Gehe zu Seite: |vorherige| Erste . 4 5 6 7 8 9 10 Letzte |nächste|

Aufbau einer Klassiksammlung mit grossen und berührenden Interpretationen

+A -A
Autor
Beitrag
flutedevoix
Stammgast
#360 erstellt: 13. Aug 2011, 09:37
Ich bin nun sicher nicht die von Joachim gewünschte kompetente Quelle zu Berg, ganz im Gegenteil. Es gibt aber doch zumindest ein Werk, das eine große Faszination auf mich ausübt. Das ist sein Violinkonzerwt "Dem Andenken eines Engels".
amazon.de

Vielleicht ist der eine oder andere überrascht, daß ich gerade Eine Aufnahme mit Anne-Sofie Muttewr empfehle, fällt der Name in meinen Beiträgen meist noch mit negativen Assoziationen. Das Berg-Konzert spielt sie aber ausgezeichnet, mit klarer Diktion, beachtlichen Schattierungen im Ton und vor allem einer emotionalen Tiefe und Reife, die ich sonst so oft in ihrem Spiel vermisse.


Ausnahmsweise kann ich bei Berg auch wirklich einmal eine Box empfehlen:
amazon.de

In dieser Box ist neben der Lulu, dem Wozzeck, Orchestermusik (u.a. die obige Aufnahme des Violinkonzertes) auch die Kammermusik mit dem LaSalle-Quartett enthalten.
Die Aufnahmen sind in der Tat sehr gut, die analytische Herangehensweise des Quartetts zeigt sehr schön die z. T. komplexen Strukturen der Kompositionen vorbildlich auf. Dankenswerterweise bleibt das LaSalle-Quartett aber nicht in diesem Stadium stehen, sondern schafft es auch den musikalischen Sinngehalt der Werke dem Zuhörer zu vermitteln.
flutedevoix
Stammgast
#361 erstellt: 13. Aug 2011, 09:45
Wenn auch schon in der alphabetischen Reihenfolge etwas zu spät, darf aber eine Aufnahme hier nicht fehlen, die die meisten vermutlich nicht kennen werden, aber wirklich eine CD-Produktion mit ausgezeichneten, emotional berührenden Konzerten in eine sehr gelungenen Einspielung enthält:

amazon.de

Die Konzerte Bendas lassen sich beschreibender Weise vielleicht am ehesten im Umfeld der Wilhelm-Friedemann-Bach-Concerti einordnen. Mit ihnen gemeinsam haben sie den vorwärtsdrängenden, zerwühlten Charakter und den unbedingten Ausdruckswillen, bester Sturm-und-Drang eben.
Genau diese Tugenden vermiitteln uns die Interpreten in einer Herausragenden Einspielung. Mich technische Sicherheit steht im Vordergrund, sondern wirklich ein Musizieren auf der Stuhlkante mit höchstem Risiko.
Eine der schönsten CDs meiner Sammlung!
Szellfan
Hat sich gelöscht
#362 erstellt: 13. Aug 2011, 10:08
Hallo zusammen,
kurz zurück zu Alban Berg.
Eine Buchempfehlung allerdings.
Dieses Buch wirft einen zutiefst menschlichen Blick auf Alban Berg und läßt dessen Musik dadurch auch in einem sehr emotionalen Licht erscheinen.
Lohnt sich sehr, wie ich finde, für mich war es eine Entdeckung:
amazon.de
]
herzliche Grüße, Mike
Klassikkonsument
Inventar
#363 erstellt: 17. Aug 2011, 04:39
Zu Berlioz fällt mir noch ein:

jpc.de

Die Nuits d'été habe ich mit Régine Crespin und dem von Ernest Ansermet geleiteten Orchestre de la Suisse Romande (Decca, 1963) kennengelernt und fand diesen Gesangszyklus sofort groß und berührend. Der Klang scheint mir auch recht ordentlich zu sein. Bislang habe ich noch kein Bedürfnis nach einer anderen Aufnahme verspürt. Aber vielleicht ist die Crespin auch nicht das Maß aller Dinge. Keine Ahnung.

Szellfan
Hat sich gelöscht
#364 erstellt: 25. Aug 2011, 14:41
Etwas willkürlich "rette" ich jetzt die Unterhaltung um Bibers "Rosenkranzsonaten" hierher.
Mein persönlicher Favorit ist diese Aufnahme:
Biber Letzbor
Abgesehen davon, daß es mir mit Gunar Letzbor gelingt, sogar beide CDs am Stück zu hören, gewinnt bei ihm doch jede der Sonaten ein eigenes Gewicht.
Durch die Verwendung eines reichen Continuo- Ensembles
wird die Aufnahme sehr farbig, aber nie überladen.
Außerdem hört man bei ihm die verschiedenen Stimmungen der Violine schön deutlich, Biber spielt ja sehr mit der Scordatura.
Wobei man manches eigentlich sehen müßte, denn daß in der Kreuzigungs-Sonate zwei der Saiten gekreuzt auf dem Instrument liegen, hört man nicht.

So sehr barock durchaus nach außen gekehrt diese Musik ist, lädt sie mich selbst zur Stille ein und berührt mich tief. Zugegegeben, am tiefsten auch mich die Passacaglia.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#365 erstellt: 18. Okt 2011, 23:14
Nun also einen Versuch, diesen Thread wieder zu beleben. Ich finde es schade, daß er eingegangen ist, ist doch eigentlich ein schönes Kompendium bis hiuerher entstanden, auf das man zum Einstieg in einen Thread gut verweisen kann.

Mike hat Biber ins Gespräch gebracht. Da möchte ich doch noch gerne einhaken, haben wir Heinrich Ignaz Franz von Biber doch einen wahren Großemister des Barock vor uns.

Neben der von Szellfan geposteten vorbildlichen Aufnahme der Rosenkranzsonaten sind auch folgende Sonaten ausgezeichente, virtuose und gleichzeitig tief empfundene Kompositionen:

amazon.de
amazon.de
amazon.de

Alle Aufnahmen sind hervoragend gespielt, Gunnar Letzbor in den Sonaten von 1681 und Anton Steck überzeugen mit superber Tongebung und viel Gespür für den formalen Aufbau der Kompositionen.
Neben all den technischen Schwierigkeiten, erfordern die Sonaten vom Interpreten ja auch in intonatorischer Hinsicht viel Aufmerksam. In den Sonaten von 1681 muß er sogar mitten in der Sonate die Skoradtur verändern, also umstimmen!


[Beitrag von flutedevoix am 18. Okt 2011, 23:14 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#366 erstellt: 18. Okt 2011, 23:32
Ein weiterer Post soll sich dem Consortschaffen Bibers widmen.

amazon.de

Auch wenn ich ausgewiesenermaßen kein besonderer Freund der Musica antiqua und Reinhard Goebels bin, diese Einspielung der Biberschen Triosonaten ist gelungen. Neben der technischen Überlegenheit ist vor allem das sehr gute Zusammenspiel und die klangliche Rafifinesse überzeugend.

amazon.de
Diese CD zeigt Biber von der humoristischen Seite u.a. mit der Serenade "Die Pauern-Kirchfahrt". Frühe und sehr gelungene Programmusik in einer guten Aufnahme

amazon.de
Noch einmal Gunnar Letzbor, der einen besondres tiefen Zugang zur Musik Bibers hat, mit einem representatien Querschnitt durch das Consortschaffen Bibers. Berührend und klangschön gespielt, durchaus eine CD für dei einsame Insel
flutedevoix
Stammgast
#367 erstellt: 18. Okt 2011, 23:49
Und schließlcih abschließend noch die wichtigsten kirchenmusikalischen Werke Bibers, allesammt in maßstabssetzenden Aufnahmen Savalls. Savall versteht es, den Werken den Raum zu geben, die sie für ihre Entfaltung benötigen. Entspanntes aber alles andere als spannungsloses Musizieren ist sein Markenzeichen, was besonders der Vokalmusik Bibers sehr gut bekommt. Die Musik entfaltet eine zu Herzen gehende Größe und Majestät gepaart mit einer großen emotionalen Tiefe: Großartig!

amazon.de
amazon.de


Das vokale Hauptwerk Bibers ist die Missa Salisburgensis, entstanden für den Salzburger Dom, ein Werk das mit den dortigen akkustischen Begebenheiten (53 Stimmen in 4 Chören auf 4 Emporen) spielt und vermutlich auch seinen musikalischen Sinn nur dort wirklich voll und ganz entfalten kann. Leider nicht von Savall eingespielt (oder ging die Aufnahme an mir vorbei?), deshalb muß man auf die Prestige-Produktion der ARCHIV zurückgreifen:
amazon.de
Die Aufnahme ist sicher spieltechnisch gut gelungen, allerdings steht mir etwas zu sehr die Monumentalität im Vordergrund. Ein interpretatorisch differenzierterer Zugriff wäre an manchen Stellen doch wünschenswert gewesen.
Im Gegensatz dazu ist Koopamns Aufnahme wunderbar durchsichtig, auch mit mehr Sinn für Feinheiten gearbeitet. Allerdings fehlt hier etwas die Monumentalität. Man sollte einfach beide CDs mischen können. Man macht aber mit keiner etwas falsch.
amazon.de


Weniger bekannt aber ähnlich monumental und sehr klangschön und emotional (ist bei Junghänel keine Selbstverständlichkeit!) ist die Missa Alleluja. Ich finde das Werk ist heute (noch) zu unbekannt:
amazon.de
Szellfan
Hat sich gelöscht
#368 erstellt: 19. Okt 2011, 08:23
Lieber Johannes,
wenigstens Du hast Dich erbarmt....Danke.
Ich möchte noch zwei Aufnahmen hinzufügen, die mir sehr ans Herz gewachsen sind:
amazon.de
amazon.de
Unterschiedlicher könnten beide nicht sein, die Sonaten wieder sehr meditativ, die andere, wie der Titel schon vermuten läßt, im Grunde eine Vergnügungsplatte.

Das Combattimento Consort spielt auf modernen Instrumenten, was man kaum hört, denn mit so viel technischer Raffinesse und Wissen um alte Spieltechniken, daß das Instrumentarium zweitrangig ist. Allerdings benutzen sie eine Naturtrompete,
deren Klang läßt sich eben doch nicht "imitieren".

Wie schon erwähnt, die Sonaten spielen sie ganz versunken, dicht, meditativ, innig und sehr emotional.
Die andere CD dagegen sprudelt nur so vor Witz, manchmal recht deftig, sie macht einfach unglaublich Spaß und ist doch nie oberflächlich...außer natürlich dort, wo Biber selbst nur mit den Effekten spielt.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#369 erstellt: 19. Okt 2011, 09:45
Lieber Mike,
ich kennen beide CDs nicht, wohl aber die interpretatorischen Qualitäten des Ensembles. Ich werde mich auf die Suche begeben!
Die eigentliche Kunst bei Biber ist ja, die Balance zwischen Repräsentation und Virtuosität auf der einen Seite und Ausdrucksgestaltung auf der anderen Seite zu finden. Wenn Bach das alte Testament des Geigenspiels ist, dann haben wir hier quasi das Buch Genesis, die Schöpfungsgeschichte, vor uns!
Szellfan
Hat sich gelöscht
#370 erstellt: 19. Okt 2011, 10:46
Lieber Johannes,
schön gesagt.
Ernst Hermann Meyer, der ostdeutsche Komponist, schrieb vor vielen Jahren, Biber sei der verrückteste Komponist vor Bach.
Interessante Sicht, vor allem auf Bach.
(So etwas war bei uns im Musikunterricht in der Schule dran!)
Ergänzen möchte ich noch diese CD:
amazon.de
Sie gefällt mir persönlich besser als die der MAK, weil ich sie doch weniger maniriert, dafür klanglich ausgewogener und somit als sinnlicher empfinde.
Herzliche Grüße, Mike
P.S.: Ist die Aufnahme der Sonaten 1681 mit Letzbor bei Panclassics eigentlich identisch mit seiner Aufnahme bei Symphonia oder eine Neuaufnahme? Ich fand im Internet keine Hinweise. Weißt Du dazu etwas?
flutedevoix
Stammgast
#371 erstellt: 20. Okt 2011, 23:41
Da ich davon ausgehe, daß keine weiteren Posts zu Biber mehr kommen, möchte ich zum nächsten Komponisten in meiner Sammlung vorwärts schreiten, von dessen Musik eine mehr als bemerkenswerte CD in meinem Regal steht: Gilles Binchois

Zeitgenosse von Guillaume Dufay und Johannes Ockeghem, somit ein Vertreter der ersten Generation der Franko-flämischen Vokalpolyphonie. Sein Werk wurzelt noch fest in der spätmittelalterlichen Tradition der Ars Nova hat aber auch schon wie das Werk seines Freundes Dufay emotional stark subjektiv gestaltete Ausdruckselemente.
Eben diese stehen in der folgenden CD im Mittelpunkt. Ein Kritiker schrieb von einem entfernten Vorläufer des portugisischen Fado und er hat nicht unrecht damit. Besonders die Klagegesänge sind eine beeindruckende persönlich emotional gefärbte Musik. Großartig interpretiert!

amazon.de
Szellfan
Hat sich gelöscht
#372 erstellt: 21. Okt 2011, 11:18
Nun hast Du, lieber Johannes,
die Binchois-CD beschrieben, die ich auch beschrieben hätte.
Dem, was Du schreibst, kann ich auch nichts mehr hinzufügen.
Herzliche Grüße, Mike
Joachim49
Inventar
#373 erstellt: 21. Okt 2011, 18:47
amazon.de
amazon.de
amazon.de

Schön, dass es hier weiter geht. Ich gehe noch einmal alphabetisch einen kleinen Schritt zurück, zu Antonio Bertali. Es schreibt meist warme, lebensfrohe oder festliche Musik, die das Herz erwärmt. Seine Chaconne findet man oft zusammen mit Werken andere Komponisten, zB bei Holloway (zusammen mit Schmelzer) oder bei Christina Pluhar. Es ist Musik, die mich wirklich vom erstern Augenblick an berührt hat.
Freundliche grüsse
Joachim
(Vielleicht kann zu Berlioz noch etwas nachgetragen werden, wir hatten ja auf dem Forum kürzlich eine kleine vergleichende Diskographie der Phantastischen.)
Szellfan
Hat sich gelöscht
#374 erstellt: 22. Okt 2011, 07:17
Hallo Joachim,
schreibe biite noch über Berlioz, wäre schön.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#375 erstellt: 22. Okt 2011, 13:16
Vor der Berlioz-Etappe noch kurz eine wirklich schöne Aufnahme mit Musik von Antonio Bertali:

amazon.de

Die Interpreten schaffen es ähnlich wie Gunnar Letzbor bei Biber der Musik die represäsentative Großzügigkeit und Wärme zu geben, nach der sie verlangt. Bertalis Kompositionen sind in der Regel keine Tour de Parforce in Sachen affektgeladener Chromatik, vielmehr gut gearbeitete Consortmusik mit perfekter Formbeherrschung und ausgewogener Klanglichkeit.
arnaoutchot
Moderator
#376 erstellt: 23. Okt 2011, 21:44

Szellfan schrieb:
Etwas willkürlich "rette" ich jetzt die Unterhaltung um Bibers "Rosenkranzsonaten" hierher.
Mein persönlicher Favorit ist diese Aufnahme:
Biber Letzbor
Abgesehen davon, daß es mir mit Gunar Letzbor gelingt, sogar beide CDs am Stück zu hören, gewinnt bei ihm doch jede der Sonaten ein eigenes Gewicht.
Durch die Verwendung eines reichen Continuo- Ensembles
wird die Aufnahme sehr farbig, aber nie überladen.


Sorry, dass ich erst jetzt auf die o.g. Empfehlung und nochmals auf Biber zurückkomme. Ich kenne Letzbor leider nicht. Ich habe fünf komplette Aufnahmen der Rosenkranz-Sonaten, deswegen suche ich nicht unbedingt dringend nach weiteren. Wenn es um barock-farbiges Ensemblespiel geht, finde ich John Holloway und Riccardo Minasi eigentlich sehr gut. Wenn es um gotisch-karge Kontemplation geht, bevorzuge ich Reinhard Goebel oder die ältere Aufnahme von Susanne Lautenbacher. Etwas exzentrischer ist die Aufnahme von Maya Homburger und Barry Guy mit der Camerata Kilkenny. Kennst Du etwas davon und kannst den Letzbor da einordnen ?

Die Letzbor-SACD auf Chesky kannte ich noch nicht, die hab ich notiert. Ansonsten kenne und unterstütze ich fast alle vorgenannten Empfehlungen zu Biber.
flutedevoix
Stammgast
#377 erstellt: 24. Okt 2011, 00:22
Auch wenn ich jetzt nicht direkt angesprochen wurde, ich kenne die Letzbor-Aufnahme sowie die von Holloway, Goebel und Lautenbacher.

Ich persönlich würde auch die Letzbor-Aufnahme bevorzugen, bei ihm kommt einfach die Ausdrucksgestaltung in den Sonaten den Rang, der ihr zusteht: den allerersten! Dazukommt noch eine sehr schöne klangliche Wärme und eine raffinierte klangfarbentechnische Gestaltung.
Das ist genau das, was ich Goebel so sehr vermisse. Wenn man Bibers Partitruen liest und dabei im Hinterkopf hat, daß es sich ganz eindeutig um deskriptive Musik, um affektgeldanene Klangerzählungen handelt, dann ist ein karger, "götischer" Zugang in meinen Augen nicht der richtige. Gerade Reinhard Goebel beraucht sich, wie so oft, etwas zu sehr an der verlangten Viruosität. Ich denke aber diese sollte Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck sein.
Da ist John Holloway viel, viel weiter. seine Einspielung war meine favorisierte bis ich Letzbor kennenlernte. Der Fokus von Holloway liegt eindeutig auf der Ausdrucksgestaltung, er scheut dabei auch nicht vor schroffen Kontrasten zurück.. Ich finde bei Gunnar Letzbor alles etwas zugespitzter, dabei tiefer empfunden. Ich weiß, das ist eine sehr schwammige Formulierung, Sein Spiel wirkt einfach emotional wärmer, so als würde er mit siner eigenen Sprache sprechen und nicht in einer fremden. Er schafft den Sprung vom Interpreten zum "Mitschöpfer" während Holloway "nur" als Interpret auftritt, das allerdings auf einem ungalublich hohen Niveau.

Nun will ich Mike nicht vorgreifen, ich dachte nur, daß mehrer Meinungen und Einordnungen willkommen sein könnten!
Szellfan
Hat sich gelöscht
#378 erstellt: 24. Okt 2011, 09:37
...Johannes hat nicht "vorgegriffen", sondern vielmehr das formuliert, was ich selbst geschrieben hätte, wenn auch mit anderen Worten vielleicht.
Von den genannten Aufnahmen kenne ich nur die mit Maya Homburger nicht, die anderen durchaus- und meine Referenz war bis zum Letzbor ebenfalls Holloway.
Auch der Begleitung wegen, Tragicomedia, also ein eigenes Ensemble als Partner zu wählen, hat mich sehr überzeugt. Rein spieltechnisch war ich mit Holloway oft nicht so ganz glücklich, da klingt Goebel müheloser.
Dessen karge Lesart, die sich beschränkte auf die Virtuosität und die Exzentrik der Musik, war und ist mir zu wenig.
Ist es doch sehr emotionale Musik, da war Holloway viel näher dran.
Und Letzbor dann für mich die Erfüllung.
Seither suche ich eigentlich nicht mehr weiter.
Herzliche Grüße, Mike
arnaoutchot
Moderator
#379 erstellt: 24. Okt 2011, 11:41
Danke Euch beide für die wie immer fundierte Einschätzung. Werde schauen, ob sich der Letzbor mal irgendwo preislich annehmbar erwerben lässt (was bei den alten Aracana-Aufnahmen aber oftmals schwierig ist).

So, jetzt ist's gut mit Biber und man kann zu Berlioz weitergehen. Ich habe da nur die Colin-Davis-Boxen der Orchester- und sakralen Werke von Philips, die ich - muss es zu meiner Schande gestehen - mehr aus sammeltechnischen als leidenschaftlichen Erwägungen erworben habe und die noch nicht komplett gehört habe. Im Schnitt ist Davis aber sicherlich ein anerkannter Spezialist für die Musik von Berlioz. Zu der Symphonie Fantastique hab ich mich im separaten Thread zu der Symphonie schon ausgebreitet. Höre gerne, was einen sonst noch von Berlioz berühren könnte

amazon.de amazon.de
flutedevoix
Stammgast
#380 erstellt: 24. Okt 2011, 12:26
Hm, Berlioz: Trotz jahrelangen Ringes und Mühens habe ich immer noch keinen wirklichen Zugsng zu seiner Musik gefunden.
Wie mein Vorredner schon schrieb, gilt Colin Davis als großer Berlioz-Interpret, allerdings frage ich mich oft wieso! Seine Sinfonie fantastique empfand ich immer als langweilig, mit gebremster Kraft gespielt. Meine Lieblingsaufnahme der Sinfonie ist eindeutig die "französische" von Igor Markevitch.
amazon.de
Ich höre da in den letzten beiden Sätzen den ganzen Wahnsinn, den Berlioz in die Musik hineinkomponiert hat, ganz ohne dirigentische Selbstdarstellung aber mit unglaublicher Durchhörbarkeit. Ich höre dabei auch, daß das Orchester sich einige Ungenauigkeiten erlaubt, aber mit Verlaub, das ist angesichts der Interpretation völlig egal!


[Beitrag von flutedevoix am 24. Okt 2011, 12:41 bearbeitet]
Szellfan
Hat sich gelöscht
#381 erstellt: 24. Okt 2011, 12:27
...nicht ganz ernst gemeint: selbst unglücklich verliebt sein und es dann mit Lichtenberg halten:"Wer Sorgen hat, hat auch Likör".
Spreche aus noch anhaltender Erfahrung....
Grins, Mike
P.S.: nun kam Johannes mir doch zuvor, natürlich mit der Aufnahme, die ich ebenfalls genannt hätte.
Sowohl dem, was er über diese Aufnahme schreibt als auch über Colin Davis, stimme ich einfach schweigend zu.
Herzliche Grüße, Mike


[Beitrag von Szellfan am 24. Okt 2011, 12:30 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#382 erstellt: 24. Okt 2011, 12:28
Ähnlich interpretatorisch herausragend finde ich Markevitch Einspielung von "Les Damnation de Faust". Ausdrucksgestaltung pur, mit idiomatisch ausgezeichneten besetzten Sängern: so entsteht eine unglaublich geschlossene Einspielung. Das war die erste Aufnahme mit Musik von Berlioz, die mich dem Komponisten näher gebracht hat:

amazon.de


[Beitrag von flutedevoix am 24. Okt 2011, 12:40 bearbeitet]
Szellfan
Hat sich gelöscht
#383 erstellt: 24. Okt 2011, 12:32
...und schon wieder!
War meine erste Berlioz-LP, wenn auch aus Neugierde auf Markevitch. Und ich schätze sie auch heute noch sehr.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#384 erstellt: 24. Okt 2011, 12:46
Lieber Mike,

das wird langsam langweilig! Ich finde, Du solltest Deinen Geschmack ändern, sonst können wir hier gleich immer gemeinsam posten ;-)
Nein, im Ernst es wundert mich ja nicht!

Bei Markevitch wird ja oft seine Berliner Aufnahme genannt. Die ist zwar auch sehr gut, aber gerade die "französische" Aufnahme hat noch mehr Rausch, auch noch mehr Flair, schwer zu beschrieben. Ich weiß aber auch, daß viele sie ablehen, weil das Orchester halt nicht immer wirklich sich als Spitzenorchester zeigt. Wie ich schon schrieb, das ist immer dann egal, wenn die Ausdrucksgestaltung stimmt! Sonst müßte man einige Aufnahmen aus dem Gedächtnis streichen, z.B. fast alle italienischen Operneinpsielung der 50er und 60er. Aber auch dort: was Callas macht, läßt einem alles andere vergessen!
Szellfan
Hat sich gelöscht
#385 erstellt: 24. Okt 2011, 13:02
Lieber Johannes,
da ich der Ältere von uns beiden bin, habe ich das Recht, meinen Geschmack zu behalten....

Sicher liegt die fehlende Atmosphäre der Berliner Aufnahme auch am mono, dennoch, davon eben abgesehen, wirkt sie mir im Vergleich zu ...abgezirkelt, risikoärmer.
Sie hat einfach diesen Sog nicht, den die französische hat.
Und da darf's dann auch mal trübe werden, daher stört mich das nicht so ganz perfekte Orchester nicht im Geringsten.
Manchmal scheint mir sogar, daß man so sogar besser vernimmt, daß hier alle auf der Stuhlkante, gleichsam rauschhaft musizieren.
Etwas, das Colin Davis so gänzlich abgeht, ähnlich wohl so nur bei Mitopoulos oder Carlos Paita zu finden ist und, wenn auch- o weh, jetzt gibt's wieder Schelte- sehr veräußerlicht bei Bernstein.
Herzliche Grüße und auf ein baldiges gemeinsames posting,
Mike
flutedevoix
Stammgast
#386 erstellt: 24. Okt 2011, 13:13
Lieber Mike,
da wir uns beide nicht verschlechtern wollen, würde ich vorschlagen, wir leben damit, so oft einer Meinung zu sein. Um meinen Respekt vor dem Alter unter Beweis zu stellen, überlasse ich Dir einfach, das nächste Mal als erster zu posten!

Was Bernstein angeht, wirst Du von mir keine Schelte erfahren, obwohl diese Musik ihm liegt. Genauso wie Mahler (auch wenn es halt Bernstein wird!). Wir sollten aber noch bei Berlioz bleiben, Bernstein kommt ja dann auch bald als Komponist zu seinem Recht.

Interessanterweise haben die Interpreten der historisch informierten Aufführungspraxis mich nicht begeistern können bei Berlioz. Woran es liegt? Ich kann es nicht genau sagen. Vielleicht sind sie in ihrem Unterfangen, das musikalische Geschehen durchhörbar zu belassen, zu wenig mutig, an die interpretatorische Schmerzgrenze, ins Extrem zu gehen. Etwas, das sie ja sonst durchaus auszeichnet und so besonders macht. Auch wenn ich jetzt mich ducken muß, ich hätte schon gerne einmal gehört, was ein Harnoncourt vor 10 Jahren zu dieser Musik zu sagen gehabt hätte. Aus eigener Erfahrung würde ich aber vermuten, daß sie ihm zu äußerlich und damit zu uninteressant ist.
Szellfan
Hat sich gelöscht
#387 erstellt: 24. Okt 2011, 13:58
Lieber Johannes,
so schwer wird's und wohl nicht fallen, so oft einer Meinung zu sein, ich lebe damit gern.

Harnoncourt schrieb doch mal vor Jahren, daß er Musik, die reine Nabelschau sei, nicht dirigieren würde. So fragwürdig diese Aussage ist, trifft das für ihn auf Berlioz zu(und Mahler, auch auf Gluck, Schönberg...auf Schubert nicht, auf Berg nicht...hm, ist halt seine Meinung). Interessant fand ich damals die Aussage Norringtons, daß er auf drängenden Rat hin, er solle unbedingt die Mitropoulos-Aufnahme anhören bevor er eine eigene macht, diese einfach nur schrecklich fand.
Genauer erklärt er das zwar nicht, aber dieses "Schreckliche" ist womöglich ein Teil der Musik, den die HIP-Dirigenten nicht wahrhaben wollen?

Zu Bernstein als Komponisten muß ich an dieser Stelle zumindest passen.
Ich höre die Musik ganz gern, finde sie auch durchaus spannend, aber doch nicht so, daß ich sie hier als mich berührend beschreiben würde.
Vielleicht meinen ersten Schritt dann wieder bei Boccherini, ich hoffe jetzt, ich habe nicht zu viele dazwischen vergessen?
Herzliche Grüße, Mike
Kreisler_jun.
Inventar
#388 erstellt: 24. Okt 2011, 18:55
Ich habe vorhin nachgeschaut, was ich im anderen Thread bei Berlioz geschrieben hatte; das sehe ich noch immer genauso.
NB: Berlioz ist auch nicht mein Lieblingskomponist (jeder Komponist ohne Kammermusik ist mir eh erstmal verdächtig... :D) und ich glaube ich habe Les Troyens, obwohl seit etlichen Jahren im Regal immer noch nicht vollständig gehört... L'enfance du Christ noch gar nicht.
Nach Fantastique würde ich Faust, Harold in Italien und von Romeo und Julia wenigstens die Auszüge empfehlen. Mein Favorit beim Faust ist die schon genannte Markevitch-Aufnahme (die allerdings minimal gekürzt ist, um auf zwei LPs zu passen); ich habe die Auslassung (u.a. spätere Strophen eines Liedes) selbst im direkten Vergleich allerdings kaum bemerkt.
Ich kenne auch die Harold-Aufnahme dieser neueren Ausgabe nicht. Hier und bei der Fantastique wären inzwischen meine Empfehlungen Scherchen, oder falls Mono inakzeptabel Bernstein, weil die dem Wahnsinn angemessen einfangen. Ich nehme aber an, dass Munch (von dem ich nur Fantastique habe) bei Harold auch sehr gut ist.

amazon.de

Romeo et Juliette ist als Ganzes eher interessant als komplett überzeugend. Aber: einige Orchestersätze, die oft auch als eine Art Suite alleine aufgenommen zum werden, sind eher besser als die dominierende Symphonie Fantastique; sowohl die dortige Ball-Szene als auch das "Mab-Scherzo" und die Scene d'amour sind den Mittelsätzen der Fantastique m.E. überlegen.

Aber wie gesagt, ich bin sicher nicht der Experte. Berlioz (und noch schlimmer bei Liszt) können mich spontan nur in einigen Stücken begeistern, obwohl ich vieles interessant finde und immer mal wieder Versuche mit den weniger bekannten Stücken mache. (Erschwerend kommt hinzu, dass mir gesungenes französisch nach wie vor nicht besonders zusagt).
flutedevoix
Stammgast
#389 erstellt: 27. Okt 2011, 17:31
Mir scheint, zu Berlioz kommen momentan keine Ergänzungen mehr.

Daher ein kleiner Eintrag zu Leonard Bernstein. Ich schätze ihn in der Tat als Komponisten mehr denn als Interpreten.
Seine West Side Story ist eines der bedeutendsten Bühnenwerke des 20. Jahrhunderts und auch eines der bedeutendsten "amerikanischen" Werke. Und auch seine Chichesterpsalms halte ich für ausgezeichnete Musik.

amazon.de
amazon.de

Hm, Bernsteins Aufnahme der West Side Story ist umstritten, in erster Linie wegen sängerischer Defizite, beosnders bei Jose Careras. Es ist ja bekannt, daß Bernstein ihn während der Aufnahmen beinahe gemobbt hat. Andererseits Bernstein ist der Komponist, er wird wissen, warum er ihn besetzt hat, er hat ja die Aufnahme freigegeben. Ud damit erübrigt sich eigentlich die Diskussion! Aber die Defizite besonder bei Careras ... ;-)


[Beitrag von flutedevoix am 27. Okt 2011, 17:42 bearbeitet]
Klassikkonsument
Inventar
#390 erstellt: 27. Okt 2011, 18:51

flutedevoix schrieb:
Hm, Bernsteins Aufnahme der West Side Story ist umstritten, in erster Linie wegen sängerischer Defizite, beosnders bei Jose Careras. Es ist ja bekannt, daß Bernstein ihn während der Aufnahmen beinahe gemobbt hat. Andererseits Bernstein ist der Komponist, er wird wissen, warum er ihn besetzt hat, er hat ja die Aufnahme freigegeben. Ud damit erübrigt sich eigentlich die Diskussion! Aber die Defizite besonder bei Careras ... ;-)


Ich hab mal irgendwo gelesen, die Besetzung mit Carreras sei eine Verwechslung gewesen, die nicht mehr habe rückgängig gemacht werden können, weil das bei seinem Bekanntheitsgrad einen Skandal gegeben hätte. Angeblich war eigentlich an einen relativ unbekannten Sänger ähnlichen Namens gedacht gewesen.

flutedevoix
Stammgast
#391 erstellt: 28. Okt 2011, 11:34
Wenn dem so ist, dann gehört das sicher unter die 10 peinlichsten Dinge, die einem Management passieren können. Mich wundert nur, daß Lennie dann die Aufnahmen freigegeben hat bzw. nicht auf eine weitere Aufnahme (vielleicht einen live-Mitschnitt) gepocht hat.
Schlißelich war er einer der Superstars der DGG und zu der Zeit war noch Geld bei den Labels vorhanden. Aber interessante Nachricht, das kannte ich so noch nicht!
flutedevoix
Stammgast
#392 erstellt: 02. Jan 2012, 21:21
Die ruhige Zeit zwischen den Jahren!
Nachdem Mike (Szellfan) ja momentan nicht in der Lage ist, diesen Thread mit Leben zu füllen, scheint die Aufgaber bei mir zu liegen!

Bernstein ist wohl für alle hinreichend behandelt. Dann weiter zu ... Berwald, den wir im Biber-Eifer auch vergessen haben.
Auch Franz Berwald könnte ein wichtiger Protagonmist im Thread mit den unterbewerteten und vergessenen Komponisten sein. Dabei hat er ausgezeichnete romantische Musik im stilistischen Umfeld Mendelssohn - Schumann geschrieben. Dazu hat er noch einen unverwechselbaren eigenen Stil ausgeprägt. Vielleicht teilt er das Schicksal einer ganzn Generation von Komponisten der Romantik wie Gade, Bruch oder Raff an den drei großen deutschen Namen seines musikliaschen Umfeldes in der Rezeption der Nachwelt zu scheitern.

Es lohnt sich, seine Sinfonien kennenzulernen. Dazu bietet sich folgende mir bekannte Gesamtaufnahmen an

jpc.de

Goodman hat einen straffen, gleichwohl von einem dunklen Orchesterklang geprägten Zugriff der den Sinfonien sehr gut bekommt. Dazu mit feinem Gespür für die Orchesterbalance und immer auf der Suche nach Klangfarbenschattierungen. Sehr schön!

Kennt jemand die Dasugard-Aufnahme, die bei Brilliant erschienen ist?


[Beitrag von flutedevoix am 02. Jan 2012, 21:25 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#393 erstellt: 02. Jan 2012, 21:35

flutedevoix schrieb:
Kennt jemand die Dasugard-Aufnahme, die bei Brilliant erschienen ist?


Nein. Ich habe den Järvi mit den Göteburgern. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich mich mit Berwald schon vertieft auseinandergesetzt habe. Auf erstes Hören war die Järvi-Aufnahme aber ok für mich. Auch einer, der bei mir auf der Liste der "näher zu hörenden" steht.

amazon.de
Soundgarten
Neuling
#394 erstellt: 02. Jan 2012, 21:51

Klassikkonsument schrieb:

flutedevoix schrieb:
Hm, Bernsteins Aufnahme der West Side Story ist umstritten, in erster Linie wegen sängerischer Defizite, beosnders bei Jose Careras. Es ist ja bekannt, daß Bernstein ihn während der Aufnahmen beinahe gemobbt hat. Andererseits Bernstein ist der Komponist, er wird wissen, warum er ihn besetzt hat, er hat ja die Aufnahme freigegeben. Ud damit erübrigt sich eigentlich die Diskussion! Aber die Defizite besonder bei Careras ... ;-)


Ich hab mal irgendwo gelesen, die Besetzung mit Carreras sei eine Verwechslung gewesen, die nicht mehr habe rückgängig gemacht werden können, weil das bei seinem Bekanntheitsgrad einen Skandal gegeben hätte. Angeblich war eigentlich an einen relativ unbekannten Sänger ähnlichen Namens gedacht gewesen.

:prost


Hab das auch schon mal wo gelesen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Geschichte wirklich stimmt. Könnte sich auch um eine urban legend handeln. Was natürlich belegt ist, ist das etwas schwierige Verhältnis zwischen Bernstein und Carreras...
flutedevoix
Stammgast
#395 erstellt: 04. Jan 2012, 13:23
So, Ich vermute, daß der Wissendurst nach Aufnahmen aus dem Werk Berwalds gestillt ist!

Nachdem wir Biber schon ausführlich behandelt haben, möchte ich mit dem nächsten Komponisten wieder einen "Knaller" der Rezeptionsgeschichte vorstellen. Allerdings schient sein recht umfangreiches und vielfältiges Werk in der öffentlichen Wahrnehmung auch nahezu auf eine Oper beschränkt zu sein: Georges Bizet

Bevor wir aber zu "seinem" Dauerbrenner an euopäischen Opernhäuser und in der konzertanten Form als Suiten im Konzertsall kommen, möchte ich den Fokus doch zunächst auf eher weniger bekannte Werke legen.

Zunächst seine Sinfonie C-Dur
Die C-Dur ist ein frisches, munteres und fröhliches Jugendwerk Bizets, in dem er gleichwohl zeigt wie sicher und sogar mit eigenem Akzent er die musikalische Sprache seiner Zeit beherrscht. Es ist sicher kein sinfonisches Meisterwerk, das sich an Beethoven oder Mendelssohn oder Schumann messen will, aber sehr hörenswerte Musik!
Ich möchte hier drei Aufnahmen nennen, die alle auf ihre Art interessant und faszinierend sind:

jpc.de

Diese Aufnahme gehört zu den klassischen Aufnahmen der Sinfonie, zudem noch von einem französischen Orchester gespielt. Auch wenn Beechams Tempi und die Artikulation manchmal etwas langsam und wenig prägnant sind, hat die Aufnahme großen Charme und deckt in interessanterweisedie farblichen Valeurs der Komposition auf. Besonders den 2. Satz finde ich gelungen.

jpc.de

Das ist nun die vielleicht lebendigste und aufregendste Aufnahme des Werkes. François-Xavier Roth gehört zu den interessantesten jüngeren Dirigenten in Frakreich. Er nähert sich mit seinbem Orchester Bizets Sinfonie auf Instrumenten der Bizet-Zeit, was die Klangfarben, die Bizet in so interessanterweise in seiner Komposition eionsetzte, besonderts stark zum Leuchten bringt. Während bei Beecham der Komponist schon etwas "angekommen" wirkt, wird er hier als jugendlicher Draufgänger gezeigt. Meine favorisierte Aufnahme des Werkes.

jpc.de

Diese CD finde ich in erster Linie aufgrund ihres Programmes sehr interessant, enthält sie doch die sinfonischen "Erstlinge" dreier berühmter Komponisten aus drei unterschiedlichen Epochen. Interessant ist hier vor allem der Temperamentvergleich der Komponisten und der Epochen. Gleichwohl ist die Aufnahme interpretatorisch ordentlich, auch wenn sie nicht die Zuspitzung der ersten beiden Aufnahmen erreicht.


[Beitrag von flutedevoix am 04. Jan 2012, 15:13 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#396 erstellt: 04. Jan 2012, 13:38
Ich kenne Beecham und Wolff. Beecham ist auch unter klanglichen Gesichtspunkten ein guter Tipp (ist eine der alten Decca-SXL-Aufnahmen). Wolff fand ich etwas lahm, bei allen drei Werken, wenngleich ich mich an Haydn #1 nicht mehr erinnern kann. Ich habe die Wolff-CD nicht mehr.

Zu "Carmen" kann ich nichts sagen, habe keine einzige komplette Version, nur die Kinder-Fassung "Ein Holzwurm in der Oper erzählt ... Carmen", die meine Kinder geliebt haben und die für mich alles wesentliche der Oper zusammenfasst.
5th_element
Stammgast
#397 erstellt: 05. Jan 2012, 17:03
Hallo, Ihr aufrechten Verteidiger der feinen Klänge. Ich hoffe alle sind wohlbehalten im neuen Jahr angekommen.

Mir gefällt die C-Dur Symphonie von Bizet ausgesprochen gut. Nun bin ich ja hinsichtlich meiner musikalischen Vorlieben eher schlichten Gemütes und so läßt sich diese Symphonie sehr entspannt genießen. Angeblich hat ja Bizet selbst mit seinem Werk gehadert, wie zu lesen war. Meiner bescheidenen Meinung nach zu Unrecht. Aber ich weiß natürlich nicht woran er sich bei seinem Urteil gemnessen hat.

Ich habe 2 Aufnahmen der C-Dur, die übrigens scheinbar sehr häufig mit Prokofief's Symphonie Nr. 1 gekoppelt wird. So auch bei Herrn Marriner, der mit seiner Acadamy of St. Matin in the fields eine schöne Einspielung abliefert.

Vom Chesky Label gibt es Bizet's C-Dur von Munch, mit dem Royal Philharmonic Orchestra. Wie eigentlich immer, eine Bank für präzise und trotzdem emotionale Einspielungen. Dazu gibt's Tschaikowsky's Francesca da Rimini. Ich hab nur die LP. Weiß nicht, ob's die auch auf CD gibt.

Viele Grüße,
Stefan
flutedevoix
Stammgast
#398 erstellt: 05. Jan 2012, 17:55
Interessanterweise sind ja die Bühnenwerke Bizets fast bekannter in der orchestralen Fassung als Suiten. Kurioserweise gilt das auch für seinen großen Erfolg "Carmen", den Bizet leieder nicht erleben durfte.

Dabei ist das Melodram "L'Arlesienne" durchaus eine gute Komposition mit zündender Melodik und Rhythmik.
Eine komplette Aufnahme der Musik dieses Werkes nenne ich mit folgender CD mein eigen, die ich sehr gelungen finde:

jpc.de

Wohlgemerkt, die Handlung ist gestrafft und einem Erzähler (wie immer ausgezeichnet Gerd Westphal!) anvertraut. Dennoch erhält man einen dramaturgishcne Eindruck des Werkes, ganz anders als in den willkürlich (und nicht von bizet) zusammengestellten Suiten. Ich finde diese "Aufberetung" einen guten Kompromiß, um die ganze Musik Bizets kennenzulernen


Womit wir dann bei den unvermeidlichen Suitenh-Zusammenstellungen wären. Die immer unter dem Namen Bizets verkauft werden (nicht ganz zu unrecht, die Musik stammt ja von ihm), die aber nicht von Bizet zusammengestellt oder gar autorisiert wurden. Dennoch ist und bleibt es gute Musik.

Zwei Aufnahmen möchte ich empfehlen, die gegensätzlicher nicht sein könnten:

jpc.de

jpc.de

Karajan ist wie immer der Donnerer, dem es in erster Linie auf Klang und vordergründige Effekte ankommt. Allerdings es bekommt weiten Teilen dieser Musik und ist daher angemessen und gut.
Einen ganz anderen Kosmos führt uns Ansermet vor Augen: sein Orchesterdirigat stellt Klarheit und Klangfarben in den Vordergrund. Hier leuchtet Bizets Musik und ist vielschichtiger und merhdimensonaler als bei Karajan. Für mich die stärkere Aufnahme der beiden!


[Beitrag von flutedevoix am 05. Jan 2012, 18:21 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#399 erstellt: 05. Jan 2012, 18:51
jpc.de
jpc.de
Ich habe die C-Dur Sinfonie mit Leibowitz (schrecklicher Klang)und Batiz (Royal Ph O), und als Mitschnitte mit Haitink und Plasson? Wer Bizets Orchesterwerke kennen lernen will, ist wahrscheinlich gut beraten, wenn er zu den Aufnahmen Michel Plassons greift (Toulouse). Plasson setzt sich mit einer ziemlich ausschliesslichen, chauvinistischen Besessenheit für (vernachlässigte oder unterschätzte)romantische französische Komponisten und Kompositionen ein.
Und da der Auftritt Carmens früher oder später doch nicht zu vermeiden ist, muss hier natürlich unbedingt auf JE Gardiners Neuaufnahme, die in der Opera Comique entstand, hingewiesen werden, die vor kurzem als DVD erschien.
FabianJ
Inventar
#400 erstellt: 17. Mai 2012, 16:40
Schade, dass in diesem Thread so lange nichts mehr passiert ist. Ich habe hier sehr gerne mitgelesen. Eigentlich wollte ich mich hier raushalten, da ich bei Weitem nicht so viel Ahnung von der Musik habe wie die anderen Teilnehmer an dieser Diskussion. Aber wenn man ein Thema wieder von den Toten erwecken möchte, muss damit ja irgendwer anfangen.

Auch auf die Gefahr hin, den einen oder anderen Komponisten zu übergehen, mache ich einfach mal mit Luigi Boccherini weiter. (In meiner Musiksammlung ist zwischen Biber und Boccherini nichts, also können das eh nur unbedeutende Kleinmeister sein. :P)

jpc.de
Die CD/SACD enthält zwei Sinfonien, ein Streich- und ein Gitarrenquintett des Komponisten. Allesamt in, meiner Meinung nach, sehr schönen Aufnahmen. Vor allem bei dem die CD eröffnenden Fandango-Quintett kann ich mir kaum vorstellen, dass man es noch schöner spielen kann. Spätestens von José de Udaeta seine Kastagnetten erklingen lässt, wird man beim Zuhören kaum die Füsse stillhalten können.

Es folgen zwei Sinfonien. Ich kenne mich mit frühklassischen Sinfonien nicht aus, aber für mich klingt es ganz anders als z. B. die (mir bisher bekannten) Sinfonien von Joseph Haydn. Irgendwie tänzerischer, aber kaum weniger schön.

Für mich das Highlight auf dieser CD ist jedoch die Kammermusik. Zum Abschluss kommt noch das
Streichquintett „La musica notturna delle strade di Madrid" zu Gehör. Hier wechseln sich stimmungsvoll-ruhige mit kurzen, tänzerischen Sätzen ab. Ich höre mir das Stück immer wieder gerne an.

Diese Scheibe war meine erste CD mit Musik dieses Komponisten. Inzwischen befinden sich ein paar mehr Boccherini-CDs in meiner Sammlung, aber für mich ist keine davon so schön wie diese.

So, ich hoffe mal hier geht es noch weiter...

Mit freundlichem Gruß
Fabian
arnaoutchot
Moderator
#401 erstellt: 17. Mai 2012, 17:30
Danke fürs Anschieben . Ist leider so, wenn nicht einer gnadenlos anpeitscht, schlafen solche Threads ein. Ich kenne das gut von "meinen" audiophilen Threads. Ich hätte mich auch hier stärker eingebracht, aber ich habe nach wie vor ein Identifikationsproblem mit dem Threadtitel. Mir ist das bei vielen Komponisten zu kleinteilig geworden, das können nicht alles "grosse und berührende" Aufnahmen sein, wenn allein bei Bach auf über sieben Seiten Aufnahmen genannt werden. Auch wenn man wie Mike und Johannes gefühlt jeden Tonträger auf Gottes weitem Erdboden kennt , so wäre es im Sinne des Threadtitels, sich auf die absoluten Highlights zu konzentrieren - oder man nennt es in "Lexikon der Aufnahmen klassischer Musik" um.

Dein Boccherini-Tipp ist auf jeden Fall gut und richtig, das ist die eine Platte, die man sich von ihm kaufen sollte, wenn man noch nichts hat/kennt. Ist auch klanglich sehr ansprechend.

Gleich weiter: Mich berührt Anthoine Boesset's "Je meurs sans mourir" des von mir bevorzugten Ensembles Le Poème Harmonique unter Vincent Dumestre mit Airs de Cour des frühen 17. Jahrhunderts.

jpc.de

oder Joseph Bodin de Boismortiers "Sonates pour Basses" vom Concert Spirituel unter Hervé Niquet. "Basses" sind hier tiefere Soloinstrumente wie Cello, Fagott oder Bass-Gambe.

jpc.de
flutedevoix
Stammgast
#402 erstellt: 17. Mai 2012, 20:49
Habt ihr eine Ahnung auf welche grandiose Aufnahmen und z.T. Auch Werke wie verzichtet haben!

Zu Boccherini: die Aufnahme könnte wirklich als einzige Aufbahme durchgehen. Zwei od. drei kleine Ergänzung, die überAus schön gespielt sind und auch zudem wirklich erstklassige Kompositionen enthalten dürfen es dann durchaus noch sein:
jpc.de

Bylsma spielt die Cellokonzerte und -Sonaten mit dem genau richtigen Zugriff: Musikantisch, affektgeladen und klangschön! Zudem sind die Konzerte eines der Beweisstücke, die vom hohen kompositorischen Rang des Komponisten künden!

jpc.de

Diese CD steht nur stellvertretend für die ganze Reihe! Wenn man von der Gründungsphase der Streichquartette spricht, muss neben Haydns Namen unbedingt auch der Boccherinis fallen! Interessant und zudem sehr abwechslungsreich, zu welch zum Teil ausgefallenen formalen Lösungen hier Boccherini kommt. Interessiert man sich für Streichquartette, sollte man unbedingt auch diese Quartette kennen

jpc.de
Dieses Stabat Mater gehört zu der wirklich nur Eine Hand voll der bekannten Kompositionen in diesem Genre. Durchaus zurecht ! Sehr ausdrucksvoll, wie auch die Interpretation durch die Künstler. Agnes Menlo singt Herz ergreifend und das Orchester begleitet aufmerksam, ausdrucksstark und klangschön!
flutedevoix
Stammgast
#403 erstellt: 17. Mai 2012, 20:57
Auch Boismortier ist zu Unrecht heute vergessen, daher noch eine kleine Ergänzung meinerseits:

jpc.de

Seinen Beitrag zum im weitesten Sinne französischen Opernschaffen zeichnet sich durch Leichtigkeit und Klangschönheit aus. Ein Divertissement im besten Sinne! Hier von Herve Niquet wie gewohnt superb interpretiert!

jpc.de
Gerade die Flötisten hat er mit einer Reihe Kammermusikalischer Werke bedient. Schöne Werke, ausdruckstark und unterhaltend im besten Sinne. Auch hier eine wirklich gelungene Interpretation dieser Musik!
Szellfan
Hat sich gelöscht
#404 erstellt: 17. Mai 2012, 21:40
Neues Leben hier!?
Bin immer hin-und hergerissen wegen der Kritik an diesem Thread.
Sicher, manches ist sehr ausführlich, andererseits: wie viele wirklich wichtige Werke in wichtigen Aufnahmen allein bei Bach nicht der Erwähnung wert sind.
Daß nun gerade Fabian den Anstoß gab, freut mich dann wiederum.
Und sein "keine Ahnung von Musik" ist ja doch völlig unzutreffend, Musik geht ihm zu Herzen und das genügt nicht nur, sondern ist die wichtigste Voraussetzung überhaupt.
Nun gut.
Boccherini: unbedingt möchte ich noch diese Doppel-CD erwähnen:amazon.de
In den letzten Tagen hörte ich immer wieder die mit der reinen Streicherkammermusik, manchmal mehrmals hintereinander.
Biondi findet einfach diesen Ton für diese Musik, diesen Hauch Melancholie, die Spielfreude, das Temperament, das doch irgendwie "Haydnsche". Mir sind seine Aufnahmen persönlich sogar näher als die Savalls, mit Sicherheit, weil er die originale Besetzungsstärke derart mit Leben zu erfüllen versteht und gar nicht erst ein Orchester dafür bemühen muß.
Was ich selten schreibe, hier tu ich's: Ich liebe diese Musik und diese Aufnahmen.
Herzliche Grüße, Mike
op111
Moderator
#405 erstellt: 23. Mai 2012, 23:55
Hallo zusammen,

wenn uns nichts zu weiteren Bo... - Bp- Komponisten mehr einfällt, kann es m.E. mit Bra(hms) weitergehen.
flutedevoix
Stammgast
#406 erstellt: 24. Mai 2012, 00:31
Einen hätte ich noch:
William Boyce

William Boyce gehört in die Generation der Bach-Söhne. Er ist neben Thomas Arne eine der weigen englischen Komponisten, die auch heute npch bleibenden Eindruck in der Musikgeschichte hinterlassen haben.Neben seinen Anthems und Services, also krichenmusikalischen Werken, ist er heute vor allem durch seine Sinfonien bekannt, die in Einspielungen fast aller bekannter Barock-Ensembles vorliegen.

jpc.de

Die Aufnahme von Trevor Pinnock gehört für mich eben durch ihre typisch englischen Tugenden (polierter Klang, großzügige Phrasierungen) zu den besten. Das paßt hervorragend zur eher einfachen al-fresko-Faktur der Werke

jpc.de

Auch die Triosonaten warten nicht mit satztechnischen und harmonischen Kabinettstückchen auf. Es ist einfach gefällige Kamermusik, Unterhaltung der besten Art. Auch hier versuchen Simon Standage und seine Mitstreiter keinen interpretatorischen Overkill sondern agieren ganz aus dem Werk heraus mit viel Klangsiinn.

jpc.de

Auch die Anthems sind geistlich erbauliche Musik, die nicht durch verfeinerte Affekte überzeugen wollen, sondern in ihrer emotionalen Gesammtanlage Raum für Andacht schaffen. Sicher waren diese Anthems sehr beliebt und können sogar als Ausdruck einer "Volksfrömmigkeit" für eine gebildete Schaciht gelten. Auch hier gehen die Interpreten vorbildlich auf die Werke ein und arbeiten ganz aus der Komposition heraus.

Der Thread-Titel spricht von großen und berührenden Aufnahmen. Sind diese Werke groß und berührend? Ich glaube ja, denn hier hört man wirklich einmal hochwertige Unterhaltungsmusik, die den Hörer direkt anspricht. Sicher nicht mit einer intelektuellen und kompositorischen Durchdringung wie dei Bach-Söhne, aber nach meiner Auffassung macht nicht unbedingt der Weg und der Anspruch einer Musik die Qualität aus, sondern das Ergebnis. Wenn dann Unterhaltung auf gutem Niveau Sinn und Zweck der Übung ist, dann können das bei Gelingen auch berührende Werke sein. In diesem Sinne haben diese Werke ihren Platz in diesem Thread. Die Interpretation sind allemal berührend!


[Beitrag von flutedevoix am 24. Mai 2012, 00:43 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#407 erstellt: 24. Mai 2012, 10:07
Ich hab noch Giovanni Bottesini. Das Kontrabasskonzert auf dieser Edgar-Meyer-CD finde ich sehr nett und gut gespielt, Meyers eigene Werke darauf sind eher scheusslich (zB der Versuch, Bluegrass in einen klassischen Kontext zu integrieren).

amazon.de
flutedevoix
Stammgast
#408 erstellt: 05. Jun 2012, 10:59
Stimmt, Giovanni Bottessini!

Seine Musik bewegt sich im Spannungsfeld des italienischen Virtuosenkonzerts a la Paganin und der italienischen Oper Donizettis und Verdis. Bottesini muß eine herausragende Interpretenpersönlichkeit gewesen sein, die allseits geachtet war. Nicht nur wußte er wohl mit dem damals, glaube ich, noch dreisaitigen Kontrabaß umzugehen auch als Dirigent (Kairoer Uraufführung der Aida) und Komponist war er sehr geschätzt und u. a. mit Verdi befreundet.

Ich habe folgende Einspileung mit Werken aus seinem Schaffen, wovon besonders das gRand Duo Concertant für zwei soistische Kontrabässe bemerkenswert ist. Keine nach einem tieferen Sinn suchende Musik, aber sehr unterhaltsam und Freude bereitend: auch hiuer beste Unterhaltung!

jpc.de
flutedevoix
Stammgast
#409 erstellt: 05. Jun 2012, 11:21
So und nun von meiner Seite der Vorstoß zu einem weiteren der ganz großen Namen der Musikgeschichte: Johannes Brahms

Beginnen wir mit seinem sinfonischen Werk. Schon hier stellt sich die Frage, wann eine Interpretation groß und berührend ist, ich denke hier jetzt zunächst an die beiden Pole Bernstein (Wiener Philharmoniker, DGG) und Gardiner. Unterschiedlicher kann man die Werke nicht interpretieren, von üppig, fast schon spätromantische aufblühender und teilweise ausufernder Orchesterpracht zu Vibrato armem Spiel, das sich ganz der formalen Struktur des Werkes unterordnet. Beides durchausfaszinierende Ansätze, wobei mir der zweitere der Musik Brahms gerechter zu werden scheint als der erstere. Allein berühren oder gar glücklich machen können mich beide nicht.

Meine beiden Favoriten sind sehr gegensätzlicher Natur und werden den ein oder anderen doch vor dem Hintergrund meiner üblichen Vorlieben überraschen.

Einen ungemeinen Ausdruckswillen, große Ernsthaftigkeit und eine tiefe Verbundenheit (oder ist es schon Verständnis oder gar Wahlverwandschaft?) höre ich in der Aufnahme Otto Klemperers:

jpc.de

Hier ringt ein großer Dirigent mit dem Werk eines großem Komponisten um die innersten künstlerischen Werte und zustande kommt eine Einspielung, die die vielfältigen Schichten der Sinfonien von Selbstzweifel, innerer Zerissenheit über Melancholie bis hin zu völligem Glück und Erfüllung hörbar und beinahe schon greifbar macht. Das ist von entwaffnender Ehrlichkeit und Größe!

Die zweite von mir sehr geschätzte Aufnahme ist die von Roger Norrington mit dem SWR-Orchester Stuttgart. Ich bekenne gerne, daß ich Norrington oft etwas skeptisch gegenüberstehe, fehlt mir doch oft der entschieden aus der Musik gestaltenden subjektive Zugriff, ist er mir einfach zu oft zu "objektiv".
Das alles empfinde ich nicht so bei seiner zweiten Einspielung der Brahms-Sinfonien. Sie ist gewohnt intelligent, verzichtet auf den durchgehenden Gebrauch des Vibratos, was ja bei Brahms verbürgt ist, und setzt ganz auf die innere Entwicklung der Musik. Eine sehr positive Überraschung aus Stuttgart!
jpc.de


[Beitrag von flutedevoix am 05. Jun 2012, 11:30 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#410 erstellt: 06. Jun 2012, 12:07
Es überrascht mich doch etwas, daß zum Thema Brahms nicht mehr Resonanz herrscht. Ich bleibe zunächst noch beim sinfonischen
Repertoire und möchte auf einige weitere WErke in diesem Umfeld und auf Einzelaufnahmen der Sinfonien hinweisen:

jpc.de

Die Aufnahme der 4. von Brahms unter Kleiber halte ich auch für unverzichtbar. Aus ähnlichen Gründen wie Klemperers Gesamtaufnahme ist sie eine berührende und große Aufnahme: hier steht ein Mensch am Pult, der diese Musik nicht interpretiert, sondern sie sich entfalten läßt. Das ist organisch und ausdrucksstark, fast hat man den Eindruck, die Musik wird improvisiert. Daß da natürlich sehr wohl Interpretation und harte Arbeit dahintersteckt ist natrülich klar.


jpc.de

Die hier aufgeführte CD enthält zwar ein Sammelprogramm (neben der Altrhapsodie u.a. Wgners Wesendonk-Lieder und Mahler-Lieder), ich muß sie aber aufgrund der unglaublich emotional und vielschichtig dargebotenen Alt-Rahpsodie hier erwähnen. Das tiefe innere Verständnis von Klemperer und Luidwig, das ja auch in einigen weitern Aufnahmen dokumentiert ist, ist für mich die Erfüllung der Alt-Rhapsody


[Beitrag von flutedevoix am 06. Jun 2012, 12:15 bearbeitet]
Suche:
Gehe zu Seite: |vorherige| Erste . 4 5 6 7 8 9 10 Letzte |nächste|
Das könnte Dich auch interessieren:
Aufbau einer audiophilen Klassiksammlung
arnaoutchot am 01.11.2008  –  Letzte Antwort am 10.05.2022  –  993 Beiträge
Verkaufe Klassiksammlung
Claudia1961 am 31.10.2007  –  Letzte Antwort am 04.11.2007  –  8 Beiträge
Eure Klassiksammlung kurz vorgestellt
Martin2 am 19.09.2007  –  Letzte Antwort am 24.08.2008  –  27 Beiträge
vorstellung meiner Klassiksammlung
Wilke am 13.09.2010  –  Letzte Antwort am 07.11.2010  –  19 Beiträge
Kleine Klassiksammlung Einschätzung
Deidara26 am 11.11.2018  –  Letzte Antwort am 12.11.2018  –  7 Beiträge
Klassiksammlung weiter ausbauen - aber womit?
InVerboVeritasCgn am 12.10.2007  –  Letzte Antwort am 24.10.2007  –  23 Beiträge
Klassiksammlung auf CD am 8. Dez. bei ALDI
wolfi16 am 01.12.2003  –  Letzte Antwort am 04.12.2003  –  9 Beiträge
Vorbereitung: Große grosse, berührende Interpretationen - Klangtechnik nebensächlich - o.ä.
Joachim49 am 17.12.2010  –  Letzte Antwort am 18.01.2011  –  45 Beiträge
Welche CD's gehören zu einer guten Klassik-Sammlung?
Cliowa am 06.09.2003  –  Letzte Antwort am 19.05.2014  –  41 Beiträge
Wie merkt Ihr Euch "gute" und weniger "gute" CDs Eurer Klassiksammlung?
Wilke am 15.04.2011  –  Letzte Antwort am 10.05.2011  –  22 Beiträge

Anzeige

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.669 ( Heute: 5 )
  • Neuestes MitgliedKisa012005
  • Gesamtzahl an Themen1.550.843
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.532.914

Hersteller in diesem Thread Widget schließen