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Was hört Ihr gerade jetzt? (Klassik !!!)+A -A |
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Autor |
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Mars_22
Inventar |
23:08
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#32125
erstellt: 29. Aug 2025, |||||||
Jetzt komme ich von der Siebten aber auch nicht weg und freue mich, dass Haitinks bekannte Philips-Aufnahme mit dem RCO aus den 60ern, die ich in einer remasterten Highres-Fassung habe (alle Sinfonien), ganz hervorragend funktioniert. Interpretatorisch und klanglich. Geradezu erstaunlich, wie transparent, klar und räumlich sie klingt. Damit rückt sie auf neben Harnoncourt. Fuck Peanutbutter. ![]() ![]() [Beitrag von Mars_22 am 29. Aug 2025, 23:17 bearbeitet] |
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Mars_22
Inventar |
23:27
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#32126
erstellt: 29. Aug 2025, |||||||
Und ich habe meiner Sammlung noch ein kleines Bruckner Paket hinzugefügt: ![]() ![]() 34 Stunden Bruckner. Die Sammlung spannt mit Rattle, Furtwängler, Eliahu Inbal, Celibidache, Barenboim, Jochum, Masur und Harnoncourt einen großen Bogen durch die Sinfonien, aber auch Messen. Die #7 ist mit Barenboim, Furtwängler und Kurt Masur dabei. Auf Masur freue ich mich besonders, und der Furtwängler ist ein schöner Vergleich. [Beitrag von Mars_22 am 29. Aug 2025, 23:35 bearbeitet] |
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Mars_22
Inventar |
12:01
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#32127
erstellt: 30. Aug 2025, |||||||
Masur mit dem New York Philharmonic muss wohl eine besondere Liaison gewesen sein, die dem Orchester nach Jahren des Niedergangs neues Leben einhauchte. Masur startete seine zweite Karriere nach der ostdeutschen Gewandhaus-Zeit. Aber Bruckners #7 ertrinkt geradezu in Schönklang (und ja, es klingt deutlich für mich deutlich schöner als die Reference Recording von Honeck), an den messerscharfen Fortissimo-Passagen kommt dann aber leider nur ein laues Lüftchen. Hier darf der Schönklang dann auch nicht gestört werden. Schade. Was Besonderes ist die Bruckner #9 mit Harnoncourt. Zupackend, mitreissend, wie Harnoncourt sein kann, eine sehr gut klingende Surround-SACD und mit ausführlichem gesprochenem Kommentarteil (60 Minuten) zu Bruckner allgemein und dem fehlenden 4. Satz der Neunten. ![]() |
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G.S.Torrente
Ist häufiger hier |
12:09
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#32128
erstellt: 30. Aug 2025, |||||||
Hochinteressante Auswahl, da ziemlich konträre Grundverständnisse. Die weiter unten vorgestellte Haitink-Box habe ich mir mal vorgemerkt. ![]()
Deinen Vergleich mit klebriger Erdnussbutter kann ich nachvollziehen und bestätigen. Zur Art der Mikrofonierung lässt sich wohl nichts ergründen. Die Besetzung ist im Booklet aufgeführt und jedenfalls eher groß als extrem klein: Die Bläsersektionen lassen sich nicht minimieren, da allesamt solistisch, aber die Streicher sind mit 17/13/10/11/9 für europäische Verhältnisse riesig besetzt. In Deutschland können das ohne Aushilfen nur die ganz großen Orchester aus Berlin, Leipzig oder Dresden besetzen. Auch hier lässt sich übrigens die amerikanische Vorliebe für "Badewannen"-Frequenzgänge ablesen: Die Mitte mit 2. Geigen und Bratschen ist ausgedünnt. (Böse Zungen behaupten, Bratschen produzierten ohnehin nur Störgeräusche und seien daher entbehrlich... ![]()
Läuft bei mir gerade. Spielzeitdifferenz zu Honeck: 6:45 Minuten. Schlank, schnörkellos, agil, zielstrebig - schön! ![]() Ich habe die Wiener Live-Aufnahme in dieser kleinen Schachtel: ![]() Anton Bruckner: Sinfonien Nr. 3, 4, 7, 8 RCO (3+4), Wien PO (7), Berlin PO (8), Nikolaus Harnoncourt / RCA/BMG, live 1994-2000
Wenn du "Gerede über Harnoncourt" hören willst, solltest du vermutlich mal bei den Taminos hineinlesen. Alles, was aus Wien kommt, gilt dort per se als unübertroffen meisterhafte Kunst. ![]() (EDIT: Ein paar Sekunden zu spät gepostet. Mit folgendem trage ich offenbar Eulen nach Athen...) ![]() Und von Harnoncourts Bruckner möchte ich dir diese Neunte nahelagen, ebenfalls live mit den Wienern: ![]() Die kommt zwar nicht von seinem Hauslabel Teldec/Warner und ist klanglich eine Spur wärmer abgestimmt, aber interpretatorisch geht sie in dieselbe Richtung wie die 7 (also ziemlich entgegengesetzt zu Deutungen Thielemanns, Barenboims oder Giulinis) und kann - von mir - uneingeschränkt empfohlen werden. Neben dem Konzertmitschnitt auf SACD liegt auf einer Bonus-CD eine Live-Doku zu den überlieferten Skizzen des Finalsatzes bei. Harnoncourt erliegt nicht der Versuchung, den Torso mit Gewalt und reichlich körperfremder DNA irgendwie zu einem vollständigen Ganzen zusammenzupuzzeln. Es geht ihm vielmehr um die musikalische Vorstellung und aufschlussreiche Bewertung vorhandener Bruchstücke. Gelungen. ![]() Torrente |
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Mars_22
Inventar |
12:41
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#32129
erstellt: 30. Aug 2025, |||||||
Nein, ich brauche kein Gerede über Harnoncourt, ich halte gut aus, etwas zu lieben was nicht Tagesgespräch ist. Aber es freut mich dass du dasselbe an ihm schätzt wie ich ![]() Schöne kleine 4-CD Box bei dir, aus der ich die 3+4 mit dem RCO auch habe. [Beitrag von Mars_22 am 30. Aug 2025, 12:45 bearbeitet] |
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G.S.Torrente
Ist häufiger hier |
15:34
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#32130
erstellt: 30. Aug 2025, |||||||
Dito. ![]() Now for something completely different: ![]() ![]() ![]() Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 7 E-Dur NDR-Sinfonieorchester, Günter Wand / RCA/BMG, Live März 1992 Günter Wands Konzertmitschnitt aus der Hamburger Laeiszhalle würde ich musikalisch verorten zwischen der berühmten Kölner Studioaufnahme, die immer recht analytisch und etwas kalt klingt, dabei forsch zur Sache kommt, und der späten, abgeklärten Live-Aufnahme aus der Berliner Philharmonie. Klangsatt, natürlich, viel wärmer timbriert als Honeck und Harnoncourt. Da fühle ich mich sofort zuhause, nicht nur des Dirgenten sondern auch der Vertrautheit des Saal- und Orchesterklangs wegen. Insgesamt vielleicht keine CD für den Olymp, aber für den Einstieg in Bruckners Sinfonik eine gute Wahl. ![]() Torrente |
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Hörstoff
Inventar |
15:53
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#32131
erstellt: 30. Aug 2025, |||||||
Honeck nehme ich auch eher ambivalent wahr. Großartig und mediocre scheinen bei ihm nah beieinander zu liegen. Hallfreie Mikrofonierung sollte aber alles bewirken, nur kein coloriertes Verschmelzen. Eher dürfte diese jeden instrumentalen Fehler - oder Nuancen davon - auf dem Serviertablett präsentieren, da dann der Nachhall fehlt. Nun denn, diese Aufnahme kenne ich nicht. Nach euren Einschätzungen spare ich mir das Geld lieber für etwas anderes.
Ich mag sie. Aber seit Erfindung der CD sind Bratschen kaum noch hörbar, da sie ständig rausgeschnitten werden. ![]() ![]() |
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Mars_22
Inventar |
22:16
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#32132
erstellt: 30. Aug 2025, |||||||
Je nun, Honecks Bruckner #9 finde ich garnicht schlecht, vielleicht ist die #7 ein Ausreißer. Bruckner #7 @Wand: Ein Freund, dessen Musikkenntnisse ich gerne hätte, schwört auch immer wieder auf Wand. Die #4, #5 und die #9, die ich mit Wand habe, haben keinen so bleibenden Eindruck hinterlassen, wobei ich nur bei der Kölner 5 dem kühlen Klang mitverantwortlich machen kann. Forsch ist die auch, aber das gefällt mir. Sonst fehlt mir die Analysefähigkeit. Die Berliner #7 würde mich reizen, als Alternative zu Harnoncourt. Bei mir läuft aber gerade die Karajan #5 und überrascht mich positiv, wie auch seine #7. vielleicht etwas getragen, aber nicht unangenehm.! ![]() ![]() [Beitrag von Mars_22 am 30. Aug 2025, 22:20 bearbeitet] |
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Hörstoff
Inventar |
12:11
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#32133
erstellt: 31. Aug 2025, |||||||
Der hintergründig recherchierten (danke für die Barshai-Aufdeckung) Einschätzung von Frank kann ich mich vollauf anschließen. Es wird fulminant, perfekt und durch eine audiophile Aufnahme eingefangen aufgespielt, dass es eine Freude ist. Die Kammersinfonie opus 73a vermittelt volldynamische Divertimenti. Die Suite of Romanian Melodies dagegen könnte dagegen ein versteckter Hinweis auf die mangelnde Reisefreiheit im Ostblock gewesen sein: in meinen Ohren sind diese deutlich orientalisch geprägt. Die Kammersinfonie opus 83a nimmt sich gegenüber der mitreißend-dynamischen 73a deutlich zurück und enthält landschaftliche Setzungen, die sogar eine gelegentliche Nachbarschaft zu Grieg anklingen lassen. In der Folge jedoch wieder deutlich als solche erkennbare perkussive und die Hörenden überraschende Einsätze, Schostakowitsch-Sequenzen, die dann wieder zurückgenommen werden. Dramatisch. Eine auch für Bratschenfreunde hochgeeignete Einspielung, es wird nichts unterschlagen. ![]() |
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Mars_22
Inventar |
14:40
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#32134
erstellt: 31. Aug 2025, |||||||
Beim Durchhören meiner Harnoncourt-Aufnahmen stieß ich auf das hier: ![]() Brahms zweites Klavierkonzert, Rudolf Buchbinder, Harnoncourt und das RCO Amsterdam. Das überraschte mich nachhaltig. Nicht der erste Satz, der hebt sich nicht ab von Anderen. Überraschend ist vor allem das Allegro Appassionato, und zwar wegen dem Dirigat Harnoncourts. Das dichte, mehr rhythmische als melodiöse "Reagieren" auf den Klavierpart habe ich so noch nirgends gehört. Als würde das Klavier sprechen und das Orchester mit fordernden Ausrufen nach mehr verlangen. Das Orchester pusht den Pianisten, eine Atmosphäre von Atemlosigkeit entsteht. Der vierte Satz wird sehr schnell gespielt, deutlich schneller als ich das sonst kenne. Auch hier ist es die enge Verzahnung von Klavier und Orchester die besonders gefällt. Allerdings gibt es gegen Ende ein paar Stellen, in denen sich der Pianist etwas verhaspelt. Übrigens spielt Harnoncourt die bekannte Cello-Sequenz im langsamen Satz wohl selbst. |
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boltwoodit
Ist häufiger hier |
12:43
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#32135
erstellt: 01. Sep 2025, |||||||
Danke für die "Warnungen" bzgl. Roschdestwenski/Schosta 8 und 9 ![]() ![]() Ich war gestern von der hier geflasht: ![]() Sehr(!) lebendig dargebotene, so im Schnitt 300 Jahre alte (OK, ein Komponist aus dem 20. Jh. ist auch mit dabei :)), Musik mit meiner Meinung nach überragendem Klang; sowohl Instrumentalmusik als auch mit Gesang; viele barocke Elemente, aber eben "anders" als barocke Kammermusik wie ich sie kenne; feuriger, rhythmischer, weniger "gestelzt". Die Komponisten (Benedetto Marcello (1686-1739), Jean-Baptiste Barriere (1707-1747), Juan Frances De Iribarren (1699-1767), Francesco Maria Veracini (1690-1768) , Anonymus, Santiago de Murcia (1682-1732), Jean Baptiste Canavas (1713-1784), Tarquinio Merula (1590-1665), Nestor Fabian Cortes Garzon (2. Hälfte 20.Jahrhundert)) sagen mir alle gar nichts. Das ich sogar mal Blockflöte (erstes Stück) richtig gut finden könnte, hätte ich vorher auch nicht gedacht. Fun fact: nach den ersten beiden Stücken dachte ich so bei mir - naja, klingt schon saugut, ist aber irgendwie ein bißchen angepopt. Lt. Booklet (gut gemacht und informativ, finde ich) wohl aber eher nach HIP gespielt. Das wird bei mir wohl nicht die einzige CD des Ensembles Los Temperamentos bleiben (hoffentlich sind die alle so gut aufgenommen); mir bringen die richtig Spass. Viele Grüße bolt ![]() |
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Hörstoff
Inventar |
19:11
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#32136
erstellt: 01. Sep 2025, |||||||
André George Louis Onslow, dem eine Nähe zu Beethoven nachgesagt wird, erklingt hier eher sehr wohltemperiert (und -dosiert). Fast schon behutsam kommt das kammermusikalische Blaswerk Quintet opus 81 daher. Darin meine ich eher einen "wienerisch klassifizierten Bach" zu entdecken. Jedoch ist dies kaum eine dem Komponisten gerecht werdende Assoziation. Die Eigenständigkeit möchte ich ihm nicht abzusprechen versuchen.
![]() ![]() [Beitrag von Hörstoff am 01. Sep 2025, 19:11 bearbeitet] |
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Hörstoff
Inventar |
21:18
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#32137
erstellt: 01. Sep 2025, |||||||
Weiter geht's mit einer sehr empfehlenswerten Einpielung von Schuberts Sinfonien 7 und 8 oder anders - jedenfalls die "Unvollendete" und die "Große Sinfonie in C-Dur" von Marek Janowski mit der Dresdner Philharmonie. Ein gelungener Wurf - weniger Sturm und Drang als Nott mit den Bambergern, aber dafür viel Autorität und Souveränität sowie eine zwischenzeitliche Besinnung, die Andere bei Schubert nicht aufkeimen lassen. Janowski ist imo ein Ausnahmekönner, der zur Genüge bewiesen hat, dass er seinen orchestralen Klangkörpern Hervorragendes entlockt. So auf alle Fälle hiermit. Im Moment läuft noch die "Unvollendete", die "Große" hiernach. ![]() ![]() [Beitrag von Hörstoff am 01. Sep 2025, 21:20 bearbeitet] |
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Hüb'
Moderator |
14:52
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#32138
erstellt: 02. Sep 2025, |||||||
![]() Richard Strauss (1864-1949) Hornkonzerte Nr. 1 & 2 Peter Damm, Staatskapelle Dresden, Rudolf Kempe EMI/ Warner, 1975 Richard Strauss’ Hornkonzerte sind ja so etwas wie eine Liebeserklärung an das Instrument – und bei dieser Aufnahme mit Peter Damm, Rudolf Kempe und der Staatskapelle Dresden bekommt man das Gefühl, der Komponist habe sie genau für diese Konstellation im Sinn gehabt. Damm spielt mit einer Mischung aus nobler Eleganz und kernigem Strahlen, die sofort in den Bann zieht: das Horn klingt nie schwerfällig, sondern biegsam, charmant und manchmal fast keck. Gerade im ersten Konzert mit seiner jugendlich-straußigen Spielfreude wirkt das, als würde Damm das Horn zum Singen und Tanzen bringen. Kempe und die Dresdner tragen ihn dabei auf Samt – die Begleitung ist ungemein geschmeidig, dabei detailreich und farbig. Man merkt, wie sehr dieses Orchester mit Strauss’ Klangsprache verwachsen ist: Holzbläserfarben glimmen, die Streicher legen ein seidiges Fundament, und die Tutti-Passagen haben etwas leuchtend Breitwandiges, ohne dass das Horn jemals erdrückt würde. Im zweiten Konzert, dem späten Alterswerk, wirkt alles gereifter, zurückgenommener, aber nicht minder ausdrucksstark. Damm phrasiert hier noch kantabler, das Horn wirkt lyrischer, fast nach innen gekehrt – ein schöner Kontrast zum ersten Konzert. Kempe gestaltet das Ganze mit einer großen Ruhe, die die Musik in ihrer pastoralen, leicht melancholischen Stimmung wunderbar trägt. Die EMI-Produktion hat zudem genau diesen typischen, warmen Analogsound der 1970er, der wunderbar zu Strauss passt. Die Dresdner Staatskapelle klingt satt und räumlich, ohne übertriebene Studioeffekte – man hat wirklich das Gefühl, im Saal zu sitzen. Das Horn ist schön präsent eingefangen, nie aufdringlich, sondern organisch in den Orchesterklang eingebettet. Manchmal merkt man, dass die Höhen nicht ganz so brillant glitzern wie bei heutigen Digitalaufnahmen, dafür gibt es diese angenehme Rundung, die dem Ganzen eine fast schon goldene Patina verleiht. Gerade bei Strauss, wo es leicht zu grell und dick werden kann, wirkt das wie ein zusätzlicher Bonus: die Musik atmet, bleibt transparent und hat dabei doch Wärme und Tiefe. Immer noch eine relevante Aufnahme und ein großes Hörvergnügen. Viele Grüße Frank ![]() |
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Hüb'
Moderator |
15:38
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#32139
erstellt: 02. Sep 2025, |||||||
![]() Antonin Dvorak (1841-1904) Der Wassermann op. 107; Scherzo capriccioso op. 66 London Symphony Orchestra, Istvan Kertesz Decca, 1963, 1972 Wenn man Dvořáks sinfonische Dichtungen hört, merkt man schnell, dass er ein Geschichtenerzähler war, und genau das kommt bei Kertész und dem London Symphony Orchestra wunderbar zur Geltung. In Der Wassermann op. 107 entfaltet sich eine düstere, fast märchenhaft-bedrohliche Klangwelt, die zwischen folkloristischer Tanzlust und tiefer Tragik schwankt. Kertész nimmt die düsteren Farben ernst, ohne sie zu überziehen: die Streicher haben etwas Herbes, das Blech ist markant, aber nicht lärmend, und das Ganze bleibt erzählerisch flüssig. Man hat das Gefühl, die unheimliche Gestalt aus der Ballade Viktor Dykas wirklich aus den Tiefen des Wassers auftauchen zu sehen. Das Scherzo capriccioso op. 66 dagegen zeigt die andere Seite Dvořáks: hier ist mehr Leichtigkeit, fast schon eine Art veredelter Tanz. Das London Symphony Orchestra klingt hier federnd, die Holzbläser tänzeln charmant durch die Partitur, und Kertész sorgt dafür, dass die rhythmischen Finessen nicht im Gleichmaß untergehen, sondern stets einen kleinen Hauch Überraschung behalten. Gerade die Balance zwischen Eleganz und volkstümlicher Bodenhaftung macht die Aufnahme so attraktiv – man hört die böhmische Herkunft Dvořáks, aber durch die Brille eines großen europäischen Sinfonikers. Decca hat das Ganze in der damals typischen Klarheit eingefangen: warm, transparent und mit genug Raum, dass man die feinen Details der Orchesterfarben genießen kann. Im Ergebnis entstehen zwei Interpretationen, die sowohl erzählerisch packen als auch musikalisch glänzen – große Dvořák-Momente, die bis heute frisch wirken und überzeugen. Hinzu kommt, dass diese Werke weder auf dem täglichen "Speiseplan" der Spielstätten stehen, noch jüngst häufig eingespielt werden (wenn überhaupt als "Beifang"). EDIT: Etwas zurückgerudert... ![]() ![]() Viele Grüße Frank ![]() [Beitrag von Hüb' am 02. Sep 2025, 15:40 bearbeitet] |
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G.S.Torrente
Ist häufiger hier |
17:14
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#32140
erstellt: 02. Sep 2025, |||||||
Ich komme noch mal auf Brahms - KK2 - Buchbinder/Harnoncourt zurück:
Danke für die Anregung! Da ich das 2. Konzert eher selten höre, verglichen mit dem ersten und dem VK, war mir die Aufnahme nicht präsent genug. Gerade mal nachgehört, aus dieser kleinen Schachtel: ![]() Johannes Brahms: Symphonies, Piano Concertos, Overtures, Haydn Variations Rudolf Buchbinder, Berlin PO (Sinfonien, Ouvertüren, Var.), RCO Amsterdam (KK 1+2), Nikolaus Harnoncourt; Parlophone/Warner, Live 1996/97 & 1999/2000 Spannend! Oft ist Harnoncourt missverstanden worden als jemand, der der Wiener Klassik und Romantik die museale Perücke (der Alten Musik, des Barock) überstülpen wollte. Was du für den 2. Satz des KK2 beschreibst, ist ja ein Aspekt, für den sich Harnoncourt lebenslang eingesetzt hat: das Wiedergewinnen der alten Meisterschaft dialogisierenden Musizierens, indem er sich aus alten musiktheoretischen Quellen (z.B. Johann Mattheson u.v.a.) eine Art musikalischer Rhetorik erarbeitet und zum Leben erweckt hat, die über das in der Partitur stehende hinausreicht, die über Musikergenerationen hinweg als eine Grundlage gelehrt wurde, entsprechend tief verwurzelt war und dennoch in Vergessenheit geriet. Leider erlebe ich allzuoft (v.a. im Konzert), dass ein Musiker nicht bereit ist zuzuhören, was ihm der jeweilige "Dialogpartner" serviert, sei es der Solist, ein Stimmführer oder auch der Dirigent, und stattdessen plump seine eigenen Vorstellungen präsentiert. Daraus kann weder lebendiges, schlüssiges Musizieren noch eine wirkliche Einheit erwachsen, es bleibt eine Ansammlung unvereinbarer Versatzstücke. Ja, im Allegro appassionato findet in idealer Weise ein musikalischer Dialog statt, nicht nur einseitig vom Orchester und Dirigenten ausgehend, sondern meines Erachtens trägt Buchbinder seinen Teil dazu bei. Und so detailreich. Gleich in der Eröffnungskadenz lässt Harnoncourt herrlich weiche Akzente setzen, um sie elegant federnd ausklingen zu lassen. Solche Details faszinieren mich, wo andere plump drüber hinweg gehen. Auch der langsame Satz gefällt durch sorgfältige Gestaltung und einfühlsame Begleitung. Das Rondo-Finale wirkt auf mich hingegen gehetzt, verhuscht, etwas oberflächlich. Dadurch verliert es das Tänzerische und Luftige. Hab ich so noch nicht gehört. Die Darstellung des Rondos widerstrebt mir, ehrlich gesagt. Was soll's, die perfekte Aufnahme gibt es nicht, etliche sind immerhin nah dran. ![]() Torrente |
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Hörstoff
Inventar |
17:26
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#32141
erstellt: 02. Sep 2025, |||||||
Eine äußerst leichtfüßige, sehr variable sowie - natürlich - virtuose Klaviereinspielung destinierter Beethovensonaten kommt von Swjatoslaw Teofilowitsch Richter. Die Praga Digitals-Veröffentlichung "Richter Edition" gibt nach meiner Wahrnehmung besonders empfindsame Seiten des Komponisten preis. Eine herausragende Aufnahme zum Erinnern und Wiederhören. ![]() ![]() |
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Hüb'
Moderator |
10:11
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#32142
erstellt: Gestern, |||||||
![]() Anton Bruckner (1824-1896) Symphonie Nr. 7 Chicago Symphony Orchestra, Bernard Haitink CSO, 2007 Die 7. Symphonie von Anton Bruckner zählt zu den bedeutendsten Werken der sinfonischen Romantik. Sie ist bekannt für ihre weiten Klanglandschaften und majestätische Feierlichkeit. Bernard Haitink, ein Dirigent, der für seine Seriosität und Bescheidenheit bekannt war, hat sich im Laufe seiner Karriere mehrfach intensiv mit Bruckners Werk auseinandergesetzt. Seine Aufnahme der 7. Symphonie mit dem Chicago Symphony Orchestra aus dem Jahr 2006 ist ein bemerkenswertes Beispiel für seine Herangehensweise. Haitinks Chicago-Einspielung zeichnet sich durch ihre Klarheit und strukturelle Integrität aus. Hier gibt es keine übertriebenen Effekte; der Fokus liegt ganz auf der Musik selbst. Man spürt, dass Haitink die Partitur genau studiert hat und jede musikalische Linie respektiert. Das Chicago Symphony Orchestra spielt mit beeindruckender Präzision und einem satten, warmen Klang, der besonders im langsamen Satz, dem Adagio, zur Geltung kommt. Dieses Adagio, oft als Requiem für Richard Wagner interpretiert, wird von Haitink nicht überladen sentimental, sondern mit einer tiefen, ehrlichen Würde gespielt. Die Bronze-Tuba, die Bruckner hier erstmals einsetzt, verleiht dem Stück eine besondere klangliche Tiefe. Haitink lässt die musikalischen Bögen sich organisch entfalten, was zu einer Interpretation führt, die trotz ihrer Länge fesselnd bleibt. Die Aufnahmequalität ist erstklassig und fängt die ganze Pracht des Orchesters ein. Die Chicago-Aufnahme von Bruckner 7 steht in einer Reihe von Haitinks zahlreichen Einspielungen dieses Werks. Seine frühen Aufnahmen mit dem Royal Concertgebouw Orchestra in Amsterdam, die in den 1960er und 70er Jahren entstanden, sind von einer gewissen Strenge geprägt. Sie spiegeln Haitinks anfänglichen, mehr auf die Architektur der Musik ausgerichteten Ansatz wider. Spätere Aufnahmen, wie die mit den Wiener Philharmonikern oder dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, zeigen eine größere lyrische Freiheit und emotionalere Wärme. Die Wiener Aufnahme (1992) ist zum Beispiel bekannt für ihren geschmeidigen und fast schon wienerisch-charmanten Klang. Die Chicago-Einspielung von 2006 kann man vielleicht als Höhepunkt dieser Entwicklung sehen. Sie vereint die strukturelle Klarheit seiner früheren Aufnahmen mit der emotionalen Reife und lyrischen Tiefe, die er sich im Laufe seiner Karriere angeeignet hat. Sie ist somit eine Art Zusammenfassung von Haitinks gesamter Bruckner-Deutung und bietet eine ausgewogene, überzeugende Deutung innerhalb des breiten Angebots an Bruckner-Einspielungen. Viele Grüße Frank ![]() |
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Hüb'
Moderator |
11:58
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#32143
erstellt: Gestern, |||||||
![]() Aram Khachaturian (1903-1978) Symphonie Nr. 1 + Tänzerische Suite Robert-Schumann-Philharmonie, Frank Beermann CPO,Aufnahmejahr ca.: 2014, Erscheinungstermin: 27.8.2024 Aram Khachaturians 1. Symphonie ist ein echtes Frühwerk – 1934 komponiert, noch bevor er mit „Spartacus“ oder dem „Säbeltanz“ endgültig zum klingenden Aushängeschild Armeniens wurde. Man hört ihr an, dass der junge Komponist damals noch zwischen sowjetisch verordnetem Pathos, eigener Neugier auf westliche Spätromantik und der armenischen Volksmusik, mit der er aufwuchs, schwankte. Herausgekommen ist eine farbenreiche, oft ungestüm vorwärtstreibende Musik, die einerseits an Schostakowitsch’ Frühwerke erinnert, andererseits schon die typischen Khachaturian-Klänge in den Blechfanfaren und tänzerischen Rhythmen vorwegnimmt. Besonders reizvoll ist, dass sich neben all dem Bombast auch lyrische Inseln finden – ein Oboensolo hier, eine feine Streicherpassage dort –, die zeigen, wie sehr Khachaturian Klangfarben auszukosten wusste. Frank Beermann und die Robert-Schumann-Philharmonie stürzen sich mit hörbarer Lust in dieses ungestüme Werk. Beermann legt die rhythmischen Kontraste klar frei, lässt das Orchester pointiert akzentuieren und scheut sich auch nicht, die wuchtigen Tutti satt auszukosten. Der Klang der CPO-Produktion ist angenehm transparent, so dass die feinen Binnenstimmen, etwa im Holz, nicht untergehen. Die „Tänzerische Suite“ auf der CD ist ein passender Kontrapunkt: hier dominiert das folkloristische Element, oft mit scharfkantiger Perkussion und tänzerischen Gesten, die an spätere Ballette denken lassen. Insgesamt ist die Aufnahme ein Plädoyer dafür, Khachaturian nicht nur auf die berühmten Showstücke zu reduzieren. Gerade die Symphonie Nr. 1 zeigt, wie ernsthaft und ambitioniert er seine ersten Schritte als Symphoniker ging – und Beermann gelingt es, diesen jugendlichen Überschwang genauso wie die eleganteren Passagen überzeugend einzufangen. Eine lohnende Wiederentdeckung. Viele Grüße Frank ![]() |
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boltwoodit
Ist häufiger hier |
12:38
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#32144
erstellt: Gestern, |||||||
Zusammenfassung: Nee, das war mir nix 😊 Aber einmal den Abend mit Moderne angefangen, wollte ich mal sehen, ob ich inzwischen vollständig der Romantik erlegen bin oder Moderne noch „ertrage“. Also gleich das schrillste, dissonanteste Werk aufgelegt, das ich kenne und habe: Prokofjews 2. Sinfonie in dieser Einspielung ![]() Sergej Prokofjiev, 2. Sinfonie, Berliner Philharmoniker, Ozawa Die zweite wird manchmal als Sinfonie „aus Stahl und Eisen“ bezeichnet; ok, kreischende Kreissägen und Gehämmere auf dem Amboß sind ja auch irgendwie Stahl und Eisen. Vom u.a. Metal, Crust- und Grindcore kommend bilde ich mir ein, einiges gewohnt zu sein – ist hier auch, vor allem im Kopfsatz, recht hilfreich, aber auch nicht wirklich; das, was da, noch dazu in dieser Geschwindigkeit, dargeboten wird, tut meinen Ohren fast schon weh. Immer wenn ich denke, jetzt habe ich es, kommt eine unerwartete Wendung; das „Thema“ scheint kurz greifbar zu sein, wird dann aber wieder brachial gestört bis zerstört (macht er im zweiten Satz auch nochmal). Majakowski – ein russischer Dichter der futuristischen Avantgarde in den 10-er und 20-er Jahren des 20. Jahrhunderts – soll dazu gesagt haben: "Das Ganze muss einen gewaltigen Wirbel veranstalten und einen höllischen Lärm machen." Ja, macht es, sogar noch mehr: für mich ein faszinierender Blick in den innersten Kreis der Hölle, ein konvulsivisch zuckender Tanz auf einem ausbrechenden Vulkan, eine Gefangenschaft in der Eiseskälte des Wahnsinns. Im zweiten Satz – der eigentlich viele „Unter-Sätze“ hat, geht es stellenweise etwas ruhiger zu, aber von „Erlösung“ keine Spur; ganz am Ende steht ein elendes Vergehen nach Siechtum, Leid und Schmerz. In meiner einfachen Denke glaube ich, das ist zum einen ein rein provokatives Werk; Radikalismus mit Kreissäge, Winkelschleifer und Gesenkschmiede auf Speed verdeutlicht, Sehen was geht, doch dabei technisch sicherlich sehr ausgereift und die Musiker und das Dirigat zu Höchstleistungen herausfordernd (Kann man das ohne Partitur, also „aus dem Kopf“ dirigieren? 😊). Zum anderen regt es zum Nachdenken an: wie sind wir (als Menschheit) musikalisch „sozialisiert“, was wäre, wenn DAS „normal“ wäre, woher kommt unser Harmoniebegriff? Naja, viel Spekulation und einfaches Denken 😊 Es gibt wohl noch „kräftigere“ Einspielungen als diese hier, aber dafür, dass ich sie mir nur aller paar Jahre mal anhöre, brauche ich die nicht, aber live würde ich sie mir gern mal anhören. Ich habe es am Anfang mal mit Kopfhörern probiert; nee, es „ging“ nur über Boxen. Viele Grüße bolt ![]() EDIT: @Hüb' - Witzig, ich will morgen oder übermorgen über die 3. Sinfonie von Aram Chatschaturjan schreiben, die war gestern nämlich nach Prokofjews 2. "dran" ![]() [Beitrag von boltwoodit am 03. Sep 2025, 12:45 bearbeitet] |
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Hüb'
Moderator |
14:25
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#32145
erstellt: Gestern, |||||||
Super. Ich finde es immer klasse, wenn man die ausgetretenen Pfade mal verlässt... ![]() |
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Mars_22
Inventar |
16:49
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#32146
erstellt: Gestern, |||||||
Interessant! Davon wusste ich garnicht.
Das stimmt schon, es gerät ins Gehetzte und Oberflächliche. In seinen guten Momenten hat es durchaus etwas Tänzerisches, kann das aber nicht durchhalten. Das Gegenteil ich bei mir die fast 2 Minuten längere Version von Gilels mit Jochum. Die ist so langsam, dass sie etwas lahm und tranig wirkt. Eine gute Mitte trifft Freire mit Chailly. Das ist in der Tat luftig, tänzerisch und glitzert schön in der Lichtern, die das Klavier dem Tutti aufsetzt, ohne jemals lahm zu wirken oder gehetzt. Es gibt sicher einige Weitere, die das gut machen. [Beitrag von Mars_22 am 03. Sep 2025, 16:50 bearbeitet] |
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Mars_22
Inventar |
19:05
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#32147
erstellt: Gestern, |||||||
Lustig, weil ich Lust hatte, Brahms Chorwerke zu hören, schwebte mein Finger schon über dem Kaufen-Button, dann habe ich aber doch mal geschaut, ob was ich selbst habe - und siehe da: genau diese Aufnahme. Sogar schon mehrfach gehört. Tja, der Eindruck scheint nicht bleibend gewesen zu sein ![]() Trotzdem, ich freue mich und höre jetzt den Gesang der Parzen. |
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Mars_22
Inventar |
19:54
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#32148
erstellt: Gestern, |||||||
Heinrich Schütz, Musikalische Exequien, Vox Luminis, Lionel Meunier, 2011 Die CD alleine gibts bei JPC wohl nicht mehr, nur als Teil dieser Box, die sicher bei mir landen würde, wenn ich in D leben würde. ![]() Schütz Trauermusiken, ganz ruhige Chorwerke mit Orgelbegleitung, "soothing" und angenehm. Aufgenommen in einer kleinen Kirche an der Loire, die wohl ideale akustische Verhältnisse für solche Zwecke bietet. |
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arnaoutchot
Moderator |
20:15
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#32149
erstellt: Gestern, |||||||
Das klingt interessant, aber ich kaufe ja keine Boxen mehr ... ![]() Hier sind ein paar ältere Promo-Press-Kits an mich gelangt, darunter das gezeigte zu Yuja Wang - Sonatas & Etudes (DGG 2009). Das war wohl ihr DGG-Debüt. Ich höre gerade die beiliegende CD. Naja, Klavier spielen kann Frau Wang. Die Chopin- Sonate bringt sie ganz passabel, mal sehen wie es mit Scriabin und Liszt weitergeht ... ![]() |
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Hüb'
Moderator |
11:45
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#32150
erstellt: Heute, |||||||
![]() Aram Khachaturian (1903-1978) Symphonie Nr. 3 "Simfoniya A-Poema" + Gayaneh-Suite Nr. 3 Robert-Schumann-Philharmonie, Frank Beermann CPO, Aufnahmejahr ca.: 2015, Erscheinungstermin: 24.4.2023 Khachaturians Dritte Symphonie trägt nicht umsonst den Beinamen „Sinfonie-Poem“ – eigentlich ist sie weniger klassische Sinfonie als eine groß dimensionierte Festmusik. 1947 zum 30. Jahrestag der Oktoberrevolution komponiert, setzt sie auf maximale Strahlkraft: Orgel, 15 Trompeten, martialische Rhythmen und fanfarenartige Themen. Das Ergebnis ist ein Stück zwischen hymnischer Überwältigung, sowjetischem Pomp und doch typisch khachaturianischer Farbigkeit – man hört die orientalischen Wendungen, die glühenden Streicherflächen und die rhythmische Energie, die ihn auch im Ballett so unverwechselbar macht. Ganz große Kunst im traditionellen Sinne ist das vielleicht nicht, aber es ist ein Klangereignis, das schon durch seine pure Wucht fasziniert. Frank Beermann und die Robert-Schumann-Philharmonie gehen die Partitur mit viel Ernst und Genauigkeit an, ohne dabei den Spaß am Spektakel zu verlieren. Gerade die Blechbläser wirken präsent und kraftvoll, ohne ins Schrille abzurutschen, und die Orgel fügt sich eindrucksvoll ins orchestrale Gesamtbild. Man merkt, dass Beermann hier nicht nur ein historisches Dokument abliefert, sondern tatsächlich versucht, die Mischung aus Festmusik und groteskem Farbenrausch hörbar zu machen. Als Kontrast dazu die Suite Nr. 3 aus „Gayaneh“: Hier zeigt Khachaturian seine andere Seite – tänzerisch, leichtfüßig, voller schillernder Rhythmen und eingängiger Melodien. Beermann lässt das Orchester mit Schwung musizieren, ohne die Musik in bloße Folklore abgleiten zu lassen. Gerade in den lyrischen Momenten kommen Wärme und Transparenz schön zur Geltung. Eine Aufnahme, die Khachaturians oft unterschätzte sinfonische Sprache ins rechte Licht rückt: zwischen Sowjet-Repräsentation und feuriger Kaukasus-Energie, zwischen Pathos und tänzerischem Drive. Perfekt für alle, die mal abseits von „Säbeltanz“ und „Masquerade“-Walzer hören wollen, was dieser Komponist noch zu bieten hat. Die Khachaturian-Serie auf CPO umfasst mittlerweile alle 3 Sinfonien sowie die Konzerte für Violine, Cello und Klavier und erscheint mir qualitativ wirklich sehr gelungen. Eine absolut verdienstvolle Reihe ist hier entstanden, denn es gibt kaum mal moderne Einspielungen dieser Werke. Viele Grüße Frank ![]() [Beitrag von Hüb' am 04. Sep 2025, 11:48 bearbeitet] |
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Hüb'
Moderator |
13:52
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#32151
erstellt: Heute, |||||||
![]() Heinrich von Herzogenberg (1843-1900) Cellosonaten Nr. 1-3 Claudius Herrmann, Saiko Sasaki CPO, Aufnahmejahr ca.: 1999, Erscheinungstermin: 13.5.2001 Heinrich von Herzogenberg ist so ein Name, der immer wieder in den Fußnoten der Musikgeschichte auftaucht – als Brahms-Freund, als Dirigent, als Musikpädagoge. Dass er aber auch Kammermusik von beachtlichem Format hinterlassen hat, zeigen seine drei Cellosonaten sehr schön. Sie bewegen sich stilistisch tatsächlich im Dunstkreis von Brahms, ohne sich in bloßer Nachahmung zu verlieren: Es gibt die herbstlich-dunklen Farben, den dichten Klaviersatz, die gewichtigen Kopfsätze – aber auch einen feinen Zug ins Lyrische, einen Hang zu kantabler Schlichtheit, der den Werken eine eigene Stimme gibt. Man merkt, dass Herzogenberg für das Cello ein gutes Gespür hatte: Das Instrument darf singen, schwärmen, aufblühen, und das Klavier ist nicht bloß Begleiter, sondern gleichwertiger Partner. Die Einspielung von Claudius Herrmann und Saiko Sasaki bei CPO ist in diesem Sinne eine kleine Schatzhebung. Herrmanns Ton ist präsent, warm und getragen, ohne ins Schwärmerische zu kippen, und Sasaki legt einen Klavierpart darunter, der mit klarem Anschlag und feiner Phrasierung die Brahms-Nähe zwar hörbar macht, das Ganze aber nie schwerfällig wirken lässt. So entsteht eine Interpretation, die die Werke ernst nimmt, aber auch ihr Charme-Potenzial ausspielt – man kann hier sowohl tief eintauchen als auch einfach entspannt zuhören. Und genau das ist vielleicht das Schönste an dieser Aufnahme: Sie macht Lust, Herzogenberg nicht nur als Brahms’ Schatten zu sehen, sondern als Komponisten mit eigenem Wert. Sonate Nr. 1 in a-Moll (op. 52, 1878) Die erste Sonate ist vom Geist Brahms’ ganz durchzogen: ein markanter Kopfsatz mit dichten Klavierakkorden und einer Cello-Stimme, die eher heroisch als verspielt wirkt. Gerade im Mittelsatz zeigt sich aber schon Herzogenbergs Eigenart – da schimmern liedhafte Melodien durch, beinahe schubertisch, mit einer ganz feinen Empfindung. Das Finale hat Schwung und Dramatik, ohne ins Bombastische abzurutschen. Herrmann und Sasaki betonen diese Mischung aus Kraft und Innigkeit sehr ausgewogen, so dass die Sonate nie akademisch klingt. Sonate Nr. 2 in D-Dur (op. 64, 1886) Die zweite Sonate wirkt deutlich gelöster und heller. D-Dur strahlt, und das hört man sofort: das Cello darf singen, das Klavier hat tänzerische Bewegungen, es entsteht mehr Dialog und weniger Monument. Hier ist Herzogenberg näher an Mendelssohn als an Brahms, jedenfalls im Charakter. Besonders reizvoll ist das Scherzoartige, das Leichte – eine willkommene Abwechslung zu allzu gewichtigen Spätromantik-Klischees. In der Aufnahme tragen die Interpreten diesem Charakter Rechnung: Das Cello klingt flexibler, das Klavier federnder, fast beschwingt. Sonate Nr. 3 in e-Moll (op. 94, 1894) Die dritte Sonate wirkt am „modernsten“ – nicht im Sinn avantgardistischer Kühnheiten, sondern durch eine gesteigerte Expressivität. Die Themen sind kantabler, die Harmonik dehnt sich stärker aus, es gibt mehr sehnsuchtsvolle Linien. Das Ganze hat etwas Drängendes, Persönliches, fast eine Art Spätstil-Tonfall. Hier entfalten Herrmann und Sasaki eine große Spannweite zwischen innigem Singen und energischem Zugriff – man spürt förmlich die Erfahrung der Interpreten mit dem spätromantischen Repertoire. Unterm Strich kann man sagen: Die drei Sonaten bilden so etwas wie einen Bogen vom gewichtigen Brahms-Nachklang hin zu einem persönlicheren, freieren Tonfall. Die CPO-Aufnahme fängt das mit Wärme und Klarheit ein – und macht neugierig auf weitere Kammermusik Herzogenbergs, die ja im Schatten der großen Namen viel zu lange übersehen wurde (und die gleichfalls bei CPO aufgenommen wurde). Viele Grüße Frank ![]() |
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