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Was hört Ihr gerade jetzt? (Klassik !!!)

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premierenticket
Stammgast
#9930 erstellt: 20. Feb 2012, 14:28

FabianJ schrieb:
Bei mir läuft auch gerade Schubert



Für mich die schönste Veröffentlichung in 2011...

Gruß
Christian
FabianJ
Inventar
#9931 erstellt: 20. Feb 2012, 14:58
Für mich steht es da in Konkurrenz mit der Bach-Box von Café Zimmermann und der Zelenka-Doppel-CD von Collegium 1704, die ich alle gleich toll finde.
War von den Musikveröffentlichungen her jedenfalls kein schlechtes Jahr.
DetM.
Stammgast
#9932 erstellt: 20. Feb 2012, 18:26
amazon.de

Mahler - Sinfonie 5

CSO, Solti

.
FabianJ
Inventar
#9933 erstellt: 20. Feb 2012, 23:17
jpc.de
La Suave Melodia: Performance Practice in Italy 1600-1660
Ensemble Badinerie: Rahel Stoellger (Blockflöte), William Dongois (Zink), Christian Beuse (Dulzian), Alexander Weimann (Cembalo, Positiv) Karl-Ernst Schröder (Theorbe, Barockgitarre)


Leichte, nur selten mehr als 3 Minuten dauernde, Instrumentalstücke verschiedener mir nicht so geläufiger italienischer Komponisten des 17. Jahrhunderts. Den Bezeichnungen nach, scheinen einige Stücke als Vokalwerke mit Instrumentalbegleitung gedacht zu sein. Ich finde die Musik ganz angenehm zu hören.

Mit freundlichem Gruß
Fabian


[Beitrag von FabianJ am 20. Feb 2012, 23:37 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#9934 erstellt: 22. Feb 2012, 20:29
Liszt - Klavierkonzerte - Barenboim/Boulez - mehr Barenboim als Boulez, letzterer wohl primär aus Verbundenheit zu Barenboim mit an Bord. Die beiden Konzerte sind brillant gespielt, nur an ganz wenigen Stellen merkt man auch Barenboim an, dass er dieses Jahr 70 wird. Klanglich ist die BluRay ein Hochgenuss, sehr realistisch eingefangenes Klangbild mit einer extrem hohen Detailtreue. Die Wagner Stücke "Faust Ouvertüre" und "Siegfried Idyll" runden das Bild ab, stehen für mich aber hier nicht im Vordergrund.

jpc.de
FabianJ
Inventar
#9935 erstellt: 23. Feb 2012, 14:08
Boulez und Liszt? Passt das zusammen? Ich kenne den Dirigenten mit Werken Bartók- und Strawinski und da passt seine kühle Art meiner Meinung nach gut, aber bei Romantikern wie Liszt?

amazon.de
Jean-Philippe Rameau
Suite aus „Castor et Pollux“
L’Orfeo Barockorchester, Michi Gaigg (Leitung)


Was? 17,99 EUR? Als ich die CD am Sonntag kaufte war sie noch 11 Euro teurer? O_o

Die CD war zwar definitiv kein Schnäppchen, aber die Musik ist wirklich schön. Von Les Élémens dürfte es auch die einzige SACD-Aufnahme auf dem Markt sein. Ich höre nur die Stereo-Fassung und auch an dieser gibt es klanglich nichts auszusetzen.

Tamborins habe ich bisher nur in der französischen Barockmusik gehört. Die kamen zu der Zeit wohl hauptsächlich dort zu Einsatz!?
flutedevoix
Stammgast
#9936 erstellt: 23. Feb 2012, 16:26

FabianJ schrieb:
jpc.de
La Suave Melodia: Performance Practice in Italy 1600-1660
Ensemble Badinerie: Rahel Stoellger (Blockflöte), William Dongois (Zink), Christian Beuse (Dulzian), Alexander Weimann (Cembalo, Positiv) Karl-Ernst Schröder (Theorbe, Barockgitarre)


Leichte, nur selten mehr als 3 Minuten dauernde, Instrumentalstücke verschiedener mir nicht so geläufiger italienischer Komponisten des 17. Jahrhunderts. Den Bezeichnungen nach, scheinen einige Stücke als Vokalwerke mit Instrumentalbegleitung gedacht zu sein. Ich finde die Musik ganz angenehm zu hören.

Mit freundlichem Gruß
Fabian



Ich denke, die eingespielten Kompositionen sind alle genuin instrumental. Ich habe die CD auch, allerdings momentan nicht vorliegen. Um absolute Gewissheit zu haben, müßte ich mir die Titel noch einmal genau ansehen.
Die Stücke spiegeln die Zeit der Entsteung einer genuin instrumentalen Musik wieder, die zudem noch von einer gewissen Virtuosität lebt. Titel wie Canzona sind übrigens als Synonym zu Sinfonia oder Sonata anzusehen und sind kein Hinweis auf Vokalmusik oder auf vokal konzipierte Musik.
Die CD ist sehr schön, vor allem William Dongois am Zink ist hervorragend! Aber auch meine Kollegin Rahel Stoellger weiß mit nuanciertem und differenziertem Spiel zu überzeugen.
flutedevoix
Stammgast
#9937 erstellt: 23. Feb 2012, 16:31
jpc.de

Ich höre gerade eine CD mit vokaler Musik von Leonhardt Lechner, interpretiert vom Ensemble Cantus Cölln unter Konrad Junghänel. Mir scheint, neu gibt es die CD nur noch in dieser Box.

Die Musik Lechners ist ausdrucksstark und tief empfunden. Sie kommt ohne Virtuosität aus, die Stimmführung ist kunstvoll einfach. Genau diese Aspekte arbeitet Cantus Cölln mit einer zurückgenommenen und dadurch intensiven Darstellung heraus.

Eine sehr empfehlenswerte CD, auch wenn man Lechner jenseits seines "Mega-Hits" "Gott b'hüte Dich" kenne lernen will!
arnaoutchot
Moderator
#9938 erstellt: 23. Feb 2012, 16:33

FabianJ schrieb:
Boulez und Liszt? Passt das zusammen? Ich kenne den Dirigenten mit Werken Bartók- und Strawinski und da passt seine kühle Art meiner Meinung nach gut, aber bei Romantikern wie Liszt?


Die Frage muss eher lauten, wie Barenboim und Liszt zusammenpassen, und das tun sie. Möglicherweise hätte das Barenboim auch ohne Dirigenten hingekriegt.
FabianJ
Inventar
#9939 erstellt: 23. Feb 2012, 19:27
Barenboim kenne ich als Pianisten noch nicht so gut. Ich habe von ihm vor längerer Zeit mal eines der Brahmskonzerte gehört, ohne von der Aufnahme noch genauere Erinnerungen zu haben.


flutedevoix schrieb:

Ich denke, die eingespielten Kompositionen sind alle genuin instrumental. Ich habe die CD auch, allerdings momentan nicht vorliegen. Um absolute Gewissheit zu haben, müßte ich mir die Titel noch einmal genau ansehen.
Die Stücke spiegeln die Zeit der Entsteung einer genuin instrumentalen Musik wieder, die zudem noch von einer gewissen Virtuosität lebt. Titel wie Canzona sind übrigens als Synonym zu Sinfonia oder Sonata anzusehen und sind kein Hinweis auf Vokalmusik oder auf vokal konzipierte Musik.
Die CD ist sehr schön, vor allem William Dongois am Zink ist hervorragend! Aber auch meine Kollegin Rahel Stoellger weiß mit nuanciertem und differenziertem Spiel zu überzeugen.


Also ist es doch keine Vokalmusik, danke für die Infos.

Falls mir bei meine Musikdateien kein Fehler unterlaufen ist, spielt Frau Stoellger auf der CD auch mit. Hier allerdings Blockflöte.

*edit:
Man sollte, wenn man auf dem Sprung ist, keine Beiträge posten. Dann liest man nicht so falsch und schreibt so einen Quark wie ich vorhin. Entschuldigung!

Das mit Frau Stoellger schriebst du da ja schon.

Hätte ich die CD nicht vorher Probe hören können, wäre sie wohl nie in meiner Sammlung gelandet. Von den Komponisten hatte ich noch nie was gehört und das Ensemble war mir auch völlig unbekannt. Letzteres wiegt aber nicht so schwer, in der letzten Zeit bin ich ziemlich oft auf neue Ensembles gestoßen, deren Musik mir dann gefallen hat.

Es mag vielleicht auch zum Teil daran liegen, das viele Musiker bei Bedarf in verschiedenen Ensembles mitspielen und dass die Gruppen oft nicht so riesengroß sein müssen, aber im Bereich "Alte Musik" scheint recht viele Ensembles zu geben die wirklich gut sind.

jpc.de
Johannes Brahms
Variationen und Fuge über ein Thema von Händel, B-Dur, op. 24
Leon Fleisher (Klavier)


Die Box ist heute angekommen. Bisher habe ich mir nur eine CD angehört und zwar Brahms' 1. Klavierkonzert und jetzt gerade die Händel-Variationen. Letztere finde ich ganz nett, das Klavierkonzert ist jedoch wirklich toll.

Mit freundlichem Gruß
Fabian


[Beitrag von FabianJ am 24. Feb 2012, 00:05 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#9940 erstellt: 24. Feb 2012, 00:00

FabianJ schrieb:

Falls mir bei meine Musikdateien kein Fehler unterlaufen ist, spielt Frau Stoellger auf der CD auch mit. Hier allerdings Blockflöte. :)


Ja, das ist richtig! Rahel hat sich wie meiner einer in der Hauptsache der Blockflöte gewidmet
arnaoutchot
Moderator
#9941 erstellt: 24. Feb 2012, 22:26
Habe heute die Volumina No. 1 - 6 von Zacharias' Mozart gekauft, dieser Teil hier läuft gerade. Frische Interpretation.

jpc.de
premierenticket
Stammgast
#9942 erstellt: 24. Feb 2012, 22:59

arnaoutchot schrieb:
Habe heute die Volumina No. 1 - 6 von Zacharias' Mozart gekauft, dieser Teil hier läuft gerade. Frische Interpretation.



Ich habe noch nicht alle, aber die die ich habe, gefallen mir ausgezeichnet!
FabianJ
Inventar
#9943 erstellt: 25. Feb 2012, 00:58
jpc.de
Johannes Brahms
Variationen und Fuge über ein Thema von Händel, B-Dur, op. 24
Leon Fleisher (Klavier)


Jetzt, beim zweiten Anhören, gefallen mit die Händel-Variationen besser als beim ersten Anlauf. Ich hatte gestern wohl nicht konzentriert genug zugehört.
DetM.
Stammgast
#9944 erstellt: 25. Feb 2012, 08:36
jpc.de

Beethoven - Violinkonzert, op. 61

Christian Tetzlaff, violine
Tonhallenorchester Zürich, David Zinman
(Arte Nova, 2006)

Wunderbare Version dieses Klassikers, die ich eindeutig zu meinen Favoriten zähle. Vor allem die erstaunliche Transparenz dieser Aufnahme fasziniert mich immer wieder aufs Neue.

LG,
Stefan
.


[Beitrag von DetM. am 25. Feb 2012, 08:41 bearbeitet]
FabianJ
Inventar
#9945 erstellt: 25. Feb 2012, 23:38
jpc.de
Johannes Brahms
Klavierkonzert Nr. 2, B-Dur, op. 83
Leon Fleisher (Klavier), The Cleveland Orchestra, George Szell (Dirigent)


Das Konzert gefällt mir recht gut. Im Vergleich zu der von mir favorisierten Richter-/Leinsdorf-Aufnahme ist der Orchesterklang weniger massiv, Leider. Das massive gehört zu den Dingen, die ich an der anderen Aufnahme schätze. Dafür ist hier der langsame Satz sehr schön gelungen, besonders der/die Cello-Soli von Jules Eskin.
Alles in allem eine gelungene Aufnahme.
DetM.
Stammgast
#9946 erstellt: 26. Feb 2012, 14:20
jpc.de

Elgar - Violinkonzert, op. 61

Hilary Hahn, Violine
LSO, Davis
(DGG, 2003)

.
arnaoutchot
Moderator
#9947 erstellt: 27. Feb 2012, 20:10
Hier ist nun doch das Haydn-Sonaten-Grossprojekt von Tom Beghin auf Blu Ray Audio angelandet. Herr gib mir Kraft, das alles zu hören !!! Drei Pure Audio BluRays mit etwa 15 Stunden Laufzeit und eine Bild-BD mit weiteren 3 Stunden Laufzeit. Die Sonaten werden nicht nur auf sieben verschiedenen Tasteninstrumenten gespielt, sondern es wurden auch noch neun sinnvoll passende virtuelle akustische Räume darum kreiert, die man sich über die dts HD Mehrkanalschicht perfekt im Wohnzimmer abbilden kann. Das Instrumentarium reicht von einem Leydecker Cembalo von 1755 zu einem Longman, Clementi & Co. Piano von 1798. Es versteht sich von selbst, dass die Sonaten nach ihrer Entstehung den jeweiligen Instrumenten zugeordnet werden. Das ist hochinteressant !!! Gleich im ersten Teil gibt es das Capriccio "Acht Sauschneider müssen sein" (Hob. XVII:1, 1765), das eine "quarter-comma meantone" erfordert (sorry, ich weiss nicht, wie man das auf Deutsch ausdrückt), das herrlich schräg klingt.

Eine der sinnvollsten Verbindungen von neuester Technik mit interessantem Inhalt, der ich bislang begegnet bin !!! Definitiver Tipp für alle, die viel Zeit haben ...

jpc.de
AladdinWunderlampe
Stammgast
#9948 erstellt: 27. Feb 2012, 20:36

arnaoutchot schrieb:
Gleich im ersten Teil gibt es das Capriccio "Acht Sauschneider müssen sein" (Hob. XVII:1, 1765), das eine "quarter-comma meantone" erfordert (sorry, ich weiss nicht, wie man das auf Deutsch ausdrückt), das herrlich schräg klingt. ;)


Hallo Michael,

hier dürfte eine mitteltönige Stimmung gemeint sein, bei der das syntonische Komma auf vier reine Terzen aufgeteilt wird. Allerdings ist das für ein Stück aus dem Jahr 1765 schon ein bißchen verwunderlich, da sich meines Wissens doch seit Ende des 17. Jahrhunderts zunehmend wohltemperierte (wenn auch nicht notwendig gleichstufige) Stimmsysteme durchgesetzt haben. Bis zum Beweis des Gegenteils erscheint mir ein Haydn-Stück in mitteltöniger Stimmung als Anachronismus, der das Ganze "interessanter" machen soll - es sei denn, es wird auf einer Orgel gespielt, denn die hat man damals aus Kostengründen nur selten in eine der "modernen" Termperaturen umgestimmt. Oder hat Haydn das Stück sogar bewusst für eine seinerzeit schon altertümliche Stimmung komponiert?


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 29. Feb 2012, 02:02 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#9949 erstellt: 27. Feb 2012, 20:54

AladdinWunderlampe schrieb:
Bis zum Beweis des Gegenteils erscheint mir ein Haydn-Stück in mitteltöniger Stimmung als Anachronismus, der das Ganze "interessanter" machen soll. Oder hat Haydn das Stück bewusst für eine seinerzeit schon altertümliche Stimmung komponiert? Aladdin


Hallo Aladdin,

Das ist gut möglich. Das sehr interessante Buch, das der Box beiliegt, (66 Seiten, allerdings nur in Englisch), schreibt, dass es drei Haydn-Stücke gibt, die sich nicht auf einer normalen chromatischen Tastatur spielen lassen (Variationen A-Dur, Hob. XVII:2, Sonate e-Moll Hob. XVI:47 und eben das Capriccio). Hierfür werde eine sog. "Viennese short octave"-Tastatur gebraucht, bei der manche Tasten tonal noch weiter unterteilt sind. Solche Instrumente sollen im Wien des 18. Jahrhunderts noch weit verbreitet gewesen sein, im Gegenteil waren die voll chromatischen Tastaturen zu dieser Zeit die Exoten. Ich verstehe davon leider nicht viel, mir fiel nur gleich das ungewohnt schräge Klangbild auf ...


[Beitrag von arnaoutchot am 27. Feb 2012, 20:58 bearbeitet]
Thomas133
Hat sich gelöscht
#9950 erstellt: 27. Feb 2012, 21:23
Mozart Konzert für Violine und Klavier KV Anh. 56

Mozart - Konzert für Violine und Klavier KV Anh. 56

Ich kannte das Werk bislang (leider) nicht und bin erst durch Kreisler darauf aufmerksam gemacht worden.
Eine wirklich erstaunliche Entdeckung, da ich hier nie so viel Qualität und teilweise Tiefgang darin vermutet hätte.
Für alle die halbwegs etwas mit Mozart anfangen können und den Großteil seiner Klavierkonzerte und Violinsonaten schätzen sowie dieses Werk noch nicht kennen, kann ich es nur ausdrücklich empfehlen.
Im Falle dieser CD ist leider kein Booklet-Text vorhanden um nähere Infos dazu zu bekommen, muß man sich halt anderweitig informieren. Mozart hat 120 Takte geschrieben, wobei 74 Takte komplett instrumentiert wurden und schrieb am 12. November 1778 aus Mannheim über die Entstehung an seinen Vater. Die Uraufführung sollte mit Ignaz Fränzl an der Violine und Mozart selbst am Fortepiano stattfinden. Man kann über den Abbruch der Komposition nur spekulieren.
Wilby hat zur Vervollständigung die Violinsonate KV 306 herangezogen und diese natürlich in eine Orchesterfassung umgeschrieben, er nahm angeblich auch an Mozart hätte statt der Vervollständigung an KV Anh.56 diese Violinsonate geschrieben. Für mich klingt der Fragmentteil Mozarts auch ein wenig wie die Orchesterfassung einer Violinsonate, somit wohl wirklich eine sehr gute Lösung von Wilby und zum. ich konnte an dem Werk nichts feststellen das inhomogen, unstimmig daherkommen würde.
gruß
Thomas


[Beitrag von Thomas133 am 27. Feb 2012, 21:25 bearbeitet]
AladdinWunderlampe
Stammgast
#9951 erstellt: 27. Feb 2012, 21:52
Die kurze Oktave hat aber - so weit ich weiß - nichts mit der Stimmung zu tun - sie besagt nur, dass die tiefste Oktave eines Instruments nicht chromatisch ausgebaut ist, weil man das tiefe Cis und das Dis üblicherweise sowieso nicht benötigte. Manchmal fehlten die betreffenden Tasten einfach, manchmal wurden sie mit anderen, tieferen Tönen (H, A) belegt. Daraus begründen sich auch einige ungewöhnlich tiefe Töne in mancher Clavier-Literatur der damaligen Zeit (zum Beispiel im "Musikalischen Opfer" oder der "Kunst der Fuge", die zeitweilig fälschlich als "Beleg" für die vermeintlich abstrakte, nicht für ein Instrument gedachte Konzeption dieser Bach'schen Spätwerke herhalten mussten). Was das mit der Stimmung zu tun haben soll, ist mir noch nicht klar. Was Du beschreibst, klingt eher nach einer gebrochenen Oktave oder nach einem jener voll-chromatischen Cembali (z. B. Nicola Vicentinos Archicembalo), wie sie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gebaut wurden - Instrumente, die mithilfe geteilter Tasten zu 19- oder 31-stufigen Unterteilungen der Oktave gelangten und so Differenzierungen zwischen cis und des etc. erlaubten. Das die letzteren (die in Italien nur in Ausnahmefällen gebaut wurden) aber im Wien der 1760er-Jahre verbreitet gewesen sein sollen, höre ich zum ersten Mal. Tatsächlich moduliert Haydn im "Sauschneider"-Capriccio ziemlich abenteuerlich und streift dabei entlegene Tonarten wie Cis-Dur. Aber warum hätte er das nicht in einer der moderneren Temperaturen seiner Zeit machen sollen, die auf einem Cembalo vergleichsweise einfach zu realisieren waren?


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 29. Feb 2012, 02:00 bearbeitet]
AladdinWunderlampe
Stammgast
#9952 erstellt: 27. Feb 2012, 22:31
Übrigens gibt es hier eine Beschreibung der Wiener kurzen Oktave und ihrer Bedeutung für Haydns Capriccio. Die kurze Oktave ist also für das Stück tatsächlich nur grifftechnisch relevant, nicht aber in Bezug auf das Stimmsystem; Die geteilten Tasten führen hier ja - anders als bei Vicentinos Archicembalo - nicht zur enharmonischen Differenzierung der Halbtöne, sondern dienen nur dazu, die Töne von anderthalb Oktaven (vom Kontra-F bis zum H) unter Auslassung des Kontra-Gis sowie des Cis und des Dis im Raum einer Septime unterzubringen. Warum das Stück eine mitteltönige Stimmung erfordern soll, erschließt sich mir daher auch weiterhin nicht. (Christine Schornsheim benötigt sie in ihrer Einspielung des Capriccios jedenfalls nicht.)


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 28. Feb 2012, 11:43 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#9953 erstellt: 28. Feb 2012, 09:23
Danke für die Erläuterungen. Ich bin leider fachlich nicht in der Lage, hier etwas zu erwidern.
Kings.Singer
Inventar
#9954 erstellt: 28. Feb 2012, 09:55
Nun, ich könnte mir - neben dem von Aladdin genannten Argument, dass das kostspielige Umstimmen der Orgeln auf wohltemperierte Stimmungen seiner Zeit bedurfte - auch vorstellen, dass Haydn in seiner unumstrittenen Experimentierfreude und wegen seines Humors in Einzelfällen für mitteltönige Stimmungen geschrieben hat.
Die wohltemperierten Stimmungen setzten sich ja vor allem deswegen durch, weil alle benutzbaren Tonarten halbwegs harmonisch wiedergegeben werden können. Das brauchte die Musik vor 1700 natürlich noch nicht, denn man sprang damals noch weit weniger wild im Quintenzirkel umher wie Bach, Haydn und alle späteren (natürlich muss man hier differenzieren, aber allgemein trifft das schon zu). Wenn Haydn nun seinem Publikum einen seiner Streiche spielen wollte, dann könnte er auch ein tonartenreiches Stück für mitteltönige Stimmung geschrieben haben. Das Resultat wäre dann auf Michaels abgebildeter CD zu hören - ziemlich schräg eben.

Dank Wikipedia gibt es einen Ausschnitt, in dem per MIDI zunächst die Kadenzen von F-Dur mitteltönig gespielt werden, anschließend As-Dur.
http://upload.wikime...rtelmitteltoenig.ogg

Also vielleicht einer von Haydns Streichen? Oder er wollte experimentieren? Ich halte das für möglich... Letztendlich sollte das natürlich jemand beurteilen, der das Stück und dessen Genese kennt - ich tu's nicht.

Viele Grüße,
Alexander.

P.S. Als Sänger freue ich mich jedes mal mitteltönig singen zu dürfen! Wenn man lange einen Monteverdi geprobt hat und unmittelbar im Anschluss beispielsweise ein Chorwerk von Brahms, da hört sich die wohltemperierte Stimmung weit weniger nach Wohlklang an.


[Beitrag von Kings.Singer am 28. Feb 2012, 09:58 bearbeitet]
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#9955 erstellt: 28. Feb 2012, 09:58
Hallo arnaoutchot, hallo Aladdin,

danke für eure interessanten Ausführungen. Ich versuche gerade die genannten Beispiele bei Christine Schornsheim nachzuhören, scheitere aber schon an den Werkbezeichnungen:
arnaoutchot schrieb:
Das sehr interessante Buch, das der Box beiliegt, schreibt, dass es drei Haydn-Stücke gibt, die sich nicht auf einer normalen chromatischen Tastatur spielen lassen (Variationen A-Dur, Hob. XVII:2, Sonate e-Moll Hob. XVI:47 und eben das Capriccio).


jpc.de

Das Capriccio habe ich gefunden. Interessant wäre es das anhand von Noten noch einmal zu hören.
Die 20 Variationen Hob. XVII:2 stehen in G-Dur, während "Tema von Variazione in A" Hob. XVII:A2 zu den zweifelhaften Werken gehören. Dann gäbe es noch Arietta Nr. 2 mit zwölf Variationen A-Dur. Oder worum handelt es sich?
Und bei der e-moll-Sonate (Divertimento Nr. 19; vor 1766) handelt es sich offenbar um eine Früh- bzw. Originalfassung der F-dur-Sonate Nr. 57 Hob. XVI:47 (erschienen 1788). Ist die gemeint?
Ich merke, wie selten ich bei Haydn zuhause bin...

Gruß, Kaddel
arnaoutchot
Moderator
#9956 erstellt: 28. Feb 2012, 10:39
Kaddel, das müsste ich in dem Buch nochmals nachlesen, aber ich befürchte viel mehr Angaben kann ich Dir da nicht geben.
flutedevoix
Stammgast
#9957 erstellt: 28. Feb 2012, 17:37
amazon.de
Cipriano de Rore
La Vergine
Hilliard Ensemble
Harmonia mundi france


Seit langem wieder einaml diese ältere Aufnahme eines meiner Lieblingsensemble gehört.
Die Hilliards glänzen wie immer mit einem homogenen und nuancierten Klang. So gelingt eine ausdrucksstarke Deutung der Madrigale von Rore.


[Beitrag von flutedevoix am 28. Feb 2012, 17:43 bearbeitet]
flutedevoix
Stammgast
#9958 erstellt: 28. Feb 2012, 17:50
Nun bin ich wieder einmal überrascht und fasziniert von der Musik auf dieser CD:

jpc.de

Daraus die zweite Sinfonie

Das ist beste Musik, sehr von Mendelssohnn inspiriert, auch Schumannn ist dem Komponisten bekannt gewesen. dabei aber dennoch eine eigenständige Musiksprache. Empfunden und abwechslungsreich, spannungsvoll entwickelt, auch instrumentatorisch absolut einfallsreich. Unwillkürlich frägt man sich, wieso diese Sinfonien so ein Schattendasein führen: Für mich unverständlich!

Die Interpretation ist solide, hie und da würde man sich dann aber dennoch bessere Streicher und ein etwas strafferes und konturiertes Dirigat wünschen. Dennoch kann man die Sinfonien genußvoll in dieser Aufnahme kennenlernen.


[Beitrag von flutedevoix am 29. Feb 2012, 00:39 bearbeitet]
Kings.Singer
Inventar
#9959 erstellt: 28. Feb 2012, 20:36
Nur eine kleine Randbemerkung an dieser Stelle: Sir Charles Villiers Stanford(s) (so sein vollständiger Name) Chorwerke sind ebenfalls sehr zu empfehlen.
Seine Vertonung des "Beati quorum via" für 6-stimmigen Chor beispielsweise finde ich wunderschön: http://www.youtube.com/watch?v=66EfWRLs5kw

Man sollte allerdings beachten, dass er liturgisch in gewisser Weise ein Vielschreiber war und beispielsweise mehrere Vertonungen des "Magnificat" oder des "Te Deum" für Chor und Orgel zum Gebrauch in der Liturgie hinterlassen hat. Hört man diese nebeneinander, hört man sich daran sehr schnell satt, weil sich die Vertonungen nicht wesentlich voneinander unterscheiden und die gleiche Klangsprache besitzen. (Plakativ formuliert, natürlich müsste man eigentlich viel mehr ins Detail gehen.)

Viele Grüße,
Alexander.

P.S. Nur zur Einordnung: Er lehrte zwar in London und hatte Kontakt zu Elgar und Parry, kam gebürtig aber aus Irland. Einer der wenigen "namhaften" irischen Komponisten, die ich kenne.


[Beitrag von Kings.Singer am 28. Feb 2012, 20:39 bearbeitet]
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#9960 erstellt: 28. Feb 2012, 21:55
amazon.de

Heinrich Schütz: Der Schwanengesang
Psalmen 119, 100, Dt. Magnificat
Dresdner Kammerchor, Ensemble Alte Musik Dresden, H.-Chr. Rademann
Raumklang, 2001

Eine sehr klangschöne, warme Aufnahme des Schützschen Opus ultimum, die ich jederzeit derjenigen von Philippe Herreweghe (auch gut, aber klanglich manchmal unausgewogen) oder Heinz Hennig (recht spröde) vorziehen würde. Die relativ groß besetzten Ensembles musizieren äußerst homogen und mit variabler Farbgebung, dabei sehr lebendig.
arnaoutchot
Moderator
#9961 erstellt: 28. Feb 2012, 22:10
Haydn - Italienische Arien von Thomas Quasthoff. Sehr unterhaltsam.

jpc.de
McMusic
Inventar
#9962 erstellt: 28. Feb 2012, 22:16
Ich wollte deshwegen nicht extra einen Thread aufmachen, deshalb hier kurz die Frage in die Runde.
Hat jemand eine Empfehlung für eine klanglich erstklassige Einspielung des Hochzeitsmarsches von Mendelssohn (Sommernachtstraum) gespielt auf einer Orgel?

Ach ja, bei mir gerade:
amazon.de

Felix Mendelssohn Bartholdy - "Ein Sommernachtstraum", Op. 21 MWV P 3
Edith Mathis (Sopran), Ursula Boese (Alt), Symphonieorchester Des Bayerischen Rundfunks
Rafael Kubelik
AladdinWunderlampe
Stammgast
#9963 erstellt: 28. Feb 2012, 22:38

Kings.Singer schrieb:
Nun, ich könnte mir - neben dem von Aladdin genannten Argument, dass das kostspielige Umstimmen der Orgeln auf wohltemperierte Stimmungen seiner Zeit bedurfte - auch vorstellen, dass Haydn in seiner unumstrittenen Experimentierfreude und wegen seines Humors in Einzelfällen für mitteltönige Stimmungen geschrieben hat.


Als quasi "experimentelle Anordnung", die mit der Spannung zwischen Mitteltönigkeit und hemmungsloser chromatischer Modulation spielt, wäre soetwas beim experimentierfreudigen Haydn zwar durchaus denkbar, aber bisher habe ich für diese These noch keinen einzigen Beleg gefunden. Hätte Haydn für dieses spezielle Stück dezidiert eine mitteltönige Stimmung gewünscht, hätte er es angesichts der vielen im 18. Jahrhundert kursierenden Stimmungen ausdrücklich hervorheben müssen. Davon habe ich jedenfalls bisher nichts gehört, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. (Leider habe ich keine wissenschaftliche Edition des Stückes vorliegen, die soetwas sicherlich in ihrem kritischen Bericht erwähnen würde.) Liegt eine solche Aufführungsanweisung nicht vor, so kann ich mir nur zwei verschiedene Argumentationslinien denken:

1. Die kompositorische Faktur lässt keinen anderen Schluss zu, als dass das Stück in mitteltöniger Stimmung gespielt werden soll. Dieser Beweis dürfte jedoch schwer zu führen sein. Natürlich könnte man argumentieren, das Stück moduliere extrem und die mitteltönige Stimmung hebe diesen Extremismus besonders hervor. (Allerdings bleibt auch in den meisten wohltemperierten Stimmungen - mit Ausnahme der gleichstufigen Temperierung - Tonartencharakteristik in einem gewissen Maße erhalten, so dass es nicht unbedingt der Mitteltönigkeit bedarf, um die wilden Modulationen zu akzentuieren.)
Genauso gut könnte man aber auch umgekehrt argumentieren, dass es Haydn um ein raffiniertes Gleiten gegangen sei, mit dem er die Hörer, ausgehend von einem Wiener Gassenhauer, scheinbar unvermerkt in entlegenste tonale Regionen locke. Gerade das dürfte ja für die Hörer des 18. Jahrhunderts (anders für unsere von der gleichstufigen Stimmung verdorbenen Ohren) das eigentlich Erstaunliche gewesen sein. (Im Sinne einer solchen Argumentation heißt es etwa über die Stimmungsweise Johann Sebastian Bachs, dessen Temperierung wir leider nicht kennen, im Nekrolog: "Die Clavicymbale wusste er, in der Stimmung, so rein und richtig zu temperiren, dass alle Tonarten schön und gefällig klangen. Er wusste, von keinen Tonarten, die man, wegen unreiner Stimmung, hätte vermeiden müssen." Und Bachs erster Biograph, Johann Nikolaus Forkel, rühmte, dass "seine Chromatik [...] so sanft und fliessend" gewesen sei, "als wenn er bloss im diatonischen Klanggeschlecht geblieben wäre".)

2. Die alte mitteltönige Stimmung wurde auch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts neben verschiedenen wohltemperierten Stimmungen (zum Beispiel Werckmeister III bis VI, Kirnberger I bis III, den verschiedenen mit hübschen Namen versehenen Neidhardt-Stimmungen, Vallotti, Sorge) und der gleichstufigen Temperatur durchaus noch verwendet. Also ist es auch statthaft, Haydns Stück in all diesen Stimmungen zu spielen. Diese Argumentation scheint mir aber einigermaßen verkürzt zu sein: Natürlich war es möglich, das Stück in dieser Stimmung zu spielen; aber es handelt sich dann um einen aufführungspraktischen Extremfall, weil man - immer gesetzt den Fall, dass Haydn die Mitteltönigkeit nicht doch irgendwo ausdrücklich fordert - eine Stimmung wählt, die - obzwar seinerzeit präsent - doch historisch gesehen ein Auslaufmodell darstellt; und die Dinge, die in der mitteltönigen Stimmung an Haydns Capriccio zutage treten, sind genau die, die man mit all den verschiedenen Ansätzen zu wohltemperierten Stimmungen im 18. Jahrhundert eigentlich vermeiden wollte. Sicherlich hörten schon die Laien, aber erst recht die professionellen Musiker dieser Zeit die Unterschiede zwischen den verschiedenen Stimmungen und werden, wenn möglich, bei der Wiedergabe ein Instrument und eine Stimmung gewählt haben, die der betreffenden Musik entgegenkamen. (Gerade Cembali, die man sowieso dauernd nachstimmen muss, konnte man bei Bedarf relativ leicht anpassen.) Nicht alles, was irgendwie historisch möglich war, ist auch im gleichen Maße historisch überzeugend. (Mit ähnlichem Recht könnte man dann auch jedes andere wild modulierende oder chromatisch durchsetzte Stück Haydns, Mozarts, Beethovens - und vielleicht auch Schuberts - in mitteltöniger Stimmung spielen, denn die Mitteltönigkeit hielt sich in Einzelfällen durchaus auch noch bis ins 19. Jahrhundert; irgendwie "interessant" klänge das sicherlich alles.)

Insofern bleibe ich vorerst bei meiner Meinung, dass die Wahl der Mitteltönigkeit für Haydns "Sauschneider"-Capriccio in Michaels Einspielung eher dem Bedürfnis des Ausführenden entspringt, das Stück und seine Interpretation "interessant" zu machen, als einer stichhaltigen historischen Notwendigkeit. Aber für weitere Informationen oder Hinweise, dass Mitteltönigkeit für dieses Stück in Haydns Sinne gewesen ist, wäre ich - wie bereits gesagt - dankbar.



Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 29. Feb 2012, 01:56 bearbeitet]
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#9964 erstellt: 28. Feb 2012, 22:49

McMusic schrieb:
Hat jemand eine Empfehlung für eine klanglich erstklassige Einspielung des Hochzeitsmarsches von Mendelssohn (Sommernachtstraum) gespielt auf einer Orgel?

Unter klanglichen, Repertoire- und künstlerischen Aspekten würde ich zu dieser greifen:

jpc.de

Martin Rost spielt an der historischen Walcker-Orgel (1895) der Stadtkirche zu Sternberg.

Die CD von 1993 bietet darüber hinaus originale und transkribierte Musik der Romantik, ist allerdings teurer als jeder dieser vielen unsäglichen Sampler...
arnaoutchot
Moderator
#9965 erstellt: 28. Feb 2012, 22:59

AladdinWunderlampe schrieb:
Insofern bleibe ich vorerst bei meiner Meinung, dass die Wahl der Mitteltönigkeit für Haydns "Sauschneider"-Capriccio in Michaels Einspielung eher dem Bedürfnis des Ausführenden entspringt, das Stück und seine Interpretation "interessant" zu machen, als einer stichhaltigen historischen Notwendigkeit. Aber für weitere Informationen oder Hinweise, dass Mitteltönigkeit für dieses Stück in Haydns Sinne gewesen ist, wäre ich - wie bereits gesagt - dankbar.


Nachdem es sich bei Tom Beghin (auch) um einen Musikwissenschaftler der McGill University in Montreal handelt, nehme ich nicht an, dass er dies leichtfertig tun würde, sondern dass er eher seine triftigen Gründe hatte. Ich lese nochmals das entsprechende Kapitel im Book(let) nach und melde mich wieder, aber heute wird es nichts mehr werden.
flutedevoix
Stammgast
#9966 erstellt: 29. Feb 2012, 00:32
Ich möchte mich auch noch kurz in die Diskussion um die mitteltönige Stimmung bei Haydn einschalten. Aladdins Ausführungen sind wunderbar kompetent. Nach dem Anhören des Werkes in der Aufnahme von Christine schornsheim kann ich kein zwingendes Argument erkennen,warum dieses Stück nur in miteltöniger Temperatur gehen sollte.

Sicherlich werden dadurch die harmonischen Wendungen akzuentuiert, aber eigentlich nur durch falsch intonierte Akkorde. Das ist aber genau die Ursache, warum man temperierte Stimmungn entwickelt hat. Sicher wurden die Spannungen und eigentlich unmöglichen Intervalle im Barock auch zur Ausdrucksgestaltung eingesetzt (z.B. Buxtehude), aber dann immer alks shoking moment. Das kann ich in diesem Haydn-Capriccio nicht erkennen. Ich hätte mich für eine der temperierten Stimmungen entschieden, vermutlich Valotti, das wäre zeittapisch und dem Werk angemessen.
Zusammenfassend würde ich sagen, mitteltönig ist noch möglich aber äußerst unwarscheinlich. Kompositorisch ist sie jedenfalls nicht zwangsläufig, außer Haydn hat es explizit fesgehalten.

Ich bin jedenfalls auf die Argumenttion des Interpreten und Musikwissenschaftlers gespannt. Die Mc-Gill ist ja eine sehr renommierte Uni!
McMusic
Inventar
#9967 erstellt: 29. Feb 2012, 07:12

Kaddel64 schrieb:
Unter klanglichen, Repertoire- und künstlerischen Aspekten würde ich zu dieser greifen:
Martin Rost spielt an der historischen Walcker-Orgel (1895) der Stadtkirche zu Sternberg.


Vielen Dank für den Tipp!

Edit: Und schon bestellt...


[Beitrag von McMusic am 29. Feb 2012, 07:17 bearbeitet]
Kings.Singer
Inventar
#9968 erstellt: 29. Feb 2012, 08:50
Nur zur Klarstellung: Ich denke genauso wie Aladdin und flutedevoix, dass die mitteltönige Stimmung eher fehl am Platze ist. Halte es aber angesichts der von mir genannten Argumente nicht für unmöglich (was aber noch lange kein Indiz dafür ist).

Wir singen übrigens nach der Aufführung im Oktober im kommenden Juni erneut Monteverdis Marienvesper. Mitteltönig, Kammerton auf 466 Hz. Also entgegen der populären Meinung "Alte Musik = Halbton tiefer". Das war sowohl für mich, als auch die meisten Mitsänger eine neue Erfahrung. Man merkt vielen Aufnahmen auch auf Anhieb an, dass keine Einigkeit über die letztendliche Kammerton-Höhe besteht. Unter den populäreren Aufnahmen ist die von Jordi Savall eine der wenigen, der der Stimmung auf 466 Hz folgt [Randbemerkung: Wer genau hört, der wird hier keine exakte Übereinstimmung finden. Im Booklet der CD erwähnt Savall selbst, dass es bei den winterlichen Aufnahmen in der Abteikirche(?) fürchterlich kalt gewesen ist. So erscheint alles einen Hauch tiefer.]
Für einen Sänger vor allem dann interessant, wenn er mit einer Aufnahme üben möchte. Und dann stellt sich natürlich noch die Frage in welchen Tonarten das (und welches) "Magnificat" und das "Lauda Jerusalem" eingespielt wurden. Wieder ein neues Thema...

Natürlich wäre die Höhe des Stimmtones noch einmal ein extra Thema und hängt nicht unmittelbar mit der Temperierung zusammen.
Wie Aladdin bereits andeutete, die Vielfalt der Stimmungen und Temperierungen ist gerade im Bereich Alter Musik unheimlich groß. Man kann trefflich darüber streiten.
Ich habe mal irgendwo aufgeschnappt, dass Musiker aus verschiedenen Regionen (z.B. Deutschland-Italien) teilweise auch gar nicht miteinander musizieren konnten, wenn sie nicht vohrer ihre regionalen Unterschiede bzgl. Stimmung und Tempereriung über den Haufen warfen.

Daher warte ich nun auch gespannt auf McGills Argumente.

Viele Grüße,
Alexander.
diesel_hd
Neuling
#9969 erstellt: 29. Feb 2012, 17:10
amazon.de

Evelyn Glennie, percussion
Scottish Chamber Orchestra
Paul Daniel, conductor

Werke von Darius Milhaud, Richard Rodney Bennett, Ney Rosauro und Akira Miyoshi.

arnaoutchot
Moderator
#9970 erstellt: 29. Feb 2012, 21:25

diesel_hd schrieb:
Evelyn Glennie, percussion
Scottish Chamber Orchestra
Paul Daniel, conductor

Werke von Darius Milhaud, Richard Rodney Bennett, Ney Rosauro und Akira Miyoshi.

:)


Interessante Platte, hab ich auch, aber schon lange nicht mehr gehört.

Das hier, sehr angenehme Musik am Abend. Ich brauche zur Zeit entspannend-ruhiges ...

amazon.de
AladdinWunderlampe
Stammgast
#9971 erstellt: 01. Mrz 2012, 19:55

AladdinWunderlampe schrieb:
Aber für weitere Informationen oder Hinweise, dass Mitteltönigkeit für dieses Stück in Haydns Sinne gewesen ist, wäre ich - wie bereits gesagt - dankbar.



flutedevoix schrieb:
Ich bin jedenfalls auf die Argumenttion des Interpreten und Musikwissenschaftlers gespannt. Die Mc-Gill ist ja eine sehr renommierte Uni!



Kings.Singer schrieb:
Daher warte ich nun auch gespannt auf McGills Argumente.


...und die Spannung wächst langsam ins Unerträgliche...
arnaoutchot
Moderator
#9972 erstellt: 01. Mrz 2012, 20:40
Ja doch ... ihr Nervensägen !!! Hätte ich nur nie damit angefangen.

Ich wollte eigentlich einfach das Booklet scannen, aber das ist nicht so einfach, weil ich nicht glaube, dass man es dann noch lesen kann. Also tippe ich hier ab:

Speziell zur Stimmung im Capriccio schreibt Beghin: "For the Capriccio, we deliberately chose to tune the harpsichord in a quarter-comma mean tone temperament. This tuning, though referred to as the "old" system, was still explained in an 1805 Viennese tuning manual. Certain extant organs or fretted clavichords confirm that the temperament was used well into the 18th century. The unavoidable "wolf's fifth" in our tuning is between E-flat and G-sharp. The pain, as I play my first D-sharp, is excruciating. It is not the howling of a wolf, but the squealing of a pig.

Betreffend der o.g. drei Stücke, die Beghin für unspielbar auf einer chromatischen Tastatur hält, verweist Beghin auf aktuelle Erkenntnisse der "Haydn scholarship" und erläutert bildlich, wie eine Viennese Short Octave technisch aussieht. Er räumt auch ein, dass Haydn bei Erstveröffentlichung der Caprice 1788 die Notwendigkeit der "Short Octave" eliminiert hat, aber glaubt, dass es Haydn wohl ursprünglich an dieses Instrument gedacht hat.
AladdinWunderlampe
Stammgast
#9973 erstellt: 01. Mrz 2012, 20:51
Hallo Michael,

vielen Dank für Deine Informationen. Die Wiener kurze Oktave, die ja nichts mit der Stimmung zu tun hat, ist meines Erachtens kein Problem.

Und was Beghin zu seiner Entscheidung für diemitteltönige Stimmung schreibt, entspricht dem, was wir schon vermutet haben: Es gibt keinen Hinweis seitens Haydn; dem Ausführenden genügt der Verweis auf die Tatsache, dass sie (gelegentlich) noch praktiziert wurde (das entspricht der zweiten der von mir skizzierten Argumentationslinien), und ihn reizte offenbar der (schmerzhafte) Klangeffekt, Haydn mit Wolfsquinte zu spielen (und seine Intepretation damit "interessant" zu machen).


Herzliche Grüße
Aladdin
flutedevoix
Stammgast
#9974 erstellt: 01. Mrz 2012, 23:37
Und damit wären wir bei der Diskussion über Sinn und Unsinn der mitteltönigen Stimmung in diesem Stück!!

Wie schon erwähnt hat man temperierte Stimmungen entwickelt, um die Wolfsquinte zu umgehen und alle Tonarten einigermaßen sauber spielen zu könnrst durch die durcvh temperierte Stimmungen wurde der Weg zu einer enharmoniscehn Verwechslung der Halbtöne ermöglicht. Man könnte auch provokativ sagen, man hat sich entschieden, alle Tonarten unsauber, aber erträglich zu stimmen (temperiert) im Gegensatz zu einigen Tonarten sehr rein und einigen Tonarten unbrauchbar (z.B. mitteltönig).

Vor diesem Hintergrund wage ich einmal die These, ohne sie wirklich wissenschaftlich belegen zu können. daß man ungeachtet der Tatsache, daß es noch mitteltönige Stimmungen gab, diese nur dann gewählt hätte, wenn die Wolfsquinte zu vermeiden ist bzw. sich die Modulationen in entfernte Tonarten nicht ergeben. Ausnahme: man will einen bestimmten Affekt provozieren!

Im Gegensatz zum Interpeten der NAXOS-Aufnahme sehe ich den aber nicht im Stück, dazu hat Haydn keinen Hinweis hinterlassen. Daraus folgt, daß reinhistorisch betrachtet, mitteltönig zwar möglich aber sehr entlegen und eigentlich "falsch" ist, weil sie zu viele Probleme provoziert ohne einen entsprechenden Gewinn zu bringen. Hört ich dann doch eher nach "interesaant machen" an!
Kings.Singer
Inventar
#9975 erstellt: 02. Mrz 2012, 08:18
Hallo Michael,

vielen Dank für die Erläuterungen. Wurde aber auch Zeit!


Hallo Aladdin,

ich würde dem Interpreten nichtsdestotrotz zu gute halten, dass das Cappricio so erklungen sein kann. Ich weiß zwar nicht wie populär es in Wien war, jedoch war wohl noch nicht jedes Instrument in temperierte Stimmungen umgestimmt. Also je nach Haushalt oder Konzertort, wo es gespielt wurde kann es entweder furchtbar ("pain") oder schön/wohltemperiert geklungen haben.

Das wäre aber auch die einzige Rechtfertigung das Stück so zu spielen.

Viele Grüße,
Alexander.
flutedevoix
Stammgast
#9976 erstellt: 02. Mrz 2012, 17:43
Zum wiederholten Male ein feine Kammermusik-CD gehört:

amazon.de

Nicht nur die superbe Interpretation allen voran des Oboisten und Fagottisten gehören zum schönsten, was der Markt an barocken Kammermusikaufnahmen zu bieten hat, nein in erster Linie sind es die superben Kompositionen.
Platti erweist ich einmal mehr als empfindsamer und gedanklich und emotional tiefschürfender Komponist an der Schwelle vom Barock zum galanten Spiel. Von Hause aus (gebürtiger Venezianer, wenn ich es noch richtig weiß) mit großér cantabler Erfindungskraft augestattet hat er in Süddeutschland (u.a. Würzburg) auch Kontakt mit der im barocken Deutschland üblichen harmonischen Dichte gefunden.
Für mich eine dieser berühmten raren CDs für die einsame Insel!
arnaoutchot
Moderator
#9977 erstellt: 02. Mrz 2012, 21:20
Von Giovanni Benedetto Platti habe ich nur die Oboensonaten op. 3 von Fabio Rastelli auf Mondo Musical (1997), muss ich mal wieder einwerfen. Angeblich - sagt die Platte - sei das eine Ersteinspielung.

Apropos Oboe: Das hier läuft gerade bei mir: Händel-Arien für Sopran und Oboe. An der Oboe der Niederländer mit dem schönen Namen Bart Schneemann. Klanglich und musikalisch ein Genuss.

jpc.de
Joachim49
Inventar
#9978 erstellt: 02. Mrz 2012, 21:34
jpc.de
Wunderschöne Musik mit virtuoser Violinmusik vor Bach. Es sind keine extrem virtuosen Schaustücke, und der Komponist hat anders als Biber die Skordatur bewusst abgelehnt. Wer etwa Schmelzer mag - und ich mag ihn sehr - der sollte diese Werke kennenlernen.
McMusic
Inventar
#9979 erstellt: 02. Mrz 2012, 21:49

Kaddel64 schrieb:
jpc.de

Martin Rost spielt an der historischen Walcker-Orgel (1895) der Stadtkirche zu Sternberg.


Ich höre nun ebendiese CD und bin ehrlich gesagt ziemlich enttäuscht. Das war leider nichts, die geht wieder zurück.
Klassikkonsument
Inventar
#9980 erstellt: 03. Mrz 2012, 01:15
So, mal wieder Mozart-Time: ein weiteres Klavierkonzert näher kennenlernen.

jpc.de

W.A. Mozart: Klavierkonzert Nr. 25 C-dur KV 503

mit Leon Fleisher am Klavier, dem Cleveland Orchestra und George Szell am Pult (Sony, 1959 / 2012).


[Beitrag von Klassikkonsument am 03. Mrz 2012, 01:16 bearbeitet]
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