Späte Liebe

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Joachim49
Inventar
#1 erstellt: 20. Feb 2009, 23:19
Normalerweise sorgt ja Martin für neue Themen, aber diesmal will ich's auch mal versuchen. Mein Thema ist jedoch für Teenager weniger geeignet. Wenn man jung ist und Freund klassischer Musik, dann entdeckt man immer wieder neue Dinge, die einen begeistern. Man hört zum ersten Mal die Goldbergvariationen, ein Beethovenquartett, den Figaro. (Natürlich; nicht alles gefällt auf Anhieb). Aber im Laufe der Jahrzehnte wird es schwieriger neue Sachen zu entdecken, die einen wirklich begeistern. Mir geht es jedenfalls so: alles Neue was man hört, muss den Vergleich aushalten mit dem Reichtum, den man schon kennt. Und also wird es immer schwieriger etwas Neues zu entdecken und wirklich davon begeistert zu sein. Meine meisten Vorlieben in der Klassik sind recht früh entstanden: Brahms, Schubert, Beethoven, Mozart ... und viele Jahre erschien mir alles andere - verglichen damit - reizlos. Etwas später kam noch Mahler dazu ... und dann war lange Jahre Schluss.
Erst in reiferem Alter habe ich Bach entdeckt (30 Jahre, nachdem meine Liebe zur Klassik schon aufgeblüht war), und noch später erst Bruckner. Es gab auch Komponisten, die ich in jungen Jahren abscheulich fand (Hugo Wolf) und heute mit Interesse höre. Und andere Liebschaften haben die Zeit nicht überdauert: früher fand ich Paganini toll, heute würde ich nicht auf die Idee kommen, mir das zuzumuten.
Ich hoffe das Thema ist deutlich (ungefähr doch). Welchen Einfluss hat die Zeit auf Euren Musikgeschmack. Habt ihr eine späte Liebschaft (wie bei mir etwa Bruckner), habt ihr je etwas geliebt, aber denkt heute abschätzig darüber? Seit ihr reiferen Alters und könnt euch trotzdem so richtig in ein noch nie gehörtes Musikstück verlieben?
Auf Eure Antworten ist neugierig
Joachim
arnaoutchot
Moderator
#2 erstellt: 21. Feb 2009, 01:41
Hallo Joachim,

ich halte es für ganz normal und für vollkommen richtig, daß sich der Musikgeschmack mit dem Älterwerden verändert und weiterentwickelt. Je mehr man kennt und weiss, desto mehr kann man überhaupt erst entdecken. Mir persönlich geht mein musikalisches Interesse eher zu weit, ich würde mich manchmal freuen, wenn mich manche Dinge nicht interessieren würden.

Um bei der Klassik zu bleiben: Begonnen habe ich so mit 20 Jahren und zum Beginn des CD-Zeitalters ausschliesslich mit instrumentalen symphonischen Werken (Beethoven, Mozart, Brahms, Tchaikovsky, später Schostakowitsch und Prokofiev, erst danach Mahler, heute Unentdeckte wie Atterberg, Wellesz, Ries, aber auch bislang von mir links liegengelassene wie Haydn oder Schubert). Dann kam eine Neigung zu Soloklavierstücken dazu (Beethoven, Chopin, aber auch Bach). Alle Komponisten, die ich für mich entdeckte, habe ich auch immer nach anderen Musikgattungen "erforscht". Dann habe ich ein Faible für Renaissance- und Barockmusik festgestellt, darüber dann auch einige Spielarten der Vokalmusik. Heute (mit 45) höre ich z.B. gerne Bach-Kantaten, vor denen ich mit 20 noch davongerannt wäre.

Unverändert gibt es große weisse Flecken auf meiner musikalischen Landkarte. Mich zieht es wenig zu Kammermusik, insbes. Streichquartetten. Habe in meiner nicht unumfänglichen Sammlung auch kaum Opern (hab versucht mich mit Puccini zum Jubiläum in 2008 anzufreunden, kein Erfolg !). Aktuell knabbere ich an einer Alban-Berg-Box mit noch offenem Ausgang. Zeitgenössisches 20. Jahrhundert berührt mich bis auf wenige Ausnahmen gar nicht. Kunstlieder sind mir eine Greuel.

Ich kann aber nicht sagen , ob ich vielleicht in 10 Jahren von Schubert-Liedern, Opern und Streichquartetten hingerissen bin. Umgekehrt hatte die Musik, die ich vor 25 Jahren gehört habe, in den meisten Fällen Bestand. Ich erfreue mich z.B. im Gegensatz zu Dir immer noch an Paganini-Konzerten Das geschieht bei mir mehr im Rock oder auch Jazz(-Rock), dass sich manche Sachen schrecklich überlebt haben.

Grüße Michael


[Beitrag von arnaoutchot am 21. Feb 2009, 12:10 bearbeitet]
Kings.Singer
Inventar
#3 erstellt: 21. Feb 2009, 13:19
Hi.

Ich kann zwar nicht mitreden, was späte Liebe angeht, aber mich würde interessieren, ob es euch 'altem Eisen' ( ) früher in mancherlei Hinsicht genauso ging. Ich habe nämlich momentan einen ganz großen weißen Fleck auf meiner Klassik-Landkarte: Die Zeit um Haydn, Händel und Mozart. Momentan spricht mich deren Musik einfach nicht an. Wenn es zu Ostern und Weihnachten darum geht vielleicht eine Haydn oder Mozart Messe in den Pontifikalämtern aufzuführen, muss ich mich innerlich immer zusammenreißen mich nicht zu offensichtlich darüber zu ärgern. Ich kann es schlecht in Worte fassen, was mich stört. Aber irgendwie fängt mein Interesse ganz früh (Renaissance) an und hört dann irgendwo bei Bach auf, fängt dann aber wieder beim späten Beethoven an...

War das bei euch (vielleicht genau bei dieser Musik) auch so? Daraus könnte ich ja dann schließen, ob ich später vielleicht doch noch ein Mozart-Narr werden würde. Sein Ruf lässt mich jedenfalls schon immer zweifeln, ob ich vielleicht doch einfach nur ein "Kostverächter" bin.


Viele Grüße,
Alex.
WolfgangZ
Inventar
#4 erstellt: 21. Feb 2009, 15:11
Hallo, Alex, hallo, Joachim, hallo, miteinander!

Da müsste man Dein genaues Alter kennen!

Mit meinen 52 Jahren habe ich Mozart längst wieder quasi neu entdeckt, die erste - naive - Stufe war mit 15, zwischen 20 und 35 hatte ich ganz andere Schwerpunkte, die Beethoven-Sinfonien, die Mahler-Sinfonien, die klassische und die nicht extrem avantgardistische Moderne. Geblieben ist letzterer Schwerpunkt, er erweitert sich nach wie vor (Ligeti intensiver letztes Jahr, Robert Simpson als neueste Entdeckung).

Ich könnte mir vorstellen, dass man (= viele) für Mozart die Pausen braucht und dass er immer wieder auf die Hörbühne tritt.

Bei Holsts "Planeten" muss das nicht so sein. Der bleibt abgenützt, nachdem man ihn drei Jahre lang zweihundert Mal gehört hat.

Wann Beethovens Sinfonien mich wieder wirklich interessieren und nicht nur ganz gelegentlich, bleibt abzuwarten. Bei Weitem mehr interessieren mich jetzt die Klaviersonaten, vor allem die späten. Woran das liegen könnte? Vielleicht brauche ich kein gemeißeltes Pathos mehr, kein Ringen um Idealisches. Vielleicht brauche ich eher Skepsis, Ironie (Neoklassizismus!), auch Verzweiflung, die solche bleibt bis zum letzten Ton - mein Lieblingskomponist einer formal konventionellen Moderne ist schon seit ein paar Jahren Allan Pettersson.

Besten Gruß, Wolfgang


[Beitrag von WolfgangZ am 21. Feb 2009, 20:11 bearbeitet]
Kings.Singer
Inventar
#5 erstellt: 21. Feb 2009, 15:17
Ich habe Haydns Schöpfung übrigens nach dem zweiten Teil aus gemacht. Das Werk hat mich nicht gefesselt, ich habe nicht verstanden wo das Drama (sowohl musikalisch als auch vom Libretto her) des Werks liegt, dass es für mich spannend macht, sodass ich es zu Ende hören möchte.
Joachim49
Inventar
#6 erstellt: 21. Feb 2009, 16:42
Ein kleines aktuelles Beispiel für das was ich meine: ich habe gerade die Streichquartette von Cherubini erworben (Brilliant, früher DG - Melosquartett). Die Werke sind besser als ich dachte und ich höre sie mit Vergnügen. Dennoch müssen sie "antreten" gegen die Quartette Beethovens, Schuberts und Brahms - und bei der Konkurrenz müssen sie natürlich 'verlieren'. Sie sind da nicht "konkurrenzfähig". Nichts würde mich mehr freuen, als etwas zu entdecken, was in die Phalanx meiner Top-rangliste aufgenommen werden könnte. Das ist mir auch gelungen: mit 45 Mahler, mit 50 Bach, mit 55 Bruckner. Aber so etwas wird halt immer seltener. Ich lerne noch immer viel für mich neue Musik kennen - auch ich sorge dafür, dass die weissen Flecken verschwinden - aber das meiste, was ich kennenlerne ist halt gut - aber gemessen an der (subjektiven) Spitzenklasse doch nur zweitklassig. Zwischen meinem 15. und 30. Lebensjahr machte ich quasi jeden Monat aufregende Neueuntdeckungen (zum ersten Mal Schuberts Streichquintett, Beethovens Missa solemnis, Brahms' Symphonien). Jetzt mache ich auch noch Neuentdeckungen (recht viele) - aber sie sind bei weitem nicht so aufregend, wie die in früheren Jahren. Wahrscheinlich ist das 'normal' - oder täusche ich mich. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die frühen Eindrücke stärker prägen, als spätere.
Interessant ist auch die Frage, ob einem irgendwann etwas zum Hals heraushängt. Natürlich höre ich manches heute weniger, aber nicht weil die Liebe verblüht ist, sondern weil ich es so in mir trage, dass ich es gar nicht zu hören brauche
Und gewiss - manchmal braucht man eine Pause und muss die Sachen eine zeitlang liegenlassen bis man sie wieder mit Begeisterung hört
Joachim
Kreisler_jun.
Inventar
#7 erstellt: 21. Feb 2009, 16:46

Kings.Singer schrieb:
Ich habe Haydns Schöpfung übrigens nach dem zweiten Teil aus gemacht. Das Werk hat mich nicht gefesselt, ich habe nicht verstanden wo das Drama (sowohl musikalisch als auch vom Libretto her) des Werks liegt, dass es für mich spannend macht, sodass ich es zu Ende hören möchte. :(


Es gibt hier kein "Drama", das sind also ziemlich falsche Ansprüche, bei denen nicht wundern darf, daß sie enttäuscht werden. Der dritte Teil ist, ungeachtet einiger sehr schöner Stücke der "beschaulichste".

Ich bin (oder fühle mich) für den threadtitel eigentlich auch noch etwas zu jung. Ich höre seit über 20 Jahren klassische Musik. Beinahe von Beginn an (also innerhalb von 2-3 Jahren zwischen etwa 15 und 18) habe ich ein *relativ* breites Spektrum (wenigstens etwa von Bach bis Mahler, mit ein paar Sachen aus der klass. Moderne), damals auch teils noch durch den Musikunterricht kennengelernt. Natürlich mit Schwerpunkten, die sich auch unterschiedlich entwickelt haben. Ich habe z.B. die Beethovenschen Klaviersonaten zuerst eher sporadisch über die bekanntesten Stücke kennengelernt, hatte erst mit ca. 25 Jahren eine Gesamtaufnahme, die Quartette, inkl. der späten aber schon mit 18. Relativ wenig Interesse hatte ich lange an Soloklaviermusik. Weder die Bachs noch Chopins oder Schumanns haben mich in den ersten 10 Jahren Klassikhörens besonders interessiert, heute schätze ich die sehr hoch. Opern werden wohl nie mein Schwerpunkt werden, höre ich ziemlich selten, obwohl ich einige schon sehr lange einigermaßen kenne, andere, auch bekannte wie Aida dagegen gar nicht.
Lieder, der vermutlich unbeliebteste Bereich der Klassik, höre ich schon ziemlich lange, von den Schubert-Zyklen war ich beinahe sofort angetan, als ich sie mit 21 oder so erstmals hörte.

Da es einfach so viel Musik ist und man eben einige Jahre benötigt, bis man über die ersten Favoriten und ein paar Standardwerke hinaus überhaupt aktiv nach mehr Musik sucht, zögere ich daher in meinem Fall von späten Entdeckungen zu sprechen. Ich habe die Sachen oft vorher nicht bewußt ignoriert oder gar abgelehnt, es war einfach genügend andere Musik zum Hören da
Ein paar vergleichsweise späte Faszinationen:

Haydn, nachdem Werke wie Sinfonien 94 und 101 zu meinen Einsteigerstücken als Teenager gehört hatten, nahm er fast 10 Jahre später ab ca. 96/97 zunehmend mehr Raum ein, aber eher langsam wachsend.

Händel, ab ca. 2002/03 oder so (wobei ich gestehen muß, daß ich etliche Opern und Oratorien in der Begeisterung gekauft, dann aber nichtmal komplett angehört habe... bin aber dennoch der Ansicht, daß Händel nur mit zu wenigen Stücken bekannt und insgesamt eher unterschätzt ist)

Chopin und besonders Schumann ebenfalls in den letzten knapp 5 Jahren.

Sachen wie Sibelius oder Nielsen, die ich vergleichsweise spät überhaupt erstmals wahrgenommen habe (letzteren auch erst seit 3-5 Jahren), nenne ich hier nicht, weil das einfach der Zeit geschuldet ist, die man braucht, um einen Überblick zu gewinnen, und weil auch keine besonders heiße Anziehung entstanden ist.

Mit fällt kaum Musik ein, die ich gar nicht mehr oder kaum noch höre. Ein paar Sachen von Tschaikowsky, den ich zwischendurch tatsächlich ziemlich verabscheute, inzwischen aber wieder in homöopathischen Dosen hören kann (wenn es nicht gerade das Violinkonzert ist, brr).

Was ich weniger höre als früher, meist jedoch ohne es weniger zu schätzen und oft einfach aufgrund der Tatsache, daß mich eben jetzt mehr und unterschiedliche Musik interessiert, sind Brahms und Bruckner (die ich vermutlich mit 20-24 auch etwas höher schätzte als jetzt), teils auch Mozart und einige Werke Bachs und Beethovens, weil ich die einfach so unglaublich oft gehört habe. Ich zucke nicht zusammen, wenn irgendwo Beethovens Es-Dur-Konzert oder die Jupitersinfonie laufen (wie das vielleicht beim Capriccio italienne der Fall wäre), aber ich habe selten die Neigung, diese Musik aufzulegen.

viele Grüße

JK jr.
Kreisler_jun.
Inventar
#8 erstellt: 21. Feb 2009, 17:01

Joachim49 schrieb:
Ein kleines aktuelles Beispiel für das was ich meine: ich habe gerade die Streichquartette von Cherubini erworben (Brilliant, früher DG - Melosquartett). Die Werke sind besser als ich dachte und ich höre sie mit Vergnügen. Dennoch müssen sie "antreten" gegen die Quartette Beethovens, Schuberts und Brahms - und bei der Konkurrenz müssen sie natürlich 'verlieren'. Sie sind da nicht "konkurrenzfähig".


Das ist, glaube ich, eine falsche Erwartungshaltung. Habe zwar bisher nur eine cpo-CD mit 2 Cherubini-Quartetten, aber ich hätte nie erwartet, daß sie mit Brahms oder gar Beethoven mithalten könnten (mit den ersten 10 juvenilen Schubert-Quartetten halten sie m.E. ganz gut mit, die habe ich ehrlich gesagt größtenteils noch kein zweites Mal angehört...)
Aber ich habe seit ich z.B. die Quartette von Beethoven und Brahms vor mehr als 15 Jahren kennengelernt habe, in den letzten 5-8 Jahren doch eine Reihe von Werken kennengelernt, die dort besser mithalten als ich vorher erwartet hätte: z.B. ca. 40 Haydn-Quartette, die Werke Mendelssohns (jedenfalls op.12,13,80) und Schumanns, die letzten beiden Quartette Dvoraks. (In Spätromantik und klass. Moderne gibt es natürlich auch noch so einiges)

Andererseits schließt auch eine gedämpfte Erwartungshaltung Enttäuschungen nicht aus. Wenn ich von Cherubini, Onslow oder Volkmann eher positiv überrascht gewesen bin, so sehe ich Boccherini (nach etwa einem dutzend CDs) immer noch recht gemischt und Dittersdorf scheint mir tatsächlich überflüssig. Dennoch scheint es mir lohnender überhaupt mal ein Quartett von Spohr oder Dittersdorf kennenzulernen, als die fünfte oder siebente Aufnahme (habe ich aber ebenfalls ;)) von op.131, auch wenn ich op.131 nicht gegen die gesammelten Werke von Boccherini, Spohr und Volkmann gemeinsam eintauschen wollte.

viele Grüße

JK jr.
Kreisler_jun.
Inventar
#9 erstellt: 21. Feb 2009, 17:07
Ist nur so eine Idee. Aber wenn man wirklich was ziemlich Neues erleben will, mit der Chance auf Erstrangigkeit, muß man wohl nicht zu Cherubinis Quartetten, sondern in andere Epochen und Stile gehen. Also zu den Quartetten von Schönberg oder Ives oder Elliott Carter.
Oder Kammermusik von Biber oder Buxtehude. Oder Motetten von Dufay oder Desprez oder Madrigale von Gesualdo oder Monteverdi.
Da kommt man allerdings (meiner Erfahrung nach), nicht ganz so leicht "rein", eben aufgrund der historischen Distanz oder stilistischen Unvertrautheit.

viele Grüße

JK jr.
Kings.Singer
Inventar
#10 erstellt: 21. Feb 2009, 18:03

Kreisler_jun. schrieb:

Kings.Singer schrieb:
Ich habe Haydns Schöpfung übrigens nach dem zweiten Teil aus gemacht. Das Werk hat mich nicht gefesselt, ich habe nicht verstanden wo das Drama (sowohl musikalisch als auch vom Libretto her) des Werks liegt, dass es für mich spannend macht, sodass ich es zu Ende hören möchte. :(


Es gibt hier kein "Drama", das sind also ziemlich falsche Ansprüche, bei denen nicht wundern darf, daß sie enttäuscht werden. Der dritte Teil ist, ungeachtet einiger sehr schöner Stücke der "beschaulichste".


Hmm. Also mit fehlender Dramatik meine ich, dass die Musik mir zu wenig Abwechslung geboten hat. Ich erkannte keine Entwicklung, keine Fortspinnung einer gewissen Idee (die ja bei der Schöpfungsgeschichte durchaus eingebaut werden kann). Aber es ist wahrscheinlich auch durch mein fehlendes Verständnis bedingt, dass ich solche Dinge darin nicht erkannt habe.
Das ist in meinem Empfinden durchaus symptomatisch für die Musik dieser Zeit. Wobei mir auch durchaus bewusst ist, dass Leute wie Mozart beinahe zu jedem noch so popeligen Anlass (Krönungszeremonien... ) einen Kompositionsauftrag erhielten und darum nicht jedes Mal das Rad neu erfinden konnten. Oder ist es (um zum Titelthema zurückzukehren) nur mein noch eher jugendliches Suchen nach Affekt und Effekt, das mir die Suppe versalzt? Aber das müsste doch eigentlich auch ein Ausschlusskriterium für Renaissance-Musik oder beispielsweise verschiedenste Bach-Kantaten sein. Deswegen die Frage, ob es euch genau so ging und wie/warum/wann ihr dann den Zugang zu dieser vormals unspannenden Musik gefunden habt.

Viele Grüße,
Alex.
Schneewitchen
Inventar
#11 erstellt: 21. Feb 2009, 19:33
Mit meinen 59 Jahren und einer Klassik-CD-Sammlung von über 2000 Stück (irgendwann habe ich zu zählen aufgehört)habe ich schon viele Werke gehört und finde immer noch neue bisher ungehörte.
Mit 15 Jahren fand ich Barockmusik wunderbar und so ist es heute wieder.Operetten fand ich auch gut und jetzt höre ich sie wieder gern,besonders Querschnitte,wo man eine halbe Stunde mitsingen kann.
Sinfonien von Beethoven bis Mahler waren noch vor 10 Jahren meine Favoriten und eine zeitlang konnte ich von Mozarts Klavierkonzerten nicht genug bekommen.Dann hörte ich Bach-Kantaten.Schließlich wandte ich mich moderner,zeitgenössischer Musik zu.
Im großen und ganzen dreht sich bei mir die Musik im Kreis.Die Vorlieben für bestimmte Werke kommen und gehen,dazwischen liegen immer mehrjährige Pausen. Wahrscheinlich,weil man sich an macher Musik satt- und übergehört hat,kommt dann eine Pause und irgendwann setzt es wieder ein.In einer Pausephase befinden sich bei mir Mahler und Wagner.
Ich kann eine altersgemäße Vorliebe für bestimmte Werke oder Komponisten nicht feststellen.Wie schon erwähnt,findet man manche Musik aus vergangenen Jahren plötzlich wieder attraktiv.Der musikalische Erfahrungsschatz steigt eben mit den Lebensjahren an.Rückblickend auf die vergangenen Jahrzehnte muß man auch feststellen,daß die Vielzahl und Auswahl an Aufnahmen auf Tonträger von Jahrzehnt zu Jahrzehnt gestiegen ist.Was gab es denn schon 1965 auf LP? Nicht viel.
Selbst Vivaldis Jahreszeiten waren karg gesät.
Und so kam es,daß man sich auch an den Neuerscheinungen auf Tonträgern orientierte.Die Mahler Sinfonien mit Bernstein auf CBS,die Beethoven Sinfonien mit Karajan usw.
Heute kann man aus dem vollen CD-Angebot,daß einen fast erschlägt,schöpfen.
Martin2
Inventar
#12 erstellt: 21. Feb 2009, 20:07
Interessante Fragestellung. Ich denke, es gibt einfach bestimmte Dinge, mit denen es in der Hörrezeption irgendwann auch vorbei ist. Die Sinfonik Bruckners etwa setzte mich in jungen Jahren geradezu in "mystische Rauschzustände". Ich höre Bruckner gelegentlich immer noch sehr gern, aber mit den mystischen Rauschzuständen ist es vorbei.

Ich denke die klassische Musik ist ein zu weites Feld, um nicht immer wieder großartiges zu entdecken. Und das sich bestimmte Dinge auch abnutzen, öffnet dann wieder auch den Blick auf neues. Klaviermusik habe ich in den letzten Jahren wirklich neu für mich entdeckt. Klaviermusik "überwältigt" eben nicht - sie hat Poesie. Orchestrale Mittel, harmonische Mittel nutzen sich gelegentlich vielleicht auch ab - aber die Poesie der Musik ist unerschöpflich, in diese Richtung gehen heute eher meine Interessen.

Weniger erwarte ich heute, irgendwann noch mal den Überbruckner zu finden, der meine jugendlichen Brucknererfahrungen in irgend einer Weise "überbietet". Über Haydn hat ja mal Goethe geschrieben, er sei zu überbieten, aber nicht zu übertreffen. Ich glaube in jungen Jahren habe ich mehr nach dem zu überbietenden gesucht, heute weniger. Ich glaube, wer nur immer in dieser Richtung sucht, wird enttäuscht werden. Wer sich aber ab einem bestimmten Zeitpunkt auf die Suche nach dem macht, was nicht die gemachten Erfahrungen überbieten oder einholen soll, sondern bestimmte andere ästhetische Kategorien erfüllt, die nur in sich ihren Wert haben, für den hält die klassische Musik immer neues bereit.

Insofern haben dann gewisse Vorurteile vielleicht sogar ihre guten Seiten, denn sie beschränken erst einmal, aber wenn man sie dann ablegt, kommt immer wieder neues ins Gesichtsfeld.

Gruß Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#13 erstellt: 21. Feb 2009, 20:42

Kings.Singer schrieb:

Hmm. Also mit fehlender Dramatik meine ich, dass die Musik mir zu wenig Abwechslung geboten hat. Ich erkannte keine Entwicklung, keine Fortspinnung einer gewissen Idee (die ja bei der Schöpfungsgeschichte durchaus eingebaut werden kann). Aber es ist wahrscheinlich auch durch mein fehlendes Verständnis bedingt, dass ich solche Dinge darin nicht erkannt habe.


Abwechslungsreich finde ich das Stück durchaus. Es gibt aber wenn ich recht sehe, keine einheitliche musikalische Thematik für die unterschiedlichen Stücke (das ist bei Oratorien auch extrem unüblich). Das Chaos-Vorspiel fand ich schon immer grandios. Auch die Kontraste zwischen Stücken wie "Rollend in schäumenden Wellen" oder dem pastoralen "Nun beut die Flur das frische Grün" sind doch offensichtlich. Aber spannend im üblichen Sinne ist das Werk tatsächlich nicht...



Das ist in meinem Empfinden durchaus symptomatisch für die Musik dieser Zeit. Wobei mir auch durchaus bewusst ist, dass Leute wie Mozart beinahe zu jedem noch so popeligen Anlass (Krönungszeremonien... ) einen Kompositionsauftrag erhielten und darum nicht jedes Mal das Rad neu erfinden konnten.


Nun kann man die Schöpfung m.E. nicht mit dem Dutzend oder so Messen in C-Dur vergleichen, die nicht länger als eine halbe Stunde dauern durften, weil das der Bischof so angeordnetet hatte. Kennst du Mozarts c-moll-Messe?
Ansonsten kann ich Deine Diagnose nicht teilen. Die Wiener Klassik ist m.E. die Epoche, in der dramatische Kontraste so tief in die Struktur der Musik eingebaut sind wie niemals vorher oder nachher. Die Grundspannung der Sonate ist ja die zwischen Haupttonart und Dominante, deren Verschärfung in der Durchführung und Auflösung in der Reprise. Das ist natürlich nicht immer ein Seelendrama, aber eine Spannung, die die Werke bestimmt.
Die Kirchenmusik ist da nicht gerade typisch, weil die oft in einer Mixtur aus Pseudo-Barock und galantem Stil geschrieben ist.



Oder ist es (um zum Titelthema zurückzukehren) nur mein noch eher jugendliches Suchen nach Affekt und Effekt, das mir die Suppe versalzt? Aber das müsste doch eigentlich auch ein Ausschlusskriterium für Renaissance-Musik oder beispielsweise verschiedenste Bach-Kantaten sein.


Erst recht. Aber wie gesagt, die Kirchenmusik ist m.E. kein guter Start in die Wiener Klassik.



Deswegen die Frage, ob es euch genau so ging und wie/warum/wann ihr dann den Zugang zu dieser vormals unspannenden Musik gefunden habt.


Wie schon mal oben gesagt, waren nach den allerersten Erlebnissen mit Tschaikowsky und Dvorak einige späte Haydn-Sinfonien beinahe die ersten klassischen Stücke, die ich mit etwa 15 Jahren kennengelernt habe. Wenig später habe ich auch die meisten Mozart-Sinfonien kennengelernt und die haben mir ebenfalls sofort gefallen (ich weiß noch, wie ich in einem Familienurlaub als einzige(?) MusicCasette Mozarts 40/41 unter Klemperer dabei hatte). Wenngleich beide, besonders Haydn, dann für einige Jahre zugunsten von Beethoven in den Hintergrund getreten sind.

Aber ich weiß nicht, ob das hier noch der richtige Faden dafür ist...

JK jr.
Mellus
Stammgast
#14 erstellt: 24. Feb 2009, 22:56
Ähnlich wie der Kings.Singer habe ich das "Zeitproblem", dass ich bisher nur frisch verliebt bin und noch nicht von einer späten Liebe sprechen kann. Aber interessant ist dieser Thread trotzdem.


Joachim49 schrieb:
Mir geht es jedenfalls so: alles Neue was man hört, muss den Vergleich aushalten mit dem Reichtum, den man schon kennt. Und also wird es immer schwieriger etwas Neues zu entdecken


Hallo Joachim, da gibt es etwas, das heißt sogar schon so wie das, was Du suchst: Neue Musik. Warum eine späte Liebe wenn man eine junge Geliebte haben kann? Die Musik der Gegenwart ist doch die bunteste, aufregendste Wundertüte, die man sich wünschen kann! Gut, ich mag diese Musik, wie Ihr wisst. Aber über Zeitgenössisches finde ich immer mehr gefallen an dem "alten Zeug". Ein bisschen Mozart -- und Bruckner!


Martin2 schrieb:
Die Sinfonik Bruckners etwa setzte mich in jungen Jahren geradezu in "mystische Rauschzustände". Ich höre Bruckner gelegentlich immer noch sehr gern, aber mit den mystischen Rauschzuständen ist es vorbei.


Von Bruckner kenne ich bis dato die 4. und die 9. Die 4. haut mich nicht vom Hocker, aber die 9. ist eine Wucht! Daher ist es betrüblich zu lesen, dass die "mystischen Rauschzustände" irgendwann verblassen. Aber bis dahin muss man sie noch auskosten. Habt Ihr, um im Threadtitel zu bleiben, als erfahrene Liebhaber Tipps: Welche Bruckner-Sinfonien sind denn neben der 9. noch "guter Stoff"?

Viele Grüße,
Mellus
Martin2
Inventar
#15 erstellt: 26. Feb 2009, 15:30
Hallo Mellus,

auch wenn Du mir nicht glaubst, die Sinfonien von Bruckner sind wirklich alle toll, auch die von Dir verschmähte 4. Bei der vierten Sinfonie erinnere ich mich daran, wie ich in meinen jugendlichen Jahren ins bewaldete Mittelgebirge verreiste und so durch die Berge und Wälder streifte und diese 4. mit hatte - und diese Sinfonie vor allem im ersten Satz diese Wald und Naturerlebnis und die Bäche und das alles wunderbar spiegelte, ich lief da durch die Natur und vor meinem inneren Ohr hörte ich immer Bruckners 4. Sinfonie.

Aber wiegesagt: Alle Sinfonien finde ich gut. In besonders mystisch-rauschhaft-ekstatische Stimmungen versetzte mich zu jener Zeit Bruckner 7., die ich allerdings besonders mit Jochum mochte und mag. Von daher die Empfehlung, sich mal die billige Brilliantbox mit Jochum zu holen, obwohl die Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern vielleicht sogar noch besser ist. Aber die Sinfonien sind alle toll, auch wenn die ersten 4 vielleicht noch nicht ganz die Reife der letzten erreichen, aber was für ein grandioses Thema hat zum Beispiel der langsame Satz der 3.! Da mag ich aber den Tintner gerne. Ist jetzt alles OT, aber wenn ich jemand zum Hören anregen kann, tue ich dies immer gerne.

Gruß Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#16 erstellt: 26. Feb 2009, 16:50

Mellus schrieb:


Martin2 schrieb:
Die Sinfonik Bruckners etwa setzte mich in jungen Jahren geradezu in "mystische Rauschzustände". Ich höre Bruckner gelegentlich immer noch sehr gern, aber mit den mystischen Rauschzuständen ist es vorbei.


Von Bruckner kenne ich bis dato die 4. und die 9. Die 4. haut mich nicht vom Hocker, aber die 9. ist eine Wucht! Daher ist es betrüblich zu lesen, dass die "mystischen Rauschzustände" irgendwann verblassen. Aber bis dahin muss man sie noch auskosten. Habt Ihr, um im Threadtitel zu bleiben, als erfahrene Liebhaber Tipps: Welche Bruckner-Sinfonien sind denn neben der 9. noch "guter Stoff"?


Am ähnlichsten der 9. ist vermutlich doch die 8., im Kopfsatz vielleicht auch die 3. Die 7. ist ziemlich anders, gefällt mir aber gerade deswegen auch sehr gut (ist vielleicht die in mancher Hinsicht am wenigsten typische Brucknersinfonie). 4 ist aus mir niemals einleuchtenden Gründen eine der beliebtesten, ich mag eigentlich nur die ersten beiden Sätze und selbst die weniger als vieles andere. Die 5. sollte man ebenfalls mal gehört haben, das ist sicher die ehrgeizigste "mittlere" Sinfonie Bruckners.

Von Bruckner ist vermutlich fast jeder (wenn nicht sofort abgestoßen) mal eine Zeitlang fasziniert. Ist bei mir aber schon lange einer ziemlich ambivalenten Haltung gewichen. Vielleicht kommt ja wie bei Joachim nochmal eine Renaissance in 10 oder mehr Jahren.

JK jr.
Mellus
Stammgast
#17 erstellt: 26. Feb 2009, 20:45
Hallo Martin, hallo Kreisler jr.,

vielen Dank für Eure Hinweise! Ich merke mir erst mal 5, 7 und 8.

Von mir aus ist der Teutoburger Wald das nächste "Gebirge". Aber der ist im Gegensatz zum Mittelgebirge wohl zu kümmerlich um eine brucknertaugliche Landschaft abzugeben...

In 30 Jahren schreibe ich hier dann wieder, ob aus Bruckner nach der der Erstbegeisterung folgenden Ernüchterungsphase wieder eine "späte Liebe" geworden ist...

Viele Grüße,
Mellus


[Beitrag von Mellus am 26. Feb 2009, 20:46 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#18 erstellt: 27. Feb 2009, 22:34
Vor einiger Zeit habe ich ein Interview mit Julia Fischer gelesen (wenn ich mich recht erinnere) in dem sie etwas sagt, was sowohl zum thema als auch spezifisch zu Bruckner passt. Sie dsagte nämlich, dass sie mit Bruckner nichts anfangen könne, - aber dass sie heute schon sicher sei, dass sie ihn in 10 bis 20 Jahren sehr schätzen werde.
Auch ein Mann wie Solti hat sich in jungen Jahren gegen Bruckner gewehrt, bis ihn Adorno überzeugte, dass er ihn unbedingt dirigieren müsse (und Solti war gewiss nicht der schlechteste Brucknerdirigent).
Und wenn Adorno es sagt ...., wie könnt ihr dann zögern?

Sehr interessant ist was Hans Zender zu seiner Aufnahme der 2. Symphonie schreibt. Er meint, dass die Schwierigkeiten mit Bruckner etwas mit den grossen Bôgen seiner Musik zu tun haben, die aus gestaltpsychologischer Sicht zu lang sind, um sie (spontan) als melodische oder thematische Einheiten wahrzunehmen.

Was vielleicht auch zur Brucknerabstinenz beiträgt, ist das image des Mannes als naiver, katholischer Trottel. Wer möchte sich da schon freiwillig als Fan 'outen'.

Was Empfehlungen betrifft: eigentlich alles ausser der Ersten (offiziellen) Symphonie. Mit der konnte ich - trotz G. Wand - nie etwas anfangen, und ich mag sie noch weniger als die Doppelnullte (OO), die noch vor der 'Nullten' geschrieben wurde. Vor allem, ich habe das hier auf dem Forum schon einmal gesagt, sollte man die Nullte nicht vernachlässigen. Die Nullte ist, wie man heute weiss, zwischen der 2. und 3. geschrieben. Dass sie in beinahe allen 'Integralen' fehlt, ist ein Beweis für die Gedankenlosigkeit und Schlamperei, mit der selbst unsere 'grossen' Dirigenten ihr Repertoire pflegen.

Niemand sollte es versäumen, Hermann Abendroths Deutung der 9. Symphonie kennenzulernen, die trotz aller aufnahmetechnischen Mângel (frühe 50er Jahre) und dem mittelmässigen Orchester (Leipziger Radio SO) nicht nur für mich alle anderen Aufnahmen überragt.

freundliche grüsse
Joachim
Martin2
Inventar
#19 erstellt: 01. Mrz 2009, 12:52
Hallo Joachim,

Du hast recht, Bruckner ist schwierig. Es sind zum Teil wirklich die zu langen melodischen Bögen. Man muß ihn sehr oft hören und sich vielleicht auch mal Notizen machen. Wenn man ihn aber sehr lange kennt, erscheinen einem die musikalischen Vorgänge oft wie selbstverständlich, während einem sonst vieles als spekulativ erscheint. Bei den Finales habe ich aber auch heute noch oft ein Gefühl des Spekulativen bei Bruckner, wo ich von der reinen Notwendigkeit des musikalischen Geschehens nicht restlos überzeugt bin.

Gruß Martin
Thomas133
Hat sich gelöscht
#20 erstellt: 01. Mrz 2009, 17:31
Ich mag die 9. von Bruckner mit Abstand am liebsten, schon von der ersten Begegnung an (und ich hatte damals beim Erstnkontakt seiner Sinfonien chronologisch alle bis hin zur Letzten gehört) Falls Mellus hinsichtlich dessen den gleichen Geschmack wie ich hätte, wird er wohl zum. keine weitere Sinfonie von ihm finden die ebenso oder gar mehr Anklang finden könnte.

Desweiteren würde ich die ersten 3 Sätze der 7., wie die ersten beiden Sätze von jeweils der 5.,8., also auch 2. herausstreichen.

Ich bin draufgekommen das es kein Bruckner-Finale gibt das mir so richtig gefällt, weswegen ich ja auch die übliche Aufführungsversion der 9. so mag. Außerdem gefällt mir auch das sie mit einem langsamen Satz endet und leise, dezent "verhallt" anstatt wie bei den anderen Sinfonien nochmal einen martialisch, dröhnenden Schluß hinzulegen.
Desweiteren gefallen mir die Themen und die mir logischer erscheinenden Überleitungen zueinander wie sie öfters in den späteren Sinfonien von ihm vorzufinden sind. In den früheren Sinfonien gibt es des öfteren abprupte Brüche wo plötzlich neu erscheinende Themen und Motive auftauchen die ganz aus dem Zusammenhang gerissen gegenüber dem vorherigen Themenblock erscheinen, was nicht so meines ist.

Vielleicht sollte ich die anderen Sinfonien auch immer so
am CD-Player abspielen lassen das nach Kopfsatz -> Scherzo -> langsamer Satz kein Finale mehr erfolgt.

grüße
Thomas
Joachim49
Inventar
#21 erstellt: 01. Mrz 2009, 18:50
Bruckners 4. mit Abendroth gibt's als gratis download auf der website von european archives
Joachim
(das Finale der 4. scheint mir, ehrlich gerstanden, gut gelungen.)

http://www.europarchive.org/item.php?id=lp-00719_BeG


[Beitrag von Joachim49 am 01. Mrz 2009, 18:50 bearbeitet]
Sir_Henry0923
Stammgast
#22 erstellt: 03. Mrz 2009, 12:24
Hi all,

"Späte Liebe"? Bei mir würde ich eher von "Alte Liebe rostet nicht" sprechen. Die Lieblinge meiner Jugend waren Mozart, Beethoven und Tschaikowsky. Aber ich war auch immer auf der Suche nach neuen Hörerfahrungen und so verblassten die 3 angesichts der Sinfonien von Mahler, der Musik von Richard Strauß, vieler Komponisten des 20. Jahrhunderts. Dann war lange Zeit Pause, in der ich kaum noch Klassische Musik hörte.

Jetzt, da die nächsten 50 Jahre meines Lebens angebrochen sind ;), habe ich meine Plattensammlung wiederentdeckt und Klassische Musik ist für mich wieder zu einem elementaren Bestandteil meines Lebens geworden.

Und da ist sie wieder, die Alte Liebe: Mozart, Beethoven, Tschaikowsky. Die Frage nach den 3 Platten, die ich auf die Insel mitnehmen würde, beantworte ich so: Mozarts Divertimento KV 334, Beethovens Septett op. 20 und Tschaikowskys Sextett op. 70 "Souvenir de Florence".

Man sieht an meiner Auswahl einerseits die Abwendung von der Sinfonik hin zur Kammermusik, und andererseits die Zuwendung zur mehr heiteren, sonnigen Seite der Musik. Deshalb würde ich zu den 3 Platten noch eine weitere heimlich einstecken: Walzer von Johann Strauß mit den Wiener Philharmonikern, dirigiert von Willi Boskowsky.

Grüße

Henry
Mellus
Stammgast
#23 erstellt: 03. Mrz 2009, 22:34
Hallo Henry (ich darf doch das "Sir" weglassen?),

wurdest Du eigentlich schon willkommen geheißen? Falls nicht sei es hiermit nachgeholt: Herzlich willkommen im HiFi-Klassik-Forum!

Nun hast Du Dich ja bereits vorgestellt. Wenn Du noch mehr schreiben möchtest, kannst Du diesen Thread benutzen.

Interessant finde ich Deine Hinwendung zur Kammermusik. Große, sinfonische Werke sind sicher zunächst beeindruckender (sonic spectacular, wie Kreisler Jr. an anderer Stelle so schön formuliert hat). Aber ich kann mir vorstellen, dass mit der Hörerfahrung die Lust am Detail, am Intimen wächst. Martin hat weiter oben ja Ähnlich an sich beobachtet.


@Thomas "reflection": Ich werde mal ein paar weitere Bruckner-Sinfonien hören. Nrs. 6 und 7 sind gerade auf dem Weg zu mir. Dann kann ich Dir sagen, ob ich Deinen Geschmack teile. Auf jeden Fall wird die 9. schwerlich zu toppen sein!

Viele Grüße,
Mellus
Kreisler_jun.
Inventar
#24 erstellt: 03. Mrz 2009, 23:57

Mellus schrieb:
Hallo Henry (ich darf doch das "Sir" weglassen?),

wurdest Du eigentlich schon willkommen geheißen? Falls nicht sei es hiermit nachgeholt: Herzlich willkommen im HiFi-Klassik-Forum!


Sir Henry ist Sirvival (nicht Rüdiger Nehberg) I presume...



Große, sinfonische Werke sind sicher zunächst beeindruckender (sonic spectacular, wie Kreisler Jr. an anderer Stelle so schön formuliert hat). Aber ich kann


Nicht jede Orchestermusik ist "sonic spectacular". Brahms 4. oder die Eroica nicht, Haydns Abschiedssinfonie noch weniger.
Sondern das Zeugs, was auf Audiophilen Samplern (außer Gitarre :)) drauf ist: Tschaikowsky, Rimsky, Strauss, Respighi, evtl. einiges von Strawinsky und Ravel usw.

JK jr.
Sir_Henry0923
Stammgast
#25 erstellt: 04. Mrz 2009, 11:09

Kreisler_jun. schrieb:

Mellus schrieb:
Hallo Henry (ich darf doch das "Sir" weglassen?),

wurdest Du eigentlich schon willkommen geheißen? Falls nicht sei es hiermit nachgeholt: Herzlich willkommen im HiFi-Klassik-Forum!



Sir Henry ist Sirvival (nicht Rüdiger Nehberg) I presume...



Große, sinfonische Werke sind sicher zunächst beeindruckender (sonic spectacular, wie Kreisler Jr. an anderer Stelle so schön formuliert hat). Aber ich kann


Nicht jede Orchestermusik ist "sonic spectacular". Brahms 4. oder die Eroica nicht, Haydns Abschiedssinfonie noch weniger.
Sondern das Zeugs, was auf Audiophilen Samplern (außer Gitarre :)) drauf ist: Tschaikowsky, Rimsky, Strauss, Respighi, evtl. einiges von Strawinsky und Ravel usw.

JK jr.


Hi,

ja, besten Dank für das Willkommen, aber JKjr. hat recht, ich habe mir nur einen anderen Nick zugelegt und den Sirvival erstmal zu Grabe getragen. Ab und zu mal was Neues, auch wenn es den Wiedererkennungswert schmälert.

Nun, was fasziniert an sinfonischer Musik? Ich denke, einmal die Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten in Bezug auf die Klangfarben, die allerdings manchmal Selbstzweck sind, wie bei Richard Strauß. Oder die ungewöhnlichen wie ungewohnten Klangwirkungen im Werk Gustav Mahlers, die auf mich, da die Liebe zu seiner Musik bei mir deutlich abgekühlt ist, im musikalischen Kontext jetzt wie aufgesetzt und unmotiviert wirken.

Da ist auch der große Dynamikumfang sinfonischer Musik. Im öffentlichen Konzert habe ich aber manchmal das Gefühl, dass je lauter und rasanter die Schlußwendungen einer Komposition wirken oder präsentiert werden, desto vehementer Bravo gebrüllt wird. Der Inhalt scheint nicht so wichtig, Hauptsache, es war laut,lauter, am lautesten. Eine gewisse Veräußerlichung der Ausdrucksmittel, die auch von manchen Dirigenten noch forciert wird, Musik also als das reproduziert wird, was bereits oben als "sonic spectacular" apostrophiert wurde.

Deshalb meine Hinwendung zur Kammermusik, aber auch zu Klassik und Barock. Bei der Klassik erreichen, und das muss ich einschränkend vermerken, jedoch leider nur wenige Komponisten die Stringenz der musikalischen Aussage eines Haydn, Mozart und Beethoven. Vieles, was es hier von anderen Komponisten der Klassik auf LP gibt, kann man getrost unter Rokokogedudel mit immer denselben musikalischen Floskeln einordnen. Das langweilt und ermüdet beim Zuhören.

Grüße

Henry
Mellus
Stammgast
#26 erstellt: 04. Mrz 2009, 13:02

Joachim49 schrieb:
Vor einiger Zeit habe ich ein Interview mit Julia Fischer gelesen (wenn ich mich recht erinnere) in dem sie etwas sagt, was sowohl zum Thema als auch spezifisch zu Bruckner passt. Sie sagte nämlich, dass sie mit Bruckner nichts anfangen könne, - aber dass sie heute schon sicher sei, dass sie ihn in 10 bis 20 Jahren sehr schätzen werde.


Das kommt mir bekannt vor -- und ich habe es wiedergefunden. Das stammt aus einem Interview, das Fischer der Zeit gegeben hat. Wen's interessiert: es ist hier online zu lesen (betreffende Passage auf Seite 2).

Viele Grüße,
Mellus
Mellus
Stammgast
#27 erstellt: 04. Mrz 2009, 13:11
Hallo Henry,

nun ist Deine "Tarnung" ja doch aufgeflogen!

Auch wenn meine Mahler-Phase gerade anfängt (Lebensreflektion!), kann ich Deine generelle Haltung im Kleinen nachvollziehen. In entsprechender Stimmung mag ich kein "sinfonisches Getöse" hören, da brauche ich extrem fokussierte (um das mal mehr schlecht als recht so zu nennen -- Mahler würde von sich bestimmt gleiches sagen!) Musik. Dann stehe ich auf Webern oder Lachenmann. Bei Beethoven etc. bin ich kammermusikalisch noch nicht richtig angekommen. Kommt bestimmt noch. "Späte Liebe".

Viele Grüße,
Mellus
Tommy_Angel
Inventar
#28 erstellt: 17. Mrz 2009, 18:38
Joachim,

im Kern langweilst Du Dich doch, wenn Du schreibst, daß Dich nichts (mehr) begeistert. Ich denke, daß kommt vom Alter, man wird ruhiger und es war halt alles schon mal dagewesen.

Eine Möglichkeit sehe ich tatsächlich noch in der neuen Musik (die auch jemand hier ansprach)und rate Dir, einmal Ives "unaswered question" zu hören und Arvo Pärts Violonsonate "Mirror in the mirror".

Wenn dies auch nicht hilft kennst Du eben schon alles und das wars...


[Beitrag von Tommy_Angel am 17. Mrz 2009, 18:39 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#29 erstellt: 17. Mrz 2009, 20:47

Tommy_Angel schrieb:
Joachim,

im Kern langweilst Du Dich doch, wenn Du schreibst, daß Dich nichts (mehr) begeistert. Ich denke, daß kommt vom Alter, man wird ruhiger und es war halt alles schon mal dagewesen.

Eine Möglichkeit sehe ich tatsächlich noch in der neuen Musik (die auch jemand hier ansprach)und rate Dir, einmal Ives "unaswered question" zu hören und Arvo Pärts Violonsonate "Mirror in the mirror".

Wenn dies auch nicht hilft kennst Du eben schon alles und das wars... ;)


Hallo Tommy,
ich langweile mich ganz und gar nicht, denn im schlimmsten Fall kann ich mich immer wieder für die alten Sachen begeistern. Nur Neuentdeckungen, die mich so richtig umhauen, die werden halt sehr selten. Ives kenne ich recht gut (Symphonien, Quartette, Concorde-Sonate, Songs, Violinsonate und die 'unanswered question), höre ihn meistens auch mit Vergnügen. Pärt kenne ich wenig, habe eine dvd - aber die hat mich nicht sehr motiviert mir gleich einen Schwung Aufnahmen zuzulegen. Zum Glück gibt's zwischen Begeisterung und Langeweile auch noch eine ganze Menge Zwischentöne.
Freundliche Grüsse
Joachim
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