Hochtöner defekt - Ursachensuche

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David*
Neuling
#1 erstellt: 10. Aug 2017, 18:59
Liebe Gemeinde,
über die Suchfunktion habe ich einige Diskussionen zum Thema gefunden. Allerdings behandeln diese das Thema sehr unspezifisch, es wird i.d.R. nur beschrieben, "nach einer Party defekt" - da kann viel passiert sein. Daher eröffne ich eine neue Diskussion.

Zunächst zur Verstärker / Lautsprecher Kombination

Yamaha R-S300
Minimale Ausgangsleistung (RMS)
(8 Ω, 20 Hz bis 20 kHz, 0,04% THD) ..................... 50 W + 50 W
• Impulsleistung pro Kanal (IHF)
(8/6/4/2 Ω) ........................................................... 70/77/89/100 W
• Maximale Ausgangsleistung pro Kanal [nur Europäisches Modell]
(1 kHz, 0,7% THD, 4 Ω) ...................................................... 55 W
• Leistung nach IEC [nur Europäisches Modell]
(1 kHz, 0,04% THD, 8 Ω) .................................................... 52 W
• Leistungsbandbreite
(0,06% THD, 25 W, 8 Ω) .................................. 10 Hz bis 50 kHz

Charakteristik der Klangregelung
BASS
Anhebung/Absenkung (50 Hz) ..................................... ± 10 dB
Übergangsfrequenz ......................................................... 350 Hz
TREBLE
Anhebung/Absenkung (20 kHz) ................................... ± 10 dB
Übergangsfrequenz ........................................................ 3,5 kHz

Magnat Quantum 507
Konfiguration: 3 Wege Bassreflex
Belastbarkeit: 180 / 320 Watt
Impedanz: 4 – 8 Ohm
Frequenzbereich: 20 – 55 000 Hz
Empfohlene Verstärkerleistung: 30 – 320 Watt
Wirkungsgrad (1 Watt/1 m): 93 dB

Der Vorfall
Ich wollte mal schauen, was meine Hardware so kann im Vergleich zur Diskothek. Bislang konnte ich wegen Nachbarn nicht aufdrehen. Jetzt waren mal keine Nachbarn zu Hause. Was ich bislang ohne Gehörschutz gehört habe, klang vielversprechend. Also Gehörschutz rein, und fühlen wie viel Druck die Anlage machen kann (um die Musik zu fühlen gehe ich in die Diskothek). Ohne Gehörschutz reichen mir -30dB, das ist schon laut genug, dass die Nachbarn mithören können. Ich habe SNR-35dB Gehörschutz eingesetzt und mir ging es jetzt um das Körpergefühl. Den unten referenzierten Track habe ich angespielt.
Ich habe langsam lauter gedreht um zu hören ob es der Technik dabei gut geht. War auch ganz nett.
Dann standen die Regler:
Lautstärkeregler +5dB
Bass -3dB
Treble +3dB

Und nicht lange nach Einsetzen der Hochfrequenzpartie, unten im Track 2:00-2:30, stieg Qualm aus den Hochtönern und oben rum wurde es stiller. Jetzt sind sie defekt.
Vom Gehör her habe ich zuvor mit der Einstellung keine Verzerrungen oder Töne wahrgenommen die dort nicht hin gehören.

Das Lied vom Tod: https://youtu.be/6fvRoEEzuJ0?t=115

Diskussion
Mein Ziel ist, zu verstehen, welchen Fehler ich begangen habe, der zu den rauchenden Hochtönern geführt hat. "Hast halt zu laut gehört." Ist mir nicht gut genug.
Denn mit dem 50W Verstärker hätte ich nicht erwartet, dass ich die 180W belastbaren Boxen zerstöre, so lange ich keine verdächtigen Geräusche höre. Und auf die habe ich speziell geachtet. Dabei habe ich meiner Meinung nach ein überdurchschnittlich gutes Gehör für komplexe Arrangements.

Folgende Fragen stellen sich mir konkret:
- Was passiert oberhalb von 0 dB? Hätte ich die Lautstärke unterhalb 0 dB stehen lassen sollen? War dadurch der Tod schon vorprogrammiert? Wird bei Verstärkung oberhalb 0dB das Signal abgeschnitten?
- Hätte ich Treble+Lautstärke insgesamt unter 0 dB stehen lassen sollen?
- Orakel: Wäre -3dB Lautstärke eine sichere Stellung gewesen?

Vielen Dank für Eure fundierten Antworten!
Reference_100_Mk_II
Inventar
#2 erstellt: 10. Aug 2017, 19:23
Du hast halt einfach zu laut gehört. Punkt. Kann man tatsächlich so stehen lassen.

Aber technisch:
Nennt sich Clipping. Das Sinusförmige Ausgangssignal des Verstärkers wird bei zu weitem Aufdrehen zu einem rechteck-ähnlichen Signal. Der obere und untere Bereich der Sinuswelle werden abgeschnitten (engl.: to clip - "abscheiden"). (Du willst die Ausgangsspannung der Endstufe höher regeln als die vom Netzteil bereitgestellte Spannung. Geht nicht - doof)

Wenn man sich dann mal die Arbeiten des Herrn Fourier ansieht erkennt man, dass in den Flanken dieses rechteck-ähnlichen Signals sehr hohe Energieanteile bei hohen Frequenzen vorhanden sind. Diese Energie ist wesentlich höher, als sie bei Musik jemals vorkommen würde.

Demnach steigt die Ausgangsleistung des Verstärkers im "Hochtonbereich" (sehr) stark an, wenn er clippt. Teilweise dann auch so stark, dass der Hochtöner diese Leistung nicht mehr in Wärme wandeln und abführen kann und die Spule durchbrennt.

Clipping lässt sich aber SEHR gut heraushören. Nur doof, wenn man nen Gehörschutz drin hat. Hat man halt Pech.

Auch solltest du mal verinnerlichen, wie die dB-Rechnung funktioniert und was diese Einheit in Bezug auf Lautstärke und Leistung eigentlich bedeutet.
Stellt du bei deinem Receiver 0dB ein sollte er seine maximale Ausgangsleistung abgeben. OB er das wirklich tut, hängt davon ab wie der Hersteller den Amp und die Skala "programmiert" hat.

Drehst du dann in den plus-Bereich versucht der Amp mehr Leistung abzugeben, als er eigentlich kann - Clipping.
Hierbei entsprechen 3dB immer der halben bzw. doppelten Leistung.
Also z.B. die Einstellung 0dB am Amp = 50W
Dann ist die -3dB Stellung gleichbedeutend mit 25W.
-6dB sind 12,5W und so weiter.

Das heißt aber auch, das +3dB eine Leistung von 100W bedeuten! Und das kann dein Verstärker halt nicht leisten, er clippt.
Drehst du dann noch +3dB Hochton rein, willst also NOCH mehr Leistung abrufen, ist ein Defekt der Hochtöner eigentlich schon so gut wie sicher.



Nun hattest du ja auch gesagt "mit dem 50W Verstärker hätte ich nicht erwartet, dass ich die 180W belastbaren Boxen zerstöre". Tja, ich denke mit den obigen Ausführungen wurde deine "Theorie" stichhaltig widerlegt

Aber was wäre denn nun, wenn du statt eines 50W Verstärkers, der nur übern Daumen 1/3 so "stark" ist wie die Boxen, einen genommen hättest, der 3x so stark ist wie die Boxen, der also was im Bereich von 500-600 echten Watt liefert?
Ganz einfach: Er hätte nicht geclippt. Die Hochtöner wären noch heile.
Was dir aber hätte passieren können: Die Tief- und Mitteltöner können einfach durch zu viel Leistung Schaden nehmen. Sie werden einfach zu warm und die Spulen brennen durch. Oder die Spule des Tieftöners schlägt an der hinteren Polplatte des Magneten an. Dann ist er auch defekt.

Bevor das aber passiert, vernimmt man einen deutlichen Rückgang der Performance der Box. Man dreht weiter auf, es klingt aber immer verwaschener und "matschiger" im Bassbereich. Das ist der kritische Punkt. Also: Einfach wieder ein bisschen leiser drehen (wir erinnern uns: 3dB = halbe/doppelte Leistung) und alles ist in Butter.
Jazzy
Inventar
#3 erstellt: 10. Aug 2017, 19:25
Hochtöner werden meist durch Clipping zerstört,das heisst,dass der Amp verzerrten Klirr produziert,weil er überfordert ist. Faustregel: zu wenig Watt zerstören die Hochtöner(Clipping), zu viel Watt zerstören die Bässe durch anschlagen der Schwingspule.Beides natürlich nur,wenn man unvernünftig aufdreht.Wenn der Treble dann noch auf plus steht....
Ob man Clipping hören müsste? Weiss ich nicht,habs mit meinen Amps noch nie geschafft,ins Clipping zu kommen.
edit. Reference war schneller!


[Beitrag von Jazzy am 10. Aug 2017, 19:27 bearbeitet]
Mickey_Mouse
Inventar
#4 erstellt: 10. Aug 2017, 20:10

Reference_100_Mk_II (Beitrag #2) schrieb:
Wenn man sich dann mal die Arbeiten des Herrn Fourier ansieht erkennt man, dass in den Flanken dieses rechteck-ähnlichen Signals sehr hohe Energieanteile bei hohen Frequenzen vorhanden sind. Diese Energie ist wesentlich höher, als sie bei Musik jemals vorkommen würde.

du hast prinzipiell Recht, Abe rum die Umstände nochmal ganz deutlich zu machen, das Problem liegt/lag am Gehörschutz!

nehmen wir einen Sinus beliebiger Frequenz, dann ist die Leistung P=Ueff^2/R
Ueff ist Vss/2/Wurzel2
in diesem Fall (50W/9Ohm) haben wir es also mit einer effektiven Spannung von 20V oder einem Sinus Spitze-Spitze von +/-28V zu tun.

so jetzt nehmen wir ein konkretes Beispiel:
ein 100Hz Sinus clippt so stark, dass es "quasi ein Rechteck Signal ist".
jetzt sagt Herr Fourier, dass sich dieses Rechteck Signal nach dem Schema:
1/1 F + 1/3 F*3 + 1/5 *5 + ... usw.
aufteilt.
man kann sich jetzt die Mühe machen und das "aufdröseln". Muss man aber gar nicht, wenn man nicht an Perpetuum Mobiles glaubt.
in der "Grundwelle stecken" 50W das war ja unsere Ausgangsbasis. Den Rechteck mit alternierend +/-28V können wir wie einen 28V Gleichstrom ansehen und daraus resultiert: P=28V^2/8Ohm=98W
das sind jetzt Rundungsfehler, im Prinzip heißt das nichts anderes, als dass MAXIMAL nochmal dieselbe Leistung an Oberwellen in Summe zur Grundwelle dazu kommen kann, mehr nicht!

Ok, das kann immer noch einen Hochtöner killen, aber eben nicht mit z.B. 100Hz!
da würden ja 50W auf den Grundton (100Hz) entfallen, 17W 300Hz, 10W 500Hz, 7W 700Hz, 6W 900Hz hier breche ich mal ab, weil wir schon 17+10+7+6=40W an Oberwellen zusammen haben. Wir haben aber "nur" insgesamt 50W dafür zur Verfügung (s.o.), es bleiben also für >1kHz nur noch 10W übrig.
Das sollten LS mit einer Musikbelastbarkeit von über 300W schon noch abkönnen.

worauf ich hinaus möchte:
der Bass hat mit großem Abstand die höchste Amplitude (Spannung) im Signal.
sowie dieser Bass den Verstärker ins Clipping treibt, steigen die Verzerrungen an, erstmal in erster Linie im Bass/Mittelton Bereich, aber auch das sollte man schon hören. Erst wenn man dann immer weiter aufdreht clippt nicht nur der Bass, sondern auch der Mittelton clippt, spätestens JETZT müsste auch ein nahezu tauber Mensch hören, dass da etwas nicht stimmt.
Erst wenn man den Amp soweit aufreißt, dass auch "höhere" Frequenzen clippen, reicht das Oberwellen Spektrum überhaupt aus um den Hochtönern gefährlich zu werden. Weil durch diese 1/n (n ungerade) Verteilung eben nach oben hin immer weniger Dreck ausgegeben wird.

wenn mir jemand erzählt, dass seine Hochtöner abgeraucht sind und sich "eigentlich noch alles sauber angehört hat", dann sollte diese Person dringend einen HNO Arzt aufsuchen
da muss ALLES von 20Hz bis in den 1kHz Bereich schon voll im Clipping Bereich gelegen haben


Demnach steigt die Ausgangsleistung des Verstärkers im "Hochtonbereich" (sehr) stark an, wenn er clippt. Teilweise dann auch so stark, dass der Hochtöner diese Leistung nicht mehr in Wärme wandeln und abführen kann und die Spule durchbrennt.

s.o. mehr als Faktor zwei geht nicht, aber das kann man natürlich als (sehr) stark bezeichnen.


Clipping lässt sich aber SEHR gut heraushören. Nur doof, wenn man nen Gehörschutz drin hat. Hat man halt Pech.

genau DAS ist hier das Problem!
gapigen
Inventar
#5 erstellt: 12. Aug 2017, 10:04

Also Gehörschutz rein, und fühlen wie viel Druck die Anlage machen kann (um die Musik zu fühlen gehe ich in die Diskothek).

Das ist zwar off topic, aber ehrlich: Selbst schuld.

Wenn ich "Druck" hören und spüren will, dann drehe ich natürlich ohne Hörschutz die Lautstärke auf ein gerade noch zu ertragendes Maß und stelle ggf. den Subwoofer lauter.


[Beitrag von gapigen am 12. Aug 2017, 10:04 bearbeitet]
David*
Neuling
#6 erstellt: 12. Aug 2017, 10:05
Vielen Dank für eure sehr detaillierten Antworten! Sogar für einen Laien zum Nachlesen verständlich geschrieben.

Mit euren Aussagen ergibt das alles für mich nun ein rundes Bild. An den Bass / Treble Reglern habe ich erst im Oberen Aussteuerbereich (zwischen 0...-10dB) gedreht, um den Klang auf dieser Lautstärke besser abzustimmen. Wahrscheinlich hätte ich hier schon abbrechen sollen. Weiter aufgedreht habe ich dann auch nicht an der lautesten Stelle im Track. Außerdem habe ich die dB Rechnung in diesem Moment ignoriert. Das musste dann letzten Endes zum Defekt führen.
Ich verbuche das dann mal unter Lehrgeld.
Als Sofortmaßnahme habe ich das Limit im Verstärker nun auf -20dB gesetzt. Ich habe mich beim Kauf schon gewundert wieso die Standard-Einstellung +16dB sind. Hätte ich mal gleich auf 0dB oder -3dB setzen sollen.
Außerdem habe ich gelernt, Komponenten für Wohnräume sind nicht dafür da, mit Gehörschutz gehört zu werden. Dann kommt man gar nicht erst in den kritischen Bereich. :angel:
gapigen
Inventar
#7 erstellt: 12. Aug 2017, 10:09
David*
Neuling
#8 erstellt: 19. Aug 2017, 10:27
Im Grunde ist es klar, dass die Hochtöner kaputt gehen müssen wenn sie etwas mehr Leistung bekommen. Dort ist quasi überhaupt keine Wärmekapazität vorhanden. Das Gewicht wird nur durch Magnet und Eisenkern erzeugt, die überhaupt nicht thermisch mit der Spule gekoppelt sind.

Magnat hat mir 2 Hochtöner als Ersatzteil für insgesamt 85 EUR zugeschickt. Die Lautsprecher lassen sich wieder hören.

Magnat MT fmax 4S25 Hochtöner
Magnat MT fmax 4S25 Hochtöner
soundrealist
Gesperrt
#9 erstellt: 19. Aug 2017, 13:36

David* (Beitrag #1) schrieb:



[. Also Gehörschutz rein, und fühlen wie viel Druck die Anlage machen kann (um die Musik zu fühlen gehe ich in die Diskothek). Ohne Gehörschutz reichen mir -30dB, das ist schon laut genug, dass die Nachbarn mithören können. Ich habe SNR-35dB Gehörschutz eingesetzt und mir ging es jetzt um das Körpergefühl.

!


Was mir hierbei nicht klar ist: Wie bist Du überhaupt auf eine solche Idee gekommen ? Was bringt dir ein Eindruck des Körperschalls unter völlig praxisfremden Hörbedingungen ?
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