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Homöopathie

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Autor
Beitrag
Schnuckiputz
Stammgast
#2055 erstellt: 15. Apr 2014, 14:13

Pigpreast (Beitrag #2053) schrieb:
Eine These ist nicht automatisch umso wahrscheinlicher wahr, je weniger Zweifel man daran hegt. Es geht darum, Zweifel auszuräumen, wo sie möglich sind.


Für mich ist der Zweifel kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Und Zweifeln gehe ich vor allem da nach, wo sie sich aufdrängen. Solange "mein System" in der Praxis funktioniert, spricht dies zumindest nicht dafür, daß mit meinem System im Grundsätzlichen etwas nicht stimmt. Würde mein System hingegen in der Praxis überwiegend nicht funktionieren, würde dies in der Tat Zweifel begründen. Ich nehme mir also jedenfalls für meinen Bereich die Freiheit, Zweifeln nur nachzugehen, soweit sich für mich in der Praxis bei evtl. Erfolglosigkeit Zweifel aufdrängen. Dabei müßte ich vorrangig klären, ob die Zweifel am System selbst festzumachen sind oder ob sie an meiner Person, z.B. an Inkompetenz oder Fehlern, festgemacht werden müssen oder ob sie eine Mischung von Beidem sind.

Das wirst Du in der Praxis auch nicht viel anders machen, denn Du bist ebensowenig wie ich Leiter einer Forschungsanstalt, sondern Du hast Deine Aufgaben in der Praxis. Und so lange Dein System überwiegend funktioniert, wirst Du keinen Anlaß zu Zweifeln haben. Nun zeigst Du aus Deinem System heraus mit den Fingen auf die Homöopathie und willst mir klarmachen, daß mein System jedenfalls nach den Gesetzen, nach denen es arbeitet, niemals Erfolg haben kann, sondern allenfalls vom Placeboeffekt profitiert, obwohl Du mit meinem System noch die "de lege artis" gearbeitet, sondern allenfalls etwas "auf Verdacht" probiert hast, was Deine Frau Dir empfohlen hat. Und u.a. das soll ich nun zum Anlaß nehmen, an mir und/oder der Homöopathie zu zweifeln?

Ich nehme die Realität zu diesem Thema anders wahr und muß daher auch nicht polarisieren oder mit Fingern auf die "böse" Schulmedizin zeigen. Ich akzeptiere, daß die Schulmedizin jedenfalls in manchen Bereichen ganz hervorragende Ergebnisse erzielt und dort der Homöopathie klar überlegen ist. Ich sehe aber ebenso, daß die Homöopathie vielen Leuten zu helfen vermag, bei denen die Schulmedizin nicht weiterweiß - und dort ist eben die Homöopathie der Schulmedizin überlegen. Daraus konstruiere ich keine Zweifel und versuche auch nicht, Dir welche einzureden, sondern ziehe den pragmatischen Schluß, daß grundsätzlich beide Behandlungsmethoden ihre Berechtigung haben und sinnvoll sind und von Fall zu Fall entschieden werden sollte, womit dem einzelnen Patienten am besten geholfen werden kann. Dies natürlich nur, soweit überhaupt eine solche Alternative besteht. Das wird in Deinem Arbeitsbereich seltener der Fall sein als z.B. in einer hausärztlichen Praxis.
Pigpreast
Inventar
#2056 erstellt: 15. Apr 2014, 14:13
Nachtrag zu Beitrag #53:

Schnuckiputz (Beitrag #2046) schrieb:
Dabei reichen für mich meine persönlichen Erfahrungen und die gut dokumentierten Erfahrungen anderer Anwender völlig aus.

Diese Einlassung könnte ja durchaus als ein Ansatz zu einer kongruenten Selbsterklärung gesehen werden. Sie müsste lediglich um folgenden Passus ergänzt werden:

"...und ich bin mir bewusst, dass ich dabei die Möglichkeit einer Selbsttäuschung bzw. eines perpetuierten mehrfachen Irrtums aufgrund selektiver Wahrnehmung nicht ausschließen kann. Aber das nehme ich billigend in Kauf."

Spätestens da würde eine Vielzahl von "Verbalattacken" sistieren und man hätte eine Grundlage, sich über weitere Details auszutauschen.

Erfahrungsgemäß wird aber sinngemäß geantwortet:

"Wenn es so eindeutig ist (wie es mir und anderen scheint), dann kann es kein Irrtum sein."

Und das ist nichts weiter als die schlichte Negierung der Möglichkeit einer Selbsttäuschung. Und ein komplexes System wie die Homöopathie ausschließlich darauf zu begründen, dass man sich nicht geirrt haben kann, ist schlicht inkongruent, weil man Selbsttäuschungen nicht prinzipiell ausschließen kann.
Pigpreast
Inventar
#2057 erstellt: 15. Apr 2014, 14:38
@schnuckiputz #2055:

Immer noch nicht verstanden?! Du musst mir die Zweifel zu schulmedizinischen Methoden gar nicht einreden, die habe ich selbst. Die sind prinzipieller Natur, nicht Selbstzweck. Nur wenn ich von vornherein in Betracht ziehe, dass ich mich auch irren könnte, habe ich die Möglichkeit, einen Irrtum irgendwann auch als solchen zu erkennen. Ja, das gilt für mich auch bei den Maßnahmen, die ich praktiziere. Auch ich wende sie an, solange ich glaube, dass sie funktionieren. Nur richte ich mich zur Absicherung eben nicht ausschließlich nach dem, was aus subjektiver Erfahrung heraus als wirksam erscheint, sondern auch nach Sachverhalten, die darüber hinaus einen Irrtum weitmöglichst ausschließen.

Auch "Schulmediziner" treffen viele Entscheidungen aufgrund von "persönlichen Erfahrungen", aber es ist doch ein Unterschied, ob ich das tue, weil es im menschlichen Alltag eben oft nicht anders geht - oder ob ich ein ganzes System darauf aufbaue ohne überprüfen zu können, wo und wie viel Irrtum und Aberglaube letztlich darin steckt.

Ich sehe aber ebenso, daß die Homöopathie vielen Leuten zu helfen vermag, bei denen die Schulmedizin nicht weiterweiß - und dort ist eben die Homöopathie der Schulmedizin überlegen

Das eben ist die Behauptung, die einfach nicht belegt ist. Du kannst ja gar nicht wissen, ob Du bei dieser Einschätzung einem Irrtum unterliegst (bzw. die Autoren, nach denen Du Dich richtest), weil eben nichts außer subjektiven "Erfahrungen" diesen Schluss nahelegt. Etwas anzunehmen, dann anzuwenden und aus dem subjektiven Eindruck von Wirksamkeit rückzuschließen, dass die Annahme richtig war, ist ein klassischer Zirkelschluss, wenn man darüber hinaus keinen weiteren Beleg in der Hand hat.


[Beitrag von Pigpreast am 15. Apr 2014, 14:39 bearbeitet]
kammerklang
Stammgast
#2058 erstellt: 15. Apr 2014, 15:53
pigpreast


Wenn sich die Homöopathie eines Tages nachweislich als wirksam erweist, wird „die Schulmedizin“ froh sein, eine weitere Methode in ihr Portfolio mit aufnehmen zu können (einige „Schulmediziner“ tun das auch ohne Wirksamkeitsbeweis bereits jetzt schon).


Die Homöopathie ist keine Methode, sie ist nur der Anschein davon. Ein aus den damaligen Umständen heraus durchaus verständlicher Versuch eine gewisse Systematik zu schaffen in einer Zeit, in der die molekularen Grundlagen des Lebens noch unbekannt waren. Ihre anfänglichen historischen Erfolge erklären sich daraus, dass Ärzte zu Hahnemanns Zeit aus Unwissenheit einen Haufen Dinge taten, die die Leute noch kränker machten als sie es schon waren (Aderlässe, Schwermetallbehandlungen, Unhygiene usw.) Weil Hahnemanns Ansatz all diese schädlichen Einflüsse zurückdrängte, oder er sie richtigerweise z.T. auch aktiv bekämpfte, wurde die damit einhergehende Besserung fälschlich seiner "Methode" und seinen "Mitteln" zugeschrieben. Den Rest besorgten Wunschglaube und die angenehme Tatsache, dass man mit derart verdünnten Substanzen im Normalfall nie irgendeinen Schaden anrichten kann... Es kommt hinzu, das Hahnemann mit einigen Ansichten - z.b. den vermuteten Ursachen der Cholera - durchaus richtig lag und wir alle dazu neigen, Leuten mit charismatischen Qualitäten und wirtschaftlichem Erfolg undifferenziert in allen ihren Ansichten Recht zu geben.

Was mich persönlich an der Situation heute frustriert ist nicht die Tatsache, dass viele Leute sich aus Unwissenheit und Wunschdenken heraus homöopathisch traktieren lassen - das mag jeder halten wie er will. Was mich fassungslos macht ist vielmehr die Tatsache, dass gar nicht wenige Mediziner, die heute allesamt eine naturwissenschaftlich fundierte Ausbildung durchlaufen (für die ich, was den biochemischen und biophysikalischen Anteil angeht schon mal mit verantwortlich war) hinterher trotzdem dieser elenden Quacksalberei frönen. Wie kann man, wenn man die faszinierend komplexen Lebensvorgänge auf molekularer Ebene jahrelang nahegebracht bekommt und exklusiv miterleben darf, mit welchem bewundernswerten Aufwand und welcher Hingabe und welchem geistigen Einsatz Forscher weltweit versuchen, diese Dinge zu entschlüsseln, wie kann man überhaupt als gebildeter Mensch im 21. Jhd einem solchen Mummenschanz auf den Leim gehen, der schon jeder Physik, Chemie, und Biologie aus Schulzeiten Hohn spricht? Wie geht das in einem Kopf zusammen, der die detaillierten Hintergründe in einem Universitätsstudium kennengelernt hat? Ich fasse es einfach nicht.

Ich kann es mir nur so erklären, dass der Wunsch Patientenwünsche zu bedienen und dabei nett rüberzukommen, verbunden mit der Gewissheit bei dem homöopathischen Gewurstel mit wirkungslosem Zeug so gut wie nie Schaden anrichten zu können und damit trotzdem Geld zu verdienen, irgendwann übermächtig wird. Geld verdienen, gemocht werden und nie Behandlungsfehler machen können, für die man zur Verantwortung gezogen werden könnte, das Ganze noch mit Anspruch auch die wissenschaftliche Seite zu kennen und beurteilen zu können - das ist einfach eine zu verlockende Mischung, mit der man bei vielen Patienten Eindruck schinden kann: Ich arbeite "ganzheitlich"... Man verrät die dem entgegenstehenden wissenschaftlichen Grundlagen, legt sich als Arzt ein breites Gewissen zu, gewöhnt sich an die ganze schizophrene Heuchelei und hält sie irgendwann für eine Wohltat im Sinne aller Beteiligten. Nette Lügen verkaufen sich halt besser als unbequeme Wahrheiten.

Den Verrat an der naturwissenschaftlichen Ausbildung überdeckt man dann mit dem Anspruch "komplementär" zu behandeln, von einer höheren Warte aus. Bemerkentswerterweise sind genau diese Leute aber umgekehrt sehr scharf darauf, neben ihren wissenschaftlich arbeitenden Kollegen gleichberechtigt anerkannt zu werden, weshalb ihre Lobby versucht universitäre Lehrstühle für den Hokuspokus einzurichten. Und da hört der Spaß für mich endgültig auf - eine Universität, die ihre wissenschaftlichen Standards aufgibt und alle, die sich an seriöser Forschung versuchen und um klares Denken bemühen mit der Anerkennung von Quacksalbereien verhöhnt, demontiert sich selbst.


pigpreast schrieb:
Es ist eher die Homöopathie, die befürchten muss, im Falle eines eindeutigen, allgemein anerkannten Unwirksamkeitsbeweises als Randnotiz der Medizingeschichte zu enden.


Es wird aber leider nie einen "allgemein anerkannten Unwirksamkeitsbeweis" geben - weil es prinzipiell unmöglich ist, die Nichtexistenz von was auch immer zu beweisen. (Es wird auch nie einen allgemein anerkannten Unmöglichkeitsbeweis eines perpetuum mobile geben - diese Idee wurde nur aufgegeben, weil die technisch wissenschaftliche Entwicklung mit Beginn des Industriezeitalters so erfolgreich war und man es nicht nötig hatte, diesem Wunschtraum hinterherzurennen - sie könnte aber jederzeit wiederaufkeimen.) Im Fall der Medizin wird es daher immer mehr oder weniger verquaste "Komplementär-Ansätze" geben, das muß man wohl aushalten. Man muß sie aber nicht auch noch akademisch anerkennen, oder mit windelweichen Formulierungen den Anschein erwecken, es könnte mehr als ein Placebo dahinterstecken.
Giustolisi
Inventar
#2059 erstellt: 15. Apr 2014, 16:33

Solange "mein System" in der Praxis funktioniert, spricht dies zumindest nicht dafür, daß mit meinem System im Grundsätzlichen etwas nicht stimmt.

Wenn ein Auto nicht mehr richtig bremst könnte man auch die ganze Bremsanlage austauschen. Das funktioniert in der Praxis, aber sollte man deswegen keine Zweifel an der Vorgehensweise haben? Wären vielleicht nur neue Beläge fällig gewesen und der Rest macht es nur unnötig teuer bei gleichem Ergebnis?

Übertragen auf die Homöpathie wäre die Frage, ob homöopathische Arzneimittelprüfungen und homöopathische Mittel vielleicht nur kostentreiberndes aber nutzloses Beiwerk sind und die eigentliche Wirkung nur vom Gespräch zwischen Behandler und Patient ausgeht?

zweifel sind also auch angebracht, wenn etwas in der Praxis funktioniert.
Mimi001
Hat sich gelöscht
#2060 erstellt: 15. Apr 2014, 16:45

Den Verrat an der naturwissenschaftlichen Ausbildung überdeckt man dann mit dem Anspruch "komplementär" zu behandeln, von einer höheren Warte aus. Bemerkentswerterweise sind genau diese Leute aber umgekehrt sehr scharf darauf, neben ihren wissenschaftlich arbeitenden Kollegen gleichberechtigt anerkannt zu werden, weshalb ihre Lobby versucht universitäre Lehrstühle für den Hokuspokus einzurichten. Und da hört der Spaß für mich endgültig auf - eine Universität, die ihre wissenschaftlichen Standards aufgibt und alle, die sich an seriöser Forschung versuchen und um klares Denken bemühen mit der Anerkennung von Quacksalbereien verhöhnt, demontiert sich selbst.


Bei solchen Masterarbeiten muss man sich allerdings auch nicht wirklich wundern.
tomtiger
Administrator
#2061 erstellt: 15. Apr 2014, 17:09
Hi,


Giustolisi (Beitrag #2059) schrieb:
Wenn ein Auto nicht mehr richtig bremst könnte man auch die ganze Bremsanlage austauschen.


man könnte auch langsamer fahren und/oder früher bremsen. Jeder kann selbst die Erfahrung machen, das das funktioniert! Das ist der (individuelle) Beleg, dass die ganzen Bremsanlagen einfach nur überdimensioniert sind ....

LG Tom
juergen1
Inventar
#2062 erstellt: 15. Apr 2014, 17:17

Schnuckiputz (Beitrag #2048) schrieb:

juergen1 (Beitrag #2047) schrieb:
]Aha. Unspezifisch und unzuerlässig. Das trifft aber auch für jedes andere homöopathische Mittel zu.
"Alles" ist sie aber nicht. Und "Nichts" auch nicht. Strahlung ist genau Strahlung.
Oder würdest du es für erfolversprechender halten, wenn man nur Strahlung einer bestimmten Frequenz potentiert?
Daß "unspezifisch und unzuverlässig" auch für jedes andere homöopathische Mttel zutriftt, ist Deine persönliche Meinung, aber kein Rückschluß, für den mein Posting irgendetwas hergibt.
Deine anderen Postings aber schon. Du konntest ja bspw. kein homöopathisches Mittel nennen, welches spezifisch undzuverlässig gegen Bluthochdruck wirkt.
Oder kennst du irgendein anderes spezifisches und zuverlässiges Homöopathikum?
Mir würde sogar eines genügen, daß nur minimalst zuverlässiger und spezifischer wirkt als ein Placebo.


[Beitrag von juergen1 am 15. Apr 2014, 17:23 bearbeitet]
Mimi001
Hat sich gelöscht
#2063 erstellt: 15. Apr 2014, 17:17

Übertragen auf die Homöpathie wäre die Frage, ob homöopathische Arzneimittelprüfungen und homöopathische Mittel vielleicht nur kostentreiberndes aber nutzloses Beiwerk sind und die eigentliche Wirkung nur vom Gespräch zwischen Behandler und Patient ausgeht?

Es ist doch längst bekannt, dass in allen möglichen therapeutischen Kontexten die Beziehung zwischen Behandelnen und Behandeltem eine nicht unwesentliche Rolle spielt.
Eine Erstanamnese von bis zu 1,5 Stunden fällt sicherlich auch in diese Kategorie.
Giustolisi
Inventar
#2064 erstellt: 15. Apr 2014, 17:56

Es ist doch längst bekannt, dass in allen möglichen therapeutischen Kontexten die Beziehung zwischen Behandelnen und Behandeltem eine nicht unwesentliche Rolle spielt.
Eine Erstanamnese von bis zu 1,5 Stunden fällt sicherlich auch in diese Kategorie.

Das bestreiten ja nicht einmal die Homöopathieanhänger.
Mir will nur nicht in den Kopf, wie man trotz dieses bekannte Einflussfaktors dem Mittel die Wirkung zuschreiben kann.
um wieder zu dem Beispiel mit dem Auto zu kommen:
Man bringt es in die Werkstatt und es werden die Bremsbeläge sowie die Scheibenwischer getauscht. Kein vernünftiger Mensch käme auf die Idee, die wieder gewonnene Bremsleistung den neuen Scheibenwischern zuzuschreiben. Das ist so, weil man weis, was welches Teil macht und wo es Zusammenhänge geben kann.
Ohne zu wissen ob es die Scheibenwischer oder die Bremsbeläge waren, wechselt man einfach beides, was auch in der Praxis funktioniert. Nur ist das eine eben unnötig, weil die Wirkung ausschließlich vom anderen her rührt.
kammerklang
Stammgast
#2065 erstellt: 15. Apr 2014, 19:03

Giustolisi schrieb:
Kein vernünftiger Mensch käme auf die Idee, die wieder gewonnene Bremsleistung den neuen Scheibenwischern zuzuschreiben. Das ist so, weil man weis, was welches Teil macht und wo es Zusammenhänge geben kann.


Schön wär's ja. Aber auch an Deinem hübschen Beispiel kann sehr schön illustrieren, warum es leider für manche Leute so einfach oft nicht ist, Dinge auseinanderzuhalten die auf anderer Ebene durchaus wechselwirken können: Stell Dir vor ein anthroposophisch orientierter Scheibenwischerhersteller ist davon überzeugt, dass seine Wischer "irgendwie" doch die Bremsleistung beeinflussen. Er gibt eine Studie in Auftrag, in der benötigte Gesamtbremszeiten (also einschließlich der Zeit die der Fahrer zur Reaktion benötigt) bei Regen untersucht werden... Und kommt zum Schluß, dass der damit belegte Einfluß von Scheibenwischern auf die Bremsleistung es in Zukunft gebietet, beides grundsätzlich gemeinsam auszutauschen...

Hälst Du ihm vor, der Einfluß auf das Bremsverhalten läge am durch klare Sicht verbesserten Reaktionsvermögen des Fahrers und hätte nichts mit einer Wechselwirkung beider Systeme auf technischer Ebene zu tun, entgegnet der Hersteller, diesen Einfluß könne und wolle man freilich nicht in Abrede stellen, es komme aber eine ganze Fülle denkbarer rein technischer Wechselwirkungen dazu, die leider alle noch nicht genügend erforscht seien. Weshalb man an den technischen Universitäten dringend entsprechende Lehrstühle für diesen komplementären Ansatz einrichten müsse. Dort sei z.B. zu klären, inwieweit schwächste elektromagnetische Felder, die beim Scheibenwischen durch Ladungsverschiebungen in Glas und Wischerblatt kurzzeitig entstehen könnten, den elektrischen Teil der Bremsanlage beeinflussen könnten. Ferner sei die gemeinsame Speisung beider Anlagen aus der Bordelektrik eine potentielle Störungsquelle weshalb die Entwicklung einer unabhängigen Energiequelle für Scheibenwischer anzustreben sei. Des weiteren müsse das System Scheibe/Wischerbelag in der Materialwissenschaft genauestens erforscht werden, um jeden Einfluß, der den Bremsweg verlängern könnte, weiter zu minimieren, dazu seien Wischerblätter mit geringerer Masse zu entwickeln, um das Trägheitsmoment des Fahrzeugs zu reduzieren. Selbstverständlich müsse auch untersucht werden, inweiweit Bremsanlagen und Bremsvorgänge überhaupt den Verschleiß von Wischerblättern beeinflussen, etwa weil sich beim Abbremsen Trägheitskräfte entsprechend bemerkbar machen dürften, die den Andruck der Wischer verändern... Hierzu müssten aufwendige Simulationsrechnungen....weshalb auch die Informatik....neue Algorithmen zur Scheibenwischermotorsteuerung... Usw usw.

Weil man aber im Interesse der Sicherheit der Fahrer unmöglich verantworten könne, abzuwarten , bis diese komplizierten denkbaren Wechselwirkungen aufgeklärt wären, sei es dringend geboten so lange Scheibenwischer grundsätzlich zugleich mit Bremsbelägen auszutauschen und darüberhinaus auch bei jedwedem Eingriff an der Bremsanslage. In der Zwischenzeit müssten Ausbau von Lehrstühlen und Forschung vorangetrieben werden, woran man sich mit der großzügigen Fördergaben aus den steigenden Einnahmen vom Wischerverkauf gerne beteiligen werde.... Und eine entsprechende Gesetzesänderung für den TÜV werde man auch auf den Weg bringen, die juristischen Experten hätten den Handlungsbedarf auch schon....

Das ist Satire - aber leider in vielen vielen ähnlich gelagerten Fällen Realsatire. Die Leute wollen nicht vernünftig sein - sie wollen ein Wunschkonzert. Die einen weil sich daran verdienen lässt, die anderen weil sie ihre überlegene Weltanschauung bedient sehen wollen und wieder andere weil sie verwirrt sind und es nicht besser wissen. Es wird ein ewiger K(r)ampf bleiben...


[Beitrag von kammerklang am 15. Apr 2014, 19:15 bearbeitet]
Pigpreast
Inventar
#2066 erstellt: 15. Apr 2014, 19:20
Die letzten Beiträge haben mir auch noch einige Lichter aufgehen lassen. Und amüsiert haben sie überdies. Vielen Dank.

Eine schlüssige Erklärung, wieso manche Leute auch angesichts dieser Schilderungen bei ihren abstrusen Vorstellungen bleiben, gibt es für mich jedoch immer noch nicht. Bislang habe ich nur eine vorläufige, die jedoch auch einem Zirkelschluss nahe kommt:

Sie können die Widersprüchlichkeit ihrer Gedankengebilde und die Parallelität zu (satirisch) absurden Schilderungen wie der von kammerklang gar nicht erkennen. Wären sie dazu in der Lage, dann wären sie erst gar nicht so tief in ihre Überzeugung hineingerutscht.

Allein, diese Erkenntnis befriedigt mich nicht.


[Beitrag von Pigpreast am 15. Apr 2014, 19:22 bearbeitet]
chro
Inventar
#2067 erstellt: 15. Apr 2014, 19:42
@Pigpreast

auf deine letzten Gedankengängen, und die vermuteten Erklärungen bin ich auch schon gestoßen


Aber die Erkenntnis scheint mir paradox, wenn nicht sogar unglaublich


[Beitrag von chro am 15. Apr 2014, 19:43 bearbeitet]
Pigpreast
Inventar
#2068 erstellt: 15. Apr 2014, 20:55

Schnuckiputz (Beitrag #2055) schrieb:
Nun zeigst Du aus Deinem System heraus mit den Fingen auf die Homöopathie und willst mir klarmachen, daß mein System jedenfalls nach den Gesetzen, nach denen es arbeitet, niemals Erfolg haben kann...

Nein, nicht, dass es das nicht kann. Nur dass es irrational ist, sich dessen sicher zu sein.

...obwohl Du mit meinem System noch die "de lege artis" gearbeitet... ...hast...

Welchen Zweck sollte das denn auch haben? Ungünstigenfalls würde ich meine "Vorurteile" bestätigt sehen. Bestenfalls würde ich den subjektiven Eindruck einer Wirksamkeit erleben - und könnte dennoch, genau so wenig wie Du, ausschließen, einer Täuschung zu unterliegen.

Und u.a. das soll ich nun zum Anlaß nehmen, an mir und/oder der Homöopathie zu zweifeln?

Nein, Du sollst Dich den Zweifeln, die Dir von anderen Diskutanten entgegengebracht werden, stellen. Du sollst Dich mit den Zweifeln so auseinandersetzen, dass Du sicher sein kannst, dass Du sie verstanden hast. Dann schlüssig darlegen, warum die Zweifel unbegründet sind. Oder aber begründen, warum Du, obwohl Du die Zweifel nicht ausräumen kannst, dennoch an Deiner Überzeugung festhältst. Und dabei musst Du nicht anderen klar machen, dass es generell angebracht wäre, an Homöopathie zu glauben. Für's erste würde es völlig genügen, für andere nachvollziehbar darzulegen, warum Du trotz der geschilderten Zweifel daran festhältst.

Und meines Erachtens geht es dabei nicht nur darum, andere zu "befriedigen" sondern auch darum, für Dich selbst mehr Klarheit zu gewinnen.
kammerklang
Stammgast
#2069 erstellt: 15. Apr 2014, 21:31

pigpreast schrieb:
Sie können die Widersprüchlichkeit ihrer Gedankengebilde und die Parallelität zu (satirisch) absurden Schilderungen wie der von kammerklang gar nicht erkennen. Wären sie dazu in der Lage, dann wären sie erst gar nicht so tief in ihre Überzeugung hineingerutscht.


Ich glaube, dass es das in der Tat geben kann - Unwissenheit als Ursache, mangelnde Bildung, die einen in falsche Überzeugungen "hineinrutschen" lässt. Allerdings müssten die Menschen ja dann, wenn man es ihnen geduldig erklärt, irgendwann den Irrtum einsehen - was erfahrungsgemäß aber oft nicht der Fall ist. Ich ziehe daraus den Schluß, dass man etwas nicht nur rein intellektuell verstehen können muss, sondern es auch verstehen wollen muss. Mit anderen Worten, dass hinter vielen Überzeugungen in Wahrheit nicht rationale Überlegungen stecken - die werden nur vorgeschoben, um das ganze irgendwie plausibel zu machen - sondern Gefühle. Gefühle, die um keinen Preis verletzt werden wollen, weil sie mit dem Selbstwert und dem Selbstbild zu tun haben. Gefühle und Bedürfnisse, die einen vor sich selbst und anderen schwach aussehen lassen könnten und die man deshalb nicht vor sich selbst, und erst recht nicht vor anderen, eingestehen möchte.

Überall, wo eine Kränkung dieser Gefühle und Bedürfnisse droht, wo der Selbstwert herabgesetzt oder der mit dem Selbstbild verbundene eigene Anspruch in Frage gestellt oder nicht bestätigt werden könnte, schützt man sich notfalls lieber mit paradoxen Ansichten, die eine nur scheinbar rationale Ausflucht ermöglichen, damit der Gefühlshaushalt nicht durcheinanderkommt. Ich habe Recht, auch da wo ich Unrecht habe...und diese Paradoxie muß ich nur gut genug vor mir selbst und anderen verschleiern, damit der Selbstbetrug nicht auffällt. Dazu kann man auch hohe Intelligenz trefflich mißbrauchen, weshalb absurde Ansichten zu vertreten nicht zwangsläufig etwas mit Dummheit zu tun haben muss... Ganz im Gegenteil, wie man auch im akademischen Geistesleben erfahren kann. (Übrigens korreliert die Fähigkeit gut zu lügen mit dem IQ).

Mancher vertritt daher lieber abenteuerliche pseudorationale Erklärungen und hofft darauf Gleichgesinnte zu finden, als dass er seine wahren emotionalen Bedürfnisse überdenkt und vielleicht verändert oder zurücknimmt. Vielleicht kann man das im späteren Leben irgendwann auch gar nicht mehr, weil Grundgefühle möglicherweise an materielle/biochemische Vorgänge gekoppelt sind, die nur in gewissen Zeitfenstern der Entwicklung bis zum Erwachsenwerden geformt/gerlernt/geprägt werden und später kaum noch oder nur sehr sehr schwer veränderbar sind: was Hänschen nicht gelernt hat... Wie sehr unser Gehirn schon durch den Gebrauch bestimmter Substanzen dauerhaft fehlkonditioniert werden kann zeigen alle Suchterkrankungen und die hohen Rückfallquoten trotz Therapie. Aber auch ohne Drogengebrauch können Obsessionen mächtig werden.

Überzeugungen, die nicht auf Einsichten, sondern Gefühlen basieren, die mit dem Selbstbild des jeweiligen Menschen verknüpft sind, sind m. E. der springende Punkt. Überzeugungen, aus Angst vor Verlust, aus Freude an vermeintlicher Überlegenheit, aus Rausch an Selbstbestätigung, aus Neid auf den Erfolg anderer, aus Wunsch nach Sicherheit und Geborgenheit und Anerkennung, aus dem Bedürfnis heraus keine Fehler verantworten zu müssen oder von anderen gemocht zu werden (ich süßer schnuckiputz), als Garant für Erfolge, als Vermeidungsstrategie für Mißerfolge.... die Motive, die hinter verquasten Überzeugungen stecken werden vielfältig sein und tief im Unterbewussten verankert sein. Und da herumzuwühlen fühlt sich nicht gut an, nicht umsonst werden diese unsicheren Gefühle im gesunden Zustand vom bewußten Erleben so gut wie vollständig unterdrückt.

Man darf auch nicht vergessen, dass wir alle mit dem Glauben an irgendetwas biologisch ausgestattet sind - zielorientiertes Handeln erfordert den Glauben an das Ziel und daran, den Weg dorthin finden zu können, basiert also auf einem Gefühl der eigenen Fähigkeit dazu. Gefühle sind letztlich auch die Triebkraft der Erkenntnissuche. Die Sinnfrage und Sinnsuche ist uns evolutiv so tief einprogrammiert, dass wir dazu neigen überall Sinn zu unterstellen, wobei manche nur schwer akzeptieren können, das hinter manchem eben kein Sinn steckt. Denn Sinn erstmal grundlos überall zu unterstellen kann sich lohnen, dann nämlich, wenn ich später tatsächliche Zusammenhänge und Wirkungsgefüge entdecke. Sinn zu unterstellen wirkt einerseits zielführend und kann die Erkenntnis von Zusammenhängen enorm beschleunigen. Bin ich dabei erfolgreich belohnt sich das Gehirn verdientermaßen mit einem milden Endorphinrausch. (Auch von diesem angenehmen Gefühl kann man abhängig werden was manche in anderen ähnlich gelagerten Fällen zu Workoholics oder Triathleten werden lässt.) Zur Erfolgssteigerung kann ich es mit einer Dosiserhöhung bei den Sinnunterstellungsversuchen probieren - andererseits wird dieser Überschuß an Sinn aber irgendwann auch zwangsläufig Enttäuschungen und Mißerfolge provozieren, die sich schlecht mit meinen Erfolgswünschen und dem Wunsch positiver Gefühle vertragen.

Dann kann es problematisch werden, wenn jemand das nicht als Ansporn für bessere Ideen verstehen will, sondern den Mißerfolg als Kränkung empfindet, vielleicht weil er sich mit seiner Idee zu stark identifiziert hat. Statt den Misserfolg zu akzeptieren und nach weiteren erfolglosen Versuchen die Sinnlosigkeit meiner Sinnunterstellung in diesem Fall irgendwann zu erkennen, kann ich mich auch immer tiefer hineinreiten, z.B., wenn ich von meiner Lieblings-Überzeugung, da wäre doch ein Sinn, einfach nicht ablassen will. Wer positive Erfahrungen mit Kaffeesatzleserei macht, indem er mit selektivem Gedächtnis alle Misserfolge ausblendet, und alle zufällig positiven Korrelationen dem Kaffeesatzmuster zuschreibt, der konditioniert sein Hirn halt aufs Kaffeesatzlesen und wird irgendwann Stein und Bein darauf schwören. Und wenn er dann, ganz Opportunist, bei anderer Gelegenheit sich auf rationales Vorgehen verlässt, dann fühlt er sich immer als Gewinner. Man kann ja das eine tun, ohne das andere, das eigentlich damit ausgeschlossen ist, sein zu lassen. Die andernfalls eintretende Enttäuschung, das Gefühl sich möglicherweise zu irren, sich unsicher zu sein, ist für viele nicht akzeptabel, weil beides mit ihrem Selbstbild und ihren geheimen Wünschen kollidiert, immer zu gewinnen. (Mit überhöhten religiösen Gefühlen, die ich hier nicht verletzen möchte, und ewigwährenden Heilsversprechungen, ist es letztlich dasselbe, weshalb man sich ihrer immer wieder rituell oder argumentativ, um nicht zu sagen obsessiv, versichern muß..."Theologie ist ein Symptom des Unglaubens." ).

Viele erleben es als Kränkung und Niederlage, Irrtümer oder Zweifel einzugestehen. Viele sind schlechte Verlierer und behaupten deshalb steif und fest irgendwie doch recht zu haben, auch wenn sie längst widerlegt sind. Sie steigern sich dann in immer absurdere Konstruktionen hinein, nur um nicht das Gesicht zu verlieren. Sie verknüpfen mit der Zurückweisung ihrer Ansichten auch eine persönliche Zurückweisung, weil sie Argument und Persönlichkeit nicht auseinanderhalten. Viele wittern vorsätzliche Herabsetzung, wenn man ihnen lediglich sachlich widerspricht. Viele achten mehr auf die emotionalen Untertöne von Botschaften, als auf ihren tatsächlichen Inhalt. Viele hören sich lieber ziemlichen Bockmist von einem irgendwie sympathischen gutaussehenden und smarten Typen an, und versuchen eher ihre eigenen Ansichten in irgendeine Übereinstimmung damit zu bringen, als einer intelligenten Stellungnahme von einem unattraktiven und vielleicht schlecht gekleideten Fachmann zu lauschen, die eine kritische Revision ihrer Ansichten nötig machen würde. Viele wollen andere von ihren Ansichten überzeugen, wenige sich überzeugen lassen. Usw. usw.

Ich glaube, dass sogar ganze Berufszweige und Karrieren auf rhetorisch virtuosem Blendwerk ohne Substanz beruhen, ohne das sich die Protagonisten darüber selber wirklich im klaren wären. Weil sie gar keine Klarheit oder Wahrheit finden wollen, sondern ihre beliebige Botschaft nur Mittel ist, irgendwie anerkannt zu werden. Und dazu redet man den Leuten geschickt nach dem Mund, belehrt sie darüber an die Vereinbarkeit von Ansichten zu glauben, die nicht zu vereinen sind, und leitet möglichst schon Kinder an, sich die Welt immer weiter zum Wunschkonzert zu machen. Wer Dinge nicht richtig begreift, ist vielleicht nur ganz besonders hoch begabt und begreift sie auf höherer Ebene vielleicht besser als wir alle. (Siehe die Kyozeredingsda-Spiegelei, die zu verstehen Normalsterbliche einfach zu dumm sein werden). Bloß keine Möglichkeit außer acht lassen, bloß nichts verpassen, bloß nichts unversucht lassen, bloß nicht zurückstecken, jeder darf sich als Gewinner fühlen. Hauptsache es entsteht bei möglichst vielen ein gutes Gefühl, und es kränkt niemanden, dann hat man gewonnen... So auch heutzutage beim Thema Homöopathie, hinter der ich ein Gebräu vermute, das manchen Persönlichkeitsstrukturen in unserer Wohlstandsgesellschaft breit entgegenkommt, weil man damit Defizite im Umgang mit eigenen Schwächen und Ansprüchen gut übertünchen kann.

Eine Mischung aus Wünschen und Gefühlen, die mit dem Selbstbild zu tun haben, zuzüglich Opportunismus und Eigenliebe, plus Selbstkonditionierung durch selektive Wahrnehmung, gewürzt mit einer ordentlichen Prise mehr oder weniger intelligent verschleierter Widersprüchlichkeit, und das alles, um weiter auf falschen Erwartungen beharren zu können - dieses Gemenge wäre mein "Erklärungsansatz".


Allein, diese Erkenntnis befriedigt mich nicht.


Darf ich fragen, warum Dir das nicht genügt? Vielleicht hast Du mit diesem Gefühl :-) ja recht und es steckt noch mehr dahinter? Aber vielleicht muß man auch nicht versuchen alles zu verstehen. Allerdings muß man m.E. Quacksalber in ihre Schranken weisen, wenn sie plötzlich Anspruch darauf erheben, wissenschaftlich anerkannt zu werden. In ihrem paradoxen Gehege mögen sie ihren faulen Zauber treiben wie sie wollen, aber akademische Anbiederungsversuche können nicht toleriert werden, egal wie nett eine Frau Schwan oder Frau Carstens oder ein Herr Schily auftreten oder auftraten. Solche Leute erweisen der Wissenschaft einen Bärendienst, und das sollte ihnen unmissverständlich klargemacht werden. Leider wirkt das aber unfreundlich und viele wollen derart unerfreuliche Konsequenzen nicht hören, weil man sich opportunistisch aus beiden Naschkörben bedienen will. Mal die Wissenschaft, mal das Komplementäre, wie es halt beliebt, sage mir bloß keiner, das schließe sich aus, sonst bin ich empört. Wie heißt es in einem arabischen Sprichwort: "Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd."


[Beitrag von kammerklang am 16. Apr 2014, 07:34 bearbeitet]
Pigpreast
Inventar
#2070 erstellt: 15. Apr 2014, 22:22

kammerklang (Beitrag #2069) schrieb:

Allein, diese Erkenntnis befriedigt mich nicht.

Darf ich fragen, warum Dir das nicht genügt? Vielleicht hast Du mit diesem Gefühl :-) ja recht und es steckt noch mehr dahinter? Aber vielleicht muß man auch nicht versuchen alles zu verstehen.

Ich bin mir sicher, dass da noch mehr dahinter steckt. Dein Beitrag zeigt mir da auch gewisse Möglichkeiten auf. Ich muss auch nicht alles verstehen. Aber ich möchte es zumindest einordnen können. Und Kategorien wie "Die spinnen einfach" oder "Die wollen sich nur bereichern" sind mir dafür einfach zu platt.

Allerdings muß man m.E. Quacksalber in ihre Schranken weisen, wenn sie plötzlich Anspruch darauf erheben, wissenschaftlich anerkannt zu werden. In ihrem paradoxen Gehege mögen sie ihren faulen Zauber treiben wie sie wollen, aber akademische Anbiederungsversuche können nicht toleriert werden, egal wie nett eine Frau Schwan oder Frau Carstens oder ein Herr Schily auftreten oder auftraten. Solche Leute erweisen der Wissenschaft einen Bärendienst, und das sollte ihnen unmissverständlich klargemacht werden.

Prinzipiell kann ich dem ja zustimmen (wenn mir auch naturgemäß ein gewisser Restzweifel bleibt). Mir ist es darüber hinaus nur wichtig, die Mechanismen, die zum Irrglauben führen, erkennen zu können bzw. denen, denen ich meine Zustimmung verwehre, meine Beweggründe dafür nachvollziehbar zu machen.
tomtiger
Administrator
#2071 erstellt: 15. Apr 2014, 22:38
Hi,


Pigpreast (Beitrag #2070) schrieb:
Aber ich möchte es zumindest einordnen können.


hatten wir doch schon. Egoismus und Ignoranz. Mit "Solange es mir hilft hinterfrage ich es nicht" lebt es sich doch schön. Und einfach.

Ich kenne heute noch Menschen, die, wenn ihr Computer Probleme macht, auf den Monitor hauen. Obwohl das mit Flachbildschirmen schwieriger wurde.

Ein weiterer Punkt ist das elitäre Gefühl, zu einer überlegenen Minderheit zu gehören. Guter Indikator ist da in unserer Diskussion das Hetzen gegen die richtige Medizin. Denn Tatsache ist, dass Homöopathie nicht plausibler wird, egal wie gut oder schlecht die richtige Medizin ist.

LG Tom
Schnuckiputz
Stammgast
#2072 erstellt: 15. Apr 2014, 22:47

juergen1 (Beitrag #2062) schrieb:
Du konntest ja bspw. kein homöopathisches Mittel nennen, welches spezifisch undzuverlässig gegen Bluthochdruck wirkt.
Oder kennst du irgendein anderes spezifisches und zuverlässiges Homöopathikum?
Mir würde sogar eines genügen, daß nur minimalst zuverlässiger und spezifischer wirkt als ein Placebo.


Du weißt sehr wohl, daß ich homöopathische Mittel, die häufig bei Hypertonie zum Einsatz kommen, nicht etwa nicht nennen konnte, sondern sie nicht nennen wollte. Die Gründe dafür habe ich in mehreren Postings ausführlich dargelegt, und diese Gründe konnte sogar Pigpreast zumindest nachvollziehen.

Vielleicht darf ich Deine Aufmerksamkeit mal auf die Sportmedizin lenken. Dort bewährt sich die Homöopathie schon längst in aller Stille, und gerade da zählen doch wohl schnelle Erfolge ganz besonders. Google doch mal "Sportmedizin Homöopathie" und schau, wieviele Sportmediziner dort zu finden sind. Wären die, wie der "Hardliner" Kammerklang uns glauben machen möchte, allesamt Quacksalber und Verräter der Wissenschaft, würden ihnen wohl mangels Erfolg die Patienten in Scharen davonlaufen. Mit ein wenig Zuspruch und dem Charisma des Arztes allein ist es jedenfalls in der Sportmedizin nicht getan! Außerdem wurde auch im Ärzteblatt über den erfolgreichen Einsatz der Homöopathie in der Sportmedizin berichtet.
juergen1
Inventar
#2073 erstellt: 15. Apr 2014, 22:50

tomtiger (Beitrag #2071) schrieb:
Egoismus und Ignoranz. Mit "Solange es mir hilft hinterfrage ich es nicht" lebt es sich doch schön. Und einfach.
Ja gut, dagegen wäre ja im Prinzip nichts zu sagen. Nach diesem Motto nehme ich auch manchmal Medikamente ein.
Oder meintest Du mit Hilfe eine pekuniäre, weil man als Homöopath oder Homöopathikumhersteller sein Einkommen erzielt?
Gruß
Jürgen


[Beitrag von juergen1 am 15. Apr 2014, 22:51 bearbeitet]
Console_Cowboy
Hat sich gelöscht
#2074 erstellt: 15. Apr 2014, 23:07
Sehen wir doch den homöopathischen Ansatz "Anleitung des Astralkörpers zur Selbstheilung" als Synonym zu "Placebo",
den manche als Ergänzung zur biochemischen Komponente der Schulmedizin benötigen, da sie - aus welchen Gründen auch immer - ersterem Ansatz mehr vertrauen.
Das ist insofern sinnvoll, als daß ein magisches Weltbild von der Steinzeit bis zur Neuzeit immer einen gewissen Anteil der Bevölkerung in Denken und Handeln geleitet hat.
Obwohl (oder weil) ich persönlich einem aufgeklärten Weltbild mit allen Konsequenzen incl. des Eingestehens der Fehlerhaftigkeit und Beschränktheit der eigenen Wahrnehmung anhänge, halte ich den Wunsch nach Existenz einer übergeordneten und unfehlbaren Instanz für verständlich und unausrottbar.
Homöopathen sollen mit ihrem Weltbild glücklich sein, aber bitte auch akzeptieren, daß es keine Belege für dessen Allgemeingültigkeit gibt, die nicht auch für rosa Einhörner/weisse Yetis.. anführbar wären.

Edit: Rechtschreibung..


[Beitrag von Console_Cowboy am 15. Apr 2014, 23:35 bearbeitet]
Pigpreast
Inventar
#2075 erstellt: 15. Apr 2014, 23:18

Schnuckiputz (Beitrag #2072) schrieb:
Mit ein wenig Zuspruch und dem Charisma des Arztes allein ist es jedenfalls in der Sportmedizin nicht getan!

Wieso sollte es da anders sein als in anderen Bereichen?

Wären die, wie der "Hardliner" Kammerklang uns glauben machen möchte, allesamt Quacksalber und Verräter der Wissenschaft, würden ihnen wohl mangels Erfolg die Patienten in Scharen davonlaufen.

Auch hier erschließt sich mir der Kausalzusammenhang nicht. Wenn Patienten an einen Erfolg glauben, der keiner ist, glauben sie dennoch an einen Erfolg - und bleiben bei ihrem Schamanen.

Außerdem wurde auch im Ärzteblatt über den erfolgreichen Einsatz der Homöopathie in der Sportmedizin berichtet.

Den Wahrheitsgehalt dieser Aussage (also, ob tatsächlich über den "erfolgreichen" Einsatz berichtet wurde bzw. wie "Erfolg" in diesem Zusammenhang definiert wurde) würde ich gerne selbst überprüfen. Hast Du die Ausgabe noch?


[Beitrag von Pigpreast am 15. Apr 2014, 23:56 bearbeitet]
Pigpreast
Inventar
#2076 erstellt: 15. Apr 2014, 23:21
@Console_Cowboy: Wunderbar auf den Punkt gebracht!
Schnuckiputz
Stammgast
#2077 erstellt: 15. Apr 2014, 23:25

Pigpreast (Beitrag #2075) schrieb:

Den Wahrheitsgehalt dieser Aussage (also, ob tatsächlich über den "erfolgreichen" Einsatz berichtet wurde bzw. wie "Erfolg" in diesem Zusammenhang definiert wurde) würde ich gerne selbst überprüfen. Hast Du die Ausgabe noch?


Die muß man gar nicht haben, sondern kann sie noch online anschauen und herunterladen:

www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=56060
Mimi001
Hat sich gelöscht
#2078 erstellt: 15. Apr 2014, 23:26
Hallo,
ich möchte einige von Euch hiemit wirklich ganz freundlich auf die "Bearbeiten" Funktion hinweisen.
Man muss nicht zwingend zwei bis drei Beiträge hintereinander verfassen, nur weil man noch auf weitere Beitrag anderer user eingehen will.
Danke.


Schnuckiputz
Stammgast
#2079 erstellt: 15. Apr 2014, 23:35

Console_Cowboy (Beitrag #2074) schrieb:
Sehen wir doch den homöopathischen Ansatz "Anleitung des Astralkörpers zur Selbstheilung" als Synonym zu "Placebo",


Das ist ist nicht der homöopathische Ansatz Hahnemanns, sondern das ist die esoterische Variante, die in den entsprechenden Kreisen gepflegt wird. Hahnemann sprach nur von der Lebenskraft. Hier wird deutlich, zu welchen Fehlschlüssen man kommt, wenn man Homöopathie zusammen mit allen möglichen anderen Alternativtherapien undifferenziert in den Esoteriktopf wirft.
Giustolisi
Inventar
#2080 erstellt: 16. Apr 2014, 00:04

Die muß man gar nicht haben, sondern kann sie noch online anschauen und herunterladen:

Nicht nur dass der Artikel ganz ohne Belege auskommt, also nur eine Aneinenderreihung von Behauptungen ist, die Grundlage des Artikelns war die Pressekonferenz „Moderne Homöopathie in der Sportmedizin: Aktuelle Therapieempfehlungen“ in München. Der Veranstalter war die Firma Heilmittel Heel, einer der größten Hersteller von Homöopathika.
Kurz gesagt, es handelte sich vermutlich um eine Werbeveranstaltung.
Mimi001
Hat sich gelöscht
#2081 erstellt: 16. Apr 2014, 00:09
So ein Zufall:
Weiter oben hatte ich ja eine ziemlich abstruse Masterarbeit zum Kosyrev Spiegel / Hellseherei verlinkt.
M. W. wird der Lehrstuhl an der Viadrina, an welchem die Arbeit eingereicht wurde, durch Drittmittel u. a. auch von Heel finanziert.
Pigpreast
Inventar
#2082 erstellt: 16. Apr 2014, 00:12

Schnuckiputz (Beitrag #2077) schrieb:
Die muß man gar nicht haben, sondern kann sie noch online anschauen und herunterladen:

www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=56060

Pffff... und nu?


Mimi001 (Beitrag #2078) schrieb:
ich möchte einige von Euch hiemit wirklich ganz freundlich auf die "Bearbeiten" Funktion hinweisen.
Man muss nicht zwingend zwei bis drei Beiträge hintereinander verfassen, nur weil man noch auf weitere Beitrag anderer user eingehen will.
Danke.

Wenn Du uns schon so freundlich darauf hinweist, will ich dem gerne folge leisten. Wobei sich mir der Vorteil des einen bzw. der Nachteil des anderen noch nicht so recht erschließt. Drei voneinander unabhängige Beiträge werden unter Verzicht von kompliziertem Zitate-Kopieren thematisch voneinander getrennt ohne dabei wirklich länger zu werden. Aber bitte, wenn es so gewünscht ist....


Schnuckiputz (Beitrag #2079) schrieb:

Console_Cowboy (Beitrag #2074) schrieb:
Sehen wir doch den homöopathischen Ansatz "Anleitung des Astralkörpers zur Selbstheilung" als Synonym zu "Placebo",

Das ist ist nicht der homöopathische Ansatz Hahnemanns, sondern das ist die esoterische Variante, die in den entsprechenden Kreisen gepflegt wird. Hahnemann sprach nur von der Lebenskraft. Hier wird deutlich, zu welchen Fehlschlüssen man kommt, wenn man Homöopathie zusammen mit allen möglichen anderen Alternativtherapien undifferenziert in den Esoteriktopf wirft.

Womit Du Recht haben magst, nichtsdestotrotz die Feststellung, dass es für Homöopathie keine Belege für dessen Allgemeingültigkeit gibt, die nicht auch für rosa Einhörner/weisse Yetis.. anführbar wären, davon aber unberührt bleibt.
Console_Cowboy
Hat sich gelöscht
#2083 erstellt: 16. Apr 2014, 00:20

Das ist ist nicht der homöopathische Ansatz Hahnemanns, sondern das ist die esoterische Variante, die in den entsprechenden Kreisen gepflegt wird.


Was für eine nichtesoterische Variante gibt es denn?
Hälst du den Chinarindenselbstexperiment-Ansatz für sinnvoller?
Welche Fassung des Organons ist für dich die einzig richtige im Sinne von "macht es genau nach"?
Woher kommt den der Akashaschwachsinn?
Gerade in der letzten, fünften Auflage hat Hahnemann aufgrund schon damals aufkommenden Gegenwinds und und gegen abspalterische Tendenzen nur noch Pöbeleien eingefügt.

Du hast meinen letzten Post vielleicht gelesen, aber nicht nachvollzogen:
Ich gönn dir deinen Glauben an welche Version der Homöopathie auch immer - sie haben aber allesamt gemein, daß man an ihre grundlegende Ideologie glauben muss, ohne sie gegen die anderen Versionen, oder ein rational begründestes Weltbild belegen zu können.

Hypothesen im rationalen Weltbild werden nur zu Theorien, wenn sie sich mit wiederholbarer Beobachtung im Experiment vereinbaren lassen und (im bisher messtechnisch möglichen) nicht widerlegt werden, können aber, wie von Newton zu Einstein, erweitert werden.
Die Homöopathie legt aber (je nach Gusto), verschiedene Dogmen zugrunde und verweigert sich der Belegbar-, Falsifizier- und Erweiterbarbarkeit.



P.S.: Ich wollte mit meinem Ansatz im vorherigen Post eigentlich eine Brücke bauen, die die Erfahrungen (ohne Anführungszeichen!) der Anhänger, ins Weltbild der Skeptiker integrieren könnte - mehr ist vo meiner Seite nicht drin.


[Beitrag von Console_Cowboy am 16. Apr 2014, 00:33 bearbeitet]
kammerklang
Stammgast
#2084 erstellt: 16. Apr 2014, 00:22
schnuckiputz,
Du hast Differenzierungsbedarf, verständlich. Den hätte ich auch. Du sprachst von den großen Erfolgen in der Sportmedizin. Wie erklärst Du Dir das? Gemessen an den medizinischen Bedürfnissen der -überwiegend armen- Weltbevölkerung ist die Sportmedizin ein Edelreservat in dem sich relativ gutbetuchte Wohlstandsbürger tummeln, um die Konsequenzen ihrer Freizeitvergnügungen auszukurieren. Wenn die Homöopathie dabei so zuverlässig wirkt wie Du sagst, wo bleiben dann die flächendeckenden Erfolge z.B. im armen Afrika? Die müßten doch leicht zu erzielen sein.

Der homöopathisch anthroposophische Edelmut gründet auf einem idealistischen Menschenbild, das sollte es doch zur Ehrensache machen, die ja sehr billig herzustellenden Homöopathika dorthin zu exportieren oder vor Ort verschütteln zu lassen, so dass den vielen armen Kranken dort einfach und billig zu helfen sein müßte. Bei den großen Fallzahlen müßte das doch auch in quantitativer Hinsicht überwältigende Beweise für die Wirksamkeit der Homöopathie liefern? In Afrika haben ja auch sehr viele Menschen die gleichen Leiden, und sind nicht alle so schrecklich "individudel" :-) wie bei uns, was die Sache homöopathisch gesehen doch noch viel einfacher machen müsste?

Warum ist die Homöopathie jedoch ganz im Gegenteil tendenziell eher eine Art Wohlstandsphänomen? Doch nicht etwa, weil sich das Gemenge aus Wünschen und Gefühlen und dem Bedürfnis besonders behandelt werden zu wollen unter sehr beklemmenden Lebensumständen nicht so leicht zusammenbraut, weil es dort keine Zeit hat, sich individuell zu entwickeln, und weil bei existenziellen Leiden wirkliche Hilfe Not tut?

PS.: By the way, setzen außer Sportmedizinern auch z.B. Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen auf Homöopathie ?


[Beitrag von kammerklang am 16. Apr 2014, 05:38 bearbeitet]
Schnuckiputz
Stammgast
#2085 erstellt: 16. Apr 2014, 06:51

Pigpreast (Beitrag #2082) schrieb:
Wobei sich mir der Vorteil des einen bzw. der Nachteil des anderen noch nicht so recht erschließt. Drei voneinander unabhängige Beiträge werden unter Verzicht von kompliziertem Zitate-Kopieren thematisch voneinander getrennt ohne dabei wirklich länger zu werden. Aber bitte, wenn es so gewünscht ist....


Na, da stimme ich Dir mal voll zu, und das will schon was heißen.

Im Ernst, ich finde es auch weitaus übersichtlicher, jeweils in separaten Antworten auf die einzelnen Beiträge einzugehen. Ist jedenfalls für mich irgendwie übersichtlicher als alles zu vermixen.
Schnuckiputz
Stammgast
#2086 erstellt: 16. Apr 2014, 07:36
@ Kammerklang:

In der Tat gibt es Differenzierungsdedarf. Denn Homoöpathie und Anthroposophie gehören ebenfalls nicht in einen Topf. Die Anthroposophie ist eigentlich eine Weltanschauung und keine Heilmethode. Insofern ist die "anthroposophische Homöopathie" nur ein homöopathisch verbrämter Ableger dieser Weltanschauung. Nur weil man auch dort z.T. nach homöopathischen Regeln potenziert, ist das noch lange keine Homöopathie im Sinne Hahnemanns. Es gibt auch noch einige andere Therapien, bei denen man potenziert, ohne daß diese deswegen homöopathisch genannt werden können (z.B. Biochemie nach Schüssler, Isopathie, Spagyrik). Daran ändert auch nichts, daß man die entsprechenden Mittel aus rechtlichen Gründen als "homöopathische Arzneimittel" in Verkehr bringt.

Dein Posting ist, was den weiteren Inhalt angeht, ein gutes Beispiel dafür, wie von Gegnern der Homöopathie Stimmung gegen dieses System gemacht wird. Sobald es Anhaltsspunkte dafür gibt, daß Homöopathie eben doch wirkt, setzt man sich weniger damit auseinander, sondern sucht sich sogleich Nebenkiegsschauplätze, um die Homöopathe zu diskreditieren. Und sei es mit dem Hinweis, die Homöopathie sei vor allem ein Wohlstandsphänomen. Das sind meist die gleichen Leute, die sich dann künstlich darüber aufregen, daß manche Homöopathen gegen die Schulmedizin wettern. Dabei wird "vergessen", daß dies radikale Außenseiter sind. Kein verantwortungsvoller Homöopath wird die Schulmedizin in Bausch un Bogen verdammen - insbesondere die offiziellen Verbände tun dies nicht.

Ich kann hier deshalb jedem potentiellen Patienten nur dringend davon abraten, sich in die Hände der erwähnten Außenseiter zu begeben, die vorgeben, alles und jedes mit Homöopathie heilen zu können, von Blähungen bis zum Krebs oder die den Patienten glauben machen wollen, man käme immer ohne Schulmedizin aus.

Was nun die Homöopathie als "Wohlstandsphänomen" angeht, so fällt dieser Vorwurf durchaus auf die Schulmedizin zurück. Denke nur mal daran zurück, wie lange es dauerte, bis man in den armen Teilen Afrikas erschwingliche Medikamente gegen Aids zur Verfügung hatte. Die gab es lange Zeit nur in den reichen westlichen Zivilisationen und in den meisten anderen Ländern (besonders der Dritten Welt) allenfalls für die reichen Eliten.

Bei uns ist die Homöopathie vor allem deshalb ein Wohlstandsphänomen, weil die meisten gesetzlichen Kassen die Kosten nicht erstatten, was dazu führt, daß viele Normalbürger und erst recht die wirklich Armen es sich schlicht nicht leisten können, sowohl Behandlungskosten als auch Medikamente aus eigener Tasche zu bezahlen. Die z.T. unterschiedlichen Leistungen von gesetztlichen Kassen und Privatversicherungen zeigen zudem, daß es auch bei uns oft nur eine Frage des Geldes ist, ob man eine wirklich erstklassige Behandlung bekommt oder nicht. Das ist also kein typisches Problem der Homöopathie, sondern unserer gesamten Wohlstandsmedizin!

Daß die Homöopathie im übrigen auch in armen Ländern nicht so vertreten ist wie die Schumedizin, liegt an zwei Dingen. Erstens gibt es bekanntlich weitaus weniger homöopathisch arbeitende Ärzte als "reine" Schulmediziner. Zweitens geht es in den armen Ländern meist vorrangig um den Aufbau und die Sicherung einer halbwegs funtionierenden Erstversorgung. Da kommen die Patienten oft in katastrophalem Gesundheitszustand zur Medizinstation, und zwar nicht einzelne, sondern jede Menge. da bleibt doch gar nichts anderes, als zu "schnellen" Mitteln zu greifen, um Schlimmeres zu verhüten. Da bleibt absolut keine Zeit für umfangreiche und zeitintensive homöopathische Fallaufnahmen.

Das ist aber doch kein Argument gegen die Homöopathie, sondern das betrifft das schreiende Unrecht in dieser Welt, in der eine Minderheit in den großen Zivilisationen letztlich auf Kosten der anderen lebt. Für alles machen wir Milliarden oder gar Billionen Euros/Dollar locker, ob für Bankenrettungen oder für die gigantischen Rüstungsausgaben. Bloß für die Armen dieser Welt fallen, wenn überhaupt, nur ein paar Brosamen ab. Das ist der eigentliche Skandal, und den sollte man nicht auch noch gegen die Homöopathie instrumentalisieren!


[Beitrag von Schnuckiputz am 16. Apr 2014, 09:36 bearbeitet]
Giustolisi
Inventar
#2087 erstellt: 16. Apr 2014, 09:31

Sobald es Anhaltsspunkte dafür gibt, daß Homöopathie eben doch wirkt, setzt man sich weniger damit auseinander, sondern sucht sich sogleich Nebenkiegsschauplätze, um die Homöopathe zu diskreditieren.

Wo sind die Anhaltspunkte, die etwas Anderes sind, als eine unbelegte Behauptung?
So ein Anhaltspunkt wäre die Wirkung über den Placeboeffekt hinaus, oder eine Wirkung, die mit Placeboeffekt, Spontanheilung und anderen Einflussfaktoren nicht erklärbar wäre. Wohlgemerkt geht es um eine nachgewiesene Wirkung.
Schnuckiputz
Stammgast
#2088 erstellt: 16. Apr 2014, 10:08

Giustolisi (Beitrag #2087) schrieb:

Wo sind die Anhaltspunkte, die etwas Anderes sind, als eine unbelegte Behauptung?


Ich wundere mich schon ein wenig, daß Du Dich in unserem sog. Informationszeitalter weigerst, mal selbst zu recherchieren und auch nur das zur Kenntnis zu nehmen, was Hinz und Kunz ganz simpel im Internet zum Thema finden, z.B.:

http://www.hahnemann-congress.org/referent-campora.html

Ich ahne zwar, was nun kommt: Der Hinweis, daß die Forschungsergebnisse des Dr.med.Campora evtl. nicht allen wissenschaftlichen Anforderungen gerecht werden, zumal sie ja hier nicht komplett dokumentiert sind. Aber es ging ja in meinem Posting expressis verbis auch erstmal nur um Anhaltspunkte.
Giustolisi
Inventar
#2089 erstellt: 16. Apr 2014, 10:41

Ich wundere mich schon ein wenig, daß Du Dich in unserem sog. Informationszeitalter weigerst, mal selbst zu recherchieren

Ich fordere nur dazu auf, die eigenen Behauptungen zu belegen.

Ich ahne zwar, was nun kommt: Der Hinweis, daß die Forschungsergebnisse des Dr.med.Campora evtl. nicht allen wissenschaftlichen Anforderungen gerecht werden, zumal sie ja hier nicht komplett dokumentiert sind.

Hinter dem Link verbergen sich gar keine Forschungsergebnisse, sondern eine Liste mit Terminen zu Vorträgen.


[Beitrag von Giustolisi am 16. Apr 2014, 10:43 bearbeitet]
kammerklang
Stammgast
#2090 erstellt: 16. Apr 2014, 12:37

schnuckiputz schrieb:
Ist jedenfalls für mich irgendwie übersichtlicher als alles zu vermixen.

da stimme auch ich zu...
Apropos alles zu vermixen: bietet nicht der von Giustolisi konstruierte Fall ein hübsches Rezept, durch Vermixen von zusammenhanglosen Dingen sich eine Art umgekehrte Zwickmühle zu bauen, in der man durch Hin und Herschieben der Bezüge nach Belieben falsche oder richtige Zuschreibungen machen kann, um garantiert immer Recht zu behalten? Ich mixe zum Veranschaulichen mal konkret eine Wundsalbe und ein Homöopathikum (analog Bremsanlage und Scheibenwischer) ähnlich wie in Deinem Sportmedizinlink:

Wenn ich nach einer Sportverletzung eine Wundsalbe plus ein Homöopathikum gebe und die Hautabschürfung schneller heilt, war das Homöopathikum dafür verantwortlich, nicht (oder viel weniger) die Wundsalbe. Heilt es dagegen nicht schneller, hat die Wundsalbe die positive Wirkung des Homöopathikums zunichte gemacht und ist überdies bewiesen, dass im Gegensatz zum Homöopathikum die Wundsalbe nichts hilft... Heilt es allein mit Homöopathikum nicht schneller, hat der verordnende Arzt die Individualität des Falls falsch eingeschätzt, das falsche Homöopathikum eingesetzt oder übersehen, dass das Mittel im individuellen Fall hier leider nur komplementär unterstützende Wirkung haben kann. Heilt es auch allein mit der Wundsalbe schneller, wird dieser Effekt durch zusätzliche Gabe des richtigen Homöopathikums komplementär noch deutlich verstärkt werden... Usw. usw.

Man sieht, wie es auch kommt, nie muß ich akzeptieren, dass Homöopathie auch gar nichts bringen könnte, ich kann es mir immer passend zurechtschieben, womit für manche unkritischen Geister ihre Wirksamkeit hinreichend belegt ist. Und wenn das nicht genug überzeugt, baue ich nach Belieben weiter immer nur scheinbar andere, in Wahrheit aber strukturgleiche Situationen auf, in denen ich stets eine ausreichende Zahl von Deutungsmöglichkeiten in meinem homöopathischen Sinn finden kann, zwischen denen ich immer hübsch hin- und herhüpfe. Denn wen man nie auf einen Irrtum festnageln kann, der muß ja im Umkehrschluß wohl immer Recht haben...

Am Ende solcher Argumentationsmuster steht letztlich wohl immer eine Art von unwiderlegbarem Solipsismus, wie ihn ja schon pigpreast in seinem Gedankenexperiment beschrieb, nur das man diesen Solipsismus in einer Endlosschleife im Grunde immergleicher Ausweichmanöver gut verschleiert. Und allen, die das Bloßstellen und Aufklären wollen, kann man munter weiter hin und herhüpfend abwechselnd Hetze, niedere Beweggründe, Neid oder Voreingenommenheit oder mangelnde Bereitschaft, sich mit Einzelfällen zu beschäftigen, unterstellen. Dass Solipsismus aber nicht ein Zeichen von Stärke, sondern von getarnter Schwäche ist, ist im Zeitalter von Egomanie und Egoismus mit seiner latenten Forderung, jeder möge bitte zunächst anstreben irgendwie zum alpha-Tier zu werden, wohl nicht mehr jedem unmittelbar einsichtig.

Der Unterschied der verschiedenen Ansätze von Wissenschaft und Homöopathie (oder Parawissenschaft) besteht darin, dass in wissenschaftlichen Experimenten alles daran gesetzt wird, Mehrdeutigkeiten auszumerzen, statt sie geschickt für subjektive Wunschvorstellungen zu instrumentalisieren.


[Beitrag von kammerklang am 16. Apr 2014, 12:56 bearbeitet]
tomtiger
Administrator
#2091 erstellt: 16. Apr 2014, 13:26
Hi,


juergen1 (Beitrag #2073) schrieb:
Oder meintest Du mit Hilfe eine pekuniäre, weil man als Homöopath oder Homöopathikumhersteller sein Einkommen erzielt?


ich differenziere da nicht. Ich bin mir sicher, dass gerade herstellerseitig man halt die Augen vor der Realität verschliesst.

Bei Esoterik jeder Art, auch Hifi. Ich bin sicher, es gibt viele Händler und Hersteller, die wissen, dass ihr Kabel nix bringen. In Zeiten von Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit ist das nicht so verwerflich, finde ich.

Das heisst, es gibt sowohl Anwender, die sagen "Mir hilfts, ich frage nicht warum." und Händler die sagen "Es wird gekauft, ich frage nicht ob es wirklich hilft.". Schlussendlich bekommt man auch in Apotheken Diätpillen, Nasensprays etc., statt dem Hinweis "Friss weniger, rauch nicht, mach Sport!".

Sehr problematisch wird es erst, wenn die potentiellen Kunden "proaktiv" auf den Unfug hingewiesen werden. Andererseits Wäscht Ariel auch weisser als weiss, daher ....

LG Tom
Pigpreast
Inventar
#2092 erstellt: 16. Apr 2014, 13:55
Ich glaube, wir können uns die Ausflüge auf Nebenschauplätze wie Sport- (=Wohlstands-) Medizin vs. Medizin in der Dritten Welt, fehlgedeutete Homöopathie vs. reine Hahnemannsche Lehre und Wer-macht-wie-gegen-wen-Stimmung-Vorwürfe im Prinzip sparen. Der für mich entscheidende Dreh- und Angelpunkt, (auch kammerklang deutet es mit seinem Beitrag erneut an) ist die Frage:

Wie kann ich mit Sicherheit von der Richtigkeit einer Theorie ausgehen, wenn ich noch nicht einmal weiß, wie ich ihre Irrtümlichkeit erkennen würde?


[Beitrag von Pigpreast am 16. Apr 2014, 14:08 bearbeitet]
tomi.s
Inventar
#2093 erstellt: 16. Apr 2014, 14:10

tomtiger (Beitrag #2091) schrieb:


Sehr problematisch wird es erst, wenn die potentiellen Kunden "proaktiv" auf den Unfug hingewiesen werden. Andererseits Wäscht Ariel auch weisser als weiss, daher ....

LG Tom

respekt für diese festellung
dabei sind aber auch beide seiten gemeint sowohl homöpathie und auch allgemein medizin....
es sind zu viele schwarze schafe unterwegs die nur am geschäft interressiert sind ...
das hauptproblem ist und bleibt der einfluß der pharmas und der politik die jede neue theorie an der gängigen meinung scheitern lassen

greetz
tomi.s
Inventar
#2094 erstellt: 16. Apr 2014, 14:24

Pigpreast (Beitrag #2092) schrieb:

Wie kann ich mit Sicherheit von der Richtigkeit einer Theorie ausgehen, wenn ich noch nicht einmal weiß, wie ich ihre Irrtümlichkeit erkennen würde?


indem man einer neuen theorie eine neutrale plattform anbietet um sie dann zu wiederlegen oder auch nicht....probieren geht über studieren, natürlich nur wenn man darf...

greetz
ZeeeM
Inventar
#2095 erstellt: 16. Apr 2014, 14:27
Man kann nur immer versuchen eine Theorie zu falsifizieren.
Giustolisi
Inventar
#2096 erstellt: 16. Apr 2014, 14:49

indem man einer neuen theorie eine neutrale plattform anbietet um sie dann zu wiederlegen oder auch nicht...

Darum geht es nicht. Woran würde man es erkennen, wenn ein homöopathisches Mittel unwirksam wäre?
hifi_angel
Inventar
#2097 erstellt: 16. Apr 2014, 15:43
Nach all den Meta-Diskussion nochmal konkret, was ist Homöopathie?

Im Weiteren nur eine kurze Betrachtung der "Kernkompetenz", die die Homöopathie reklamiert. Der Vorgang der Anamnese, die fachlich richtigen Dosierung etc. die mit zu dem "Handwerk" gehören sind ja nur dann wirksam wenn die „Kernkompetenz“ vorhanden ist.

Also vor 200 Jahren ist einem Hirn folgende Idee entsprungen.

( Schnuckiputz, korrigieren wenn ich es falsch aufgelistet haben sollte)

Sie lautet, anstelle der direkten Zuführung eines Wirkstoffs (chemischen Arzneien) wird dieser Wirkstoff zunächst mit Wasser verdünnt. Durch Schüttelschläge wird dabei die wie auch immer geartete "Information" des Wirkstoffes aktiviert / freigesetzt und der Verdünnungssubstanz (hier den Wasser Molekülen) übertragen. Weiteres Verdünnen und anschließendem Schütteln vermehrt die Information die freigesetzt wird. Dieser Vorgang wird auch Potenzieren genannt und wird öfters wiederholt, bis die gewünschte Konzentration der "Informationsmenge" (manchmal auch Energie genannt) erreicht ist. Am Ende ist der Ausgangswirkstoff kaum oder nicht mehr chemisch nachweisbar.

Nun wird also anstelle der direkten Zuführung der Wirksubstanz lediglich das "informierte" Wasser bzw. eine mit dem Wasser beträufelte Trägersubstanz ( z.B. Zucker) verabreicht.

Der empfangende Organismus "erkennt" die Information und löst dieselben biochemischen Abläufe aus, wie sie auch bei der direkten Zuführung der Wirksubstanz erfolgen würde.

An dieser Stelle besteht bei mir noch die Unklarheit warum das Ganze, was ist die Motivation? Ist es, dass der Organismus nicht mit der chemischen Substanz „belastet“ wird (also Vermeidung von Nebenwirkungen) sondern nur mit den gewünschten "positiven" Informationen angeregt wird, die dann erst die biochemischen Abläufe startet.

Dieser geschilderte Vorgang fußt weder damals noch heute auf gesichertes Wissen!

Es ist eine reine Annahme (Spekulation) oder konkreter eine Hypothese. Nicht mehr nicht weniger! Das gilt nicht nur für den gesamten Prozess, sondern auch für jeden einzelnen Vorgang in diesem Prozess. Es gibt keine Theorie, für keinen Vorgang!

Nun kann aus einer Hypothese ja eine Theorie werden, wenn nach wissenschaftlichen Standards eine empirische Überprüfung (Verifizierung) diese Hypothese bestätigt. Dazu müsste noch nicht einmal jeder einzelner Schritt zu einer Theorie werden man könnte sie ja zunächst einmal postulieren. Andererseits lässt sich auch kein einzelner Schritt auf diese Art verifizieren.

Es ist und bleibt auch nach 200 Jahren eine Hypothese oder deutlicher, eine reine Spekulation um es freundlich zu formulieren.


[Beitrag von hifi_angel am 16. Apr 2014, 15:47 bearbeitet]
tomi.s
Inventar
#2098 erstellt: 16. Apr 2014, 16:49

Giustolisi (Beitrag #2096) schrieb:

indem man einer neuen theorie eine neutrale plattform anbietet um sie dann zu wiederlegen oder auch nicht...

Darum geht es nicht. Woran würde man es erkennen, wenn ein homöopathisches Mittel unwirksam wäre?


deine frage würde sich doch selbst beantworten wenn die plattform dafür existieren würde ....
solange plazebo + xy beim pazienten eine besserung erzeugen wo konventionelle therapien nicht mehr helfen dann interressiert das den patienten nicht die bohne...
nochwas,wenn die schulmedizin nicht so stark abhängig forschen und handeln würde dann hätten wir heute nicht diese diskussion....

greetz
Giustolisi
Inventar
#2099 erstellt: 16. Apr 2014, 17:04

solange plazebo + xy beim pazienten eine besserung erzeugen wo konventionelle therapien nicht mehr helfen dann interressiert das den patienten nicht die bohne...

das problem ist, dass von vielen Seiten Heilung versprochen wird. Der Voodoo Proester wird genau so auf seine Methoden schwören und Einzelfälle nennen können, in denen seine Behandlung geholfen hat. Wer zum Voodoo Priester geht weil er krank ist, interessiert sich auch nicht dafür, ob es rational erklärbar ist. Das gilt für Voodoo und Homöopathie genau so wie für alle anderen obskuren Behandlungsmethoden.
ZeeeM
Inventar
#2100 erstellt: 16. Apr 2014, 17:16
Die Frage ist, sind kausale Zusammenhägne zweifelsfrei nachweisbar? Wenn nicht, kann Beliebiges als Ursache angenommen werden.
Giustolisi
Inventar
#2101 erstellt: 16. Apr 2014, 17:47

ZeeeM (Beitrag #2100) schrieb:
Die Frage ist, sind kausale Zusammenhägne zweifelsfrei nachweisbar? Wenn nicht, kann Beliebiges als Ursache angenommen werden.

Ganau. Und dazu müssen anderweitige Einflüsse ausgeschlossen werden. Dazu kann man eine Doppelblindstudie mit Placebogruppe nehmen.
tomtiger
Administrator
#2102 erstellt: 16. Apr 2014, 18:23
Hi,


tomi.s (Beitrag #2098) schrieb:
solange plazebo + xy beim pazienten eine besserung erzeugen wo konventionelle therapien nicht mehr helfen dann interressiert das den patienten nicht die bohne...


soweit so gut, das Problem dabei ist, dass eben nicht nur das behandelt, wird, wo konventionelle Therapien versagen, sondern alles, insbesondere auch das, was mit konventionellen Therapien leicht und weitgehend nebenwirkungsfrei behandelbar ist!

Das wiederum impliziert, dass die Esoterik viele Menschen von einer erfolgreichen Behandlung abhält, und zwar eine Behandlung, die deutlich erfolgreicher ist, als Placebo & Co.

Das Witzige ist ja, dass die Esoterik nie versagt! Schnucki hat ja geschrieben, wenn das von ihm verordnete Homöopathikum nicht hilft, war es eben das falsche, und er muss ein anderes suchen. Wäre das richtige Medizin, hätte man schon längst vom "Versagen der Medizin" gesprochen.

LG Tom
hifi_angel
Inventar
#2103 erstellt: 16. Apr 2014, 18:44
Das zentrale Wirkprinzip bei der Homöopathie ist exakt das Selbe wie bei dem sogn. "Grandel-Wasser". Wasser wird informiert und speichert die Informationen. Bei Einnahme "liest" der Organismus sie wieder aus startet darauf hin gesund machende. vitalisierende biochemische Prozesse.

Das eine ist Esoterik und das andere nicht? Beide können ihre Wirkung nicht wissenschaftlich nachweisen und stellen dieselbe Hypothese auf!

----
P.S. Ich glaube, viele nehmen an, dass bei der Homöopathie nur die Dosis der Wirksubstanz durch das Verdünnen reduziert wird (also das sprichwörtliche "in homöopathischer Dosis") und dann nach dem Motto wenig hilft viel (besser) wirkt. So ist es aber nicht, die Wirkkette geht über das oben erwähnte "informierte" Wasser.


[Beitrag von hifi_angel am 16. Apr 2014, 21:07 bearbeitet]
Jakob1863
Gesperrt
#2104 erstellt: 16. Apr 2014, 20:38

Mimi001 (Beitrag #2035) schrieb:
@
Jakob
Was willst Du uns denn mit den Namen sagen, bspw. mit Klaus Linde?


Kurz gesagt- damit wird gezeigt, daß die Behauptung, das angesprochenen Korrektiv gebe es nur "für" die Homöopathie (also nicht "in" der Homöopathie), ebenfalls falsch ist.
Denn sie basierte auf der Behauptung, sog. "systematic reviews" und Meta-Analysen würden nur von Homöopathiekritikern nicht aber von "der Homöopathie" resp. Homöopathen durchgeführt.

Auslöser war ein Beitrag ZeeeMs mit Link zu einem Sternartikel zur "Tamiflu-Lage", der wiederum auf dem "cochrane systematc review" basierte, und der Frage, wo denn in der Homöopathie dieses Korrektiv sei.
Ich antwortete darauf, daß dieses Korrektiv eben durch die, schon in früheren Beiträgen erwähnten Meta-Analysen resp. systematic reviews, gegeben sei und dies eben auch in der Homöopathie.
Den darauffolgenen Beitrag von tomtiger hatte ich im letzten Beitrag zitiert.

Nach "Erkenntnissen" tomtigers ist Linde ein Esoteriker, "der einen Weg gefunden hat, durch Manipulation Ergebnisse falsch zu interpretieren" , wie üblich nicht durch Fakten untermauert. Ich bin ein bißchen überrascht, daß diese Behauptung keine (erstaunte) Nachfrage bei dir auslöste.



Linde sagt selber, dass er von den "Homöopathen" missbraucht wurde,
O-Ton Linde:
"Unsere Meta-Analyse von 1997 wurde unglücklicherweise von Homöopathen als Beleg dafür missbraucht, dass die Wirksamkeit ihrer Therapie bewiesen sei. Wir stimmen zu, dass die Homöopathie höchst unplausibel ist, und dass die Belege aus placebokontrollierten Studien nicht überzeugend sind."


In Beitrag #1751 hatte ich die Interpretation der Autoren bereits zitiert:


The results of our meta-analysis are not compatible with the hypothesis that the clinical effects of homoeopathy are completely due to placebo. However, we found insufficient evidence from these studies that homoeopathy is clearly efficacious for any single condition.
Further research on homoeopathy is warranted provided it is rigorous and systematic.


Der von dir verlinkte Beitrag (sueddeutsche.de) zeigt- zumindest teilweise- wieder einmal, daß man der Sekundärliteratur skeptisch gegenüberstehen, und, wo immer möglich, einen Blick in die jeweiligen Originalbeiträge werfen.sollte.

Denn dem Absatz, den du zitiert hast, ist jetzt nicht mehr anzusehen, daß Linde ihn in seinem Brief an den Lancet so nicht geschrieben hat. Stattdessen kam in seinem Brief der zweite Satz zuerst, und leitete mit dem folgenden seine Kritik an Shangs Arbeit (und dem Umgang des Lancets mit Shangs Artikel) ein:

We agree that homoeopathy is highly implausible and that the evidence from placebo-controlled
trials is not robust. However, there are major problems with the way Shang and colleagues present and discuss their results, as well as how The Lancet reviewed and interpreted this study.
We will point out two.


Es folgt über mehrere Absätze hinweg die mE gut begründete Kritik an Shangs Arbeit (die teilweise durch später auf der Webseite des Autoreninstituts nachgereichte Infomrationen Berücksichtigung fand) und dann schreibt Linde:

Given these limitations, Shang and colleagues’ conclusion that their findings “provide support
to the notion that the clinical effects of homoeopathy are placebo effects” is a significant overstatement.


und schreibt dann (und hier taucht dann der erste Satz aus dem von dir zitierten Absatz auf):

The Lancet should be embarrassed by the Editorial that accompanied the study. The conclusion that physicians should tell their patients that “homoeopathy has no benefit” and that “the time has passed for. . . further investment in research” is not backed at all by the data. Our 1997 metaanalysis
has unfortunately been misused by homoeopaths as evidence that their therapy is proven. We now
find it extremely disappointing that a major medical journal misuses a similar study in a totally uncritical and polemical manner. A subversive philosophy serves neither science nor patients.


Die wirkliche Intention Lindes wird mE durch die Darstellung in der süddeutschen ziemlich verzerrt.

Das die Homöopathie (bzw. ihr Erklärungsansatz) nicht plausibel erscheint, ist ja keine neue Erkenntnis und führte auch schon in der ersten Meta-Analyse von 1991 (Kleijnen; Knipschild und ter Riet) zu dem recht bemerkenswerten Eingeständnis:

The amount of positive evidence even among the best studies came as a surprise to us. Based on this evidence we would be ready to accept that homoeopathy can be efficacious, if only the mechanism of action were more plausible.


Die Arbeit stammt erknnebar aus den Anfängen der EBM, das Instrument der Meta-Analyse war noch nicht ausgefeilt und die Qualität der damals zur Verfügung stehenden Studien eher (noch?) geringer.



Edit:
Die letzte Meta-Studie ( Australien 2014) kommt auch zu dem Ergebnis, dass die Homöopathie keinen beweisbaren Effekt zeige / habe:
Klick


Die begleitende Information ist recht umfangreich; wenn ich es beim ersten Überfliegen richtig verstanden habe, basiert auch diese Studie überwiegend auf einem "systematic review" der bereits bekannten anderen Meta-Analysen und Reviews, die Einschlußhürde für die Aufnahme zusätzlicher Studien war hoch (eine Studie muß einen Stichprobenumfang von >150 haben), es fand also keine Neubewertung der zugrundeliegenden Studien statt.

Aber aus der iwzischen vorliegenden Diskussion ist bekannt, daß es verschiedene Möglichkeiten gibt, durch entsprechende Ein- und Ausschlußkriterien, oder die Anwendung neuerer/anderer Auswertungsmethoden aus dem immer gleichen auszuwertenden Grundbestand an Studien, sehr unterschiedliche Beurteilungen zu generieren.

Linde war z.B. der Ansicht, daß er und seine Mitautoren 1997 mögliche Publikationsbiaseffekte nicht ausreichend berücksichtigt hätten (also den Wirkeffekt überschätzt), nachdem er die neuere Auswertungsmethodik von Shang bzw. Egger sah, Lüdtke und Stratten zeigten, daß es mit Shang/Eggers Auswertungsart ebenfalls unterschiedliche Auswertungsergebnisse geben kann und Hahn kam zu dem Schluß, daß bei den negativ ausfallenden Übersichten und Metanalysen eine gewisse Voreingenommenheit der Autoren bei der Auswahl der Studien und Instrumente zum Tragen kam.


[Beitrag von Jakob1863 am 16. Apr 2014, 20:55 bearbeitet]
Schnuckiputz
Stammgast
#2105 erstellt: 16. Apr 2014, 22:09

tomtiger (Beitrag #2102) schrieb:
Schnucki hat ja geschrieben, wenn das von ihm verordnete Homöopathikum nicht hilft, war es eben das falsche, und er muss ein anderes suchen. Wäre das richtige Medizin, hätte man schon längst vom "Versagen der Medizin" gesprochen.
LG Tom


Aus diesem einzelnen Zitat solltest Du aber nun bitte nicht ableiten, daß ich von einer prinzipiellen Irrtumslosigkeit der Homöopathie ausgehe. Das wäre ja schon eine Art Unfehlbarkeitsdogma, das mir völlig fremd ist. Ich habe doch in anderen Beiträgen klar gesagt, daß in manchen Bereichen die Schulmedizin der Homöopathie klar überlegen ist. Das heißt doch im Umkehrschluß, daß dort die Homöopathie entweder prinzipiell ungeeignet ist oder versagt oder allenfalls unzureichende Ergebnisse bringt.

Da Homöopathie eine ziemlich kompliziertes System ist, macht es für mich auch keinen Sinn, sie generell, also z.B. auch gleich bei banalen Befindlichkeitsstörungen einzusetzen. Bei einem ganz gewöhnlichen Husten bei einer Erkältung kann man auch erst mal Thymian oder Efeu (Prospan o.ä.) einsetzen. Oder bei Zahnfleischreizung/-entzündung Salbei. Es führen manchmal einige Wege nach Rom, und man muß im Einzelfall schauen, welcher Weg voraussichtlich der beste sein wird. Denn es geht doch nicht darum, den Kranken der Therapie anzupassen, sondern die für den Kranken optimale Therapie zu erarbeiten.
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