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Aufbau einer Klassiksammlung mit grossen und berührenden Interpretationen

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Szellfan
Hat sich gelöscht
#108 erstellt: 25. Jan 2011, 11:24
...hier erstmal das Bild:
Bach KDF Savall
Ja, die hätte ich dann auch noch genannt.
Obwohl ich lange gebraucht habe, mich mit diesem dunklen Klangbild anzufreunden, das eher in der Renaissance verhaftet zu sein scheint.
Aber Savall gelingt es für mich damit, einzelne Stimmen gut hörbar zu machen ohne einen Gesamtklang zu verlieren.

Vielleicht ist es ja tatsächlich Augenmusik, vielleicht aber doch für das Cembalo, gar das Hammerklavier oder doch die Orgel gedacht?
Vielleicht steht einer anderen Lesart des Werkes ja unsere allzu große Ehrfurcht vor diesem Vermächtnis im Wege?

Einen Weg hat Rinaldo Alessandrini beschritten, den ich sehr gelungen finde. Ein Kammerorchester fast, gemischt besetzt.
Er versucht ganz bewußt "Ohrenmusik" zu machen, ja sogar, empfindsame Klänge zuzulassen, schließlich waren Bachs Lieblingskomponisten in seinen späten Jahren nachweislich die Brüder Benda und Graun!
Bach Alessandrini
Einen ähnlichen Weg beschreitet Bernard Labadie bei Dorian.
(Hier hab ich kein Bild)
Gefällt mir beinah noch besser. Eine sehr durchdachte Lesart, eher dem Klang eines Concerto Grosso verpflichtet.
Absolut positiv überrascht hat mich dahingehend auch seine Bearbeitung der "Goldberg- Variationen". Ich mag Bearbeitungen nicht sehr, aber das ist so geschickt und einfühlsam gemacht, daß man sich das kaum anders noch vorstellen kann.
Les+Violons+Du+Roy
Aber ich schweife ab. Die "Kunst der Fuge" auf dem Cembalo scheint mir am wahrscheinlichsten.
Da, wie so oft, Gustav Leonhardt, aber auch Davitt Moroney
sehr überzeugend.
Soweit von mir zunächst.
Herzliche Grüße, Mike


[Beitrag von Szellfan am 25. Jan 2011, 11:26 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#109 erstellt: 25. Jan 2011, 13:23
Das Cembalo als Instrument erscheint zunächst tatsächlich am warscheinlichsten, schließlich war das ja Bachs Instrument. Bleibt nur die Frage, warum die Komposition in einem vierstimmigen System notiert ist, für Klaviermusik mehr als selten!
Wenn die Kunst der Fuge am Cembalo, dann neige ich auch zu Leonhardt, die Moroney-Einspielung kenne ich nicht. Ich persönlich finde aber, daß ein Instrumentalensemble viel mehr Möglichkeiten bietet, die Stimmführung und somit auch die Kompositinskunst hörbar zumachen.

Die Aufnahme mit dem Berliner Saxophonensemble spricht mich in erster Linie durch ihren Sinnlichen luxuriösen Klangsinn an, bei dem allerdings nicht die Durchhörbarkeit verloren geht. Sicher keine historisch-informierte Aufführungspraxis aber in ihrer fast schon schwärmerischen Art mehr als überzeugend.
Dazu im Gegensatz die Aufnahme mit dem Amsterdam Loeki Stardust Quartet: mit Ausnahme einiger (wenigen!) Manierismen ist sie absoluter Objektivität verpflichtet. Hier treten die Interpreten ganz hinter das Werk zurück und gelangen dennoch zu einem überzeugendem Ergebnis. Zudem ist ja der Klang des Blockflötenconsorts recht nah am Orgelklang, nur eben etwas lebendiger, weil individueller steuerbar.
Savall findet die Mitte zwischen beiden Interpretationen. Deine Beobachtung mit Reminiszenzen an die Renaissance ist absolut richtig. Ich fühle mich bei der Kunst der Fuge aber auch immer an Werkzyklen wie Purcells Fantasien oder die In-Nomine-Kunst der Engländer erinnert. Ich finde, das dunkle, erdige Klangbild dieser Aufnahme sehr reizvoll und faszinierend.
Szellfan
Hat sich gelöscht
#110 erstellt: 25. Jan 2011, 13:47
...ja, teile ich Deine Meinung mit dem im Hinterkopf die Purcell- Fantasien oder die In- Nomine- Kunst zu hören.
Darum hätte ich Savall auch noch genannt.
Dabei gehe ich, so wie Du, auch gern Umwege, dieser sperrigen Musik nahe zu kommen.
Darum habe ich so verschiedene Aufnahmen ins Feld geführt.
Hier fehlt mir sogar Gould mit seiner Aufnahme auf der Orgel.
Hier gelingt ihm wirklich mal, Stimmführung und Fluß eins sein zu lassen.
Genauso müßte ich Scherchen nennen mit seiner Orchestrierung, die zwar groß, aber fein ist. Man kann dieser Musik nahekommen durch die Brille zeitgenössischer Musik.
Aber ich halte es auch für möglich, daß Bach, so wie in den späten Kanons, auf allerhöchstem Niveau einfach spielt, dann dürfte das auch leicht und heiter klingen.
Wie Scrabble, entschuldige.
Ich weiß es nicht und beschäftige mich damit seit dreißig Jahren. Bin dieser Musik nur ein paar kleine Schritte nähergekommen, was sie sie veranlaßt hat, sich diese Schritte zurückzuziehen.
Das ist eine endlose Liebesbeziehung, zu der ich aber auch noch die Kupplerin benötige, was es nicht einfacher macht.
Nur, daß ich mir die Kupplerin aussuchen kann.
Ob das Objekt der Begierde nun abweisend und nur für die Augen ist? Weiß ich nicht. Auch für die Ohren, das hätte ich gern. Zum Anfassen ist es noch zu früh für mich.
Aber jede Kupplerin ist mir recht, heißt sie nun Leonhardt oder Scherchen.
Ausprobiert wird jede.
Herzliche Grüße, Mike


[Beitrag von Szellfan am 25. Jan 2011, 13:47 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#111 erstellt: 25. Jan 2011, 15:25
Hallo Mike,

Ich verstehe Deine "Beziehung" zur Kunst der Fuge sehr gut, geht es mir doch ganz ähnlich.

Daß das Werk ganz groß Kompositonskunst ist, kann man beim Lesen in der Partitur sehen. Daß das Werk sperrig ist, kann man bei jedem Hören hören (eine Eigenschaft, die z.B. Auch die große Fuge von Beethoven hat, wen wundert's).

Tja und die Frage nach der Kupplerin bleibt. Bei jedem Hôren einer Aufnahme kann ich immer nur Teilaspekte der Partitur hören. Das "komische" dabei ist, daß ich dies nicht auf interpretatorische Parameter zurückführen kann. Jeder Ansatz, jede Besetzung zeigt einen neuen Aspekt auf und verwischt schon bekannte. Daher meine ernsthafte Überlegung, ob Bach da nicht doch in erster Linie für die Augen des Kenners geschrieben hat. Musik zum Lesen, die man natürlich auch spielen kann und auch im Erklingen überzeugt, die aber ihr Wesen, ihre ganze Schönheit nur auf dem Papier und in der Vorstellung des Betrachters entfaltet.

Schwierig und Faszinierend!
Szellfan
Hat sich gelöscht
#112 erstellt: 25. Jan 2011, 16:10
Hallo Johannes,
kräusel kräusel.. Beethovens "Große Fuge".., steht nicht daneben auch so absolut witzige Musik wie "muß es sein?"
Absolut witzig verstehe ich hier, daß es nicht komisch ist, sondern doppelten Boden hat, Humor und Tragik gleichzeitig.
Nein, ich lese nun nicht die "Kunst der Fuge" durch diese Brille, halte aber mehr für möglich als das, was man so zu hören bekommt durch die zahlreichen Kupplerinnen.
Ich weiß sehr gut, was Du meinst, daß jedes Hören neue Welten eröffnen kann, vielleicht die Vorstellung mehr ist als alles andere.
Vielleicht sollte mal ein "Galanter Inder" daherkommen, von Traditionen unbelastet, sich dieser Musik annehmen.
Bach hat die Sprache der Kontrapunktik so perfekt beherrscht, daß es ihm leicht gefallen sein müßte, so ein Werk zu komponieren. Darf das dann auch leicht klingen?
Ist Bach der olle Zopp, für den wir ihn halten?
So schön doch, daß er eben nicht so absolut beherrschend beim "Alten Fritzen" die sechsstimmige Fuge ausführen konnte, Hat ihn sein Sohn CPE auf's Kreuz gelegt?
Nur das "Berliner Blau, das verschießt" hatte wohl in Berlin die Fertigkeit, dem "Alten" ein Thema vorzulegen, das sich eben nicht aus dem Stehgreif sechsstimmig verarbeiten läßt.
Und der "Alte" "rächt" sich so nett in der Triosonate, Vorhalte über Vorhalte, kaum Substanz, um in den Kanons vorzuführen, wie das wirklich geht.
Das ist: Humor annehmen, verstehen, zurückreichen. Bonmots.
Schön, daß Savall das "Thema Regio" vorab stellt, von der Flöte intoniert.
Bach Opfer savall
Ich selbst suche da immer wieder eine Gemeinsamkeit zur "Kunst der Fuge", diesem Spiel mit der Form, um möglichst Ausdruck zu erreichen. Ich glaube einfach nicht, daß Bach Musik schreibt, die nicht zum Hören gedacht ist, dazu war er auch zu sehr Pragmatiker und lebensnah.
Daß man nicht alles hören kann, tut dem ja keinen Abbruch.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#113 erstellt: 27. Jan 2011, 22:11
Hallo Mike,

ich fürchte wir gleiten aus dem allgemeinen dieses Threads etwas zu sehr ins Spezielle ab.Aber dennoch eine letzte Anmerkung zur Kunst der Fuge. Ich glaube nicht, daß Bach die Kunst der Fuge leicht gefallen ist, im Gegenteil, ich habe den Eindruck, daß er intensivst an seinem Opus ultimum gearbeitet hat. So formvollendet, so auf die Spitze getrieben sind die Techniken polyphonen Komponierens. Das darf gerne leicht klingen, da sehe ich kein Paradoxon.
Man darf aber auch nicht vergessen, daß Bach hochgelehrt war. Musikalisch eh, aber auch die Theologie betreffend hatte er eine erlesene Bibliothek. Und sicher verschloß er sich auch nicht dem emblematischen Zeitgeist. Aus dieser Sicht wäre es natrülich schon denkbar, daß er Werke nur zum Lesen zu Papier brachte (GIbt es in der Musikgeschichte ja auch, so etwa ab dem 16. Jahrhundert). Aber die Kunst der Fuge klingt viel zu gut, um sie nicht aufzuführen. Vielleicht ist es aber schon so, daß sie ihre ganze Schönheit nur in der Lektüre entfaltet, eben weil sie zu komplex ist, um alle Feiheiten zu Gehör zu bringen.

Doch nun zum Musikalischen Opfer: Ich glaube auch nicht daran, daß der musikalisch zwar gebildete, aber doch auch recht simpel gestrickte Friedrich in der Lage war, Bach so ein Thema zu geben. Es ist nämlich nicht nur so, daß es sich wohl selbst für Bach nicht zum Extemporieren einer sechsstimmigen Fuge eignet, das Thema ist einfach genial: vielschichtig,unglaublich interessant in seinen Intervall gängen. Nein, ich glaube, dieses Niveau hatte Friedrich nicht.


Das ist: Humor annehmen, verstehen, zurückreichen. Bonmots.


Mike, nicht so zaghaft! Vergiß nicht die subversiven, ja fast schon hämischen Kommentare, die die Entwicklung der Themen mit der Entwicklung des königlichen Ruhmes vergleichen! Ich glaube Bach hat sich wirklich gerächt und klar gemacht, wer musikalisch das Sagen hat.

Doch nun noch zur obligatorischen Aufnahme:
Ich sehe keine, die der Aufnahme Savalls das Wasser reichen kann. Wie so oft paaren sich hier tiefes Verständnis und Gestaltungswille mit Spiellust. Phänomenal!
Szellfan
Hat sich gelöscht
#114 erstellt: 28. Jan 2011, 08:27
Hallo Johannes,
nochmal ganz kurz, zum Beschluß sozusagen, zur "Kunst der Fuge".
Mit meinem Freund, dem Musikwissenschaftler, habe ich darüber letztens noch telefoniert. Micha ist auf dem Gebiet "Bach" ja eine Koryphäe.
Also: Man weiß einfach nichts.
Sie war mit Sicherheit nicht sein letztes Werk, so viel steht fest, die Komplettierung der h-moll-Messe war viel später.
Klar ist auch, daß sie vollendet war, die letzten Blätter sind einfach irgendwo auf dem Weg zum/vom/beim Drucker verloren gegangen.
Und Micha plädiet auch, wie Du, dafür, daß es wahrscheinlich doch eher "Augenmusik" ist, aber will sich nicht festlegen.
Denn, wie gesagt: man weiß einfach nichts.

Danke noch für Deine Ergänzung zum "Musikalischen Opfer".
Wenn es wirklich so war, daß Bach sich 1747 in Berlin bewerben wollte, dann ist das schon ein besonderes Bewerbungsschreiben.
In diesen Kontext würde die Spekulation passen, daß die zweite Orchestersuite ein ganz spätes Werk ist und ebenso für Berlin gedacht. Man kann sie ja so lesen. Brüggen hat das gemacht in seiner Aufnahme, hat sie stilistisch völlig anders genommen als die anderen. Nämlich solistisch, mit zwei Lauten als Continuo und läßt sie sehr galant und empfindsam klingen, wie ein Telemann- Quartett oder einen vom Genie geküßten Quantz.
Aber genug.
Wirf mal bitte noch ein paar Kammermusiken ein, was ich noch zu empfehlen hätte, ist alles gestrichen und somit wenig hilfreich.
Sowas wie das hier:
bach_triosonatas_rfruits
Auch ein paar der Orgelsonaten dabei, gesetzt als Trio für zwei Violinen und Bass.
Wie würde damals, als die CD erschien, gestritten!
Kann man Bach so spielen?
Manche haben diese Lesart völlig abgelehnt, anderen kam es vor, mir auch, als hätten sie die Werke neu entdeckt.
Die Leute um Mandfredo Kraemer spielen diese Musik wie "Sturm und Drang", wer die Goldberg- Kammermusik kennt mit Alta Ripa, wird den gleichen Stil hier bei Bach finden.
Herzliche Grüße, Mike
Szellfan
Hat sich gelöscht
#115 erstellt: 31. Jan 2011, 10:08
...vorerst fündig geworden.
Bevor dieser Thread auch wieder einschläft:
Bach solomon
Solomon hat einen wirklich schönen Ton, rund und schmeichelnd.
Mitglied von "Florilegium", zu denen groß zu schreiben, hieße Eulen nach Athen zu tragen.
Schmiegsam, farbig, fein artikuliert.
Hab ich also doch noch meine Flötensonaten gefunden.
Stellvertretend für beide Folgen, also auch die Sonaten zweifelhafter Provinienz, hier nur das eine Cover.
Äußerst zufrieden, Mike


[Beitrag von Szellfan am 31. Jan 2011, 10:09 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#116 erstellt: 31. Jan 2011, 11:18
Hallo Mike,

ich hatte ganz vergessen, auf Deine Einladung zu Bachs Kammermusik zu antworten. Ich fürchte aktuell erhältliche Einspielungen hier auch nicht zur Hand zu haben. Die von Dir erwähnte mit "the rare fruits council" halte ich übrigens für mit Abstand die beste. Und natrülich kann man Bach so spielen. Da haben sich auf Kritikerseite wieder einmal irgendwelche Puristen (und damit meine nicht (nur) Puristen im Sinne der HIP) auf den Schlips getreten gefühlt.

Die von dir gepostete Flöten-Sonten-Aufnahme kenne ich nicht. Werde ich bei Gelegenheit mal reinhören!

Vielleicht sollten wir nun ein anziehungskräftigeres Feld in Form der Orchesterwerke anschlagen.
Nachdem diese Aufnahme meine (bisherige) Lieblingsaufnahme der Brandenburgischen Konzerte schon erwähnt wurde, die Aufnahme mit dem Concentus Musicus unter Nikolaus Harnoncourt aus den 80er Jahren) und wir in einem anderen Thread http://www.hifi-forum.de/viewthread-195-530.html schon sehr ausführlich über die Brandenburgsichen Konzerte diskutiert haben, möchte ich von meiner Seite gleich die Orchestersuiten ins Spiel bringen:
Zwei Aufnahmen finde ich dabei in meiner Sammlung besonders bemerkenswert:
amazon.de
Den Suiten kommt sehr der tiefe französische Kammerton, der mit ziemlicher Sicherheit zu Bachszeiten in seinem musikalischen Wirkungsfeld üblich war entgegen. So wirken die Aufnahmen sehr warm und obertonreich, es stellt sich eine große Klangfarbenvielfalt ein, die noch zusätzlich von der differenzierten Artikulation unterstütz wird.
Ähnliche Qualitäten wie die eben beschriebenen haben die Aufnahmen des Cafe Zimmermann. Während Concerto Köln eher die Loslösung der Musik von den Charaktere der Tanzsätze, die weitgehenden Stilisierung der Tanzsätze unterstreicht, geht Cafe Zimmermann die Tanzsätze sehr tänzerisch an. Für mich wirkt dieser Ansatz noch überzeugender. Einziger Nachteil der Aufnahme, die Orchesersuiten sind auf 4 CDs verteilt, der Anschaffungspreis ist also deutlich höher. Dafür erhält man aber quasi eine Gesamteinspielung der Bachschen Orchesterwerke, die in ihrer Totalen konkurrenzlos gut ist. Bach affektbetont, rhetorisch sich mitteilend, virtuos und klangschön musiziert:
amazon.de
(stellvertretend hier die CD mit der zweiten Suite in h-moll


[Beitrag von flutedevoix am 31. Jan 2011, 12:01 bearbeitet]
Szellfan
Hat sich gelöscht
#117 erstellt: 31. Jan 2011, 11:39
Hallo Johannes,
danke, daß Du wieder eingestiegen bist.
Die Orchestersuiten mit Concerto Köln kenne nun wiederum ich noch nicht, werde ich nachholen.
Zu Deiner Empfehlung mit "Café Zimmermann" stehe ich aber sehr. Auch wenn ich nun gerade Brüggens Lesart der zweiten für besonders gelungen halte, aber: es gibt sie nicht mehr.
Zur Ergänzung: es gibt Savall.
Eine vom Klangbild etwas dunkle, aber sehr feine Lesart, sehr "französisiert".
Bach - 4 Orchestral Suites - Jordi Savall
Wunderschön warm, ausgeglichen, aber nicht eingeebnet.
Diverse Schallplattenpreise damals, beim ersten Erscheinen, gab es nicht umsonst.
Biondi als Konzertmeister, Pierre Hantai an der Flöte...solistisch hervorragend besetzt, aber ohne Starallüren.
"Café Zimmermann" ist aber eine ebenso gelungene Alternative, ein wenig herber vielleicht, etwas weniger elegant.
Für mich aber gar kein Nachteil, das Bachsche Orchesterwerk gemischt zu hören, schon gar nicht, weil auf so hohem Niveau wie bei denen. Immer schon warte ich sehnsüchtig auf die nächste Folge.
Gerade bei den Orchestersuiten gibt es so unzählige Einspielungen, daß ich hier geradezu appellieren möchte, daß sich mal wieder mehr Members of the group dazu äußern mögen.
Na, und wenn nicht, dann eben Du und ich.
Wie findest Du denn die Einspielungen Harnoncourts der Suiten?
Und dann beantworte ich Dir, wie ich die von Fasolis einschätze.
Weiterhin vergnügliche und herzliche Grüße, Mike
arnaoutchot
Moderator
#118 erstellt: 31. Jan 2011, 11:48

flutedevoix schrieb:
Einziger Nachteil der Aufnahme, die Orchesersuiten sind auf 4 CDs verteilt, der Anschaffungspreis ist also deutlich höher. Dafür erhält man aber quasi eine Gesamteinspielung der Bachschen Orchesterwerke, die in ihrer Totalen konkurrenzlos gut ist. Bach affektbetint, rhetorisch sich mitteliend, virtuos und klangschön msuiziert


Mittlerweile auf 5 CDs, Teil 5 ist dieser Tage erschienen. Ich teile voll Eure Meinung, die Aufnahmen sind bei vielen Werken auch zu meinen Favoriten geworden. Hab den Teil 5 bestellt, aber habe ihn noch nicht.

jpc.de
Szellfan
Hat sich gelöscht
#119 erstellt: 31. Jan 2011, 11:50
hmmm, danke für den Tip,
habe ich noch gar nicht mitbekommen.
Danke, Mike
flutedevoix
Stammgast
#120 erstellt: 31. Jan 2011, 12:06

Wie findest Du denn die Einspielungen Harnoncourts der Suiten?


Das ist eine der wenigen Harnoncourt-Aufnahmen, die mich noch nie so richtig überzeugt haben. Auf der einen Seite sehr glatt, artikulatorisch eher wenig differenziert, dann wieder fats manieristisch mit Betonungen die schon fast eine Verschiebung des Metrums bewirken. Dazu z.T. noch Tempi die mit den Tanzsätzen nicht mehr viel zu tun haben (Forlane und Passiepied 1. Suite!), die ihnen somit auch viel von ihrem Wesen jenseits aller Stilisierung rauben.


Zur Ergänzung: es gibt Savall.

Ja ich weiß, und ich wollte sie so oft schon kaufen und jedesmal kommt etwas dazwischen. Soll für mich Anlaß sein, nun endlich mal das Geplante in die Tat umzusetzen.
Und das obwohl ich seine Brandenburgischen nicht so überragend finde!

So, Mike, und nun bin ich auf Dein Urteil zu Fasolis gespannt.


[Beitrag von flutedevoix am 31. Jan 2011, 12:07 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#121 erstellt: 31. Jan 2011, 12:33
Zufällig lief gestern diese hier bei mir: Masaaki Suzuki mit den Orchestersuiten. Bei den Kantaten - zu denen wir ja sicherlich auch noch kommen - ist Suzuki meine erste Wahl. Die transparente und leichtgewichtige Darstellung von dort überträgt er auch auf die Orchestersuiten, was mir teilweise fast etwas zu leicht ist, manchmal könnte er etwas stärkere Akzente setzen. Ansonsten - auch begünstigt durch den sehr guten SACD-Mehrkanal-Klang - eine schöne Aufnahme. Den Fasolis hatte ich auch schon im Auge, bin gespannt zu hören.

jpc.de
Szellfan
Hat sich gelöscht
#122 erstellt: 31. Jan 2011, 12:36
Hallo Johannes,
zunächst breites Grinsen.
Deine Meinung zur Harnoncourt- Einspielung der Suiten teile ich unumwunden. Da hilft auch keine zweite Aufnahme wie bei den Brandenburgischen.
Zum Finden eines Mittelweges: kaufe wirklich mal den Savall, denn aus meiner Sicht sind seine Suiten um Welten besser als seine BK, womit wir wieder einig wären.
Die sind irgendwie ...soo... unentschlossen.
Bei den Suiten hat er eine Meinung, die Rezensionen damals waren auch entsprechend, daß die Suiten zwar ein Glücksfall waren, den er in den Brandenburgischen nicht wiederholen konnte.
Rezensionen hin oder her, ich zitiere sie, weil ich das auch so empfinde.

Mein Grinsen noch breiter, Fasolis.
Hier könnte ich Dir schreiben, daß Galfetti wirklich nicht "schülerhaft" geigt wie Du bemängelt hast im Vierten Brandenburgischen.
Eher ein wenig zu selbstbewußt.
Zu ausgeflippt?
Aber mich stört, daß Fasolis die Wiederholungen ignoriert. Mich stört auch, daß er alle Suiten, bei allem Zweifel ob ihren unterschiedlichen Entststehungsdatums, über einen Kamm schert.
Ja doch, Spaß machen sie bei Fasolis. Aber so einen Karnevalsspaß, der mir nicht behagt.
Die kuriose Aufnahme mit den Boston...sowieso unter Malloch ist dagegen seriös. Weil zwar "Suites for Dancing" genannt, aber das ist ja so verkehrt nicht.
Malloch schafft es, die vier Suiten mit allen Wiederholungen auf einer CD unterzubringen, dabei wirkt das aber gar nicht so übereilt.
Fasolis spart die Wiederholungen, aber es klingt gehetzt.
Malloch hat einen Trick; er überpunktiert die Ouvertüren nicht, sondern liest sie im Fluß wie das Fugato des Mittelteils. Das spart unglaublich Zeit!
Aber es stellt auch eine Zusammengehörigkeit dar, die so, mit völlig anderen Mitteln, eher Karl Richter suchte, so quasi bei halbem Tempo.
Und so schön und geschmackvoll Fasolis bei aller Hatz im Detail noch ist, übers Ganze ist es gehuscht. Schade.
Im Original war gekoppelt dazu die Kantate "Unser Mund sei voll Lachens", weil Bach ja da die Ouvertüre der vierten Suite zitiert, heißt, aus dem Instrumentalsatz einen Vokalsatz gemacht hat.
Da hingegen findet Fasolis das "richtige " Tempo, das Atmen.
Ist er wohl am Ende doch Chorleiter?
Der nur Unterschiede macht zwischen instrumentalem Chor und vokalem?
Wäre bedauerlich.
Aber ein Ansatz zu weiterem Streit, konstruktiv, versteht sich.
Wirf also weitere 16tel rüber!
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#125 erstellt: 31. Jan 2011, 15:16
Könnte ein Moderator bitte die letzten beiden Beiträge in den neueröffneten Thread "Das Singen ist das Fundament zur Musik in allen Dingen" verschieben und diesen Beitrag dann bitte wieder löschen.
Wenn möglich, wäre es schön, den dritt letzten Beitrag von Szellfan in beiden Threads zu haben.

Danke!

EDIT Moderation: Hierhin ausgelagert


[Beitrag von Hüb' am 31. Jan 2011, 15:38 bearbeitet]
Szellfan
Hat sich gelöscht
#126 erstellt: 02. Feb 2011, 09:02
Gestern gehört:
front
Bin wieder genauso zufrieden wie mit den bisherigen Folgen.
Etwas überrascht war ich von ihrer Lesart der dritten Orchestersuite, denn sie nehmen sie sie sehr französisch.
Mit ganz vielen kleinen Verzierungen und so schön schwingend "inégal".
Finde ich sehr viel überzeugender als Suzuki, der mir, bei aller Sorgfalt, doch wenig aussagekräftig bleibt.

Danke nochmal für den Tip, hätte ich so schnell sonst nicht mitbekommen.
Herzliche Grüße, Mike
arnaoutchot
Moderator
#127 erstellt: 02. Feb 2011, 09:43

Szellfan schrieb:
Danke nochmal für den Tip, hätte ich so schnell sonst nicht mitbekommen.
Herzliche Grüße, Mike


Bitteschön. Ich hab meine auch gestern bekommen und gehört, sehr schön. Ich mag vor allem die bunte Mischung der Werkgattungen, weder die Orchestersuiten noch die Brandenburgischen Konzerte sind dazu gedacht, sie alle nacheinander zu hören, was die heute vorwiegend vorliegenden Gesamtaufnahmen nahelegen.

Was fehlt denn bei Bach jetzt noch. Ich habe etwas den Überblick verloren ...
flutedevoix
Stammgast
#128 erstellt: 02. Feb 2011, 09:46

Was fehlt denn bei Bach jetzt noch. Ich habe etwas den Überblick verloren ...


Wie immer bei Bach, geht mir auch öfter so Der Mann hat einfach zu viel herrliche Musik hinterlassen:

Mit fällt ein: Cembalokonzerte, Violinkonzerte, rekonstruierte Konzerte, Kantaten, Oratorien, Messen

Was machen wir mit den Bach-Transkriptionen, die im Laufe der Rezensiongeschichte entstanden sind? Hier bei Bach oder bei anderen Komponisten?
Szellfan
Hat sich gelöscht
#129 erstellt: 03. Feb 2011, 05:27
...Violinkonzerte, Cembalokonzerte...
Wird ja zum großen Teil tatsächlich schon abgedeckt durch Café Zimmermann.
Eine aber, die ich keinesfalls missen möchte, ist diese hier:
Bach Camerata
Nicht nur sehr gut aufgenommen, man kann die Musiker "anfassen", sie spielen einfach auch großartig.
Manch spätere Aufnahme der Camerata ist etwas routiniert, aber diese hier atmet und lebt von innen heraus, daß es mir jedesmal eine Freude ist, sie anzuhören.
Alles von innen heraus entwickelt, elegant und sehr transparent.
Johannes, stimmst Du zu?
Ist das Original-Cover, gibt es heute für wenig Geld in einer neuen Reihe.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#130 erstellt: 03. Feb 2011, 22:46
Oh ja, Mike!
Bezüglich der Oboenkonzerte bin ich ganz bei Dir. Ich finde diese Aufnahme in jeder Hinsicht mehr als gelungen!
Missen möchte ich auch die Cembalokonzerte in der Einspielung Leonhardts nicht. Sicher, die Aufnahmen sind nicht die jüngsten, das hört man ihnen rein instrumentaltechnisch auch an. Aber trotz aller möglicher Einwände: es wid musiziert, es wird interpretiert!
amazon.de
Diese Aufnahme hat so gar nichts mit mancher, englischer, Hochglanzproduktion zu tun, die so hoch gehandelt werden.
Szellfan
Hat sich gelöscht
#131 erstellt: 04. Feb 2011, 07:56
Hallo Johannes,
als ich über die Cembalokonzerte nachdachte, fiel mir natürlich auch sofort Leonhardt ein.
Ich wußte nur nicht, daß es die Box wieder gibt, sie war jahrelang vom Markt.
Auch meine Empfehlung!
Herzliche Grüße, Mike
Szellfan
Hat sich gelöscht
#132 erstellt: 04. Feb 2011, 14:32
Sehr gern würde ich wenigstens eine Aufnahme der Violinkonzerte hier anführen, die mich wirklich umhaut.
Solche unsäglichen Versuche von Musikern, die etwas zu sagen versuchen, obwohl sie zu diesen Stücken nichts zu sagen haben, wie Anne-Sophie Mutter oder Kennedy, verkneif ich mir mal gänzlich.
Das Problem ist vielleicht, daß natürlich jeder Geiger diese Stücke kennt, kennen muß, darum auch einspielt.

Meine Bandbreite des Kennens reicht nun von Adolf Busch bis hin zu Rachel Podger.
Dabei findet Busch sogar schöne Lösungen, die Platte ist einfach nur so alt, daß man wirklich guten Willen mitbringen muß, ihre technischen Mängel zu überhören.
Und Rachel Podger spielt sehr schön, einfallsreich, verziert auch, aber das auf eine Art, die mir oft zu eigenwillig ist.
Amandine Beyer spielt sie live wunderbar, im Studio aber muß sie sich wieder abgrenzen von der Konkurrenz und das wird dann maniriert.

Und habe ich zwei Aufnahmen, die ich sehr schätze, aber beide sind nicht mehr erhältlich:
Bach Letzbor
Letzbor spielt diese Konzerte auch etwas eigenwillig, aber immer lebendig, sich selbst nie in den Vordergrund, sondern versteht sich als Tutti- Spieler, der eben oft Soli hat.
Das Ergebnis ist eine richtig feine Ensemble- Aufnahme, die ich immer wieder gern höre.

Die andere Aufnahme erschien ca. 2005 bei Denon, ist aber älter, von 1992 und blieb völlig unbekannt bei Euromusica.
Damals spielte die Accademia Bizantina noch auf modernen Instrumenten, auch Carlo Chiarappa, der Solist.
Nur für BWV 1044 nutzten sie eine Traversflöte, der Streicherklang wurde wohl eher technisch getrimmt auf einen HIP- Klang.
Macht aber nichts.
Chiarappa liest diese Musik durchaus aus der Sicht von Vivaldi herrührend, was ja wohl mit Sicherheit anzunehmen ist.
Bach Chiarappa
Auch hier feines Ensemblespiel, vielleicht sogar noch mehr.
In einem der Konzerte nutzen sie ein Clavichord als Continuo- Instrument und das ist sogar hörbar gegen den Streicherklang!
Sehr sensibel gespielt, sehr cantable langsame Sätze, die im Vergleich relativ zügig ausfallen.
Außerdem spielen sie auch alle rekonstruierten Konzerte mit ein, daher sind das zwei CDs.

Das die mir liebsten Aufnahmen, eben, wie gesagt, nicht mehr zu haben.
Standage und Co...ach mensch, britische Routine bei dieser Musik.
Dann lieber noch die alte Alice Harnoncourt- Platte, auch wenn sie so wenig singt.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#133 erstellt: 04. Feb 2011, 17:13
Ja, Bachs Violinkonzerte sind ein schwerer Fall. Ich habe da auch keine Aufnahme, die ich uneingeschränkt empfehlen kann.
Bei Café Zimmermann fehlt mir z. B. Im Doppelkonzert das ruhige Atmen, das lange Ausschwingen der Phrasen.
Mein Favorit ist momentan auch Rachel Podger. Sie spielt zwar manches etwas eigenwillig, z. T. Auch in den Verzierungen. Sie ist aber noch weit davon entfernt manieristisch zu sein. Dafür sind manche Tempi hart an der Grenze, gehen aber gerade noch.
Die Violinkonzerte sind einige der wenigen Aufnahmen, wo ich Simon Standage und Trevor Pinnock dann doch wenigstens erwähne, eben weil es die beste Einspielung aus diesem Umfeld ist. Das ist zwar nicht aufregend im Sinne neuer Lesarten oder artikulatorisher Raffinesse. Aber sie geben den Konzerten das, was viele Aufnahmen vermissen lassen (gerade Frau Mutter od. Herr Kennedy): Kantabilität!
Szellfan
Hat sich gelöscht
#134 erstellt: 05. Feb 2011, 08:18
als Nachtrag hier noch ein Cover vom Standage.
Bach Standage
Und hoffentlich kommt niemand auf die Idee, Hillary Hahn hier zu nennen...

Eine schöne Alternative zu Violinkonzerten finde ich diese hier:
Bach Gatti
Schon beim ersten Reinhören hat mich der ganze Klang der Aufnahme gefangen genommen und das hat sich nicht geändert.
Sie spielen ja nicht "besonders", sondern einfach ganz natürlich und selbstverständlich.
Herzliche Grüße, Mike
arnaoutchot
Moderator
#135 erstellt: 05. Feb 2011, 11:43

Szellfan schrieb:
Und hoffentlich kommt niemand auf die Idee, Hillary Hahn hier zu nennen...


Warum nicht ? Hahn ist amerikanischer Bach, sauber und perfekt, vielleicht zu jung und noch zu seelenlos, aber ich finde sie nicht soo schlecht. Zumindest nicht schlechter als Julia Fischer, deren ebenfalls sehr glatte Decca-Produktion sich auch nicht in meinem Gehörgang dauerhaft festgesetzt hat. Rachel Podger spielt den Duo-Part bei den Doppelkonzerten mit Andrew Manze auf HM, Manze's Ton ist mir aber oftmals zu nasal (bei Bach geht's, bei Mozart hat's mir gar nicht gefallen). Bleibt - neben dem ollen Menuhin aus den späten Fünfzigern auf EMI und den bereits erwähnten Café Zimmermann Einspielungen - in meinem Plattenschrank die neue Rachel Podger. Ich gebe zu, dass mich der kammermusikalische Kontext (noch) etwas verwirrt, ich muss sie nochmals wirklich hören. Eine einzelne herausragende Aufnahme kann ich für mich gesprochen aktuell auch nicht empfehlen.
Szellfan
Hat sich gelöscht
#136 erstellt: 05. Feb 2011, 11:58
Warum nicht?
Hm, für mich absolut die mißlungendste Einspielung überhaupt, das mit den Worten "amerikanisch" und "seelenlos" zu umschreiben, halte ich noch für euphemistisch.
Das klingt doch wie ein midi- file, runtergerattert ohne Punkt und Komma.
Na, da Du ja selbst "seelenlos" schreibst, hat die Platte hier ja nichts verloren...

Julia Fischer hat mich auch keineswegs überzeugt, sie und das Orchester spielen da irgendwie unterschiedliche Musik.

Dabei bin ich überzeugt, daß Bachs Violinkonzerte nichts anderes sind als Kammermusik, daß der Solist im Tutti einfach auch mitspielt und sich nur herauslöst, um sich dann wieder einzureihen. Das macht Rachel Podger sehr schön, viel besser als der etwas "flippige "Manze.

Aber sorry, soll ja kein Mecker-Thread werden.
herzliche Grüße, Mike
Kreisler_jun.
Inventar
#137 erstellt: 05. Feb 2011, 15:45
Ich kenne nicht so viele Aufnahmen der Violinkonzerte; mein Favorit ist Zehetmair (ich habe noch ein anderes cover), zwar mit modernen Instrumenten, aber in meinen Ohren "sprechender" als Manze. Letztere ist zwar auch nicht schlecht, aber das damals außerordentliche Lob kann ich nicht recht nachvollziehen. Seine Solo/Kammermusiksachen mit Biber u.a. Musik des 17. Jhds. finde ich wesentlich interessanter.

jpc.de
Szellfan
Hat sich gelöscht
#138 erstellt: 05. Feb 2011, 16:07
Hallo Alexander,
wie flutedevoix schätze ich Zehetmair auch sehr.
Aber seine Bachschen Violinkonzerte...
Hm, damit, auch mit diesem Orchester, habe ich ihn live gehört- und gesehen.
Das war noch seine "wilde" Zeit, er hat auf der Bühne eher Ballett gemacht als Musik zu spielen.
Vielleicht nimmt dieser "Tanz", das in die Knie gehen, dann wieder hochschnellen a la Bernstein mich bei diesen Konzerten gegen ihn ein, bei denen es doch viel mehr darauf ankommt, Ensemble zu spielen denn als "Star" glänzen zu müssen?

Seine Hörner hat er sich ja abgestoßen, nicht zuletzt unter Brüggen, da kann er Mendelssohns Violinkonzert spielen um nach der Pause in den zweiten Geigen Tutti zu sein.
Damals konnte er das noch nicht.

Manze und er sind mir da gar nicht so unähnlich in ihrem Herangehen, vom Instrumentarium völlig abgesehen.
Mit fehlt nur die selbstbewußte Bescheidenheit.

Ja, zu Biber kommen wir noch, da werde ich aber auch keinen Manze nennen, das überlaß ich Dir.
herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#139 erstellt: 05. Feb 2011, 16:20
Hallo Mike,

Diese "Flöten"Konzerte von Bach kenne. Ich nicht, sind das Bearbeitungen der Violin- od. Der Oboenkonzertes. Ersteres kann ich mir ja sogar nicht vorstellen, letzteres? Ja, ich glaube schon.
Zehetmaier und Bach ist in der Tat wie Manze und Bach. Wild, agogisch, manchmal ruppig. Das qualifiziert sie schon im Vergleich zu einer Großzahl der anderen Einspielungen. Insgesamt geht das aber deutlich zu sehr aus Kosten des Cantabile. Schade!
Ansonsten ist Zehetmair einer der wenigen intelektuellen und emotionalen Geiger. Geradezu paradiesisch zu hören in seinen Mozart-Konzerten mit dem Orchestra of the 18. Century. Vielleicht macht er ja noch einen weiteren Bach, auch die Solowerke. Ich würde mich freuen, daskönnte (inzwischen) was werden.
Szellfan
Hat sich gelöscht
#140 erstellt: 05. Feb 2011, 16:43
Hallo Johannes,
Gatti mit den Flötenkonzerten, ich habe hier eine etwas verkrüppelte Tracklist:
... die ich doch nicht einfüge. Zu großer Wirrwarr.
Ist eine Rekonstruktion aus BWV 209, 173a und 207.
Nebst BWV 1050a und der zweiten Orchestersuite.

Ansonsten ausnahmsweise, wenn auch weit vorgegriffen, zu Zehetmairs Mozart:

Ja, eine Neuaufnahme der Bach- Sachen wünschte ich mir auch sehr mit Zehetmair.
Wie das so ist, man kennt seine "Lieblinge" so gut, daß man beinah eine Neuaufnahme hören kann im "inneren Ohr".

Wie schön, daß man sich bei all diesem Reichtum noch etwas wünschen kann!
Herzliche Grüße, Mike
Szellfan
Hat sich gelöscht
#141 erstellt: 07. Feb 2011, 09:24
Da hier im Bereich des Instrumentalen nichts mehr zu kommen scheint, wage ich den Schritt in den Bereich der Vokalmusik.
Tja, Johannes, da kannste nix machen:
Bach Fasolis
Mit Sicherheit das "Magnificat" das extrovertiertere Werk, auch sehr überzeugend musiziert, meine Liebe hier gilt der BWV 21, "Ich hatte viel Bekümmernis".
Schon diese schreitende Sinfonia nimmt sofort gefangen.
Eigentlich fehlen mir die Worte, so viel Trauer, Mitleid!
Und dann die Entwicklung über die Kantate hin zum jubelnden Schlußchor.
Da muß man entweder genesen oder sterben vor lauter Schönheit wie jener Fürst von Weimar seinerzeit.

Herzliche Grüße, Mike
arnaoutchot
Moderator
#142 erstellt: 07. Feb 2011, 10:47
Zu den Kantaten: Den Zugang zu diesen Werken habe ich (für mich) erstaunlicherweise über die Aufnahmen von Masaaki Suzuki mit dem Bach-Collegium Japan gefunden. Ich kenne die Werke schon seit meiner Kindheit, traditionell lief bei uns daheim am Sonntag früh immer im Radio (es müsste Bayern 2 gewesen sein, den Klassik-Sender Bayern 4 gab es damals noch nicht) die passende Kantate zum jeweiligen Sonntag. Als Kinder haben wir uns über die für uns affektiert klingenden Vokalsätze eher lustig gemacht. Jahrzehntelang wäre es danach für mich ausser Frage gestanden, dass ich mir diese Werke jemals käuflich auf Platte erwerbe.

Dann fiel mir eine der ersten SACDs von Suzuki in die Hand. Ab Vol. 28 erschienen die Werke auf SACD. Ich war sofort gefangen. Zum einen kamen natürlich Erinnerung an die Sonntage der Kindheit auf, aber das war überhaupt nicht so altmodisch "verklebt" wie die damaligen Radio-Interpretationen, deren Interpreten ich natürlich nicht mehr weiss. Plötzlich war die Musik transparent und luftig und gefiel mir ausserordentlich gut. Der Mehrkanal-Sound tat natürlich sein übriges. Im Laufe der Zeit habe ich die Serie vervollständigt (Vol. 1 - 30 über die dankenwerterweise erschienenen Komplettboxen) und sitze nun mit 47 CDs/SACDs mit Bach-Kantaten da. Der Zyklus soll insgesamt 55 CDs/SACDs umfassen, ich habe es also bald geschafft. Natürlich ist vielleicht mal eine Vokalstimme nicht perfekt oder es gibt einzelne Kantaten, die woanders noch inniger empfunden sind, aber im großen Ganzen habe ich bei Suzuki keine Aufnahme gehört, die mich enttäuscht hätte. Vielleicht ist es gerade der Blick der "Nicht-Christen" auf diese sakralen Werke, die den Unterschied machen.

Angesichts solcher massiven Bestände tat ich mich immer schwer, noch Vergleicheinspielungen beizuziehen. Ich habe ein paar der Kuijken- und Gardiner-Aufnahmen, aber habe aus verständlichen Gründen dort keine Vollständigkeit angestrebt.

Hier als Muster die letzte erschienene Ausgabe Vol. 47:

amazon.de
Szellfan
Hat sich gelöscht
#143 erstellt: 07. Feb 2011, 10:54
Hallo arnaoutchot,
ja, an diesen Aufnahmen scheiden sich ja etwas die Geister.
Jedoch hast Du Unrecht mit den "Nicht-Christen", Suzuki legt größten Wert darauf, daß nur Christen an diesen Einspielungen beteiligt sind und hat sich vor Jahren von einem Countertenor getrennt, weil der eben kein Christ ist. (Den Namen hab ich vergessen)
Mir persönlich geht es genau andersherum als Dir, ich finde einzelne Sätze sehr gelungen und innig, über alles aber stellt sich bei mir immer wieder das Gefühl ein, besonders die Leute im Chor wissen einfach "im Herzen" nicht, wovon sie da singen.

Das soll aber Deine Begeisterung nicht schmälern!
Herzliche Grüße, Mike
arnaoutchot
Moderator
#144 erstellt: 07. Feb 2011, 11:04

Szellfan schrieb:
Jedoch hast Du Unrecht mit den "Nicht-Christen", Suzuki legt größten Wert darauf, daß nur Christen an diesen Einspielungen beteiligt sind und hat sich vor Jahren von einem Countertenor getrennt, weil der eben kein Christ ist. (Den Namen hab ich vergessen) ...

Das soll aber Deine Begeisterung nicht schmälern!
Herzliche Grüße, Mike


Danke für die Info, das wusste ich nicht, dass er ausschliesslich Christen verwendet. Wieder was gelernt. Ich meinte mit den "Nicht-Christen" ohnehin eher den religiös-kulturellen Hintergrund. Ich will hier nicht abschweifen, aber ketzerische Frage: Wissen alle europäischen christlichen Chorsänger "im Herzen", wovon sie singen ?

"Begeisterung" über Suzuki ist vielleicht ein etwas starkes Wort, aber er hat mir, wie oben geschildert, eine Musik nahegebracht, zu der ich nicht geglaubt habe, jemals Zugang zu finden.

Grüße Michael
Szellfan
Hat sich gelöscht
#145 erstellt: 07. Feb 2011, 11:15
Hallo Michael,
inzwischen fiel mir der Name wieder ein: Mera.

Tja, Deine ketzerische Frage ist wohl berechtigt, aber die kann ich Dir natürlich nicht beantworten. (Im Vergleich zur Kantorei unter Rilling und Suzuki andereseits noch viel weniger.)

Mit Sicherheit hat Du in Deinen Kindertagen auf BR die Rilling- Aufnahmen gehört, damit bin ich auch groß geworden.
Aber auch für mich die Bach- Kantaten nicht.
Mein Urerlebnis war die 105 "Herr gehe nicht ins Gericht" mit Harnoncourt im Radio, da hat diese Musik mich zum ersten Mal erreicht und berührt, sogar erschüttert.

Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#146 erstellt: 07. Feb 2011, 21:57
Nun also die Kantaten zur Eröffnung des oratorischen Werkes:

Offensichtlich sind wir alle ähnlich geprägt worden. Ich habe die Bach-Kantaten aus damals noch SWF2 immer Sonntag morgens gehört. Damals wechselten die Programmgestalter immer Aufnahmen aus dem Rilling- und dem Harnoncourt-Zyklus ab. Schon da wurde mir "ohrenfällig", welch himmelweiter Unterschied zwischen dem trögen Provinzkantor aus dem Schwäbischen und den vor lauter musikalischen Feuer nur so brennenden Harnoncourt und Gustav Leonhardt besteht.

Damit zu den Zyklen, den Gesamteinspielungen:
Ich selbst habe nur einen kompletten Zyklus, rein zufällig, als Dreingabe, weil ich die Bach-Gesamt-Ausgabe des Hänssler-Verlages habe. Ich muß gestehen, ihn nicht ganz gehört zu haben. Aber aus den geschätzt 60 Kantaten des Rillings-Zyklus, die ich gehört habe, läßt sich mit Sicherheit auf den Rest schließen:
Es gibt instrumental (hauptsächlich) und vokal unterirdische Kantaten (z.B. Actus tragicus und Himmelkönig!), daneben stehen durchaus auch ordentliche und ganz gut gelungene Kantaten. Trotz allem belibt mir das zu glatt, zu wenig exegetisch (obwohl das ja immer Rillings Anliegen war), zu wenig rhetorisch, zu unentschieden.
Ich habe etliche CDs (ca. 50 - 60) aus dem Harnoncourt/ Leonhardt-Zyklus: Auch wenn man den Aufnahmen inzwischen ihr Alter anhört und die Wahl von Kanebnsopranen zwar konsequent aber nicht immer überzeugend war, so höre ich da einfach großartige Musik, die mir von den Interpreten in kongenialer Weise nahegebracht wird. Diese Aufnahme haben mich eigentlich immer irgendwie gefesselt und in den Bann gezogen.
Von den Zyklen Suzukis, Koopmans und Gardiners kenne ich jeweils nur einzelne Kantaten (geschätzt so zwischen 15 und 30). Suzuki wirkt auf mich immer etwas zu "professoral", zwar immer an der Musik, immer mit einer "richtigen" Interpretation, der Funke will aber bei mir nicht überspringen. Es sind ausgewogene Aufnahmen ohnne aufregende Ausreißer.
Koopman geht einfach mit zuviel Spaß, mit zuviel Willen zum Schönklang ans Werk. Dadurch wirken seine Aufnahmen auf mich zu glatt. Auch da habe ich einige schöne Aufnahmen in Erinnerung (BWV 71 und weltliche Kantaten), aber keine musikalische Predigt. Ich glaube aber, er hat durch die Bank gute Sänger gehabt.
Das wiederum kann bei Gardiner nicht immer sagen. Keine Totalausfälle, aber leider viel Durchschnitt, besonders bei den Countertenören. Insgesamt finde ich aber seine Aufnahmen ganz gut gelungen, viel von der Spielfreude Koopmans aber durchaus mehr Rhetorik und Textexegese.
flutedevoix
Stammgast
#147 erstellt: 07. Feb 2011, 22:20
Nun möchte ich noch einige Einzel-CDs vorstellen, die zu meinen Favoriten bei den Bach-Kantaten gehören:

Lieber Mike, auch wenn ich mir vorstellen kann, daß das Magnificat Fasolis liegt (ich kenne die Aufnahme nicht), mein Favorit ist da immer noch Herreweghe:
amazon.de
Ich weiß, es werden gleich die Einwände kommen, da sei auch zu wenig aufregend. Aber er nimmt das ganze Magnificat ernst, nicht nur die virutosen und klanggewaltigen Sätze. Zudem finde ich hat er unglaublich gute Instrumentalisten, die dem Magnificat eine Wärme geben, die es verdient hat. Ich mag einfach seinen eher "französischen", weichen, biegsamen Ansatz, der zudem durchaus gemäßigte Tempi vertritt.

So, Mike, und nun mußt Du durch folgende CD durch:
amazon.de
Das ist für mich ergreifender Bach! Kaum eine Kantaten-CD hat mich derart gerüht und angerührt wie diese! Tolle Kantaten und ein Andreas Scholl in Höchstform. Ich finde hier in diesem Metier ist er mit seiner wunderbaren Stimme bestens aufgehoben, nicht im Opernbereich. Dafür ist er zuwenig dramatisch!

Eine sehr interessante und intelligente Zusammenstellung bietet noch folgende CD zum Umfeld Tod und Trauer:
jpc.de
Enthalten sind zwei der großartigsten Bahc-Kantaten überhaupt: "Aus der Tiefe" BWV 131 und"Nach Dir Herr, verlanget mich" BWV 150. Diese werden von Hengelbrock votzüglich musiziert, mit viel Atem!
Leider sind die Purcell-Aufnahmen nicht ganz auf diesem Niveau

Eine sehr schöne CD mit frühen Kantaten Bachs hat Cantus Cölln vorgelegt:
amazon.de
Hier überzeugt ich die weitgehende solistische Besetzung der einzelnen Stimmen sehr. Diese Aufnahme zeigt in exemplarischer Weise die Verwurzelung des frühen Bachs in der protest. Motette undem geistl. Konzert des 17. Jahrhunderts. Manchmal würde ein Schuß mehr Expressivität gut tun!

Diesen ersten Reigen meiner Bach-Kantaten-Empfehlungen möchte ich mit noch einer Herreweghe-Einspielung beenden:
amazon.de
Zwei unglaublich innige, zu Herzen gehende Meisterwerke sind hier versammelt: "Ich habe genug" BWV 82 und "Ich will den Kreuzstab gerne tragen" BWV 56. Was für Komposition! Welch subtile Ausdeutung des Textes, welch erschütternde Musik! Und all dem finde ich wird diese Aufnahme gerecht. Peter Kooys Baßstimme ist kein schwarzer Baß, eher eine sehr warme Stimme mit baritonalem Einschlag. Jedenfalls erschient sie mir ideal für diese Kanaten. Der Oboist in "ich habe genug" muß sein Instrument und Bachs Musik wirklich lieben, das ist allefeinstes Barockoboenspiel!


[Beitrag von flutedevoix am 07. Feb 2011, 22:22 bearbeitet]
Szellfan
Hat sich gelöscht
#148 erstellt: 07. Feb 2011, 22:41
hallo Johannes,
ich glaube, wir müsen hier ohnehin Abstand nahmen von solchen Gesamtaufnahmen.
Keinem ist es bisher gelungen, dem Bachschen Kantatenkosmos gerecht zu werden. Immer nur im Detail.
Und ich bin auch nicht hilfreich, denn ich führe hier eine Aufnahme ein, die zwar in technischer Hinsicht in keiner Hinsicht genügen kann, aber doch für mich ein Erlebnis war...ich habe sie gehört und daraufhin die Platte geklaut...
Bach Deller
Auch heute noch berührt mich kaum eine Aufnahme mehr.
Deller kann nicht gut Deutsch, aber dieses "Mich ekelt mehr zu leben" singt er mit einer Inbrunst, die heute einfach nicht mehr zu existieren scheint.
Seele und Musik im Kontext.
Schön nicht, aber wahrhaftig.
Das aber etwas, was die alten Harnoncourt/Leonhardt- Aufnahmen insgesamt an sich haben.
Keine Suche nach dem Schönen, sondern wirklich nach Wahrhaftigkeit.
Dagegen neigt Herreweghe doch zur Sucht nach Schönheit, was oft aufgeht- nicht im Magnificat, da ist Fasolis für mich überzeugender!
Die Bass- Kantaten allerdings sind ein kleines Wunder!
Eine Insel- Platte.
Lieber Johannes, unsere Beiträge haben sich überschnitten, darum gehe ich hier nur so kurz darauf ein.
Und mit soviel Dvorak in meinem Ohr wirst Du mir verzeihen.
Morgen mehr.
Danke.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#149 erstellt: 07. Feb 2011, 22:47
Lieber Mike


Dagegen neigt Herreweghe doch zur Sucht nach Schönheit, was oft aufgeht


Ja, aber doch in einem wahrhaftigeren Sinne, nicht wie Koopman: Lart pour l'art!
Letztere wieß oft nicht, was er da eigentlich musiziert, Herreweghe schon!

Vielleicht mag ich dieses Magnificat (ähnlich wie das Weihnachtsoratorium) eben so, weil es da nicht kracht, schmettert und jubiliert, was das Instrumentarium und der Chor hergibt. Ich habe das einfach schon so oft gespilet und habe manches satt. Ich möcht eher die leisen Töne Bachs in diesen Werken hören. Und die höre ich bei Herreweghe, auch aufgrund der phantastischen Instrumentalisten!

Die Baß-Kantaten-CD habe ich nicht umsonst an das Ende gestellt! Die ist wirklich für die einsame Insel. Habe mir einmal den Spaß gemacht, Rilling direkt gegenzuhören: ich sage nur Abgründe!

Deller wäre übrigens auch mal ein interessantes Feld! Ich kenne unglaublich berührendes und unglaublich schlechtes!
Bis morgen!
Szellfan
Hat sich gelöscht
#150 erstellt: 07. Feb 2011, 22:50
Hoffentlich gehe ich nicht zu weit.
Aber da ich irgendwann sterben werde, ich möchte das "Beliebte Ruh, beliebte Seelenlust" mit Deller dann gehört wissen.
Wer auch immer an meinem Grab stehen wird, wird daraufhin auch ruhig und zufrieden sein.
MIke
arnaoutchot
Moderator
#151 erstellt: 07. Feb 2011, 22:52

flutedevoix schrieb:
Zwei unglaublich innige, zu Herzen gehende Meisterwerke sind hier versammelt: "Ich habe genug" BWV 82 und "Ich will den Kreuzstab gerne tragen" BWV 56. Was für Komposition! Welch subtile Ausdeutung des Textes, welch erschütternde Musik!


Ich habe hierzu die Aufnahmen von Peter Kooij mit Suzuki (ich denke es ist derselbe Kooy, nur anders geschrieben ? ) und Quasthoff mit den Berliner Barocksolisten. Ich kann mich für keine entscheiden, auch Quasthoff macht seine Sache gut und hat wie Kooij den Pluspunkt einer tadellosen Surround-Aufnahme. Auch ich finde die Kantaten BWV 82 und BWV 56 inhaltlich mit die besten, die es gibt.

amazon.de
Szellfan
Hat sich gelöscht
#152 erstellt: 08. Feb 2011, 10:50
Lieber Johannes,
was Du bei Fasolis erwartest beim Magnificat, finde ich hier:
bach-der-zufriedengestellte-aeolus_harnonc
Fasolis ist erstaunlich still, die Trompetenstimmen behandlt er eher wie Holzbläser.
Ganz anders hier Harnoncourt.
Richtig derb geht er hier zur Sache, das kracht und knallt.
Aber es gibt auch sanfte Töne, Zephyr- Arien natürlich und die der Pomona.
Aber Äuolus darf toben.
Ich genieße diese Platte jedesmal, gerade ihrer starken Kontraste wegen.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#153 erstellt: 11. Feb 2011, 00:04
Lieber Mike,

ich kenne wie gesagt Fasolis Aufnahme des Magnificat nicht, ich habe jetzt einfach mal von der Aufnahme, die ich gehört habe, rückgeschlossen (BWV 205 & 110).

jpc.de

Die ist schon sehr im diesseitigen Festjubel gefangen. Das macht er auch ausgezeichnet. Schön ist dabei, daß sich die positiven Qualitäten nicht allein darin erschöpfen. In den Arien bleibt durchaus Raum für Feinzeichnungen, die Fasolis auch nutzt. Allein, es fehlt mir doch noch etwas die Wärme, nenn es von mir aus Schönklang. Mehr Flexibilität in der Tongebung, mehr weiche, geschmeidige Artikualtion fände ich angemessener und schöner. Das ist nun aber auch Mäkelei auf hohem Niveau!


[Beitrag von flutedevoix am 11. Feb 2011, 00:07 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#154 erstellt: 11. Feb 2011, 00:20
Unweigerlich stellt sich die Frage nach den Kantateneinspielungen auf modernem Instrumentarium.

Neben der Gesamteinspielung der geistl. Kantaten durch Rilling gibt es einen nennenswerte Anzahl von Kantateneinspielungen durch Richter und durch Rotzsch.

Sicher macht Rilling vieles "richtiger", wenn man die inder Barockzeit üblichen Regeln zugrunde legt. Allein, ergreifend oder berührend ist es in der Regel nicht. Vieles wirkt auf mich emotional zurückhaltend, ja fast schon bewußt puritanisch gestaltet. Dazu kommt, daß gerade in den frühesten Einspielungen die Instrumentalisten z.T. in ihren Soli unterirdisch sind. Das bezieht sich weniger auf die Oboen, aber die Querflöten und Blockflöten und auch die Violinsoli sind oft derart dick und wenig sprechend, daß einem fast die Lust vergeht. Wäre da nicht die wunderbare Musik Bachs.

Richter kann mich mit seinem allzu pauschalen Ansatz nicht überzeugen. Artikukaltion erschöpft sich oft in großen Bögen ohne die kleinen rhetorischen Gesten auch nur ansatzweise umzusetzen. Auch seine Sänger verpflichtet er auf die ewig fortströmende Linie.Schade, denn die können mehr!

Wer mich eigentlich immer berührt hat, ist Hans-Joachim Rotzsch mit dem Thomanerchor. Ich weiß nicht, woran es liegt. Ich glaube, ja nicht daß es am Genius loci liegt, aber irgendwie höre ich da doch ein tiefers Verständnis fürs Bach Kompositionen. Ich finde Rotzsch ist durchaus exegetisch tätig, faßt Bachs Musik als Predigt auf und versucht deshalb, seinem Hörer diese Predigt zu übersetzen. Das alles ist weit weg von historisch informierter Aufführungspraxis, manche Tempi sind extrem langsam, aber dennoch immer mit Spannung gefüllt! Jedenfalls für mich berührend!
jpc.de
Kreisler_jun.
Inventar
#155 erstellt: 11. Feb 2011, 22:46

Szellfan schrieb:


Und habe ich zwei Aufnahmen, die ich sehr schätze, aber beide sind nicht mehr erhältlich:
Bach Letzbor
Letzbor spielt diese Konzerte auch etwas eigenwillig, aber immer lebendig, sich selbst nie in den Vordergrund, sondern versteht sich als Tutti- Spieler, der eben oft Soli hat.
Das Ergebnis ist eine richtig feine Ensemble- Aufnahme, die ich immer wieder gern höre.


Die CD war letzte Woche noch bei jpc zu haben, vielleicht möchte ja noch jemand am portofreien Wochenende zuschlagen.

jpc.de

Ich halte es insgesamt für sinnvoll, wenn immer möglich, in diesen threads direktlinks zu jpc oder amazon zu setzen, statt eigene Bilder (oder nur Bilder von diesen Anbietern) zu verlinken.
Szellfan
Hat sich gelöscht
#156 erstellt: 14. Feb 2011, 11:09
Ja, will denn hier gar niemand weiter?!
flutedevoix wird wohl leicht stöhnen: schon wieder der:
Bach Fasolis
Doch für mich die einzige Aufnahme, die die Dramatik der Johannes- Passion- im Gegensatz besonders zur Matthäus- Passion- hörbar macht, die schon Schumann so empfunden hat.
Der Eingangschor wird Hörer, die einen "braven" Bach gewohnt sind, recht erschrecken, denn das klingt wie Oper, Barockoper wohlgemerkt.
Affektgeladen, trommelnde Bässe, so als stünde eben ein Weltuntergang bevor. Aber was ist das denn auch sonst!
Brüggens Aufnahme hat mich hier, wenn auch mit völlig anderen Mitteln, ebenso erschüttert, sein piano bei "Herr unser Herrscher", um in der Wiederholung erst die Anklage im forte hören zu lassen. Brüggen entwickelt das Werk anders, aber James Bowman ist, vorsichtig ausgedrückt, keine Idealbesetzung für die Altpartie.
Sicher hat Fasolis auch nicht für alles eine perfekte Lösung, aber sein Konzept ist schlüssig und, eben dieser ausgeprägten Dramatik wegen, für mich bisher die gelungendste Lesart. Und sie fesselt und berührt auch.
Herzliche Grüße, Mike
Kings.Singer
Inventar
#157 erstellt: 14. Feb 2011, 12:43
Hallo miteinander.

Ich weiß nicht ob ich sie im audiophilen Thread schon genannt habe, aber ich möchte gerne zur Johannespassion diese Aufnahme ins Feld werfen:

jpc.de

Ich war recht lange auf der Suche einer schönen Aufnahme. Zwischenzeitlich war ich sogar bei der neuen Rilling Aufnahme gelandet (1996) - nicht mehr ganz so dick besetzt wie "früher", aber dennoch mit den typischen Rillingschen Eigenheiten. Das Drama der Geschichet transportiert Rilling aber bestens - die Turba-Chöre 'krachen' regelrecht! Dafür muss man vor allem in den Rezitativen teils recht zerdehnte Tempi in Kauf nehmen.

Mittlerweile halte ich die obige Aufnahme unter Hermann Max für das Optimum, was die Johannespassion anbelangt. Sicherlich bin ich auch Fasolis-Fan, aber hier kann seine Einspielung nicht mithalten. Ich komme vom Chor her und achte folgerichtig auch sehr auf die mitwirkenden Chöre. Und der Aufnahme von Fasolis mangelt es in meinen Augen an Durchhörbarkeit und Transparenz, v.a. im Chor (was natürlich auch aufnahmetechnische Gründe haben kann). Und für mich ist gute Durchhörbarkeit leider eine Notwendigkeit bei der Musik Bachs, damit sie mich anrühren kann. Ich will sie verstehen und die Geschichte mitverfolgen, verstehen wie genial Bach jede einzelne Note mit Bedacht gesetzt hat: Das beeindruckt mich dann und es berührt mich.

Hermann Max mit seinen kleinen Ensembles (der Chor ist 4x4 besetzt) schafft unheimlich große Transparenz und Plastizität. Manchmal ist es fast schon grenzwertig, diese Plastizität. Aber Max kann durch die Ausführenden die Dramatik der Geschichte dennoch vorbildlich vermitteln und lässt dabei recht zügig singen und spielen. Und auch für Leute, die vom instrumentalen her denken sind Leckerbissen dabei. Ich möchte eine konkrete Stelle anführen: Die Soldaten werfen das Los, wem Jesus Rock gehören soll. Die Sechzehntel-Ketten auf "losen" muten dabei fast so an wie auf einer Violine gespielt. Chor und Orchester fügen sich also perfekt zusammen und bilden eine tolle Harmonie.
Und allein der Evangelist, Christoph Pregardien, ist die Investition in diese Einspielung wert!

Viele Grüße,
Alexander.

P.S. Für Leute, die editorische Details auch interessieren: Es handelt sich hier um die 1749er Fassung in Reinform und nicht um die öfter aufgeführte Mischung aus 1739 und 49, wie sie wohl auch Fasolis aufgenommen hat. Es gibt Unterschiede, aber um das Werk in seiner Gesamten zu sehen sind sie nicht von besonders großem Belang.


[Beitrag von Kings.Singer am 14. Feb 2011, 12:54 bearbeitet]
Szellfan
Hat sich gelöscht
#158 erstellt: 14. Feb 2011, 13:18
Hallo Alexander,
die Frage nach den Fassungen sollten wir hier kaum diskutieren, so wichtig sie auch sind.
Da kommt dann schon flutedevoix mit Herreweghe und der einzigen "authentischen", die Bach je aufgeführt gehört hat, denn auch Max macht ein Konglomerat.

Andere Frage: Fasolis' Aufnahme ist ein live- Mitschnitt- kann Max das auch?
Live hat immer ein Für und Wider, was Fasolis, aufnamhetechnisch bedingt, etwas indifferent klingen läßt, ist in meinen Ohren bei Max ein Produkt der vorzüglichen Capriccio-Technik.
Als Gesamteindruck ist Max mit selbst zu hastig- in seiner Aufnahme der Schumann-Fassung bei CPO weitaus weniger.
Ist für mich eine Frage des Tempos und der Artikulation, dieses "Lasset uns den nicht zerteilen" muß eigentlich klingen wie ferngesteuert, hat ein Alla Breve, aber da muß man genau so zu langsam sein, daß es nach Maschine klingt, aber schnell genug, daß es eben auch danach klingt. Das "genau richtige Tempo" wie bei Max mildert den Ausdruck.
Nico van der Meel bei Fasolis klingt womöglich weniger ausgeglichen als Pregardien, aber weitaus beteiligter für mich. Ist immer dieser Spagat für den Evangelisten, "schön" zu singen, aber doch auch immer dieses Changieren zwischen Erzählen und Mitmachen, teilweise sehr fließend. Da bleibt mir Pregardien hier zu unbeteiligt.
Ach ja, ich zähle Erbsen.
Aber an die Nieren geht mir Fasolis, auch als (ehemaligem) Chorsänger eher als Max. Gerade der Turbae wegen, die müssen nicht transparent sein, denn sie sind die "dumme Masse", die einfach nur Blut sehen will.

Weiter möchte ich jetzt aber nicht ins Detail gehen, außer, man gäbe mir Anlaß.

Mike
Kings.Singer
Inventar
#159 erstellt: 14. Feb 2011, 13:38
Hallo Mike,

eine intensivere Diskussion sollten wir vielleicht tatsächlich in einem separaten Thread zur Johannespassion führen. Ich bin da in einigen Punkten durchaus anderer Meinung als du, aber das hier auszuführen würde die Sammlung wohl noch weiter zerdehnen.

Viele Grüße,
Alexander.
Szellfan
Hat sich gelöscht
#160 erstellt: 14. Feb 2011, 13:59
Hallo Alexander,
gern woanders.
Ich bin gar nicht informiert, ob es einen Thread gibt zur "Johanns-Passion".
Aber diesen hier finde ich nicht zerdehnt.
Zu wenige schreiben mit und die, die schreiben, erwarten andere Meinungen.
Stoff für andere Meinungen sollte es genügend geben.
Ich finde es bedauerlich, daß es hier so ruhig ist.
Da mischt Fasolis dann mal auf
Herzliche Grüße, Mike
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