Wellige Platten „plätten“ : Erfahrungsbericht

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Bepone
Inventar
#1 erstellt: 07. Okt 2008, 11:07
Hallo allerseits,

aus aktuellem Anlass möchte ich an dieser Stelle einmal meine Erfahrungen mit dem Schallplatten - Plätten im Backofen berichten und gleichzeitig um weitere Anregungen bitten.
Ich denke, dieses Thema dürfte viele Schallplattenhörer interessieren, da stärker gewellte Schallplatten ja auch häufiger auftreten. Vor allem falsch gelagerte Platten haben oft dieses Problem.

Mein Anlass war eine Maxi (30cm). Die war so stark gewellt, dass der Tonabnehmer sprang, begünstigt durch die hohe erforderliche Umdrehungsgeschwindigkeit von 45rpm (bei 33rpm trat kein Springen auf).
Die Schallplatte sprang sowohl im Dual 1246 mit Dual DMS 242E als auch im Kenwood KD3100 mit Denon DL-160.
Da ich also nichts zu verlieren hatte, probierte ich zum erstenmal aus, diese Platte im Backofen zu glätten.

Der Versuchsaufbau:
- zuunterst liegt eine Glasplatte ca. 32x32cm, 3mm Stärke in der Mitte des Backofens auf dem Backofenrost
- darauf kommen zwei Lagen Zeitungspapier, auf die Größe der Schallplatte zurechtgeschnitten mit Ausschnitten fürs Plattenlabel
- darauf die Schallplatte
- auf der Schallplatte wieder zwei Lagen Zeitungspapier (s. Punkt 2)
- darüber eine Glasplatte ca. 34x34cm, 4mm Stärke
- ganz oben noch zwei weitere Glasplatten zur Beschwerung; Gesamtmasse auf der Schallplatte ca. 3,6kg
- Schallplatte und Glasplatten natürlich einwandfrei sauber

Versuchsbedingungen:
- das ganze liegt in einem E-Backofen mit Umluft
- „Back“-Temperatur im Bereich zwischen 45 und 48°C (bedingt durch die Trägheit des Regelthermostates); Kontrolle mit zwei Thermometern
- Backzeit 3 Stunden
- anschließende langsame Abkühlung durch Ausschalten der Backofenheizung und Belassen der ganzen Vorrichtung im Backofen über Nacht


Ergebnis: Nicht zufriedenstellend! An der Welligkeit der Schallplatte hat sich absolut nichts geändert, sie ist nach wie vor nicht abspielbar (Tonabnehmer springt über die Wellen).

Nun frage ich mich natürlich, warum die Schallplatte nicht plan geworden ist oder zumindest abspielbar.
Hat jemand positive Erfahrungen mit dieser Methode gemacht und kann mir entsprechende Verbesserungsvorschläge geben?

Die Parameter, die verändert werden können, sind ja: Gewicht auf der Platte, Zeitdauer des Backvorganges, Backtemperatur und Abkühlvorgang. Wo kann man hier ansetzen?
Oder ist diese Methode generell nicht geeignet, verzogene Schallplatten eben zu bekommen bzw. gibt es Fälle, bei denen das nicht funktioniert?


Ich freue mich über jeden Kommentar oder Verbesserungsvorschlag!


Gruß
Benjamin
Pilotcutter
Administrator
#2 erstellt: 07. Okt 2008, 11:22
Hast Du's mal mit warmen Wasser versucht?
Ich habe bei "brutalem" Waschen unterm Wasserhahn gemerkt, dass unter Einfluss von warmen Wasser die Platten ganz schon "weich" bzw flexibel werden. Es ging bei mir nicht um wellige Platten glätten, aber ich hätte sie wegen des warmen Wassers "wellen" oder verbiegen können.

Man muss ja irgendwie der Platte Hitze zuführen, sei's durch Backofen oder Wasser. Wenn die "Welle" mit bloßem Auge erkennbar ist, kannst Du ja bei der Warmwasserbehandlung die Platte in die Gegenrichtung der Welle "biegen".

Wenn Leitungswasser dann nachher natürlich flugs nochmal reinigen, bevor sich Kalk und sonstige Mineralien absetzen.

Ich könnte mir vorstellen (entschuldige, leider nur vorstellen), dass wenn Du nur Druck unter Wärme (Backofenverfahren) auf die Platte gibst und dabei der Druck nur auf die ebene Fläche wirkt, brauchst Du mehr Zeit.
Effizienter könnte es sein einen leichten Druck negativ zur Biegung aufzubauen. Ebenfalls unter Wärme.

Das Verfahren ohne negativ zur Plattenwellung wirkenden Druck könnte lediglich durch den Faktor Zeit was werden.
Viell eine Einspannvorrichtung bauen mit Klemmzwingen o.ä. und dann für 6 Wochen in den Heizungskeller?

Also, Wärme und Druck sind auf alle Fälle die beiden Helfer. Gilt nur herauszufinden in welchem Maß.


[Beitrag von Pilotcutter am 07. Okt 2008, 11:53 bearbeitet]
Rillenohr
Inventar
#3 erstellt: 07. Okt 2008, 13:16
Ich bin schon häufig nach der Backofenmethode vorgegangen, und es hat im Großen und Ganzen immer funktioniert.

Backtemperatur knapp 50 Grad nach der Skala am Ofen, also nicht einmal mit Thermometer kontrolliert.
Stellung auf Umluft, Backzeit 1 Std, langsame mehrstündige Abkühlung.
Zwei Glasplatten (32cm x 32cm x 4mm dick), ein Stein mit einem Baumwolltuch oben zur Beschwerung. Zwischen Glasplatten und Schallplatte eine Lage Backpapier.

Klar, dass sich nicht alle Platten gleich gut plätten lassen. Das hängt mit Sicherheit vom Vinyl ab. Aufs Zentel genau eben wird das nie. Aus manchen großen Wellen, werden oft nur kleinere. Bisher waren meine Ergebnisse aber immer besser als vorher.

Die einzigen Negativerfahrungen habe ich mit alten Decca-Platten gemacht, auf denen zeichneten sich winzige Druckstellen ab.
Bepone
Inventar
#4 erstellt: 07. Okt 2008, 20:30
Hallo Pilotcutter und Rillenrohr,

danke für eure Beiträge!

@Pilotcutter: Ich habe einmal festgestellt, dass sich LPs in der Knosti verziehen, wenn man warmes Reinigungsmittel verwendet. Nach der Abkühlung allerdings gehen sie wieder in den Ursprungszustand zurück. Man kann allerdings mal versuchen, gezielt Druck auszuüben; wird aber schwierig das halbwegs genau hinzubekommen, da die Platte ja in der Luft hängt. Einen Versuch ist's allemal wert.
Das man mit der Backofenmethode Zeit braucht, ist richtig. Das Vinyl wird unter Temperatur und Druck nur langsam "kriechen"; das Phänomen tritt eigentlich bei allen Kunststoffen auf, auch bei weichem Metall (z.B. Alu). Eine Biegung über Null würde natürlich das ganze beschleunigen, ist aber schwer realisierbar (ich wüsste nicht, wie), wenn man das ganze genau hinbekommen will.

@Rillenrohr: Da du stets einen Effekt feststellen konntest, ist mir rätselhaft, warum das ganze bei mir nicht geklappt hat. Die Wellen sind auch nicht ansatzweise verschwunden (aufs Zehntel kommt es mir ja gar nicht an).
So wie ich das sehe, hast du fast den gleichen Aufbau wie ich. Du scheinst aber gar keinen Ausgleich fürs Plattenlabel zu verwenden, und es funktioniert trotzdem?
Allerdings hast du zwei Unbekannte: Die Temperatur und das Gewicht über den Platten.
Ich kann mir nämlich vorstellen, dass ein Backofenthermostat nicht gerade aufs Grad genau arbeitet. Vielleicht bist du nur ein kleines Stück über 50°C und das macht schon den Ausschlag. Ich musste z.B. fast 60°C einstellen, um auf knapp 50 zu kommen.
Wenn du noch das Gewicht deiner Glasplatte und des Steines über der Schallplatte messen könntest (Personenwaage), würde mir das schon sehr helfen! Dann habe ich nämlich einen Ansatzpunkt, ab welchem Gewicht das funktioniert.
Dass du nämlich nur 1 Stunde heizt und ich 3 Stunden, und bei mir ist nichts passiert, gibt mir schon zu denken.


Gruß
Benjamin
Rillenohr
Inventar
#5 erstellt: 07. Okt 2008, 22:43
Kann im Moment das Gewicht leider nicht feststellen, da ich an anderem Wohnsitz weile. Was die Glasplatte wiegt, kann man leicht ausrechnen, wenn ein Tabellenbuch vorhanden.
Den Stein schätze ich auf ca. 400g.
Ich denke, dass das Gewicht relativ unerheblich ist. Es muss lediglich ausreichen, die Platte eben zu halten. Ich hatte bei mir den Eindruck, eine Glasplatte allein reicht dafür nicht. Aber mehrere oder eine 10mm dicke dürften völlig ausreichen. Man sieht ja, ob die Platte auch richtig platt ist.

Ich hab das ganze zuerst mit einer ausgemusterten LP getestet. Nachdem es funktioniert hat, habe ich einfach so weiter gemacht, ohne den ein oder anderen Parameter genauer zu ermitteln. Das schien mir nicht notwendig.

Ich habe sogar schon bis zu drei Platten aufeinander geplättet, mit Papier dazwischen. Ebenfalls mit Erfolg. Obgleich ich den Eindruck habe, dass sich der gewünschte Effekt bei einer einzelnen besser einstellt.

Einen Ausgleich fürs Plattenlabel verwende ich nicht.

Vielleicht solltest du die Prozedur mit den genannten Einstellungen - die theoretisch ja ok sind - einfach mal mit einer anderen Scheibe wiederholen.


[Beitrag von Rillenohr am 07. Okt 2008, 22:58 bearbeitet]
killnoizer
Inventar
#6 erstellt: 17. Okt 2008, 18:52
Ich würde sie nur in Backpapier legen , faltenfrei natürlich , die Temperatur erhöhen aber die Zeit deutlich verkürzen ( 5 - 10 Minuten und dann zwischen kalten Platten pressen .

Denke mir das die Kälte es möglich macht weniger Druck aufzuwenden .

Hat bei meiner extrem verwellten Plattentellerauflage super geklappt .
Bepone
Inventar
#7 erstellt: 17. Okt 2008, 19:26
Hallo,

danke euch für eure Tips!

Ich werde mal noch ein paar entsprechende Versuche machen (sowie ich Zeit dazu finde) und dann an dieser Stelle auch berichten, was herauskommt.


Gruß
Benjamin
Loskoczos
Ist häufiger hier
#8 erstellt: 27. Jul 2010, 20:43
Bei mir hat sich die platte exrem verwellt als ich sie in den backofen getan habe und nun ist sie ganz hin >.<
Bepone
Inventar
#9 erstellt: 27. Jul 2010, 21:25
Aha, knapp zwei Jahre ist das hier schon wieder her?
Hat sich einiges getan in der Zeit...


Was das Plätten von Schallplatten angeht, habe ich in der Zeit allerdings keine weiteren Versuche unternommen.


Gruß
Benjamin
WBC
Gesperrt
#10 erstellt: 09. Nov 2015, 19:56
Hallo all,

aus aktuellem Anlass habe ich mal die Sufu bemüht und bin auf diese Leiche hier gestossen...

Ich hab wieder mal Glück gehabt und bei ebäh drei Scheiben erstanden - eine ok, eine davon total zerkratzt - unbrauchbar, und eine sieht aus wie die Ausläufer des Sauerlandes - mindestens 5-6 mm Höhenschlag auf einen Aussenumfang von ca. 15 cm - um hier zu bestehen, müsste ein TA schon Enduroqualitäten aufweisen - also somit Kernschrott und bestimmt nix mehr für mein schönes AT...

Also hier gelesen und -

1. bin ich ein ungeduldiges Menschenkind (das muss was mit der schwindenden Restlebenszeit zu tun haben, auch rote Fussgängerampeln tu ich mir nicht mehr an...) und
2. hab ich keine Glasplatten oder so'n Zeugs da...

Also als alter Metaller mal scharf nachgedacht:

eine Platte, die wellig ist, hat irgendwo Wärmespannungen abgekriegt - und genau diese brauche ich auch, um das Dingen wieder gerade zu kriegen - alles genauso wie bei meinen geliebten Eisenrohren...

Und jetzt war alles ganz einfach - die Platte auf einen alten Plattenspieler gelegt - den 1500Watt- Reiseföhn hervorgeholt, einen Teelicht - Ständer aus Glas dazu (die schicken von TCM...) und ab dafür - die Platte/den Plattenteller schön drehen und dabei mit dem Föhn auf volle Kanne gleichmässig erhitzen - Abstand zur Platte ca. 10 cm - wenn es der Scheibe zu heiss wird, kommt die Welle schlagartig richtig hoch... - dann die Stelle grosszügig rundum erwärmen und dann genau an der Stelle den Teelichthalter drauf - und nun abwarten und die Geschichte kalt werden lassen...Teelicht runter und siehe da - der Schlag ist halbiert...

Also nun Platte umgedreht und das Ganze nochmal - gleichmässig erhitzt - dann das Teelicht auf die entgegengesetzte Amplitude der Welle und - abkühlen lassen - hierbei die Fingers (in Ermangelung eines Plattengewichtes - das wäre hier optimal...) auf das Label und schön gleichmässig runterdrücken, da es nämlich hoch will...jetzt festhalten und abwarten - keinesfalls pusten oder so...und nun - dreht die Platte auf dem 1610 unter dem AT Ihre Runden und spielt, als wenn es nie ein Sauerland gegeben hätte...

Fazit: es kann alles so einfach sein...

LG Carsten
Compu-Doc
Inventar
#11 erstellt: 09. Nov 2015, 20:26
Eine sehr interessante Alternative zu den Glasplatten.



Sollte ich einmal eine wellige Scheibe haben, kommt der Fön zum Einsatz
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