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Aufbau einer audiophilen Klassiksammlung

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AladdinWunderlampe
Stammgast
#251 erstellt: 30. Jun 2009, 15:47
Zaunpfahl erkannt, Wink verstanden!

Also "F":



Gabriel Fauré: Klaviertrio d-Moll, Claude Debussy: Klaviertrio g-Moll, Maurice Ravel: Klaviertrio a-Moll

The Florestan Trio
1 SACD (nur stereo, kein multichannel),Hyperion SACDA67114


Faure/Debussy/Ravel: Klaviertrios

Diese Einspielung ist insbesondere wegen der wunderbaren Klaviertrios von Fauré und Ravel empfehlenswert, während das Debussysche Jugendwerk hübsch, aber nicht unentbehrlich ist. Das Florestan Trio spielt diese exquisiten Kammerkompositionen sensibel und nuancenreich, aber beherrscht, die Aufnahmequalität ist vorzüglich.


Gabriel Fauré: Requiem op. 48, César Franck: Sinfonie d-Moll
Johannette Zomer (Sopran), Stephan Genz (Baryton), La Chapelle Royale, Collegium Vocale Gent, Orchestre des Champs-Élysées, Leitung: Philippe Herreweghe
1 CD, Harmonia Mundi HMC 901771


Fauré: Requiem / Franck: Sinfonie d-Moll

Neben der bereits weiter oben empfohlenen Kammer-Fassung hat Philippe Herreweghe auch eine berührende Einspielung der Orchesterfassung des Fauréschen Requiems vorgelegt, die mich nicht zuletzt wegen der absoluten Homogenität des Chorklangs jedes Mal staunen lässt. Nicht minder empfehlenswert ist diese CD aber auch wegen der - auf dem Cover nicht erwähnten - Einspielung der Sinfonie d-Moll von César Franck (zu dem weiter unten noch mehr Empfehlungen folgen sollen), die endlich einmal den Mittelsatz im vorgeschriebenen Allegretto erklingen lässt und auch im Finalsatz höchst überzeugend all jene agogischen Modifikationen umsetzt, die mit der für Franck so typischen zunehmenden Überschwemmung des musikalischen Geschehens durch musikalische Rückblenden, Reminiszenzen usw. einhergehen. Der Orchesterklang ist transparent und leuchtkräftig, die Aufnahmequalität untadelig.


Morton Feldman: Crippled Symmetry

Dietmar Wiesner (Flöte/Bassflöte), Markus Hinterhäusler (Klavier/Celesta), Robyn Schulkowsky (Vibraphon/Glockenspiel)
2 CDs, Col Legno WWE 2CD 31874


Feldman: Crippled Symmetry

Auch wenn ich weder ein großer Feldman-Kenner noch ein bedingungsloser Verehrer der Musik dieses amerikanischen Komponisten bin, fasziniert mich Crippled Symmetry beim Hören immer wieder: ein 94-minütiger Prozess der Abwandlung bestimmter musikalischer Muster, der "minimalistisch" genannt werden könnte, gäbe es nicht immer wieder plötzliche Sprünge - und Pausen, die einen Abgrund zwischen dem Erklingenden aufreißen. Auch dies eine Musik der Stille, die auf der vorliegenden Doppel-CD auch räumlich so überzeugend eingefangen ist, dass ich beim Wiederhören für einen Moment irritiert war, ob es sich nicht um eine Multichannel-Aufnahme handelt.


So viel fürs Erste, nachher hoffe ich noch mit ein paar Lieblingen wie Franck und Frescobaldi weiterzumachen.



Herzliche Grüße
Aladdin
AladdinWunderlampe
Stammgast
#252 erstellt: 01. Jul 2009, 02:16
Zu später Stunde ein paar weitere "F"-Kandidaten:

Anknüpfend an meine Empfehlung der Sinfonie d-Moll sollen hier zunächst noch ein paar Franck-Empfehlungen folgen:


César Franck: Sämtliche Orgelwerke
Hans-Eberhard Roß (Orgel)
6 SACDs, Audite 91.518, 91.519, 91520


César Franck: Sämliche Orgelwerke

Neben der gewissermaßen "klassischen" Einspielung der Franckschen Orgelmusik von Daniel Roth, die ich vor längerer Zeit bereits hier vorgestellt habe, kann sich die Neueinspielung von Hans-Eberhard Roß durchaus überzeugend behaupten - nicht nur wegen der vorzüglichen Klangqualität und wegen der des Einbezugs einiger erst vor kurzem entdeckter Frühwerke aus den 1840er und 1850er Jahren sowie auch sämtlicher kleinen Stücke aus den liturgischen Orgel-/Harmoniumsammlungen Francks (bei denen es durchaus manche kleine Kostbarkeit zu entdecken gibt), sondern vor allem wegen des überaus überzeugenden interpretatorischen Konzepts: Roß wählt - ähnlich wie seinerzeit bereits Joris Verdin in seiner ebenfalls wichtigen Einspielung (erschienen bei Ricercar) - flüssige Tempi, ohne dass sein Vortrag hektisch oder gar starr würde; vielmehr gelingt Roß auch in zügigen Tempi die Umsetzung jener agogische Flexibilität, derer Francks Orgelmusik so sehr bedarf. Mit der Goll-Orgel der Kirche St. Martin steht Roß ein modernes Instrument zur Verfügung, das über all die spezifischen Klangqualitäten verfügt, die für die Wiedergabe der romantischen Orgelmusik Frankreichs notwendig sind und dem großen Vorbild der historischen Cavaillé-Coll-Orgeln durchaus nahe kommt, ohne dabei eine Stilkopie darzustellen. Sehr empfehlenswert!


César Franck: Streichquartett D-Dur, Ernest Chausson: Streichquartett c-Moll
Spiegel String Quartet
1 CD, Darbringhaus und Grimm MDG 644 1391-2


Franck / Chausson: Streichquartette

Neben dem dramatisch zugespitzten Klavierquintett f-Moll und der traumhaft schönen Violinsonate A-Dur führt das späte Streichquartett D-Dur - ähnlich wie das epochale frühe Klaviertrio fis-Moll op. 1 Nr. 1 - zumindest im deutschen Konzertleben bisher merkwürdigerweise ein ziemliches Schattendasein - um so unverständlicher, als es sich bei diesem gewaltigen, ungefähr 47 Minuten dauernden Werk um eine von Francks reifsten und individuellsten Schöpfungen handelt: Die lyrisch-sangliche Emphase des Werkbeginns etwa lässt die verwickelte zyklische Formkonzeption des Gesamtwerks ebensowenig ahnen wie die irrwitzige motivisch-kontrapunktische Kombinatorik des Finalsatzes. Zwei der drei mir bekannten Einspielungen des Werks kranken an unüberhörbaren Intonationsdefiziten bei der Wiedergabe dieser chromatisch gleitenden Musik. Dagegen stellt mich die hier empfohlene Einspielung des (mir bis dahin völlig unbekannten) flämischen Spiegel String Quartets spieltechnisch wie musikalisch mehr als zufrieden - zumal Francks warm verströmende Klangsprache auch aufnahmetechnisch vorzüglich, rund und klangschön eingefangen ist.

(Übrigens vermisse ich von unseren audiophilen Cracks bisher eine Empfehlung zu Francks Violinsonate. Ob ich meiner bevorzugten Einspielung (Augustin Dumay/Maria Joao Pires bei der Deutschen Grammophon) Referenzstatus zusprechen soll, weiß ich nicht genau - vor allem, weil hier der erste Satz - in einer freilich auf den Widmungsträger Eugène Ysaye zurückgehenden Tradition, sehr ruhig angegangen wird; ich würde ihn dagegen gerne wirklich als "Allegretto moderato" hören.)

Kommen wir nun aber zu einem Namensvetter des großen César:


Melchior Franck: Bußpsalmen 1615
Weser-Renaissance, Leitung: Manfred Cordes
1 SACD, cpo 777 181-2


Melchior Franck: Bußpsalmen

Für mich eine der großen Entdeckungen des letzten Jahres: gewichtige, ernste Vokalkompositionen aus der Übergangszeit von der Renaissance zum Barock - teils von intensivstem Ausdruck, teils meditativ versunken. Die Wiedergabe durch das Ensemble Weser-Renaissance ist sehr expressiv, die Klangqualität untadelig.


Meine Empfehlungen bezüglich Girolamo Frescobaldi, zu dem ich bereits hier mehrere Empfehlungen ausgesprochen habe (so dass ich mich hier kurz fassen kann), fallen kürzer als erwartet aus, weil viele meiner geliebten Einspielungen nicht mehr greifbar sind.


Girolamo Frescobaldi: Orgelwerke
Andrea Marcon, Orgel
1 CD, Divox CDX 79904


Frescobaldi: Orgelwerke

Temperamentvolle, sprechende Interpretationen einer ebenso abwechslungsreichen wie repräsentativen Auswahl aus den verschiedenen Sammlungen Frescobaldis, gespielt auf einem wunderbaren historischen Instrument, dessen Klang (samt der Akustik des Kirchenraums) mir sehr realistisch eingefangen zu sein scheint.



Girolamo Frescobaldi: Il primo libro di Capricci
John Butt (Orgel)
1 CD, Harmonia Mundi USA HMF 7907178


Frescobaldi: Capricci

Der Organist John Butt bietet spritzig-launige Interpretationen dieser wahrlich verrückten Musik mit ihren gegen den Strich gebürsteten kontrapunktischen Experimenten. Butt spielt ein originales italienisches Instrument aus dem 18. Jahrhundert, das sich allerdings heute - nach einigen Umbauten und Restaurierungen - in der University of California befindet. Gewöhnungsbedürftig könnte für den einen oder anderen die recht trockene Akustik der Aufnahme sein; die Orgel wurde anscheinend sehr nahe mikrophoniert, so dass ein recht direkter Klang resultiert - so als säße man wie der Spieler sehr dicht an den Pfeifen. Mit der Zeit gewinnt dieses Klangbild aber durchaus seine Reize, denn natürlich nimmt man auf diese Weise Butts launige Anschlagsnuancen besonders deutlich wahr.


Girolamo Frescobaldi: Toccate d'intavolatura die Cimbalo et Organo, Libro primo
Rinaldo Alessandrini (Orgel/Cembalo)
2 CDs, Arcana A904


Frescobaldi: 1. Toccatenbuch

Rinaldo Alessandrini spielt die verschiedenen Stücke aus Frescobaldis erstem Toccatenbuch sinnvollerweise teils auf einem altitalienischen Cembalo und teils auf einer altitalienischen Orgel. Seine Tempi sind - bei einem durchaus sehr affektuosem, agogisch flexiblem Vortragsstil - insgesamt eher gemessen, so dass insbesondere die merkwürdigen Dissonanzen der Tonsprache Frescobaldis ausdrucksvoll zur Geltung kommen. Leider scheint auch diese Doppel-CD momentan nur schwer erhältlich zu sein.


So viel für heute.
Wenn Michael mir gnädigst noch einen Juli-Tag gewährte, so könnte ich morgen mit Gilles Gobeil und Gérard Grisey meine endlosen Nachträge endlich doch noch abschließen. Sonst verschiebe ich sie aber auch gerne auf die nächste Runde.


Mit herzlichen Grüßen
Aladdin
arnaoutchot
Moderator
#254 erstellt: 01. Jul 2009, 09:34

AladdinWunderlampe schrieb:
Wenn Michael mir gnädigst noch einen Juli-Tag gewährte, so könnte ich morgen mit Gilles Gobeil und Gérard Grisey meine endlosen Nachträge endlich doch noch abschließen. Mit herzlichen Grüßen
Aladdin


... es sei gewährt Dir die Bitte (in leichter Abwandlung von Schiller ) , ich bin eh noch nicht so weit.

Grüße Michael
AladdinWunderlampe
Stammgast
#255 erstellt: 02. Jul 2009, 22:10
Nun habe ich doch noch ein "F" zu vermelden, das nicht zu übergehen ist:

Johann Joseph Fux: Concentus Musico-Instrumentalis
Armonico Tributo Austria, Leitung: Lorenz Duftschmidt
1 CD, Arcana A 98


Fux: Concentus Musico-Instrumentalis

Aufgrund seines kontrapunktischen Lehrwerks "Gradus ad Parnassum" ist der österreichische Komponist heutzutage eher als trockener Schul-Fuxer berühmt-berüchtigt denn als Schöpfer ebenso schwung- wie geistvoller und farbenreicher Orchestermusik anerkannt. Daher kann die vorliegende Auswahl von Orchestersuiten, die in einer wirklich brillant umgesetzten Turcaria mündet, zur Neuentdeckung dieses Meisters dienen, der sich in seinen Werken in sehr "österreichischer" Manier um einen "vermischten Stil" bemüht, der die Elemente des italienischen und französischen Stils zu einer Synthese bringt. Die fulminante Interpretation dieser Werke durch Armonico Tributo Austria macht einfach nur Spaß.


Und nun endlich "G":


Carlo Gesualdo: Tenebrae
The Hilliard Ensemble
2 CD, ECM New Series 1422/1423


Carlo Gesualdo: Tenebrae

Nicht nur in einigen seiner Madrigalbüchern (zu denen Michael weiter oben eine Empfehlung abgegeben hat) experimentierte Gesualdo, dieser furchterregende Fürst auf der Grenze von Renaissance und Barock, in exzessiver Weise mit dem Gebrauch von Chromatik zur Steigerung der musikalischen Textausdeutung - eines seiner in dieser Hinsicht extremsten Werke stellen vielmehr seine späte Sammlung sechstimmiger Responsorien für die Karwoche dar. Dem Hilliard-Ensemble gelingt es paradoxerweise gerade durch die Perfektion seines schnörkellos vergeistigten Vortrags, den zerquälten Manierismus dieser Musik zum Glühen zu bringen. Grandios!


Gilles Gobeil: La méchanique des ruptures
empreintes DIGITALes IMED 9421


Gilles Gobeil: La méchanique des ruptures

Gilles Gobeil ist sicherlich die charakteristischste und eigenwilligste Gestalt aus der jüngeren Generation der franko-kanadischen Akusmatiker: Seine hochdramatische Musik resultiert aus der spannungsreichen Montage kurzer, energischer Klanggesten, wobei das Klangmaterial - oftmals Maschinen- oder Motorengeräusche verschiedenster Art - oftmals wenig verfremdet verarbeitet wird, durch die ungemein raffinierte Art seiner Anordnung aber jedes unmittelbar "anekdotische" Moment verliert und ganz neuartige Bedeutungszusammenhänge generiert - so gleich im packend-konzisen Eröffnungsstück der vorliegenden CD mit frühen Arbeiten Gobeils, dem preisgekrönten La vertige inconnu. Neben rein akusmatischen Kompositionen enthält die Zusammenstellung auch zwei Stücke, die elektroakustische Klänge durch live gespielte Instrumente (René Lussiers E-Gitarre in Associations libres, Suzanne Binet-Audets Ondes Martenot in Voix blanche bereichert, sowie ein elektroakustisches Drama: La ville machine.


Gilles Gobeil: Trois songes
1 DVD-Audio (5.1 MLP 48/96 KHz 24Bit, 5.1 DTS und Dolby, Stereo 48KHz 24 Bit, mp3 320Kbps, AAC 320Kbps), empreintes DIGITALes IMED 0892


Gobeil: Trois songes

Dies ist nicht nur die klanglich eindrucksvollste DVD-Audio, die ich seit langem gehört habe, sondern auch ein großartiges Zeugnis für die kompositorische Entwicklungsfähigkeit des kanadischen Komponisten. Zwar weisen die drei zwischen 2005 und 2007 im Karlsruher ZKM realisierten Werke unverkennbar die ungemein charakteristische Handschrift auf, die aus Gobeils frühen Werken vertraut ist, doch entwickelt die Musik in diesen neuen elektroakustischen Arbeiten zugleich einen wirklich berückenden und berührenden Klangzauber, der nicht zuletzt auf der ungemein sensiblen Verarbeitung von Stimmklängen beruht. Insbesondere Entre les deux rives du printemps - nach einer Paradies-Vision aus Dantes Divina Commedia - entfaltet poetische Klangbilder voller zärtlicher Trauer und geradezu ergreifender Schönheit.

Nun fehlen nur noch die letzten "G"-Komponisten, die ich hoffentlich auch noch im Laufe des Abends nachtragen werde. Bis dahin


herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 02. Jul 2009, 22:20 bearbeitet]
AladdinWunderlampe
Stammgast
#256 erstellt: 02. Jul 2009, 23:16
Weiter geht's mit Gérard Grisey, von dem Mellus weiter oben schon die wunderbaren Quatre chants pour franchir le seuil empfohlen hat. Eigentlich sind alle vier beim Label Kairos erschienenen Einspielungen sowohl aus musikalischen wie auch aus interpretatorischen und aufnahmetechnischen Gründen höchst empfehlenswert. Eine davon möchte ich aber besonders hervorheben:

Gérard Grisey: Le Temps et l'Écume für 4 Schlagzeuger, Synthesizer und Orchester / Le Chants de l'amour für 12 Stimmen und Tonband
Ensemble S, WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung: Emilio Pomárico, Schola Heidelberg, Leitung: Walter Nußbaum
1 SACD, Kairos KAI 0012752

http://www.jpc.de/image/w600/front/0/9120010281327.jpg
Gérard Grisey: Le Temps et l'Ecume / Le Chants d'amour

Zwei Werke des französischen Spektralisten, die ausnahmsweise einmal elektroakustische Klangmittel einbeziehen und dabei auch den Klangraum durch die Verteilung der Klangquellen und Klangbewegungen akustisch aufweiten - was in der vorliegenden Surround-SACD eindrucksvoll eingefangen ist: das Orchesterstück Le Temps et l'Écumeverarbeitet in einem ausgreifenden Prozess einen zweiteiligen Klangvorgang auf drei verschiedenen Zeitebenen, die Grisey metaphorisch als "Zeit der Menschen", "Zeit der Insekten" und "Zeit der Wale" umschreibt. Le Chants de l'amour kreist um die bildreiche Sprache der Liebe, deren Worte in Phoneme zerlegt sowie elektronisch analysiert und resynthetisiert werden - wobei im Chorpart das ganze Ausdrucksspektrum der menschlichen Stimme ausgelotet wird. Die Aufnahme beeindruckt nicht nur durch ihre Räumlichkeit, sondern auch durch die enorme dynamische Spannweite, die vom kaum hörbaren Geräusch bis zum leuchtend-strahlenden Orchestertutti reicht.


Gérard Grisey: Vortex temporum für Flöte, Klarinette, Violine, Viola, Violoncello und Klavier / Taléa für Flöte, Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier
Ensemble Recherche, Leitung: Kwamé Ryan
1 CD, Accord 464 292-2


Gérard Grisey: Vortex temporum / Taléa

Zwei gewichtige kammermusikalische Werke Griseys, die belegen, dass der spektralistische Ansatz keineswegs in klangverliebte Glasperlenspiele münden muss, sondern durchaus höchst dramatische Formkonzepte erlaubt: Die Stücke sind geprägt von rasanten Entwicklungsprozessen, die durch plötzliche Wechsel des Aggregatzustands unerwartet neue Wendungen nehmen oder aber unvermittelt in Momente der Leere oder gar in Selbstzerstörung münden. Das Ensemble Recherche spielt diese kompositorisch komplexe und dabei für wache Zuhörer doch ungemein prägnant gestaltete Musik mit Präzision, Dramatik und großem Farbreichtum.


Sollte ich nun tatsächlich "durch" sein mit meinen Nachträgen? Ich werde gleich nochmal einen prüfenden Gang an meinen CD-Regalen entlang wagen. Wenn alles gut geht, fällt damit eine schwere Last von meinen Schultern - und ich kann nur hoffen, dass Michael in den nächsten Tagen nicht so schnell vorprescht, dass ich allein für meine Nachreichungen wieder ein halbes Jahr benötige...


Mit herzlichen Grüßen
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 03. Jul 2009, 13:51 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#257 erstellt: 02. Jul 2009, 23:53
Hallo Aladdin,

danke für Deine Nachträge. Die DVD-A von Gobeil hat mich besonders interessiert, ist schon bestellt (nachdem ich mir vor einer Weile den Brümmer auch schon hergeholt habe). Der Bruckner/Herreweghe ist schon da, habe ich heute gehört, wirklich traumhaft schön. Ein neuer Aspekt !! Auch der Krenek mit der 2. Symphonie steht bereits hier, harrt aber einer nochmaligen eingehenderen Anhörung (das kann man sich nicht zum Nachmittagskaffee auflegen ). Den Gesualdo mit den Tenebrae werde ich auch noch brauchen. Du siehst, Deine Empfehlungen fallen auf fruchtbaren Boden. !!!

Wir werden nun in gemächlichem Schritt zu "L" weitergehen, kein Angst, Du wirst ausreichend Gelegenheit haben, weitere meine Geldbörse leerende Empfehlungen auszusprechen.

Grüße Michael


[Beitrag von arnaoutchot am 03. Jul 2009, 00:11 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#258 erstellt: 03. Jul 2009, 09:30
Mir fällt auf, daß bei K Zoltan Kodaly noch nicht genannt wurde. Zwar vielleicht kein ganz großer Komponist verglichen mit Bartok, aber gemessen an Khatchaturian, Kalkbrenner oder Kalliwoda doch jedenfalls mehr als erwähnenswert.

Die Musik kann wohl recht treffend als "Bartok light" charakterisiert werden. Ebenfalls beeinflußt von der Volksmusik des Balkans, die die befreundeten Komponisten als Feldforscher gemeinsam gesammelt hatten, aber an Dichte oder Expressivität nicht mit Bartok zu vergleichen.

Ich muß allerdings zugeben, nur wenige Aufnahmen zu kennen und auch nur die bekanntesten Werke. Die Brilliant-Sammlung (ursprgl. hungaroton) mit Ivan und Adam Fischer scheinen mir sehr ordentlich.
Empfehlenswert natürlich auch die (meist mono, aber guter Klang) Einspielungen Fricsays. Auch andere ungarische Dirigenten wie Kertesz, Solti oder Dorati haben sich der Werke ihres Landsmanns angenommen. Diese Aufnahmen sind mir nicht bekannt, dürften klanglich vermutlich aber die besten sein.
Seine Kammermusik, Lieder etc. sind mir bisher noch unbekannt.



Fischer

Fricsay (DG)



Dorati (Decca)

JK jr.
AladdinWunderlampe
Stammgast
#259 erstellt: 03. Jul 2009, 09:55

arnaoutchot schrieb:
Die DVD-A von Gobeil hat mich besonders interessiert, ist schon bestellt (nachdem ich mir vor einer Weile den Brümmer auch schon hergeholt habe)


Na, dann viel Vergnügen. Auf einen gelegentlichen Hör- und Erfahrungsbericht Deinerseits - vielleicht im Neue-Musik-Thread - wäre ich bei dieser nicht ganz alltäglichen Musik sehr gespannt; ich will ja nicht immer alles selber machen müssen...


Herzliche Grüße
Aladdin
arnaoutchot
Moderator
#260 erstellt: 05. Jul 2009, 23:01
Hallo Freunde,

wie angedroht, geht's jetzt weiter. Bin etwas eingerostet , deswegen heute nur zwei bis drei neue Namen in "L".

Zuerst muss ich aber noch einen Nachtrag bringen. Am Wochenende habe ich das technisch Beste gesehen, was mir bislang zum Thema BluRay unter die Finger gekommen ist. Und das mir als Opern-Muffel !! "Semele" von Haendel mit Cecilia Bartoli und William Christie. Bildqualität perfekt, glasklar und gestochen scharf mit sehr ruhigen Kameraeinstellungen (so viel hierzu, ist ja nicht Gegenstand unseres hiesigen Threads). Aber: Der unkomprimierte 5-Kanal-PCM-Ton ungeheuer realistisch und dynamisch, sowohl in den ruhigen Rezitativen, die Christie teilweise auch am Cembalo begleitet, als auch in den lauten Chorpassagen. Zuerst war ich etwas abgeschreckt von der modernen Inszenierung, aber im Laufe der Aufführung gibt diese der doch ziemlich kruden Story über die unglückliche Liebe der sterblichen Semele zum Gott Jupiter ein wenig Pfeffer. Bartoli zündet in den herausragenden Arien "Endless Pleasure" und "Myself I Shall Adore" ein wahres Feuerwerk an stimmlicher Virtuosität und fühlt sich in dieser englisch gesungenen Oper scheinbar sehr wohl (was auch die emotional dargestellten Liebesszenen zwischen ihr und Jupiter Charles Workman beweisen ). Ich bin begeistert !!!


http://www.jpc.de/jp...-Semele/hnum/5506937

Nun gut, zu Stefano Landi. Ein italienischer Komponist aus dem frühen 17. Jahrhundert, der neben Opern und sakraler Musik auch einige sehr schöne Villanellen komponiert hat, die Christina Pluhar mit L'Arpeggiata in dem ihr eigenen sehr volksnahen Stil für alpha aufgenommen hat. Wie üblich geniesst bei den sehr schön aufgemachten CDs von alpha auch das Auge mit.


http://www.jpc.de/jp...t-umbra/hnum/4892366

Ludwig August Lebrun war ein deutscher Oboenvirtuose der zweiten Häfte des 18. Jahrhunderts und teilt mit Mozart nicht nur ungefähre Lebensdaten und den frühen Tod, sondern auch einige stilistische Merkmale. Seine 6 Oboenkonzerte dürften sein bekanntesten Werke sein. Auf Channel Classics liegen sie in guten Aufnahmen mit dem niederländischen Oboisten Bart Schneemann (der heisst wirklich so!) vor. Das Vol. 2 mit den Konzerten 3, 5 & 6 liegt sogar als Mehrkanal-SACD vor (# 1, 2 & 4 nur als normale CD).


http://www.jpc.de/jp...Nr-3-56/hnum/2459237

Schliesslich für heute noch der italienische Gitarrist und Sänger Luigi Legnani, aus dem 19. Jahrhundert, der - leider, für meine Begriffe - zu wenig bekannte Solo-Capricen für die Gitarre geschrieben hat, die denen von Paganini für die Violine an Virtuosität und Einfallsreichtum nicht nachstehen. Die einzige Komplettaufnahme der 36 Caprices, die ich kenne, ist auf Naxos erschienen, aber wundersamerweise dort auch vergriffen ? Ich dachte, Naxos streicht nichts ? Komisch ! Naja, Pavel Steidl ist jedenfalls ein in 20 bit aufgenommener kongenialer Interpret der Stücke.


http://www.amazon.de...id=1246826853&sr=1-1

Gut, so viel für heute, bis demnächst. Grüße Michael


[Beitrag von arnaoutchot am 05. Jul 2009, 23:06 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#261 erstellt: 13. Jul 2009, 10:06
Heute vier Namen aus meiner Sammlung, die alle aus dem 20. Jahrhundert stammen.

Jon Leifs war Isländer, wenngleich er in Deutschland ausgebildet wurde und bis zum 2. Weltkrieg viele Jahre lebte. Die meisten seiner Werke beschäftigen sich mit der nordischen Natur und Sagenwelt. Bekannt und hier im Forum auch schon als eines der lautesten Orchesterwerke aller Zeiten diskutiert , ist die Vertonung des Ausbruchs des Vulkans "Hekla" (aufgenommen von Leif Segerstam mit dem Helsinki PO auf der BIS-CD "Earquake"). Der Zyklus seiner Werke auf BIS zeigt aber verständlicherweise ein etwas differenzierteres Bild. Herauszuheben die CD "Geysir", die im Titelstück das düstere Bild eines nordischen Geysirs zeichnet, aber in den "Isländischen Volkstänzen" oder der Beschreibung der "Drei abstrakten Gemälde" geringfügig hellere musikalische Farben verwendet.


http://www.jpc.de/jp...r-op-51/hnum/7985384

Auch der Amerikaner Edvard Lieber hat sich mit der akustischen Darstellung bildlicher Kunst befasst. Er ist selbst Pianist, Maler, Autor und Filmemacher und hat in den 1970er Jahren auf der CD "Music to Paintings" Gemälde der abstrakten Expressionisten de Kooning, Pollock, Kline etc. für Piano vertont. Sehr interessant, wie ich finde !!! Die CD ist leider vergriffen, ggf. etwas googeln.



Zu tiefergehenden oder vergleichenden Aussagen über György Ligeti fühle ich mich nur wenig kompetent, hier können sicherlich meine Mitstreiter wesentlich Fundierteres sagen. Ich arbeite mich zugegebenerweise noch durch die 5-CD-Box "The Ligeti Project", wenngleich mit teilweise grossem Vergnügen (Piano Concerto, Concert romanesc, Atmosphères etc.). Musikalisch und klanglich habe ich bei den größtenteils zwischen 2000 - 2003 entstandenen Aufnahmen keine Enttäuschungen erlebt.


http://www.jpc.de/jp...assical/hnum/1979637

Zuletzt für heute noch der Finne Magnus Lindberg. Ein Neo-Klassizist, würde ich behaupten zu kategorisieren, der farbige und einfallsreiche Klangstrukturen baut, ohne die Tonalität zu verlieren. Hat mich teilweise an die Werke von Messiaen und Varèse erinnert. Die Aufnahme von "Aura - Engine" auf DGG mit Oliver Knussen ist auch klanglich sehr gelungen. Aura ist Witold Lutoslawski gewidmet.


http://www.amazon.de...id=1247471915&sr=8-1

Viele Grüße Michael
Kings.Singer
Inventar
#262 erstellt: 13. Jul 2009, 11:08
Hi.

Jon Leifs finde ich auch sehr interessant. Ich habe "Dettifoss", sein Orgelkonzert (op. 7) u.A. eingespielt auch vom Iceland Symphony Orchestra unter dem Dirigenten En Shao (BIS Records). Durchaus empfehlenswert, auch wenn bei mir der Zugang zu dieser Musik durchaus auf sich warten ließ.

Aber der Grund warum ich eigentlich schreibe, ist folgende CD mit den Preludes von Franz Liszt:



Hinsichtlich der Audiophilität ist diese CD durchaus interessant. Schließlich brüstet sich das Label (Water Lily Acoustics) damit, dass man nach wie vor auf bewährte und optimierte Analog-Aufnahmetechnik setzt (Aufnahme von 1999). Der Klang ist durchaus überzeugend.
Auch die Interpretation ist, wie nicht anders zu erwarten war, überzeugend - mehr noch allerdings bei den Dovrak-Ouvertüren. Die Kombination Philadelphia Orchestra | Wolfgang Sawallisch bestand damals schließlich auch schon einige Jahre und bei Dvorak ist dieser Dirigent immer eine Nennung wert!


Viele Grüße,
Alex.
arnaoutchot
Moderator
#263 erstellt: 13. Jul 2009, 12:13
Hallo Alex,

danke für den Tipp von Water Lily Acoustics. Kenne das Label, allerdings eher mit Kombinationen aus Weltmusik & Blues (Ry Cooder, Taj Mahal). Sind sehr gute Aufnahmen, kann mir das bei Liszt auch gut vorstellen. Komme als nächstes zu Liszt.

Ja, auch bei Leifs Zustimmung. Aber das ist schon schwerere Kost ...

Grüße Michael
MacClaus
Hat sich gelöscht
#264 erstellt: 13. Jul 2009, 13:12
Das Cover auf der Water Lily CD ist seltsam... was hat der Antelope Canyon (Arizona) mit Klassik zu tun
MacClaus
Hat sich gelöscht
#265 erstellt: 13. Jul 2009, 13:17
Noch ein Nachtrag zu K

Erich Kunzel's Russian Nights (Telarc) zählt zu den audiophilsten Klassikaufnahmen... plus sehr guter Interpretation, die man nicht immer von Kunzel und den Cincinnati Pops gewöhnt ist.



[Beitrag von MacClaus am 13. Jul 2009, 13:18 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#266 erstellt: 13. Jul 2009, 13:20
Das Cover passt hier zwar, aber das Programm braucht doch kein Mensch. Vor allem mit Kunzel...
MacClaus
Hat sich gelöscht
#267 erstellt: 13. Jul 2009, 13:52

Hüb' schrieb:
Das Cover passt hier zwar, aber das Programm braucht doch kein Mensch. Vor allem mit Kunzel...


Der Titel heißt doch audiophile Plattensammlung, oder?

Mind. ein Drittel der hier aufgeführten CDs würde ich allenfalls als klanglich akzeptabel ansehen... und nicht als audiophil.

Beispiel... Kodalys Hary Janos Suite ist hervorragend, aber klanglich nicht gerade ein Highlight. Die Original Decca LP klingt schon mal Lichtjahre besser als die CD, ist aber auch kein audiophiles Highlight (IMO)
Hüb'
Moderator
#268 erstellt: 13. Jul 2009, 13:55
Hi,

die im Thread genannten Aufnahmen muss man wohl eher als "audiophil as possible" ansehen.
Im Falle Kodalys gibt es ja nicht sooo viele Einspielungen.

Und der künstlerische Wert sollte gleichzeitig zumindest durchschnittlich sein. Bei den russischen Werken auf der von Dir empfohlenen CD gibt es so gewaltig viele Alternativen, da muss man nun wirklich nicht gerad zu einem Nobody wie Kunzel greifen.

Grüße
Frank
MacClaus
Hat sich gelöscht
#269 erstellt: 13. Jul 2009, 14:03

Hüb' schrieb:
Und der künstlerische Wert sollte gleichzeitig zumindest durchschnittlich sein. Bei den russischen Werken auf der von Dir empfohlenen CD gibt es so gewaltig viele Alternativen, da muss man nun wirklich nicht gerad zu einem Nobody wie Kunzel greifen.


Okay, dass kann man akzeptieren

Kleiner Tipp am Rande... wer Klassik-Remaster auf höchsten Niveau hören möchte:

Zwei meiner Lieblingsscheiben (SACD... Vanguard Classics):

Villa-Lobos



Thompson


Klanglich besser als die meisten Neueinspielungen!


[Beitrag von MacClaus am 13. Jul 2009, 14:04 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#270 erstellt: 13. Jul 2009, 14:22

da muss man nun wirklich nicht gerad zu einem Nobody wie Kunzel greifen.


nana, lieber Hüb : Kunzel mag ja Klassik-Pop sein und die Russischen Nächte mit ihm hab ich nun noch nicht genossen, aber ein "Nobody" ist er nicht. Es gibt schon einiges von ihm, was auch interpretatorisch überzeugt (z.B. im Filmmusik-Bereich). Klanglich sowieso.


Kleiner Tipp am Rande... wer Klassik-Remaster auf höchsten Niveau hören möchte:


@ MacClaus: Beide volle Zustimmung, sollten wir der Ordnung halber bei "V" und "T" nochmals mit aufnehmen. Die kleine Eisenbahn ist auch als simple CD ein "Hinhörer". Gab's relativ billig bei amazon, inzwischen Lieferzeit 10 - 13 Tage, weiss nicht, ob noch lieferbar.
http://www.amazon.de...id=1247487350&sr=1-3

Wen Everest interessiert: Unbedingt auch den Carlos Chavez nehmen:


http://www.amazon.de...85BZC/ref=pd_sim_m_2

Diese Reissues sind sicherlich bald verschwunden.

Grüße Michael


[Beitrag von arnaoutchot am 13. Jul 2009, 14:24 bearbeitet]
MacClaus
Hat sich gelöscht
#271 erstellt: 13. Jul 2009, 14:37
Was die Eisenbahn betrifft der SACD-Transfer klingt so gut, dass man es kaum glauben möchte. Kein Vergleich zur CD.

Leider nur teuer zu bekommen: http://www.sa-cd.net/showtitle/70
Hüb'
Moderator
#272 erstellt: 13. Jul 2009, 14:40

arnaoutchot schrieb:

da muss man nun wirklich nicht gerad zu einem Nobody wie Kunzel greifen.


nana, lieber Hüb : Kunzel mag ja Klassik-Pop sein und die Russischen Nächte mit ihm hab ich nun noch nicht genossen, aber ein "Nobody" ist er nicht. Es gibt schon einiges von ihm, was auch interpretatorisch überzeugt (z.B. im Filmmusik-Bereich). Klanglich sowieso.

Ok, das war vielleicht leicht überspitzt...
Für das klassisch-romantische Kernrepertoire würde ich die Aussage allerdings stehen lassen.
AladdinWunderlampe
Stammgast
#273 erstellt: 13. Jul 2009, 14:58
Nach all den Vulkanausbrüchen wird es höchste Zeit für wahre "Audiophilie"...

Helmut Lachenmann: Concertini / Kontrakadenz
Ensemble Modern, Leitung: Brad Lubman
Ensemble Modern Orchestra, Leitung: Markus Stenz
1 SACD, Ensemble Modern Medien EMSACD-001


Helmut Lachenmann: Concertini / Kontrakadenz

Zwei großangelegte Instrumentalwerke von 2005 und 1970 des Klangzauberers Lachenmann, deren schillernde, luftige, wispernde, strahlende Timbres all die wohlfeilen (wenn auch durch entsprechende Selbstkommentare teils selbstverschuldeten) Klischees vom komponierenden Negativisten Lachenmann ebenso Lügen strafen wie die überaus plastische Formgebung mit ihren prägnanten Gesten sowie ihrem virtuos-spannenden Spiel mit regulären und irregulären rhythmischen Texturen das übliche Gerede von der blutleer-abstrakten Intellektualität zeitgenössischen Komponierens eindrucksvoll widerlegt. Das Ensemble Modern spielt wie gewohnt mit begeisterter und begeisternder Brillanz. Von der Surround-Aufnahme profitieren insbesondere die Concertini, die mit räumlich verteilten Instrumenten arbeiten, mit denen Lachenmann teils atemberaubende Klangbewegungen realisiert. Mitreißend!


Helmut Lachenmann: Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
Elisabeth Keusch (Sopran), Sarah Leonard (Sopran), Salome Kammer (Sprecherin), Mayumi Miyata (Sho), Yukiko Sugawara (Klavier), Tomoko Hemmi (Klavier)
Staatsopernchor und Staatsorchester Stuttgart, Leitung: Lothar Zagrosek
2 CDs, Kairos 0012282KAI


Helmut Lachenmann: Das Mädchen mit den Schwefelhölzern

Lachenmanns spätes musiktheatralisches Opus summum, vom Komponisten selbst als "Musik mit Bildern" bezeichnet, ist 1997 ist sicherlich das eindrücklichste musikalische Bühnenwerk der letzten beiden Jahrzehnte. Lachenmann verknüpft hier Hans Christian Andersens todtrauriges Märchen mit der Geschichte eines ganz anderen zündelnden Mädchens - der Terroristin Gudrun Ensslin. Eine Musik, die mit ihren teils zerbrechlichen, gefrierenden, teils gleißenden Farben, mit der Schönheit ihren zart verwehenden Gesangslinien, aber auch mit ihren irritierenden Collage-Momenten in berührender Weise die Fragen nach Leiden und Gewalt sowie deren Ursachen, nach unschuldigem Idealismus und schuldhafter Verblendung, nach utopischer Hoffnung und Trost aufreißt.


Da meine älteren Einspielungen der beiden ersten Streichquartette Lachenmanns durch das Berner Streichquartett (Col legno) beziehungsweise das Arditti Quartet (Audivis Montaigne) inzwischen kaum noch greifbar zu sein scheinen und außerdem eine Neueinspielung aller drei Quartette durch das Arditti Quartet erschienen ist, die ich freilich noch nicht kenne, verzichte ich hier auf eine Empfehlung und warte liebe auf entsprechende Hinweise - vielleicht von Mellus oder Willi? (Nur wenn nix kommt, habe ich noch ein paar andere Lachenmann-Tipps in der Hinterhand.)

Weiter geht's dann von meiner Seite sobald wie möglich mit Orlando di Lasso, György Ligeti und Franz Liszt. (Viel mehr ebenso "Audio-" wie "Musicophiles" fällt mir zu "L" momentan nicht ins Auge.)


Bis dahin herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 13. Jul 2009, 15:00 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#274 erstellt: 13. Jul 2009, 15:05
Was ist denn heute hier los ? Sonst wochenlang kein Mucks, und heute ein Betrieb wie am Stachus !!! Habt ihr alle nix zu arbeiten ? ?


MacClaus schrieb:
Was die Eisenbahn betrifft der SACD-Transfer klingt so gut, dass man es kaum glauben möchte. Kein Vergleich zur CD. Leider nur teuer zu bekommen: http://www.sa-cd.net/showtitle/70


Hüstel, ja wirklich teuer. Mal sehen, ob ich die noch irgendwo auftreibe.

Grüße Michael
Mr._Lovegrove
Inventar
#275 erstellt: 13. Jul 2009, 20:04

Kings.Singer schrieb:
Hi.

Aber der Grund warum ich eigentlich schreibe, ist folgende CD mit den Preludes von Franz Liszt:



Hinsichtlich der Audiophilität ist diese CD durchaus interessant. Schließlich brüstet sich das Label (Water Lily Acoustics) damit, dass man nach wie vor auf bewährte und optimierte Analog-Aufnahmetechnik setzt (Aufnahme von 1999). Der Klang ist durchaus überzeugend.


Nicht nur, daß dies eine Analogaufnahme ist, nein, diese CD wurde mit Röhrentechnik aufgenommen.
Allerdings finde ich den Klang recht merkwürdig. Es klingt so, als hätte man eine alte Living Stereo aus den 50ern bis zum Anschlag vbom Bandrauschen befreit, so daß nur noch die Aufnahmepatina an sich übrigbleibt.
Oder andersum gesagt: Klingt wie eine moderne Aufnahme, bei der man den Höhenregler am Verstärker etwas zu weit abgedreht hat.
Doch durchaus ein interessantes Sammlerstück.
Kings.Singer
Inventar
#276 erstellt: 13. Jul 2009, 21:34
Hi.

Danke für den Hinweis. Ich habe meine CD-Sammlung gerade nicht zur Hand, sonst hätte ich sicher noch einmal einen Blick in das Booklet geworfen. Habe die CD auch länger nicht gehört. Aber den Eindruck, dass die Aufnahme unausgewogen klingt, hatte ich definitiv nicht. Kann deinen Eindruck also nicht bestätigen.
Aber das ist nur noch ein Grund mehr, sie bei nächster Gelegenheit mal wieder in den Player zu schmeißen.

Viele Grüße,
Alex.
Kreisler_jun.
Inventar
#277 erstellt: 13. Jul 2009, 22:24
Bei Ligeti habe ich fast nur Positives sowohl über die Aufnahmen bei Teldec als auch die bei Sony und DG gehört. Teldec/Sony war eigentlich eine Projektreihe, daß wohl wegen des Wechsels einiger Künstler beim anderen Label fortgeführt wurde. Ich habe eine Kammermusik-CD von Sony, zwei mit Orchestermusik der Teldec-Reihe, die scheinen mir beide auch klanglich einwandfrei. Jedenfalls besorgen werde ich mir noch die Klavier-Etuden mit Aimard aus einer dieser Editionen und die Streichquartette mit den Ardittis; die Klangbeispiele sind vielversprechend.

JK jr.
Mellus
Stammgast
#278 erstellt: 13. Jul 2009, 23:22
Als Anknüpfung: meinen zugegeben bescheidenen Kenntnissen der Musik Liszts und Leifs' nach finde ich, dass Liszt deutlich schwerere Kost ist als Leifs.

Aber über beide kann ich eh nicht viel sagen, sie sollen daher nicht von zwei meiner Lieblings-"L" ablenken, Ligeti und Lachenmann. Faul, wie ich bin, habe ich darauf gehofft, dass beide Komponisten schon von jemand anderem in den Thread eingebracht werden. Ihr beschreibt die CDs immer so schön. So ist es ja auch gekommen und ich kann mich bequem auf kosmetische Ergänzungen beschränken.

Lachenmanns Concertini haben sich ob ihrer musikalischen Spiellust in Windeseile zu einem meiner Lieblingsstücke des Komponisten gemausert. Ich kenne das Stück in der Einspielung des Klangforum Wien, die, im Gegensatz zur Aufnahme die Aladdin etwas weiter oben empfohlen hat, nur als Stereo-CD vorliegt. Flüchtigen Auszügen nach schätze ich die Klangforum-Einspielung als musikalisch feingliedriger ein als diejenige des Ensemble Modern. Aber der Eindruck mag erstens täuschen und zweitens gewinnt unter audiophilen Gesichtspunkten die Mehrkanalaufnahme. Aber falls jemand eine partiellen Querschnitt durch Lachenmanns Schaffen samt seiner famosen Concertini haben möchte, könnte er/sie einen Blick auf diese KAIROS-CD werfen.

Meine erste Lachenmannliebe gehört allerdings den Schwankungen am Rand, Musik für Blech und Saiten. Die Interaktion zwischen klassischen Instrumenten und Blechplatten, die sich neben Geräuscherkundungen auch in zeitlichen Orientierungen äußern, sind mitsamt allem Knarzen, Schnurren, Pfeifen, Singen, Sirren, Scheppern und Schwingen eingefangen auf der Einspielung des Ensemble Modern unter Peter Eötvös bei ECM.

Helmut Lachenmann: Schwankungen am Rand

Frank Hilbert hat in einer CD-Besprechung in der ZEIT folgende, anschauliche Frage-Antwortvariante aufgeworfen: Was ist ein Streichquartett? Zwei Violinen, Viola, Violoncello? Oder 16 Drähte, vier Holzkörper, Pferdeschweifhaare, Leim und Lack? Helmut Lachenmanns Antwort ist bisher dreiteilig in seinen drei Streichquartetten ausgefallen. Sie ist eher der zweiten Variante zuzurechnen. Das Arditti String Quartett hat alle drei -- Gran Torso, Reigen seiliger Geister und Grido -- im Jahre 2006 im Beethovenhaus Bonn -- neu eingespielt.

Helmut Lachenmann: Streichquartette

Das Chorwerk Lux aeterna von Györgi Ligeti für 16 Stimmen ist eine kontinuierliche Klangkomposition, die durch mehr oder weniger konsonante Intervalle fortschreitet. Ligeti bringt es fertig, den akustischen Eindruck von Licht, das durch ein Kirchenfenster einfällt, zu erzeugen. Auch ohne ein Kenner der Musik von de Machaud, Dufay oder Ockeghem zu sein, wird ohrenfällig, dass hier ein kompositorischer Brückenschlag zwischen Mittelalter und Gegenwart vollzogen wird. Die Kristallglockenstimmen des Kammerchor Stuttgart unter Frieder Bernius beim Label Carus tun ihr Übriges.

Ligeti: Lux aeterna

Zurück in der Zeit treffen wir am Hofe Königs Lundwigs XIV auf Jean Babtiste Lully, der wohl hauptsächlich für sein Schaffen im Bereich der (französischen) Oper Bekanntheit erlangt hat. Er hat aber auch Instrumentalwerke, v.a. Tänze, komponiert, von denen einige in der gewohnten Schönheit von Jordi Savall und seinem Le Concert Des Nations auf seinem eigenem Label Alia Vox eingespielt wurden. Obwohl ich mir den Eindruck der Langeweile nach erneutem Hören nicht verwehren konnte, mag trotzdem folgende Stereo-SACD als Stellvertreter für Lullys Musik und Savalls vielfältigem Schaffen auf diesem Gebiet dienen.

Lully: Suiten

Viele Grüße,
Mellus


[Beitrag von Mellus am 14. Jul 2009, 10:32 bearbeitet]
AladdinWunderlampe
Stammgast
#279 erstellt: 14. Jul 2009, 02:45
Weiter geht's im Bereich "LA":

Orlando di Lasso: Prophetiae Sibyllarum / Italienische Madrigale / Französische Chansons
Cantus Cölln, Leitung: Konrad Junghänel
1 CD, deutsche harmonia mundi 05472 77304 2



Orlando die Lasso: Prophetiae Sibyllarum / Madrigale / Chansons (Cover sieht mittlerweile anders aus)

Einen wunderbaren Einblick in die erstaunliche kompositorischen Universalität des bereits zu Lebzeiten als "Princeps Musicorum" verehrten Orlando di Lasso bietet diese Einspielung von Cantus Cölln, die in mustergültiger Weise drei unterschiedliche Facetten aus dem umfangreichen Gesamtwerk des Komponisten darstellt: erstens die Prophetiae Sibyllarum, deren experimentelle und teilweise geradezu exotisch anmutende Chromatik ein Beispiel für die exklusive Musica reservata der Renaissance darstellt; zweitens Petrarca-Vertonungen wie der großartige Madrigal-Zyklus Standomi un giorno oder das ergreifende I'vo piagendo, die Lasso als Meister ausdruckstarker polyphoner Konstruktionen ausweisen; und drittens französische Chanson-Vertonungen wie Bonjour, mon coeur, deren oftmals homophone Anlage ganz im Dienste der gesteigerten Textausdeutung steht.


Nachdem ich bei "G" sträflicherweise vergessen habe, auch nur eine Aufnahme mit Musik des großen Orlando Gibbons zu nennen, möchte ich hier abschließend wenigstens eine Einspielung mit Werken von dessen jüngeren Zeitgenossen William Lawes nennen:


William Lawes: Concord is conquer'd
Catherine Bott (Sopran), Paul Nicholson (Orgel)
Fretwork
1 CD, Virgin Veritas 7243 5 45147 2 2


William Lawes: Concord is conquer'd

Eine Musik für dunkle, einsame Nächte: Neben einigen kurzen Stücken für Lyra Viol sowie vier schönen Liedvertonungen erklingen auf dieser CD fünf von Lawes' großartigen Consort Setts - dreiteilige Suiten für fünf- oder sechstimmige Gamben-Consorts, die Meisterstücke von Lawes' beinahe orchestral ausladendem, klangvollem und mit merkwürdigen Dissonanzen gespicktem Instrumentalstil darstellen. Von der einleitenden, ebenso groß angelegten wie melancholischen Paven des sechstimmigen Consort Setts g-Moll bis zum abschließenden Inominy des ebenfalls sechsstimmigen Consort Setts in B-Dur, das den extrem gedehnten Cantus firmus mit einem wundersam entspannten Geflecht bewegter Gegenstimmen umwebt, kann ich dieser versponnenen Musik seit mehr als einem Jahrzehnt immer wieder aufs Neue gebannt und entzückt lauschen. Die oben genannte Ausgabe scheint es momentan zwar nur noch antiquarisch zu geben, doch scheinen die Aufnahmen mit Ausnahme der Vokalstücke in diese Doppel-CD eingeflossen zu sein. Freilich trägt die Neuedition nicht mehr jenen schönen Titel, der einem Epitaph auf den Komponisten entnommen ist und ein Schlaglicht auf die musikalischen Exzentritäten des Verstorbenen sowie deren zeitgenössische Rezeption wirft:

Concord is conquer'd; in this Urne there lies
The Master of great Musick's mysteries,
And it is a riddle, like the cause:
Will. Lawes was slain by those whose wills were laws.


Da meine Nacht mittlerweile dunkel genug ist, vertage ich meine "LI"-Empfehlungen auf ein die nächsten Tage. Bis dahin


herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 14. Jul 2009, 10:57 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#280 erstellt: 14. Jul 2009, 11:51
Nachdem der Name Franz Liszt jetzt schon ein paar Mal fiel, will ich ein paar aus meiner Sicht herausragende Aufnahmen herausgreifen:

Die Klavierkonzerte habe ich insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Quersumme "Klangqualität + herausragende Interpretation" bislang noch nicht besser als bei Sviatoslav Richter mit Kirill Kondrashin gefunden. Der 24/96-Remaster von Philips der Aufnahmen von 1961 ist klanglich - wie ich gerade nochmals überprüft habe - einwandfrei.


Leider finde ich bei Amazon nur einen MP3-Download, die CD scheint wie viele andere der Reihe vergriffen zu sein.

Mit der Klaviersonate bin ich bislang nie so recht warm geworden. Deswegen lasse ich hier Euch den Vortritt. Von den Klavierzyklen haben mir immer besonders die "Années de Pèlerinage", die "Etudes d'exécution transcendante" und die "Ungarischen Rhapsodien" gefallen. Erstere habe ich in einer blitzsauberen DSD-Mehrkanalaufnahme als SACD auf Lyrinx mit der litauischen Pianistin Mûza Rubackyté, die diesen knapp dreistündigen Zyklus komplett und sehr farbig und gefühlvoll darbringt. Klanglich sicherlich der beste Zyklus, der aktuell erhältlich ist. Bei den Etüden leistet mir seit vielen Jahren Jorge Bolet's Einspielung auf Decca von 1985 gute Dienste. Einen klanglich deutlich besseren Gesamtzyklus kenne ich bisher nicht. Habe gelesen, dass es eine neue Aufnahme bei DGG mit der 21jährigen Alice Sara Ott gibt. Kennt den schon jemand ? Die Rhapsodien habe ich mit Georges Cziffra zum einen in der Mono-Aufnahme von 1957 und Stereo von 1972-75 (beide in der Complete Studio Recordings 1956-86). Beide sind klanglich ok, aber sicherlich nicht audiophil, aber es dürfte schwer sein, einen Interpreten zu finden, der besser für diese Musik geeignet ist. Abgebildet eine remasterte 1-CD-Zusammenstellung des Stereo-Zyklus, die noch erhältlich ist.



Abschliessend noch eine Überraschung: Arcadi Volodos' Liszt-Recital von 2006 (Sony SACD), bei dem ich mich auf Tastengedonner erster Güte eingestellt hatte, kommt überaus lyrisch, ruhig und zurückgenommen. Eines der schönsten Recitals seit langem, klanglich perfekt.



Was könnt Ihr noch aufliszten ?

Grüße Michael
AladdinWunderlampe
Stammgast
#281 erstellt: 15. Jul 2009, 02:00
Bevor ich zu Franz Liszt komme, möchte ich noch ein paar Ergänzungen zu György Ligeti einfügen, bei denen ich mich freilich kurz fassen kann, da das Wichtigste eigentlich schon gesagt wurde. Auch wenn ich nicht alle CDs der betreffenden Editionen besitze, kann man meines Erachtens mit den zunächst bei Sony, später dann bei Teldec unter dem Reihentitel "György Ligeti Edition" beziehungsweise "György Ligeti Project" erschienenen Aufnahmen, die vom Komponisten selbst betreut wurde, weder in interpretatorischer noch in aufnahmetechnischer Hinsicht etwas falsch machen. Um demjenigen, der noch keinen Überblick über das vielfältige Schaffen Ligetis hat, oder der zögert, die Katze (als Ganzes) im Sack zu kaufen, ein paar Handreichungen zu bieten, nenne ich aus der Vielzahl der mir bekannten Aufnahmen der genannten Editionen vier für mich zentrale Einspielungen:

György Ligeti: Lontano / Atmosphéres / Apparations / San Francisco Polyphony / Concerto romanesc

Berliner Philharmoniker, Leitung: Jonathan Nott
1 CD, TeldecClassics 8573-88261-2


György Ligeti: Orchesterwerke

Diese CD vereint drei ganz zentrale Werke für großes Orchester mit zwei weniger bekannten Orchesterkompositionen Ligetis: Mit den beiden eindrucksvollen Klangfarbenkompositionen Atmosphéres und Lontano hatte Ligeti in den 1960er Jahren Furore gemacht, weil er in zumindest partieller Abkehr vom seriellen Komponieren eine Musik schuf, in der alle musikalischen Einzelereignisse, Gestalten, Rhythmen, Tonfolgen verschwanden zugunsten höchst suggestiven Prozessen der Klangveränderung, die bei aller Komplexität des vielfältig aufgefächerten Orchestersatzes verblüffend homogen und plastisch erscheinen. Die gewichtige San Francisco Polyphony, Ligetis "expressionistischstes" Orchesterwerk, changiert dagegen ständig im Grenzbereich zwischen Klangflächen und polyphon verschlungenen Einzelstimmen - eine hochvirtuose Musik am Rande des Abgrunds, der nicht zuletzt durch einen schockhaften Hammerschlag musikalische Präsenz gewinnt. Die bereits vor Ligetis Emigration nach Deutschland begonnenen Apparations belegen, dass der Komponist wichtige Ansätze zur Klangfarbenkomposition bereits in Ungarn entwickelt hatte; und das leichtgewichtigere, teils an Bartok gemahnende Concerto romanesc bietet einen erfrischenden Einblick in die kompositorische Entwicklung des jungen Ligeti.


György Ligeti: Werke für Tasteninstrumente (Klavier solo / Klavier vierhändig / 2 Klaviere / Cembalo / Orgel
Irina Katava (Klavier), Pierre-Laurent Aimard (Klavier)
Elisabeth Chojnacka (Cembalo)
Zsigmond Szathmáry (Orgel)
1 CD, Sony SK 62307


György Ligeti: Musik für Tasteninstrumente

Auch diese CD - die momentan merkwürdigerweise nur als mp3-Download greifbar zu sein scheint - verbindet regelrechte "Klassiker" mit einigen Ersteinspielungen Ligetischer Frühwerke. Hervorzuheben sind insbesondere die Drei Stücke für zwei Klaviere von 1976, die bereits die Polyrhythmik der allerseits beliebten Klavieretüden vorwegnehmen (die mir persönlich im Vergleich mit dem früheren Werk dann fast ein bißchen zu glatt erscheinen); weiter Ligetis wirklich irrwitzigen Cembalo-Kompositionen (in mitteltöniger Stimmung!) Passacaglia ungherese, Hungarian Rock (Chaconne) und Continuum; und nicht zuletzt sämtliche Orgelwerke, unter denen insbesondere Sigismond Szathmárys bemerkenswert einfühlsame Interpretation von Harmonies (der subtil nuancierte Winddruck erzeugt hier Klangwirkungen, die an elektroakustische Musik gemahnen) sowie seine fulminante Wiedergabe des "Klassikers" Volumina herausragen.


György Ligeti: Hamburgisches Konzert für Horn und Kammerorchester mit 4 obligaten Naturhörnern / Doppelkonzert für Flöte, Oboe und Orchester / Ramifications für 12 Solostreicher / Requiem für Sopran, Mezzo-Sopran, gemischten Chor und Orchester
Marie Luise Neuenecker (Horn), Heinz Holliger (Oboe), Jacques Zoon (Flöte)
Asko Ensemble & Schönberg Ensemble, Leitung: Reinbert de Leeuw
Caroline Stein (Sopran), Margriet van Reisen (Mezzo-Sopran)
London Voices, Berliner Philharmoniker, Leitung: Jonathan Nott
1CD, TeldecClassics 857-88263-2


György Ligeti: Konzerte, Ramifications, Requiem

Hier faszinieren mich - möglicherweise aufgrund früher Prägungen - zwei Werke besonders: das Doppelkonzert - eines der ersten Werke, das ich als Jugendlicher von Ligeti kennenlernte - mit seiner mikrointervallisch durchsetzten Tonsprache, innerhalb derer dann selbst eine einfache Quinte wie das Aufreißen eines ungeheuren Raumes wirken kann; und das gewaltige Requiem , dessen furchteinflößendes Kyrie sich mir (wie Atmosphéres) nicht zuletzt durch die Verwendung in Stanley Kubricks 2001: Odyssee im Weltraum schon früh unauslöschlich eingeprägt hat - auch wenn die Ausschnitte im Film natürlich nichts von der teils beängstigenden, teils grotesk-makaberen Rhetorik der solistischen Sätze ahnen lassen, in denen Ligetis vokale Experimente aus Aventures weiterwirken.


György Ligeti: Cellokonzert / Clocks and Clouds / Violinkonzert / Sippal, dobbal, nádihegedülvel: Weöres Sándor verseire
Katalin Károlyi (Mezzo-Sopran), Frank Peter Zimmermann (Violine), Siegfried Palm (Violoncello)
Amandinda Percussion Group
Asko Ensemble & Schönberg Ensemble, Leitung: Reinbert de Leeuw
1 CD, TeldecClassics 8573-87631-2


Ligeti: Konzerte / Clocks and Clouds / Sippal, doppal, nádihegülvel

Während mich das berühmte Cellokonzert mich trotz "Flüsterkadenz" nie sonderlich beeindruckt hat(vielleicht, weil mich hier die Verfestigung gewisser stilistischer Ligeti-Stereotypen stört), übt Clocks and Clouds einen besonderen Zauber auf mich aus - wohl aufgrund der raffinierten Verschränkung von Instrumental- und Chorklang und der wunderbar ausgehörten mikrointervallischen Harmonik. Auch das Violinkonzert ist - trotz einiger Materialanleihen beim faszinierenden Klavierkonzert - ein wunderbares Stück, das mich nicht zuletzt aufgrund der ebenso unvermittelten wie unbefangenen (wenn so etwas bei einem Spieler mit dem Mehrbödigen überhaupt möglich ist) Rückgriffe des kompositorischen Altmeisters auf die Tonsprache seiner Jugend berührt, die dem Ganzen trotz aller quirligen Motorik einen wehmütig nostalgischen Ton geben. Und auch der 2000 komponierte Gesangszyklus Sippal, doppal, nádihegülvel auf Texte von Sándor Weöres ist eine Entdeckung: die skurille Instrumentation (ein Schlagzeug-Ensemble, dass unter anderem durch die sonderbaren Harmonien von Lotosflöten und chromatische Mundharmonikas bereichert wird) und die teils rauhe, teils mutwillig kecke Behandlung der Singstimme, die nach einer Art imaginierter Balkan-Folklore klingt geben diesen Vertonungen teils verspielter, teils versonnener Texte einen ganz eigenartigen Ton.


Zwei Stücke, die ich gerne empfehlen möchte, kann ich nicht empfehlen, weil die mir bekannten und von mir geschätzten Einspielungen anscheinend vergriffen sind und ich Alternativeinspielungen nur dem Hörensagen nach kenne: - das mehrbödige Horntrio, das mir (sinnvollerweise kombiniert mit dem Horntrio von Johannes Brahms) in einer seltsam weltabgewandten Einspielung mit André Cazalet, Guy Comentale und Cyril Huvé vorliegt (Disques Montaigne), sowie das verrückte Klavierkonzert, das mir in einer Einspielung des Ensembles Modern (Leitung: Peter Eötvös) mit dem Pianisten Ueli Wiget (Sony Classical) vorliegt. In beiden Fällen existieren jedoch alternative (und teils prominent besetzte) Aufnahmen, so dass hier vielleicht noch Tipps von anderer Seite gegeben werden können.



Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 15. Jul 2009, 12:58 bearbeitet]
Tannoymann
Stammgast
#282 erstellt: 15. Jul 2009, 09:36
Guten Morgen!

verrückte Klavierkonzert, das mir in einer Einspielung des Ensembles Modern (Leitung: Peter Eötvös) mit dem Pianisten Ueli Wiget (Sony Classical) vorliegt
Diese Aufnahme hat's in sich!
http://www.jpc.de/jp...assical/hnum/1979637 gerade entdeckt, sehr günstig, habs noch teuer einzeln gekauft wie immer, wenn man nicht warten kann.
Schade, dass die Sony Aufnahmen nicht mehr verfügbar sind.
LG
W
Mellus
Stammgast
#283 erstellt: 15. Jul 2009, 10:17

Tannoymann schrieb:
Diese Aufnahme hat's in sich!


Hallo Willi,
hast Du einen Vergleich zu der Aufnahme aus der Ligeti-Edition?


http://www.jpc.de/jp...assical/hnum/1979637 gerade entdeckt,


Schau mal in Beitrag #261!

Viele Grüße,
Mellus
Tannoymann
Stammgast
#284 erstellt: 15. Jul 2009, 11:06

hast Du einen Vergleich zu der Aufnahme aus der Ligeti-Edition?

Ja, ich hab beide Aufnahmen (eh klar )
Müsste fairerweise jetzt mal direkt vergleichen.
Aus dunkler Erinnerung kann ich aber sagen, dass ich den Wiget/Ensemble Modern deutlich engagierter und packender empfunden hab. Aber wie gesagt, dunkle Erinnerung. Aimard ist schon sehr gut, er ist halt ein Star - und hat mich in manchem s e e e h h r enttäuscht (die Kobis mit Harnoncourt , sein schrecklic he Liveaufnahme aus der Carnegie mit der Apassionata und leider, ich hätt es nicht für möglich gehalten - sein Debussy. Dafür sehr shön die 20 regards..)
LG
W
Mellus
Stammgast
#285 erstellt: 15. Jul 2009, 11:15

Ja, ich hab beide Aufnahmen (eh klar )


Jetzt macht er mir auch noch die Nase lang!

Was ist "Kobis"?

Viele Grüße,
Mellus
Tannoymann
Stammgast
#286 erstellt: 15. Jul 2009, 11:36
Kobis = Kombis

Meine Tastatur lässt leider gerne Buchstaben aus

Aber für die Aimard/Harnoncourteinspielungen reicht Kobis auch... Weiß auch nicht, warum die Interpretationen so schlecht sind, wahrscheinlich hat Harnoncourt Beethoven telefonisch nicht erreicht und dann geht nichts... mehr er ruft ja Haydn auch täglich an
AladdinWunderlampe
Stammgast
#287 erstellt: 16. Jul 2009, 01:04
Liegt es nun an der Ferienzeit, an der Schreibfaulheit der verehrten Mit-Forianer - oder gibt es in diesen Gefilden wirklich nur so wenige Lisztomanen? Wie dem auch sei - hier ist erstmal mein Favorit für die von Michael vermiedene h-Moll-Sonate samt drei weiteren CD-Empfehlungen und ein paar abschließenden Anfragen:

Franz Liszt: Sonate h-Moll / Nuages gris / La notte / La lugubre gondola II / Funérailles

Krystian Zimermann (Klavier)
1 CD, Deutsche Grammophon 431 780-2


Franz Liszt: Klavierwerke

Ich vertrete die - zugegebenermaßen nicht ganz originelle - Meinung, dass Liszts Sonate h-Moll mit ihrer komplexen Formkonstruktion und ihren raffinierten Thementransformationen - zumindest für das 19. Jahrhundert - das großartigste Klaviersonatenwerk seit Beethoven darstellt. Krystian Zimmermann meistert die Anforderungen dieses Werkes nicht nur technisch, sondern vor allem musikalisch mit denkbar größter Souveränität. Virtuosität ist hier selbstverständlich, aber niemals Selbstzweck. Das erweisen nicht zuletzt die übrigen Stücke der CD, die zu großen Teilen aus dem merkwürdig experimentellen, klanglich skelettierten, vielfach um dissonante Strukturklänge herumkomponierten Spätwerk des als Tastenlöwe verschrienen Komponisten stammen: Insbesondere der ausgesparte Klaviersatz von La lugubre gondola , in dem ein Dur-Akkord wie ein Geschenk klingt und bitterste Resignation sich in einem einfachen Dur-Moll-Wechsel zu kondensieren vermag, entwickelt unter Zimermans Händen eine berührende Intensität.


Franz Liszt: Orgelwerke 2: Präludium und Fuge über B-A-C-H / Orpheus / "Les Morts" / Variationen über "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen" / Evocation à la Chapelle Sixtine
Martin Haselböck, Orgel
1 SACD, NCA 60144-210


Franz Liszt: Orgelwerke

Über dem Klaviervirtuosen Liszt vergisst man oft die wegweisende Bedeutung, die dieser Komponist für die Orgelmusik des 19. Jahrhunderts gehabt hat. Sicherlich ist Liszt neben Felix Mendelssohn Bartholdy, César Franck und Max Reger der wichtigste Repräsentant des romantischen Orgelkomponierens. Die vorliegende Einspielung umfasst - leider abgesehen von der gewaltigen Fantasie und Fuge über den Choral "Ad nos, ad salutarem undam" - die wesentlichen großen Orgelwerke Liszts, die mit ihren neuartigen Formkonzeptionen und ihrer durchchromatisierten Tonsprache - die im Falle von "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen" auch schon Aspekte des Spätwerks vorwegnimmt - die Grundlage für einen neuen Orgelstil gelegt haben. Martin Haselböck spielt diese Werke ebenso virtuos wie besonnen. Nie degradiert er die Kompositionen zu Effektstücken; vielmehr nutzt der die klangliche Differenzierungsfähigkeit der wunderbaren Ladegast-Orgel der St. Jakobskirche in Köthen zu ebenso seriösen wie eindringlichen Darstellungen dieser großartigen Musik. Näheres zur Musik, zur Interpretation und zum Instrument habe ich hier geschrieben. Die an diesen Beitrag anschließende Diskussion lässt freilich vermuten, dass die anderen Teile von Haselböcks vierteiliger Liszt-Gesamteinspielung - die ich als bekennender Sammelbox-Skeptiker freilich noch nicht kenne - das Niveau der hier empfohlenen CD nicht immer halten können. Über andere Einschätzungen geneigter Forumsmitglieder wäre ich aber dankbar.


Franz Liszt: Klavierkonzerte Nr. 1 und Nr. 2 / Totentanz (Danse macabre)
Krystian Zimerman (Klavier)
Boston Symphony Orchestra, Leitung: Seiji Ozawa
1 CD, Deutsche Grammophon 423 571-2


Franz Liszt: Klavierkonzerte / Totentanz

Als modernere Alternative zu der von Michael empfohlenen, aber anscheinend vergriffenen Richter-Einspielung der Liszt-Konzerte möchte ich diese mitreißende Aufnahme mit Krystian Zimerman ins Feld führen, für die alle Qualitäten gelten, die ich schon in Bezug auf Zimermans Liszt-Solo-CD angeführt habe. Natürlich gibt Zimerman den brillanten, selbstbewussten, formal hochoriginellen Werken all die Virtuosität, derer sie bedürfen; doch bewahrt er dabei stets die Übersicht über das Werkganze und die - teils durchaus untergeordnete - Stellung des Soloparts innerhalb des symphonisch konzipierten Gefüges. (Bescheidenheit und Besonnenheit sind Tugenden, die man Liszt-Interpreten nicht genugsam ans Herz legen kann...)


Franz Liszt: Eine Symphonie zu Dantes Divina Commedia / Tasso, Lamento e Trionfo
London Symphony Orchestra, London Oratory School Schola, Leitung: Leon Botstein
1 SACD, Telarc SACD-60613


Franz Liszt: Dante-Sinfonie / Tasso

Wie manche der Sinfonischen Dichtungen und - vielleicht in geringerem Maße - die Faust-Sinfonie gehört die Dante-Sinfonie zu den zu Unrecht vernachlässigten Orchesterwerken Liszts. Dabei suchen das orchestrale Raffinement des ersten und insbesondere des zweiten Satzes sowie die Kühnheiten der Themenerfindung und der harmonischen Gestaltung in der Orchestermusik aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ihresgleichen. Leon Botstein, der mir ansonsten vollkommen unbekannt ist, setzt das eigenwillige Werk inklusive des entrückten Magnificat-Chores ungemein klangschön in Szene, und die Klangtechnik von Telarc ist - nicht nur im furiosen ersten Satz - spektakulär, ohne zum Spektakel zu werden. Da ist es auch zu verschmerzen, dass die SACD als Zugabe die aus meiner Sicht vollkommen überschätzte Sinfonische Dichtung Tasso enthält.


Womit wir bei meinen Anfragen wären:

Da ich einige (nicht alle!) Sinfonische Dichtungen Liszts - insbesondere Les Préludes (von der ich die fulminante Fricsay-Einspielung früher auf LP besaß), Orpheus, Hamlet und Du berceau justqu'a la tombe (Von der Wiege bis zum Grabe) - sowie die Faust-Sinfonie für großartige Musik halte, verwundert mich das weitgehende Desinteresse der Musiker und des Publikums an diesen Orchesterwerken.

Zwar besitze ich seit knapp zwei Jahrzehnten die Gesamteinspielung der Sinfonischen Dichtungen des Budapest Symphony Orchestra unter der Leitung des (mir ansonsten vollkommen unbekannten) Árpád Joó, die mir auch beim kürzlichen Wiederhören durch die solide Interpretation sowie ihr für die 1980er Jahre erstaunlich warmes Klangbild auffiel. Trotzdem zögere mangels der Kenntnis ernsthafter Konkurrenz (die, wenn ich recht sehe, momentan eigentlich nur aus dem von mir normalerweise nicht sonderlich geschätzten Kurt Masur bestehen könnte), diese bei Hungaroton erschienene (und neuerdings wohl auch bei Brilliant zu findende) Aufnahme hier als "audiophile Referenz" aufzuführen. Daher wäre ich über Einschätzungen von in Sachen Liszt besser bestückten Forianern dankbar.

Vielleicht weiß auch jemand etwas über die Kammermusik-Einspielungen von Jos van Immerseel oder über die von ihm mit dem Ensemble Anima Eterna produzierte Orchester-CD zu berichten, die mit Du berceau justqu'a la tombe und dem Totentanz immerhin zwei von mir hochgeschätzte Werke enthält?

Und nicht zuletzt bin ich auf der Suche nach einer guten CD-Einspielung der Faust-Sinfonie. In meiner Jugend besaß ich eine LP des Chicago Symphony Orchestra unter der Leitung von Georg Solti, die für mich maßstabsetzend war; allerdings kann ich LPs heute nicht mehr abspielen. Auf CD besitze ich nur die eher mittelprächtige Einspielung der Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Simon Rattle. Daher meine Frage: Kann die (auch auf CD erhältliche) Solti-Einspielung auch heute noch als Referenz gelten, oder gibt es andere empfehlenswerte Aufnahmen? (Von der Bernstein-Einspielung weiß ich, dass sie zumindest für mich nicht empfehlenswert ist...)

Fragen über Fragen. Auf lisztige Antworten gespannt ist

Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 16. Jul 2009, 12:16 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#288 erstellt: 16. Jul 2009, 12:02
Hallo Aladdin,

danke für Deine Ergänzungen zu Liszt. Zimerman/Ozawa mit den Klavierkonzerten kenne ich auch, stimme voll zu. Die "Dante"-Symphonie war mir bislang kein Begriff, ich hab sie mal bestellt ... :D. Die "Faust"-Symphonie hatte ich in eben der Bernstein-Aufnahme, aber sie hat mich nicht sehr beeindruckt und ich habe sie weitergegeben.

Leider kann ich zu den von Dir aufgeworfenen Fragen nichts sagen.

Ein Ergänzung im symphonischen Bereich habe ich noch, zumal es sich hier um einen klanglichen wie inhaltlichen Klassiker handelt: Liszt's "Ungarische Rhapsodien No. 1 - 6" mit Antal Dorati auf Mercury Living Presence SACD. Äusserst farbige und schwungvolle Orchesterwerke, bei denen auch volkstümliche Instrumente wie das Cimbalom zum Einsatz kommen.



Grüße Michael
Hüb'
Moderator
#289 erstellt: 16. Jul 2009, 12:11
Hi,

zur Faust-Sinfonie mit Solti: diese hat wohl auch heute noch Referenzstatus inne und es ist sicher richtig, die Einspielung vor allem auch aus klanglichen Gründen hier zu empfehlen.

Erhältlich ist die Sinfonie in dieser Kopplung:



Weiterhin erwähnt werden sollte die Gesamtschau der Liszt'schen Orchesterwerke unter Kurt Masur. Ich bin mir allerdings nicht sicher, in wie weit diese Aufnahmen dem Anspruch eines audiophilen Klanges gerecht werden können.

Von der Presse hochgelobt (u. a. wegen des Klanges), diese CD des kleinen Labels Zig Zag:



Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 16. Jul 2009, 12:12 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#290 erstellt: 17. Jul 2009, 12:58
Oh bei Liszt kann ich ja sogar mal eingreifen:


Arcadi Volodos
Volodos plays Liszt
Sony Hybrid SACD

Mal abgesehen von Volodos' großartiger Spielkunst ist diese Aufnahme aus dem großen Berliner Teldex Studio die bestklingende Piano CD, die ich kenne. Großartiger Raum, enorm farbenreich und perfekt dimensioniert.
arnaoutchot
Moderator
#291 erstellt: 17. Jul 2009, 13:31
@ Mr. Lovegrove: Danke für die Bestätigung, ich hatte Volodos weiter oben auch schon genannt. Eine wirklich herausragende Aufnahme.

@ Hüb & Aladdin: Hab mir die Immerseel-CD heute gekauft (Zweitausendeins EUR 12,99). Werde nach eingehendem Hören berichten.

Grüße Michael
AladdinWunderlampe
Stammgast
#292 erstellt: 17. Jul 2009, 13:45

arnaoutchot schrieb:
Hab mir die Immerseel-CD heute gekauft (Zweitausendeins EUR 12,99). Werde nach eingehendem Hören berichten.



Super - dann gibts vor "M" - einem Buchstaben, vor dem mir ziemlich graut - also noch eine Atempause...
Hüb'
Moderator
#293 erstellt: 17. Jul 2009, 13:47

AladdinWunderlampe schrieb:
Super - dann gibts vor "M" - einem Buchstaben, vor dem mir ziemlich graut ...

Mieso?
AladdinWunderlampe
Stammgast
#294 erstellt: 17. Jul 2009, 13:58
Weil ich in meinem Leben (und auch in diesem Forum) noch ein paar andere Dinge zu erledigen habe als mir in diesem Thread die Finger wundzuschreiben...


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 17. Jul 2009, 14:14 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#295 erstellt: 17. Jul 2009, 14:39
Aladdin, in der Beschränkung und Kürze liegt die Würze Pick einfach Deine drei herausragendsten "M's" raus. Naja, ich weiss schon, das wird schwer. Ausserdem aber: Was gäbe es jetzt Wichtigeres als in diesem Thread zu schreiben ....

Hüb, mach Dich schon mal bereit, wir starten bei "M" dann mit Magnard. Das ist Dein Spezialgebiet ... dahinter zieht bei mir eine nicht enden wollende Reihe von Mahler-CDs auf, da fühle ich mich alleine dank schierer Masse einigermassen berufen.

Grüße Michael


[Beitrag von arnaoutchot am 17. Jul 2009, 14:40 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#296 erstellt: 17. Jul 2009, 14:40
Einen Magnard-Zweizeiler bekomme ich hin.
Kreisler_jun.
Inventar
#297 erstellt: 17. Jul 2009, 16:27
Soll es jetzt zum Wochenende mit M losgehen, oder müssen erst noch Lully, Lanner, Loewe, Lehar und der komponierende Kaiser Leopold I. (Habsburg) drangekommen sein? (ich kann hier wenig bis gar nichts beisteuern)

Von Orlando di Lasso/Roland(us) Lassus wären vielleicht noch exemplarisch als geistliche Werke die Lamentationes für die Karwoche zu nennen (kenne nur Herreweghes, die ist inzwischen sogar in eine sehr günstige Reihe gerutscht):



und von Liszt diese CD mit einer schmonzigen Opernfantasie, aber auch zweimal Totentanz und düsteren Spätwerken:



JK jr.
arnaoutchot
Moderator
#298 erstellt: 17. Jul 2009, 19:34

Soll es jetzt zum Wochenende mit M losgehen, oder müssen erst noch Lully, Lanner, Loewe, Lehar und der komponierende Kaiser Leopold I.


Nö, nur gemach, ich hab noch ein bisschen was zu Leo, Locatelli, Lully und Luzzaschi. Leider kann ich dafür nicht mit Loewe, Lanner oder Lehar dienen. Ausserdem müssen wir Alladin noch ein wenig vor "M" verschonen und ich muss den Immerseel-Liszt noch hören. Dauert also noch.

Die Piano Music von Liszt aus Naxos war nicht schlecht, da hab ich auch ein paar davon.

Grüße Michael
Kreisler_jun.
Inventar
#299 erstellt: 17. Jul 2009, 20:33

arnaoutchot schrieb:

Die Piano Music von Liszt aus Naxos war nicht schlecht, da hab ich auch ein paar davon.


Ich habe nur diese aus der Reihe, weil die mal als Geheimtip empfohlen wurde. Die Hugenotten-Paraphrase muß man nicht unbedingt zweimal anhören, aber der Totentanz ist außerordentlich beeindruckend.
Von Loewe kann man sich mal ein paar Lieder (und besonders Balladen) anhören. Einige davon waren in früheren Zeiten sehr beliebt (Wunschkonzert). Ich habe zwar einige CDs, bin aber letztlich nicht recht vertraut, so daß ich keine Empfehlungen aussprechen will. Einzelne Werke Lanners findet man auf ein paar Neujahrskonzerten; interessanterweise scheint Strawinsky in Petruschka sogar zwei seiner Tänze zu zitieren, nämlich aus den "Steyrischen Tänzen" und den "Schönbrunnern".
Des Lehar werde ich mich aber auch nicht erbarmen, obwohl ich natürlich die Lustige Witwe und ein paar Schmachtfetzen auf diversen Sänger-Recitals besitze. (Wenn es von z.B. Wunderlich gesungen wird, kann man ab und zu auch mal Kitsch genießen).

JK jr.
5th_element
Stammgast
#300 erstellt: 18. Jul 2009, 00:21
Als kleine audiophile Unterstützung zu Aladdin's Ausführungen zur Klaviersonate in h Moll möchte ich gern noch diese SACD vom DGG Label ergänzen.

Bei JPC nur noch als Audio-CD geführt

http://www.jpc.de/jp...-h-moll/hnum/7391099

und bei Amazon auch nur noch gebraucht zu bekommen.




Gruß,
Stefan
arnaoutchot
Moderator
#301 erstellt: 18. Jul 2009, 14:46
Hi Stefan, danke für Herrn Li. Das Cover hätte ja glatt einen Platz in der Sammlung der scheusslichsten Cover verdient ... Normalerweise hätte ich jetzt an dieser Stelle vielleicht auch noch etwas gegen die Flut der chinesischen Pianisten gelästert, aber habe dieser Tage Li mit dem Prokofiev-Konzert # 2 gehört, das mich restlos begeistert hat. Kriegen wir aber erst später !

Weiter zu Liszt/Immerseel. Habe von Immerseel die Rimsky-Korsakov/Borodin- und die Ravel-Platten. In beiden Fällen fand ich die Idee, klassische Schlachtrösser wie "Sheherazade" oder gar den "Bolero" mal unter einem historisch informierten Aspekt aufzuführen sehr reizvoll, die Ergebnisse erhellend, aber eigentlich nicht alleine glückselig machend. Vielleicht hängt das auch mit persönlichen Hörgewohnheiten zusammen, die man bei solch populären Werken einfach über die Jahre entwickelt hat.

Dies im Hinterkopf habe ich mir den Liszt heute angehört. Im "Totentanz" fand ich das zunächst bestätigt. Das Erard-Piano kann alleine technisch nicht so stampfend-donnernd klingen, wie es Zimerman mit seinem modernen Steinway schafft. Auch das Orchester klingt deutlich weicher. Insgesamt dadurch ein für mich deutlich weniger dämonischer Totentanz als bei Zimerman/Ozawa. Die darauffolgenden "Ungarischen Rhapsodie No. 1 & 3" mussten gegen die oben von mir genannten Versionen von Antal Dorati aus 1963 antreten. Da begegnen sich natürlich zwei Antipoden, Dorati ist vermutlich genau das Gegenteil einer HIP ! Gegen die - möglicherweise aus heutiger Sicht grelle - Farbigkeit eines Dorati wirkt Immerseel etwas blass. Erst im dritten Stück "Les Préludes" konnte Immerseel bei mir punkten. Da hab ich nur eine Aufnahme vom ollen Karajan auf einem Sampler, den ich leider zu Vergleichszwecken jetzt nicht auffinden konnte. Aus dem Gedächtnis wirkt Immerseel dagegen wesentlich eleganter und lyrischer, ohne in der berühmt-berüchtigten Fanfare an Kraft zu verlieren. Sein Orchester - das sei hier noch angemerkt - ist bei Liszt mit rd. 50 - 60 Musikern gut besetzt. "Von der Wiege bis zum Grab" kannte ich vorher nicht, habe daher auch keinen Vergleich. Das Stück ist wie die abschliessende "Mazeppa" feinsinnig gespielt, ohne die Dynamik zu verlieren. Klanglich bewegt sich die Aufnahme von 2003 auf sehr hohem Niveau und hat eine Aufnahme in unseren Thread auf jeden Fall verdient.

So, ich mach kurzen Schnitt und komme später mit den restlichen "L's" zurück.

Grüße Michael
5th_element
Stammgast
#302 erstellt: 18. Jul 2009, 22:57
Ich hänge hier noch mal bei "L" etwas rein, obwohl es nicht um einen "L-Komponisten", sondern einen "L-Interpreten" geht. Aber das verarbeiten die vielen klugen Köpfe hier schon irgendwie ...

Olivier Latry spielt auf der Orgel von Notre Dame Transkriptionen von Werken von Liszt (doch noch die Kurve bekommen ... ), Mozart, Bach, Berlioz, Rachmaninoff, Prokofieff und Wagner.

Wer sich mal ordentlich multikanalmäßig den Stuck von der Zimmerdecke pusten möchte, der ist hier goldrichtig (und denke so bei mir, der Aladdin hätte das jetzt vermutlich anders formuliert ...)





http://www.jpc.de/jp...re-Dame/hnum/3531893

Mächtiger Sound und durchaus mal etwas Abwechslung zu den üblichen Verdächtigen.

Gruß,
Stefan


[Beitrag von 5th_element am 18. Jul 2009, 23:02 bearbeitet]
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