrocha auch.

jpc.de jpc.de



jpc.de

"We have here an ideal matching of artist, repertoire and instrument. Pizarro goes on in his liner notes about his choice of piano for the recording, a newly made Blüthner concert grand. The sonority is slightly sweet, bell-like (without being the least bit tinkly), and tactile - "good old wood-on-wire sound" is what the artist calls it - allowing for a wealth of nuances coloration. Linn's surround production delivers a corporeal representation of the piano that's inviting and present." (The Absolute Sound)


[Beitrag von arnaoutchot am 28. Dez 2010, 20:00 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#896 erstellt: 28. Dez 2010, 20:49
Die Streichquartette Arriagas sind unbedingt empfehlenswert, darüber sollte man aber auch seine Sinfonie nicht vergessen, die sich in einer mustergültigen Interpreation, die zudem noch klanglich befriedigend ist, u.a. auf folgender CD findet:

amazon.de

Noch mehr Orchester-Arriaga findet sich auf der folgenden CD mit Savall, die auch interpretatorisch und klanglich Spitzenklasse ist.

amazon.de

Ich finde an Arriaga seinen sehr eigenen Personalstil faszinierend, der mich sehr an Boccherini erinnert. Jedenfalls geht er einen anderen Weg als die Wiener Klassiker
bechtikw82
Ist häufiger hier
#897 erstellt: 03. Jan 2011, 02:19
Ein Gesundes Neues Jahr allerseits

Freut mich, dass der Thread eine Fortsetzung findet!
Prima Idee, Michael und ich freue mich auf viele spannende Beiträge.

Einen super Start in die erste Woche des neuen Jahres und bis demnächst

Benjamin
arnaoutchot
Moderator
#898 erstellt: 06. Jan 2011, 20:02
Hab noch was entdeckt, was hier reinmuss. John Antill war ein australischer Komponist des 20. Jahrhunderts, der in seinem Werk von der Kultur der Aborigines seines Heimatlandes stark beeinflusst war. Sein bekanntestes Werk ist das Ballett "Corroboree", das - wenn man so will - ein "Sacre" aus Down Under ist. Impulsives Schlagwerk verbindet sich mit archaischen Rhythmen. Die Everest-35mm-Stereo-Aufnahme von 1958 mit Eugene Goossens und dem London Symphony Orchestra dürfte in der hochauflösenden 24/96 DAD-Ausgabe klanglich ungeschlagen sein.

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Ich schlage vor, wir warten noch ein paar Tage, bis wir zu "B" weitergehen. Ich würde gerne sehen, wie der neue Schwesterthread mit den "grossen und berührenden" Aufnahmen (unabhängig von der Klangqualität) anläuft. Idelaerweise würden die Threads nebeneinanderlaufen, und Nennungen könnten guten Gewissens je nachdem in einem der beiden Threads gemacht werden.
arnaoutchot
Moderator
#899 erstellt: 17. Jan 2011, 13:25
Nachdem zu "A" offensichtlich nichts mehr kommt, kann gerne zu "B" nachgetragen werden.
bechtikw82
Ist häufiger hier
#900 erstellt: 17. Jan 2011, 14:47
Guten Tag zusammen,

na dann starte ich einfach mal mit einem Beethoven-Zyklus, der ja offensichtlich für viel Diskussionsstoff sorgt.

Nämlich Herr Thielemann und die Wiener Philharmoniker.

amazon.de

Die anderen Blu Rays liste ich nicht auf, die findet man über die o.g.

Ich habe alle Symphonien mit einer Bekannten äußerst kritisch angehört bzw. angeschaut und wir sind beide zu dem Schluss gekommen, dass Thielemann hier endlich mal eine gelungene Abwechslung zu dem ganzen historischen "Kram" bietet.

Endlich wieder einmal eine große Orchesterbesetzung

Was mir an diesem Zyklus besonders gefällt, ist der kristalline Klang der Wiener und vor allem die kräftige Basslinie, die Thielemann sehr dosiert einzusetzen weiß.

Da ich ja nie 100% zufrieden bin, habe ich natürlich auch eine Winzigkeit zu bemängeln, allerdings bezieht sich das nur auf die Neunte. Hier ist im ersten Satz eine Stelle, wo das Orchester nicht so recht zusammen ist und es wundert mich, dass Thielemann das so abgenommen hat bzw. für die Blu Ray Disc freigegeben hat...

Das Solistenquartett ist in sich überaus stimmig, besonders hervorheben möchte ich Georg Zeppenfeld mit seinem sehr kräftigen Bass.
Auch der Tenor, Piotr Beczala, hat außerordentliche Qualitäten, zumal seine Stimme sowohl die Tenor- als auch die Baritonlage hervorbringt, was überaus angenehm ist, als wenn man nur einen reinen Tenor hört. Annette Dasch bewältigt ihr "hohes H" kurz vor Schluss ziemlich gut. Ich habe nämlich jedes Mal Angst, was hier für Katastrophen passieren können, denn glaubt mir, hier haben schon einige ihr Glück versucht und sind kläglich gescheitert

Den Wiener Singverein habe ich selten mit solcher Textklarheit gehört,
denn früher hat man es dem Ensemble oft zum Vorwurf gemacht, verwaschen zu singen, was hier glücklicherweise nicht zutrifft.

Über Thielemanns Dirigierstil kann man streiten. Ich denke, die Probenarbeit war äußerst effektiv, denn unter normalen Umständen wäre es schon ein Wunder, wenn die Musiker den oft sehr diffusen Gesten folgen können. Thielemann macht für mich den Fehler, dass er alles in der Tiefe dirigiert bzw. nicht auf Höhe der Musiker, aber das ist hier nicht das Thema.

Vom Beethoven-Zyklus des 21.JH würde ich hier nicht unbedingt sprechen, aber man wird hier auf keinen Fall enttäuscht. Das Niveau ist gleichbleibend hoch und bietet wahre Klangfeste(Pastorale, Eroica, um nur einige wenige zu nennen)

Bildtechnisch wurde mit viel Aufwand gearbeitet. Klangtechnisch bekommt man sowohl PCM 2.0 als auch DTS-Master 5.0.
Die Mehrkanalspur ist überaus gelungen und wenn man den Luxus hat, relativ ungestört laut hören zu können, hat man jede Menge Spaß

Die Dokus mit Prof. Joachim Kaiser sind eine "nette" Beigabe, beschränken sich aber meistens auf einen Monolog durch Thielemann
Für Starter sicherlich bereichernd, mit Sonatensatz Analyse etc., ansonsten erfährt man nicht viel Neues.

Um auch vielleicht Diskussionen zu beenden. Den Zyklus wird es auch auf CD geben, allerdings befinden sich die Wiener noch auch Tournee und es wird noch dauern, eh der CD-Zyklus zu bekommen ist. Wäre sonst ja auch übertrieben, vom Zyklus des 21.JH zu sprechen und dann "nur" auf Blu Ray zu produzieren.

Ich für mich bin glücklich, dieses audivisuelle Projekt auf Blu Ray Disc zu haben und ich hoffe natürlich, dass nun auch andere Dirigenten folgen; Abbado, Järvi z.B.

Fazit: Reinlegen und die Klangstürme durch die Wohnung tosen lassen

Bis bald, ich melde mich sicher noch mit Fidelio und natürlich auch anderen "B" Komponisten

Liebe Grüße Benjamin
5th_element
Stammgast
#901 erstellt: 18. Jan 2011, 01:54
Hallo,

Thielemann fällt bei mir einfach durch die persönliche Sympathiewertung und da kann er sich noch so anstrengen. Aber das mag jeder für sich beantworten. Für mich ist das hier viel eher einer der besten "neuen Zyklen" und sowohl Orchester als auch Dirigent sind sehr symphatisch, worauf ich gleich noch eingehen werde.

jpc.de


Hier bin ich in mehrfacher Hinsicht befangen. Ich habe das Abschlusskonzert des Zyklus, anlässlich des Beethoven-Festes in Bonn 2009 gesehen, mit der 8. und der 9. Ausserdem habe ich den Zyklus komplett auf SACD und er ist für mich der Beste, der neuen, verschlankten Lesart. Das Komzert war fantastisch und die DVD Box hat das wunderbar eingefangen. Die Produktion ist sehr professionell gemacht (Deutsche Welle). Beim Regisseur merkt man sehr viel Erfahrung mit klassischen Konzerten. Ton und Bild passen hervorragend zusammen. Es gibt sehr viele Kameraperspektiven, mit knackscharfen Nahaufnahmen und sehr interessanten Blickwinkeln. Während des Konzertes waren die zahlreichen Kameras, teilweise ferngesteuert und auf Stativen zwischen den Musikern aufgebaut, schon gewöhnungsbedürftig. Aber wenn man hier das Ergebnis sieht, war es das wert.

Die Doku-DVD ist sehr interessant und gibt auch ein Bild vom "Typen" Järvi wieder, der nach diesen und anderen Eindrücken nicht so eine elitäre Diva ist, wie einige seiner Berufskollegen. Auch die Bremer Kammerphilharmonie wird etwas genauer dargestellt und ich persönlich finde es hochinteressant, dass es sich hier nicht um angestellte Musiker im bekannten Sinne handelt, sondern quasi um Mitgesellschafter, welches ein sehr spannendes Modell ist.

Klar geht es auf BluRay sicher noch schärfer, wenn man es richtig macht (gibt ja nachweislich auch schlechte BDs). Hier reicht mir durchaus die normale DVD, denn die Bildqualität ist ausgesprochen gut. Tonal ist die DTS-Spur sehr gut. Auch hier muss jeder für sich beanworten, was er glaubt bei den HD-Tonformaten noch zusätzlich zu gewinnen. Ist eh eine theoretische Diskussiion, weil es nun einmal keine BD ist.

Hinsichtlich der Interpretation ist der SACD Zyklus bereits oft besprochen worden.

Gruss,
Stefan
bechtikw82
Ist häufiger hier
#902 erstellt: 18. Jan 2011, 14:50
Guten Tag miteinander,

ja, der Järvi hat durchaus auch seine Reize - ich hab sowohl die DVD Box als auch sämtliche SACDs.

Ich finde es ehrlich gesagt nur schade, dass mein kein Blu Ray Projekt gestartet hat.
Für mich wäre das deshalb spannend, als dass man Thielemann und Järvi auf dem Markt hätte gegeneinander laufen lassen.

Der Witz ist nämlich, dass der Järvi ja auch in HD aufgezeichnet wurde.
Sony als Großer Fisch bleibt hier weit hinter den Möglichkeiten zurück!

Was die Bildqualität betrifft, bin ich allerdings sehr enttäuscht.
Da ist selbst der Abbado(Rom 2001) besser.

Das mag aber auch daran liegen, dass für DVDs leider nur noch das NTSC Format genutzt wird und hier ist die Auflösung leider viel schlechter als beim PAL-Format.

Musikgeschichtlich ist bemerkenswert, dass alle Komponisten aus Beethovens Epoche sich immer ein großes Orchester gewünscht haben, sogar Bach wollte für seine Oratorien ein großes Ensemble. Denn irgendwo kann man es mit dem "Forscherdrang" nach dem Alten auch übertreiben.

Ich möchte heute allerdings auch noch eine sehr gelungene Aufführung des Fidelio vorstellen.

Diese Aufführung macht mich hinsichtlich mehrerer Dinge glücklich:

amazon.de

Zum einen gibt es hier endlich wieder ein Wiedersehen mit Bernard Haitink im Orchestergraben
und zum andern ein nahezu perfekt aufeinander abgestimmtes Sängerensemble.

Haitinks Fidelio ist klanglich überaus üppig und fundamental, wie ich es auch nicht anders von ihm kenne
Das liebe ich auch jederzeit an seinen Darbietungen!

Die Sänger sind allesamt auf hohem Niveau, wenngleich die Namen teilweise eher unbekannt sind,
aber grade das macht es dann doch wieder spannend, wenn man solch erquickendes Ergebnis hören bzw. sehen darf.

Besonders hervorheben möchte vielleicht noch Melanie Diener als Leonore.
Sie bietet ein breites Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten und beschert dem Hörer viele wundervolle Momente!

Klanglich wie üblich PCM 2.0 bzw DTS-Master HD sowie diverse Untertitelspuren.

Wie bei allen Opus Arte BDs so auch hier ein kurzer Umriss der Handlung sowie eine bebilderte Übersicht der handelnden Personen.

Einen schönen Tag und bis zum nächsten Mal - dann vielleicht schon mit Bruckner und Brahms, die im ersten Durchlauf sträflich vernachlässigt wurden!!!

Liebe Grüße
Benjamin
5th_element
Stammgast
#903 erstellt: 19. Jan 2011, 01:14
Hallo Benjamin,

Woher hast Du denn die Informationen, dass in HD aufgenommen wurde ? Ich bin beileibe kein Kamera-Experte. Aber die Kameras die dott eingesetzt wurden waren von der Deutschen Welle (stand auf jeder Kamera mit grossem Logo drauf) und ich wäre jetzt etwas überrascht, wenn so ein Nischensender in HD aufnimmt.

Für mich ist die Bildqualität sehr gut. Aber ich vermute mal, dass eine normale DVD gut mit meinem "nur HD-ready" Plasma harmoniert. Nur frage ich mich ob das nun ein kaufentscheidendes Kriterium sein soll, ob man auch den letzten Pickel auf der Glatze des Dirigenten in seiner Pigmentstruktur erkennen muss.

Sprich, was erwartest Du von einer Orchesteraufnahme ?

Gruss,
Stefan
bechtikw82
Ist häufiger hier
#904 erstellt: 19. Jan 2011, 02:06
Hallo Stefan,

die DW war nur ein Partner für dieses Projekt, allerdings hat SONY bei Järvi den Hut auf
und wer wenn nicht SONY hat nun wirklich zahlreiche technische Möglichkeiten?

Woher ich das mit HD weiß? Nun ja, ich habe zahlreiche Ausschnitte davon gesehen und auch im Internet bin ich darauf gestoßen;
daher ja auch meine Ernüchterung, dass der Zyklus "nur" auf DVD vorliegt...

Natürlich soll das kein kaufentscheidendes Kriterium sein, mich macht sowas nur ziemlich ärgerlich,
wenn wir die neueste Technik haben und die dann aber nicht eingesetzt wird!

Ich habe mittlerweile 25 Beethoven Zyklen bei mir stehen, die ich allesamt verinnerlicht habe - sowohl rein Audio, als auch Audiovisuell - da habe ich das Glück, dass mein Gedächtnis wie eine Festplatte ist

Bei einem neuen Beethoven-Zyklus ist ja immer die drängende Frage:
Was gibt es denn nun noch Neues zu sagen?

Hier jetzt eine musikwissenschaftliche Analyse zu starten, würde eindeutig den Rahmen sprengen,
aber um auf Deine Frage ein wenig einzugehen, knüpfe ich sehr gerne dort an, wo ich vorhin kurz eingestiegen bin.

Beethoven und auch alle Komponisten vor ihm waren mit den damaligen Orchesterbedingungen alles andere als zufrieden.
Das fing bei dem Spielniveau der Musiker an und steigerte sich dann über Instrumentenbeschaffenheit bzw. Spielbarkeit bis hin eben zu der Größe des Klangkörpers. Die damaligen Instrumente waren leider nicht von der Güte wie heute und nicht jeder hatte eine Stradivari

Ich habe allgemein überhaupt nichts gegen Durchhörbarkeit - im Gegenteil, nur wenn man die Besetzung zu klein wählt, klingt es letztlich nach allem, nur eben nicht mehr nach Beethoven.

Und die ganzen historischen "Experimente" mit teilweise um einen Halbton tiefer gestimmten Instrumenten halte ich schlichtweg für Murks,
weil es einfach auch musikhistorisch falsch ist.

Der wirklich einzige Zyklus dieser Art, der mich wirklich staunen ließ war der mit Sir John Eliott Gardiner!
Der ist wirklich ausgezeichnet, allerdings treibt Gardiner das Spiel auch nicht zu weit.

Wie ich schon bei Thielemann schrieb, bevorzuge ich eine klare und kräftige Basslinie und Ausgewogenheit zwischen den Einzel- bzw. Mittelstimmen.
Das Tempo sollte nicht so schnell gewählt sein, da sonst die vielen diffizilen Schönheiten nicht zur Geltung kommen.
Das machen mM nach viele Dirigenten verkehrt.

Ich weiß nicht wie weit Du mit den Werken im einzelnen vertraut bist,
aber wenn man Beethovens Tempoangaben 100pro folgen würde, könnte man nahezu alles nicht mehr richtig auspielen.

Tempo ist ja auch immer eine Sache der Empfindung; ich für mich habe relativ früh die Langsamkeit entdeckt und kann auch nur jedem empfehlen, sich einmal darauf einzulassen. Ich meine nun natürlich auch kein Zeitlupentempo. Wie gesagt, das lässt sich hier schwer in wenige Worte kleiden.

Auf das Tempo werde ich wahrscheinlich noch etwas detaillierter bei Bruckner eingehen, das ist nämlich bei diesem Komponisten eminent wichtig!

Ein weiterer wichtiger Punkt für mich ist die Phrasierung, aber ich glaube das wird jetzt ein wenig zu intensiv.

Wir können uns ja vielleicht mal per PM austauschen, nicht dass hier sonst noch Protest kommt

Ich würde mich auf jeden Fall gerne weiter mit Dir unterhalten.
Bin jederzeit an spannenden Gesprächen interessiert; das gilt auch allgemein, wenn jemand mal Bock hat

Bleibt abschließend zu sagen, dass ich sehr froh über das gefilmte Konzert allgemein bin und wenn,
wie Du sehr richtig sagst, Bild und Ton wundervoll harmonisieren, gibt es doch nichts Besseres.

Ich würde mich freuen von Dir zu hören und vielleicht vertiefen wir dann unser Gespräch noch ein wenig.

Eine Gute Nacht und bis demnächst
Benjamin
flutedevoix
Stammgast
#905 erstellt: 19. Jan 2011, 03:02

Beethoven und auch alle Komponisten vor ihm waren mit den damaligen Orchesterbedingungen alles andere als zufrieden.
Das fing bei dem Spielniveau der Musiker an und steigerte sich dann über Instrumentenbeschaffenheit bzw. Spielbarkeit bis hin eben zu der Größe des Klangkörpers. Die damaligen Instrumente waren leider nicht von der Güte wie heute und nicht jeder hatte eine Stradivari

Deswegen haben sie ja auch alle Werke geschrieben, die mit den damaligen Gegebenheiten für sie nicht zufriedenstellend oder auch nur erträglich aufgeführt werden konnten. Ja, um noch weiterzugehen, sie haben sogar Werke älterer Komponisten für diese ungeeigneten Klangkörper arrangiert. Ich sehe schon, diese Komponisten waren also alle sado-masochistisch veranlagt und hofften auf die ferne Zukunft, die endlich eine angemessene Interpretation ihrer Werke ermöglichen würde. Sehr selbstlos und sehr idealistisch! Daher sollte dringend die Musikgeschichte neu geschrieben werden.


Ich habe allgemein überhaupt nichts gegen Durchhörbarkeit - im Gegenteil, nur wenn man die Besetzung zu klein wählt, klingt es letztlich nach allem, nur eben nicht mehr nach Beethoven.

Nach Herrn de Roos also noch jemand, der genau weiß, wie Beethoven geklungen hat und heute auch zu klingen habe. Herzlichen Glückwunsch, dann sind ja alle Fragen geklärt!


Und die ganzen historischen "Experimente" mit teilweise um einen Halbton tiefer gestimmten Instrumenten halte ich schlichtweg für Murks,
weil es einfach auch musikhistorisch falsch ist.

Einen Halbton tiefer gestimmt ist ganz sicher musikhistorisch nicht richtig, aber ob deswegen eine Aufnahme Murks ist? Ich drehe mal den Spieß um, alle modernen Aufnahmen so zwischen 443 und 446 Hz sind einen Viertelton zu hoch, musikhistorisch auch falsch und daher Murks? Interessanter Ansatz!

Übrigens endlich mal ein Satz dem ich zustimmen kann:

Der wirklich einzige Zyklus dieser Art, der mich wirklich staunen ließ war der mit Sir John Eliott Gardiner!
Der ist wirklich ausgezeichnet, allerdings treibt Gardiner das Spiel auch nicht zu weit.

Ich frage mich aber, in welcher Hinsicht er das Spiel nicht zu weit treibt.


Ich weiß nicht wie weit Du mit den Werken im einzelnen vertraut bist,
aber wenn man Beethovens Tempoangaben 100pro folgen würde, könnte man nahezu alles nicht mehr richtig auspielen.

Tempo ist ja auch immer eine Sache der Empfindung; ich für mich habe relativ früh die Langsamkeit entdeckt und kann auch nur jedem empfehlen, sich einmal darauf einzulassen. Ich meine nun natürlich auch kein Zeitlupentempo. Wie gesagt, das lässt sich hier schwer in wenige Worte kleiden.

Ich bin sehr gut mit den Werken vertraut, sowohl aus der Partitur als auch als Instrumentalist aus der Orchesterpraxis. Mir stellt sich ja immer wieder die Frage, warum Beethoven denn nun diese Tempoangaben machte, wenn sie nicht zu realisieren sind. Aber vielleicht habe ich da den ersten Punkt in meinem Beitrag zu wenig beachtet. Ich glaube jedenfalls, daß Beethoven hörtechnisch etwas eingeschränkt aber garantiert nicht dumm war.
Vielleicht ist ja eine Auffassung des Ausspielens nicht in des Komponisten Sinn, wenn sie in Beethovens Tempovorstellungen nicht zu realisieren ist.


Ein weiterer wichtiger Punkt für mich ist die Phrasierung, aber ich glaube das wird jetzt ein wenig zu intensiv.

Sehr richtig, das mit der Phrasierung! Noch ein wahrer Satz, dem ich zustimmen möchte!

Nun auch von mir eine gute Nacht

Viele Grüße
Johannes
5th_element
Stammgast
#906 erstellt: 19. Jan 2011, 11:17
Hallo Benjamin und Johannes,

ähm ... diese Diskussion wollte ich überhaupt nicht lostreten. Auf welche "Frage" von mir bezieht sich denn dieser Exkurs ??

Meine Frage an Benjamin, "was erwartest Du von einer Orchesteraufnahme ?" stand nach wie vor im Kontext mit der Bilddiskussion. Also ob man bei einer Orchesteraufnahmen wirklich jedes Barthärchen dreidimensional sehen muß.

Aber gut. Hinsichtlich Eurer umfangreichen Ausführungen bin ich sicher nicht der richtige Gesprächspartner. Denn ich bin im Klassik-Bereich erst verhältnismäßig junge 4 Jahre unterwegs und mangels einer beruflichen Karriere in diesem Feld auch bzgl. des Lesens und Interpretierens von Partituren völlig inkompetent.

Anders ausgedrückt. Eure Texte klingen in jeder Hinsicht fundiert und fachlich beeindruckend. Ich kann sie aber überhaupt nicht ob ihrer Korrektheit bewerten und da hier im Forum (wie in allen Foren) wirkliche Fachleute kaum von Leuten zu unterscheiden sind, die Halbwissen einigermassen sinnhaftig aneinanderreihen und ausformulieren können, lasse ich Eure Ausführungen einfach mal so stehen. Da ich die Frage nach Sinn und Unsinn der verschiedenen Aufführungspraktiken gar nicht gestellt habe, nehme ich mir jetzt ne Tüte Popcorn, ziehe mich auf die Tribüne zurück und schaue Eurer Diskussion interessiert zu.


Viele Grüße,
Stefan
flutedevoix
Stammgast
#907 erstellt: 19. Jan 2011, 12:05
Hallo Stefan,

bitte nicht. Ich wollte mich auch nicht in euer lebhaftes Gespräch einmischen. Mein Anliegen war es nur, einige apodiktisch formulierte Thesen zugegebenermaßen ironisch zu kommentieren und darauf hinzuweisen, daß es sich hier bei Benjamin um eine eigene Meinung handelt und nicht um Heilsgewißheit.

Ich meinerseits folge mit einem gewissen Interesse der technischen Seite Eurer Diskussion. Ich kann aber nicht verhehlen, daß mir wesentlich mehr an einer starken künstlerischen Aussage und berührender Interpretation seitens der Künstler liet als an einer technisch perfekten Umsetzung. So habe ich auch etliche hitorische Aufnahmen in meinen Reihen, die sicher nicht audiophilen Ansprüchen genügen aber aufgrund ihrer künstlerischen Meriten unvergleichlich und unverzichtbar sind.

Um dahin zu kommen, muß allerdings Christian Thielemann noch einige Meter wachsen. Das ist nun meine Meinung zur Beethoven-Sinfonien-Einspielung von ihm. Ich höre da allenthalben biederer, uninspirierter Durchschnitt. Daß es auch anders geht, hat erst neulich Maris Janson beim Weihnachtskonzert des Concergebouw mit Beethoven 7. bewiesen oder eben die von Dir angesprochene Totale von Paavo Järvi oder die Totale von Herreweghe.

So und nun ziehe ich mich zurück, mit einer Tasse Kaffee auf der Couch, und lausche Euren interessanten Exkursen.
arnaoutchot
Moderator
#908 erstellt: 19. Jan 2011, 12:10
@ alle: Grundsätzlich finde ich es gut, wenn hier in diesem Thread auch ausführlich diskutiert wird, es sollte natürlich der Threadtitel nicht völlig aus den Augen verloren werden. Sollte es auf eine reine Diskussion "Historische vs. moderne Aufführungspraxis" hinauslaufen, bitte ich um Nutzung eines vorhandenen derartigen Threads oder ggf. Eröffnung eines eigenen Threads.

Ich persönlich bin ambivalent: Warum soll ich mich denn für eine Seite entscheiden müssen ? Ich kann doch beides haben. Manchmal gefällt mir eine transparente historisch orientierte Deutung besser, manchmal will ich den vollen "Sound" eines modernen Orchesters. Gerade bei den Klavierkonzerten von Beethoven leben Schoonderwoerd oder Brautigam auf der einen und Brendel, Pollini, Zimerman, Barenboim usw. auf der anderen Seite in meinem CD-Regal friedlich zusammen.

Hier noch ein Symphonien-Zyklus, der m.W. in der ersten Runde nicht genannt wurde (da hatte ich ihn noch nicht): René Leibowitz mit dem Royal Philharmonic Orchestra. Für mich als musikalischen Laien mit Kenntnis von überschaubaren zehn Zyklen derjenige, wo ich sage: "Ja, genau so glaube ich hat Beethoven das gespielt haben wollen." Klanglich sind die auf dem Chesky-Label wiederveröffentlichten Aufnahmen aus den frühen Sechzigern tadellos, ja sogar ansatzweise audiophil zu nennen.

jpc.de


[Beitrag von arnaoutchot am 19. Jan 2011, 12:14 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#909 erstellt: 19. Jan 2011, 12:18
Abschließend von meiner Seite dazu:
Völlig richtig, es ist nicht der richtige Platz für die Diskussion "historisch-informiert" versus "traditionelle" Interpretation. Anders als vielleicht zu vermuten ist, verfechte ich auch nicht einen ausschließlich historisch-informierten Ansatz, in meinem Schrank finden sich auch genügend traditionelle Aufnahmen.
Mir ging es nur darum, einige sehr als Gewißheit formulierte Thesen, als eigenen Geschmack aber nicht als Fakten einzuordnen.

Den Leibowitz finde ich übrigens auch sehr schön. Interessanterweise ist ja dieser Zyklus einer der ersten (wenn nicht der erste), der Beethovens Tempi nahezu realisiert und damit das Beethoven-Bild nachdrücklich veränderte. Dies sogar mit modernem Instrumentarium, was das Unterfangen schnelle Tempi erschwert, da hier die Transparenz wesentlich kleiner ist als bei Instrumenten aus der Beethovenzeit.
bechtikw82
Ist häufiger hier
#910 erstellt: 19. Jan 2011, 13:19
Hallo zusammen,

klassisches Missverständnis würde ich mal sagen

Habe mich eben auch noch mal mit Stefan ausgetauscht.

Ich ging bei seiner Frage davon aus, dass er klangspezifische Aspekte meinte und nun solche Diskussion in Gang zu setzen lag nie in meiner Absicht.

Daher hatte ich ja auch schon darauf hingewiesen, dass das nicht das Thema ist...

Wie auch immer, der Irrtum lag bei mir. Nichts für ungut

Zum Glück sind ja Geschmäcker verschieden.

Jetzt auf die gemachten Aussagen von Johannes einzugehen spare ich mir einfach mal, denn um es zum Abschluss zu bringen, das ist hier nicht das Thema.

Viel lieber mache ich dann noch mit einem Opernkomponisten weiter, aber alles zu gegebener Zeit.

Viele Grüße


[Beitrag von bechtikw82 am 19. Jan 2011, 13:20 bearbeitet]
5th_element
Stammgast
#911 erstellt: 19. Jan 2011, 13:50
Na dann sind wir doch alle wieder im Boot.

Ich habe das auch durchaus sehr ernst gemeint, dass ich mir wünschen würde von der ich nenne es mal "technisch/historischen Theorie" mehr zu verstehen. Denn dieses fehlende Wissen reduziert meine Wahrnehmungen dann sehr auf "gefällt mir" oder "gefällt mir nicht". Das hat ja auch seinen Charme in der Schlichtheit. Aber ich hätte gern mehr Wissens-Unterbau.

Darum schätze ich solche Exkurse durchaus und habe höchsten Respekt vor Expertenwissen. Was in Foren immer problematisch ist, ist eben dieses Expertenwissen von gut formuliertem Hörensagen zu unterscheiden.

Wo ich sehr beim Johannes bin ist die Aussage, dass es doch sehr wenige explizite und seriös dokumentierte Aussagen von Beethoven und Co. gibt, denen man eine klare Vorstellung von deren gewünschter Aufführungspraxis entnehmen kann. Vieles sind Fragmentäußerungen zur Orchesterbesetzung, -Positionierung, -Instrumentierung usw. Daher wäre mir manchmal ein weniger dominantes "Behaupten" symphatischer. Das wollte Johannes sicher ausdrücken und hat dem durch sarkastische Formulierungen einen "Geschwindigkeitsüberschuss" mit auf den Weg gegeben.

Ich versuche auch durchaus eine Bandbreite zu entdecken. Denn nur dann kann man Favoriten ausbilden und die Eckpunkte dieser Bandbreite markieren bei mir momentan die Einspielung von Krips, mit dem LSO, die von Michael erwähnte Leibowitz und Järvi.

Also alle wieder von der Tribühne zurück auf's Spielfeld.

Friedliche Grüße,
Stefan
Szellfan
Hat sich gelöscht
#912 erstellt: 19. Jan 2011, 14:37
Hallo Stefan
vor allem gibt es zu diesem Thema ja doch diesen Thread hier
http://www.hifi-foru...um_id=195&thread=531
da könnte man ja weiterdiskutieren.
Herzliche Grüße, Mike
5th_element
Stammgast
#913 erstellt: 19. Jan 2011, 15:36
Merci, Mike !

Gruß,
Stefan
Szellfan
Hat sich gelöscht
#914 erstellt: 19. Jan 2011, 16:32
Lieber Stefan,
ich schwimm ja nicht immer.
Außerdem schätze ich die Meinung von Leuten quasi "aus dem Bauch heraus" sehr!
Herzliche Grüße, Mike
bechtikw82
Ist häufiger hier
#915 erstellt: 21. Jan 2011, 14:44
Guten Tag zusammen,

hier noch ein wichtiger Nachtrag zum Beethoven.

Seine groß angelegte Missa Solemnis sollte nämlich unbedingt noch in diese Sammlung aufgenommen werden.

Ich habe mich für folgende audivisuelle Umsetzung entschieden:

amazon.de

Karajan liebte dieses Werk und er hat es sehr oft aufgeführt.
Die Annahme es sei seine einzige Videoaufnahme, stimmt nicht ganz, aber dazu später mehr.

Hier eine Aufführung von "seinen" Salzburger Osterfestpielen von 1979 mit hochkarätiger Solistenbesetzung.
Hervorheben möchte ich besonders Anna Tomowa-Sintow(Sopran) und José van Dam(Bass), dazu den Wiener Singverein, der hier in sehr guter Verfassung ist.
Denn oft singen die Damen und Herren ziemlich verwaschen, nicht so in diesem Konzert.

Karajan bettet Chor und Solisten stark in in das Orchester ein, lässt jedoch den Solisten jederzeit Raum zur vollen stimmlichen Entfaltung.

Dass man den Damen des Singvereins hier solche "netten" Kostümchen übergeworfen hat - wer weiß, wem das einfiel, aber letztlich ist das egal, denn das Gesamtergebnis überzeugt in vollster und vollendetster Weise.

Die Berliner Philharmoniker waren zu dieser Zeit wohl auf ihrem Höchstniveau mit Karajan, was die Klangkultur betrifft.

Klanglich bin ich von der DVD immer wieder überrascht.
Üblicher PCM 2.0 und DTS 5.1 sowie diverse Untertitelspuren.
Der Mehrkanal ist überaus direkt abgemischt, denn natürlich gab es 1979 noch kein DTS.

Und um kurz auf Karajans 2. Videoaufnahme zu kommen.

Das ist nämlich diese hier aus dem Jahre 1985, aus seinem viel zitierten "Vermächtnis" und ich bin glücklich, sie in meiner Sammlung zu haben.

http://www.amazon.co...id=1295609346&sr=1-7

Selbe Besetzung, lediglich andere Sänger.

Die späte Aufnahme besticht durch breitere Tempi und voluminösen Klang, sowie zum Weinen schöne Momente(Benedictus).

Wer die Möglichkeit hat, sollte ruhig mal die späte Aufnahme anschauen.
Leider gibt's die nur in Japan und auch nicht ganz billig, aber es lohnt sich auf jeden Fall.

Eine dritte Konzertaufzeichnung könnte ich hier auch noch vorstellen,
aber dort ist mir persönlich der Klang etwas fahl, wenngleich auch eine Spitzenbesetzung am Start ist.

Das wäre dann diese hier, in der beeindruckenden Kulisse der Frauenkirche Dresden aufgeführt:

amazon.de

Aufnahme von 2005 zur Wiedereröffnung der Frauenkirche.

PCM 2.0, DD 5.1, DTS 5.1

Bis demnächst und einen schönen Freitag allerseits
Benjamin
Joachim49
Inventar
#916 erstellt: 21. Jan 2011, 16:25
jpc.de
jpc.de
Wenn schon HvK, dann darf Lenny auch nicht fehlen. Eindrucksvoll seine "Missa Solemnis" mit dem Concertgebouw und einem Höchstmass an Hochspannung und Expressivität. Mein Herz hängt aber an der völlig unterschätzten Aufnahme mit Herreweghe (viel besser als Gardiner).
Joachim
bechtikw82
Ist häufiger hier
#917 erstellt: 21. Jan 2011, 16:36
Lenny ist natürlich ein Traum!!!
Ist mir glatt durch die Lappen gegangen.

Überhaupt die ganze Box mit den Wienern ist traumhaft.
Glühende Leidenschaft gepaart mit ungeheurer Musizierfreude.
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